CoolLesterSmooth hat geschrieben: ↑Fr 23. Apr 2021, 05:01
Ich kann nicht durch Wollen bewusst und direkt beeinflussen, was ich glaube.
Ein guter Schauspieler identifiziert sich mit seiner Rolle. Er wird eins mit ihr. Egal, um was für einen Charakter es sich handelt. Und wenn es dem eigenen Chakter entgegengesetzt ist. Das zeigt: Alles ist möglich in dieser Hinsicht. Man kann seine Identität ablegen und durch eine andere ersetzen. Die Frage ist nur, wie schwierig das für jeden Einzelfall ist. So kann aus einem Pazifisten ein Kriegsheld werden und aus einem bescheidenen Asketen ein egoistischer Milliardär. Man kann sich sogar wegen einer Rolle verlieben und nach Erledigung des Auftrages wieder entlieben. Das zeigt, wie flexibel unsere Indentität als Gemüt eigentlich ist oder sein könnte, sein würde, wenn man wollte.
CoolLesterSmooth hat geschrieben: ↑Fr 23. Apr 2021, 05:01
Meiner Ansicht nach haben wir keine direkte Kontrolle darüber, ob wir etwas glauben oder nicht
Da stimme ich Dir grundsätzlich zu. Aber ich denke auch, dass es möglich ist, darauf Einfluss zu nehmen, zumindest indirekt. Der Glaube ist nichts, was sich nicht von jetzt auf gleich ändern könnte. Siehe Paulus. Es gibt vielleicht gar nicht so wenige Atheisten, die sich in kürzester Zeit zu aufrichtig frommen Menschen wandeln.
Normalerweise ist es doch so, dass wir über bestimmte Dinge denken, wir können sie nicht kontrollieren oder steuern. Aber weil das so ist, versuchen wir es erst garnicht. Dann ist es klar, dass es unmöglich ist. Es ist eine Sperre im Denken, die uns im Weg steht, das Unmögliche für möglich zu halten. Sicher gibt es reale Grenzen. Aber manche Grenzen existieren nur in unserem Kopf.
CoolLesterSmooth hat geschrieben: ↑Fr 23. Apr 2021, 05:01
Ich habe dabei aber nicht das Gefühl als hätten wir die Kontrolle darüber wo (und v.a. ob) auf der Waage bestimmte Dinge platziert werden und wie sich das auf den Stand auswirkt.
Genau diese Dinge werden nach meiner Anschauung, wie ich es in diesem Thema erklärte, durch das Unterbewußtsein gesteuert. Das "Es" lenkt die Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge, es zieht in bestimmte Perspektiven, es legt ganz bestimmte Erinnerungen frei, es färbt das Denken auf bestimmte Art und es nimmt sogar Einfluss auf die Wahrnehmung und auf den Bewusstseinszustand, um uns dahin zu bringen, wo es uns haben will. Das Über-Ich arbeitet anders. Es bemüht sich auch darum, Einfluss zu nehmen, aber es manipuliert nicht, es drängt sich nicht auf. Es ist eine gute, freundliche, wohlwollende Stimme, die unsere Freiheit respektiert.
Wir stehen zwischen diesen Kräften. Solange wir glauben, keine Kontrolle über diese Dinge zu haben, kontrollieren sie uns zweifellos. Stellen wir das jedoch in Frage, gibt es auch einen Weg, sich selbst einzumischen. Allerdings ist das nicht unbedingt leicht. Ich wende mich dazu mental, emotional, mit meine Aufmerksamkeit vor allem an mein Über-Ich, an Christus in mir, an Gott in mir - oder, wenn man Religion und Glaube rausnimmt, das eigene höhere Selbst. Was man ein
Gebet nennen kann, aber man kann es auch
Auto-Suggestion nennen. Die Begrifflichkeiten sind etwas unterschiedlich, aber im Prinzip halte ich das für das selbe.
CoolLesterSmooth hat geschrieben: ↑Fr 23. Apr 2021, 05:01
Was ich bewusst tun kann, ist - um beim Bild zu bleiben - die Waage einmal zu leeren und alles noch einmal neu zu platzieren (seitdem man das letzet mal ernsthaft drüber nachgedacht hat, ist sicher einiges dazu gekommen) und zu prüfen, ob sich etwas verändert, ob die Waage immer noch in die selbe Richtung kippt, wie zuvor.
Das "Es" beabsichtigt, unser Denken in eine bestimmte, ihm entsprechende Richtung zu lenken. Das bedeutet, das Ergebnis unserer Reflektionen, Reaktionen, Verarbeitungsprozesse ist gesteuert und steht darum auch fest, wenn wir dem entsprechenden Drang in uns nachgeben. Erst in dem Moment, in dem man sich fragt: Moment. Ich habe diese und jene Ansicht. Aus diesen und jenen Gründen. Aber muss ich so denken? Sind das zwingend die Schlüsse, die sich daraus ergeben? Ließen meine Erfahrungen, Informationen etc. nicht auch eine andere Perspektive zu? Wenn man so alles nochmal genau und vor allem sich selbst gegenüber aufrichtig und ehrlich prüft, kann es schon sein, dass sich die Einstellung etwas verändert.
Immer aber ist der Wille im Spiel. Man kann sich zB über einen Menschen Gedanken machen und zum Ergebnis kommen, dass er böse ist oder falsch oder das Falsche denkt etc. etc... Aber oft ist es so, dass dieses Ergebnis eigentlich schon vorher da war und das sich das in der Art und Weise der Reflektion bestätigt hat. Wenn man dann denkt: Ok, das sieht so aus, aber eigentlich WILL ich etwas Gutes über diesen Menschen. Ich WILL eine freundliche und respektvolle Haltung zu ihm. Ich will ihn in einem positiven Licht sehen. Das kann man trotzdem denken, weil man sich vielleicht einfach unwohl dabei fühlt, so schlecht über jemanden zu denken. Und dann ist es möglich, dass man anfängt, die Reflektion auf ein anderes Ergebnis auszurichten. Man fängt an, zu hinterfragen. Ist alles wirklich so, wie es für mich aussieht? Was spricht dagegen? Gibt es denn Dinge, die dagegen sprechen oder die das relativieren? Und wenn man so fragt und hinterfragt, meldet sich plötztlich auch das Über-Ich und man wird dann darin unterstützt, anders zu denken. Aber das "Es" ist natürlich auch dabei und mischt sich ständig ein. Da kommt es dann wirklich auf den Willen an. Will ich gut sein, gut denken? Oder will ich lieber etwas negativ sehen, mich ärgen, aufregen etc.... ?
CoolLesterSmooth hat geschrieben: ↑Fr 23. Apr 2021, 05:01
Der Mensch hat in erster Linie mal ein Bedürfnis Ungewissheit zu vermeiden, da Ungewissheit Stress auslöst (btw mehr Stress als die Gewissheit, dass etwas Negatives passiert) und das Konzept "Gott" hat die komfortable Eigenschaft, sich in jede offene Lücke einsetzen zu lassen, das perfekte catch-all für jede Quelle möglicher Ungewissheit. Klar will man da rein und deswegen kann der Weg raus aus dem Glauben so verdammt schmerzhaft sein, weil es der Weg zurück in eine Ungewissheit ist, mir der man noch keinen Frieden geschlossen hat.
Das Bedürfnis nach Sicherheit und Gewissheit würde ich an mir bestätigen. Wobei ich denke, dass man das auch überwinden kann, prinzipiell. Sicher kann man dann den Glauben als Gott als einen mentalen Halt sehen und sagen: Das ist attraktiv, darum macht man es auch. Das berührt aber die Frage, ob so eine Haltung realistisch ist oder einfach nur Einbildung, nicht.
Für mich ist Gott aber unser wahres, höchstes Selbst. Es ist also so elementar wie das Bedürfnis, zu leben, zu existieren. Wenn das wahr ist, gibt es auch kein Bedürfnis, das tiefer liegt im Menschen. Es gibt viele Wege, sich über das Denken einen mentalen Halt zu geben. Man muss nicht an Gott glauben oder sich einer Religion anschließen.
Man kann auch durch Beobachten und logisches Denken zu dem Schluss kommen, dass es einen Gott geben muss. Erst neulich habe ich von einem interessanten Buch eines äußerst hochgebildeten und betagten Mannes, der sein Leben lang überzeugter, bekennender Atheist war und schließlich aufgrund seiner Erkenntnisse zur Genforschung, zur Genetik zu dem Schluss kam, dass das alles unmöglich aus dem Zufall entstanden sein kann, weil es so durchdacht und intelligent ist, so komplex und vollkommen.