Naqual hat geschrieben:Bei mir ist es (jeder mag es gerne anders sehen), dass ich unter Liebe eine verbindende Kraft verstehe (so wie die Schwerkraft in der Physik und die Fliehkraft als Gegenstück). Aus 2 Personen wird ein „Wir“ (bestehend aus Ichs, die einander auf freiwilliger Basis respektieren) . Ein Wir steht füreinander ein und lebt von den Gemeinsamkeiten.
Bei "lebt von den Gemeinsamkeiten" gehe ich nicht mit, denn meiner Meinung nach geht es um harmonische Ergänzungen (ich habe
an "Ruth" davon geschrieben) - auf die Schnelle: ansonsten würden viel mehr Frau-Frau- und Mann-Mann-Liebes-Beziehungen entstehen.
Naqual hat geschrieben:Aus mehr Personen kann man dann „größere Wirs“ bilden, theoretisch bis hin zu allumfassend.
Das geht mir natürlich zu sprunghaft und auf Basis meines Ergänzungs-Ansatzes verliert sich hier der Liebes-Bezug immer mehr.
Hier können tatsächlich Ähnlichkeiten für ein Gruppengefühl eine Rolle spielen (Beispiel: Frauen-Gruppen, Männer-Gruppen), aber "Liebe" ist als Wort hier eher nicht angebracht bzw. man verändert unterschwellig die Bedeutung (was man nicht machen sollte).
Naqual hat geschrieben:Allerdings halte ich auch ein „Ich“ nicht einfach für eine untrennbare Einheit. Sondern eher, im Vergleich, wie ein Molekül, dass aus Atomen und noch kleineren Partikeln besteht.
Nun, ein Mensch ist ein Zellorganismus - jeder von uns besteht aus ca. 10 hoch 14 Zellen (oder einfach aus ganz schön vielen Zellen

).
Naqual hat geschrieben:Praktisch verändert es sich ständig und wechselt die Eigenschaften nach Umwelteinflüssen oder unterschiedlichen Personen von denen es umgeben ist. (Womit ein selbständiges festes Ich eine Wunschvorstellung ist.)
Vorsicht, hier beginnt schon wieder eine philosophische Falle, Motto: "wie kann ich mich immer als gleichbleibend sehen, wenn sich doch mein Körper verändert"
Die Antwort lautet: die Veränderung des Körpers ist kontinuierlich, so dass es ein korrekter Zusammenhang ist "immer der gleiche Körper zu sein", immerhin ist ein Mensch ein Zellorganismus, der kein extra Wahrnehmungssystem für Zellveränderungen umfasst.
Naqual hat geschrieben:Natürlich ist es funktional z.B. zwischen Eros und Philia zu unterscheiden.
Bei Unterscheidungen ist immer die Frage in welcher Hinsicht die Unterscheidung wichtig sein soll.
Du hast oben von der verbindenden Kraft in Bezug auf "Liebe" gesprochen.
Ich vermute so eine Kraft würdest du klar bei "Eros" vertreten, während du bei "Philia" da schon vorsichtiger sein musst, denn bei Freundschaften spielen eher Vertrauen und gemeinsame Erlebnisse eine Rolle.
=> in Bezug auf "Liebe" halte ich somit diese philosophische Unterscheidung für
nicht sinnvoll.
Naqual hat geschrieben:„Nur Philosophie“ halte ich schlicht für eine arrogante Einstellung
Nein, das tust du nicht, denn du sagst ja selbst - Zitat-Naqual:
der Begriff ist so inflationär, dass er in der Bedeutung eher konfus ist und tendenziell jeder etwas anderes meint.
Philosophie hat deutlich zu diesem Durcheinander beigetragen.
Naqual hat geschrieben:Deswegen nehmen ja selbst reine Naturwissenschaftler ab einem bestimmten Niveau ihre Anleihen aus der Philosopie
"Ach die Armen" - mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt sich dabei um den Wechsel ins Hoheitsgebiet von Wahrnehmungsforschung.
Schau dir Physiker an, die von "Beobachtung" sprechen, wenn sie Materie mit Materie kollidieren lassen, dann ist der Wert des Wechsels zur Philosophie schnell geschätzt - von mir gibt es dort dann immer eine Runde Mitleid.
(bei "Kollaps der Wellenfunktion durch Bewusstsein" bekomme ich Schmerzen an Stellen, die gar nicht zu mir gehören -> "Fremdschämen")
Naqual hat geschrieben:Das hat nichts mit wackelig zu tun, sondern damit dass der Begriff in sich zusammenfällt, wenn man seinen Feind liebt.
Du sollst doch gar nicht deinen Feind lieben. Das "Liebe" in "Feindesliebe" ist philosophisches Sackhüpfen - das ist doch das Problem.
Such in den antiken Texten, da steht nicht, dass du aus einem Feind einen Freund machen sollst - wie einfach wäre es gewesen, zu schreiben "Mach aus einem Feind einen Freund" - Nö, das steht da nicht!
Naqual hat geschrieben:Äh, eigentlich geht es erst einmal darum einen ganz irdischen Feind nicht mehr als Feind zu haben.
Nö, ich habe so etwas nicht im Text gefunden (ich kenne den Text aber auch nicht so gut, wenn du also etwas hast, ich lese es gerne nach).
---
---
Punch hat geschrieben: ↑Unsinn, das hat sich in der Realität in Diskussionsrunden mit Christen immer wieder als starkes Argument erwiesen, mehrmals.
Ja gut, das ist deine Meinung. Während ich jedoch eine Begründung geliefert habe, warum es sich um ein schwaches Argument handelt, vermisse ich in deiner Reaktion den Hintergrund für dieses "mehrmals erwiesen".
Dieses "sie sehen eine Gefahr für den Glauben. also ihren Glauben in der Zukunft" wirkt auf mich eigenartig, soll ihre Gemeinschaft aussterben, weil es andere Gemeinschaften gibt?
Punch hat geschrieben:Vielleicht solltest du dich mit deinen subjektiven Setzungen der starken und schwachen Argumente etwas zurückhalten, denn ich erwarte in einer Diskussion mit dir, das du nicht allein auf egozentrische Wiedererkennungsmuster beschränkst.
Durch das Liefern von Begründung liegt deutlich mehr vor, als eine Setzung - aus meiner Sicht.
Punch hat geschrieben: ↑Du hast es also verinnerlicht, dann hat die Teekanne ja ihren Sinn und Zweck erfüllt.
Wenn es darum ging, dass ich mir die Idee merke (ich bin nicht-religiös), OK, dann soll es gut sein - ich halte es aber immer noch für ein schwaches Argument (Begründung -> siehe oben)
Punch hat geschrieben: ↑Mal eine Zwischenfrage an Silver Bullet: das Wort "Gott". oder Sätze wie »Gott existiert« oder »Gott existiert nicht« sind diese nun gleichermaßen sinnlos, oder eher sinnvoll für dich.
Wir müssen etwas aufpassen, dass wir nicht zu sehr abdriften und sollten bei "Liebe deinen Nächsten" bleiben.
Ich formuliere die Antwort auf deine Frage deshalb in einer Art "Prinzipien-Analogie zu 'Liebe deinen Nächsten'", denn genau wie ich offensichtlich bei solchen Aussagen fragen muss, was denn hierbei "Liebe" sein soll, habe ich es mir angewöhnt, bei "Gott" zu fragen, was "Gott sein soll".
Erst wenn hierzu eine Antwort kommt, kann man sich um Existenz/Nicht-Existenz kümmern. Bei "Liebe" kann ich mich dann darum kümmern, ob überhaupt noch auf "Liebe" abgezielt wird, oder ob sich eine (philosophische) Schräglage eingeschlichen hat.
Punch hat geschrieben: ↑Und bist du wie Wittgenstein der Meinung: Alles, was überhaupt gedacht werden kann, kann klar gedacht werden. Alles was sich aussprechen lässt, lässt sich klar aussprechen.
Schau, ich habe dir zu "das Ich" und zu "radikalem Konstruktivismus" Aussagen geliefert - du hast sie wohl nicht weiter beachtet.
Sagen wir einfach, ich kann dir auch zu "Wittgenstein" und sonstigen Philosophen, Antworten ähnlicher Natur geben und du wirst sie vielleicht ähnlich nicht beachten.
Du könntest natürlich Aussagen von "Wittgenstein" in Bezug zu "Liebe deinen Nächsten" setzen, so dass sie zu diesem Thread gehören - dann reagiere ich selbstverständlich gerne, also wenn du Lust hast, auf geht's...