Ruth hat geschrieben: ↑Dabei denke ich, der Unterschied zu dem, wie du es einordnest und wie ich Gottes Wirken erlebe und verstehe, liegt darin, dass du Gottes Wirken von außen her kommend betrachtest: Mensch 1 + Mensch 2 + Gott = 3 Puzzleteile
Ich habe es eher auf "Mensch + Gott = 2 Puzzleteile" bezogen, d.h. auf die Problematik, dass Gott geliebt werden soll.
Ruth hat geschrieben:Für mich sieht es eher so aus: Mensch 1 + Mensch 2 = Beide leben bewusst mit Gott .. = 2 Puzzleteile, von Gott geprägt.
Verstehe, für dich ist Gott die "antreibende Kraft".
Ruth hat geschrieben:Das Puzzlespiel ist das ganze Leben, oder vielleicht auch erst einmal ein Lebensabschnitt, an dem mehrere Menschen miteinander eine Beziehung/Gemeinschaft bilden. Gott ist hier mit dabei ... und zwar in und durch die einzelnen Menschen und verbindend in der Gemeinschaft.
Ja, so habe ich dich früher auch verstanden und das Liebespuzzle gehört dann zu dem grösseren Puzzlespiel der Lebensbewältigung.
Ruth hat geschrieben:Sobald ich jemanden auf irgendeine Art wahrnehme, kommen wir im Puzzlespiel einander näher, und der Idealfall wäre, zu versuchen, eine "Füllung", die in meinen Ressourcen vorhanden ist (Liebe), dort anzubringen, wo ich Mangel (Sehnsucht) erkenne, diese durch das, was ich reichlich habe, zu füllen.
Das ist der Knackpunkt, an dem ich mich frage, ob der Vorgang "Liebe" tatsächlich so universell einsetzbar ist.
Ist es angebracht, von Liebe zu sprechen, nur weil man einen anderen Menschen freundlich/höflich/wohlwollend behandelt?
Unten versuche ich mal "Liebe" aus meiner Sicht darzustellen - ist bestimmt grobmotorisch, aber immerhin habe ich mir mal was dazu überlegt und demnach wäre Liebe etwas anderes als die "normale Behandlung" von Menschen.
Ruth hat geschrieben:Ich vestehe das dann so: Gott wirkt selbst "durch mich hindurch".
Dies ist interessant, denn so ein "von aussen" bzw. "nicht bewusst" beschreibe ich unten auch.
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Tree of life hat geschrieben: ↑Ich denke, es scheitert oft an den verschiedenen Ansichten über Liebe.
Ja, es sieht sehr stark danach aus, dass man zuerst eine Grundlage finden muss, worüber man eigentlich spricht.
Im Grunde ist das aber dann schon der erste Kritikpunkt an "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", denn man findet in dem Text, aus dem das stammt, eher keine Grundlage - der Text ist keine "Formelsammlung", die als Ausgangsunkt eingesetzt werden kann.
Unten versuche ich mal meine Ansicht darzustellen...
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@All
Ich wage mich mal auf das Glatteis und versuche eine grundlegende Beschreibung von Liebe aufzustellen (selbstverständlich staubtrocken und frei von jeglicher Romantik

).
Es soll hierbei nicht um Resultate aus einer Liebeseinstellung gehen, sondern um diese Einstellung selbst.
Erst mal allgemein:
Meiner Meinung nach ist es ein wesentlicher Charakterzug unserer Wahrnehmung, unseres Denkens, dass wir Sachverhalte "durch" andere Sachverhalte verwalten können.
Das ist im ersten Moment schwer verständlich aber weil weiter oben das Beispiel mit dem Autofahren genannt wurde, möchte ich hierzu aufzeigen, was ich meine.
Das Autofahren kann zu einer derart einstudierten Handlung werden, dass wir eine ganze Fahrt hindurch an alles Mögliche denken können (danach können wir sogar oft nicht sagen, was beim Autofahren alles passiert ist - wir erinnern uns kaum daran).
Tatsächlich war jedoch in jedem Moment das Autofahren genauso ein Wahrnehmungsthema, wie das womit wir "vordergründig" beschäftigt waren, wir haben uns sozusagen mit einem anderen Thema "durch die Brille des Autofahrens" beschäftigt.
Genau in diesem "vordergründig" und "hintergründig" liegt meiner Meinung nach der oben genannte "wesentliche Charakterzug".
Die Zusammenhänge des Autofahrens sind immer mit dabei, auch wenn wir das "andere wichtige Thema" im Auge haben.
Wir können quasi über alles nachdenken, während wir das Autofahren kontrollieren.
Das Autofahren würde ich hier als "hintergründig" bezeichnen, das jeweilige andere Thema als "vordergründig" - beides ist aber immer mit dabei.
Jetzt der Wechsel zur Liebe:
Wenn ich eine Liebeseinstellung hineinrutsche, dann ergibt sich dies (wie in einem Beitrag weiter oben beschrieben) dadurch, dass ich irgendwann an mir selbst feststelle, dass ich all meine Aktivitäten unter den Gesichtspunkt meiner Bewertung einer anderen Person (in meinem Fall: eine Frau) gegenüber durchführe.
Ich scheine ständig einen Bezug zu der anderen Person aufrecht zuhalten - ich bin "hintergründig" auf diesen anderen Menschen ausgerichtet.
Das kann so weit gehen, dass ich mich als "etwas durcheinander" einschätzen würde, irgendwie "ist nichts mehr wie vorher".
Wichtig dabei ist, dass ich dies nicht bewusst hergestellt habe, es ist auch nicht das Resultat einer Überlegung oder von irgendwelchen raffinierten Gedanken.
Deshalb stelle ich die Frage: wer ist für diese "Hintergründigkeit" verantwortlich?
Aus meinem Weltbild heraus würde ich sagen:
irgendetwas an der anderen Person (Aussehen, Verhalten, Eindrücke) passt harmonisch zu meinem inneren Reaktionspotential und bildet eine Art "Ergänzung", so dass meine Reaktion (egal um was es geht) "von unten heraus" (-> "Hintergründigkeit") auf die andere Person einschwingt, sich ausrichtet.
=> Ich denke, der Körper entscheidet. Aber zu diesem Schluss komme ich vielleicht nur, weil ich mein Weltbild anwenden möchte, andere Weltbilder führen vermutlich zu anderen Erklärungen, aber eine Erklärung ist für diesen Punkt schon elementar wichtig.
=> Aus meiner Sicht ist diese Erklärung dann auch für die Bewertung von "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" von Bedeutung, denn aus meinem Weltbild heraus liegt hierbei ein eigenartiges Konzept von Liebe vor -> was bringt es, mir zu sagen, ich solle alle Menschen lieben, wenn Liebe gar nicht auf die Art funktioniert, dass ich es bewusst durchführen kann?
Meine erste derartige Reaktion auf eine Frau, die erste Hintergründigkeit, kann man bestimmt als "Verliebtheit" betrachten (-> "Schmetterlinge im Bauch"). Durch die neue "Hintergründigkeit" ist quasi alles neu, selbst wenn es der ganz normale Alltag ist.
Den Übergang zu Liebe sehe ich nun darin, dass die Verliebtheit zu einem "Normalzustand" wird, d.h. wie oben beim Autofahren beschrieben, schaue ich durch die Ausrichtung auf einen anderen Menschen, auf andere Themen, ohne dass ich mir immer der "Hintergründigkeit" bewusst bin.
D.h. der Unterschied zwischen "Verliebtheit" und "Liebe" ist aus meiner Sicht gar nicht so gross, sondern liegt eher nur an einem Gewöhnungsprozess.
Wichtig ist aber, dass bei Liebe die entsprechende "Hintergründigkeit" nachhaltig in meinen Reaktionen verankert ist, d.h. "ich denke nicht mehr unbedingt als Einzelperson", sondern irgendwie schwingt überall die Partnerschaft bzw. zumindest die andere Person mit - auch wenn dies, wie beim Autofahren, nicht (immer) bewusst geschieht.
Wenn nun etwas rund um die andere Person pasiert, dann kann die Korrektheit meiner "Hintergründigkeit", meiner grundlegenden Ausrichtung, darunter leiden.
Ist die andere Person in Gefahr, dann ist es plötzlich ein Thema, dass ich eine ganz zentrale Basis verlieren kann und nichts anderes ist mehr wichtig, als diese Person.
Kommt es zum Verlust der anderen Person (z.B. weil sich die andere Person neu orientiert hat -> von mir weg), dann fehlt bei mir schlagartig die "Hintergründigkeit" und damit "hänge ich in der Luft" -> nichts stimmt mehr, das gewohnte Fundament ist nicht mehr da.
Es dauert dann, bis man eine neue Basis gefunden hat bzw. die "Leere" ausgeglichen hat.
Wenn meine Vorstellungen hier korrekt sind, dann muss ich die Aussage "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" entweder unabhängig von Liebe sehen oder ich muss die Forderung als eigenartig ansehen, weil es so nicht funktioniert.
Hier mal ein Praxisbeispiel

:
gestern lief bei mir der Film
"Drei Engel für Charlie" mit (alphabetisch: Cameron Diaz, Drew Barrymore, Lucy Liu).
Ich habe diesen Film schon zwei, dreimal angeschaut, und zwar, weil ich auf eine dieser Frauen derart reagiere, dass ich den ganzen Film mit ihr als "Hintergründigkeit" erlebe, d.h. ich bin irgendwie von ihr fasziniert, wodurch der Film für mich interessant ist.
Vermutlich kann man davon ausgehen, dass sie bei mir eine Kandidatin für obigen Ablauf wäre (wenn ich denn so wichtig wäre, dass dies relevant werden könnte

).
Auch wenn die Forderung "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" für diesen Film in "Sei zu den anderen beiden Frauen genauso eingestellt, wie du zu der einen Frau eingestellt bist", würde ich nicht wissen, wie ich das machen soll.
Ich mache bei meiner Einstellung nichts wirklich bewusst, sondern "es nimmt mich mit" und zwar gar nicht unbedingt auf optisch (sexueller) Basis, denn alle drei Frauen sind selbstverständlich optisch ansprechend (so sind sie ja ausgewählt), aber das alleine reicht anscheinend nicht aus.
Vor dieser ganzen Konstellation kann ich "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" lediglich übersetzen in "belaste andere Menschen nicht in einer Art, die du selbst nicht ertragen möchtest", aber mit Liebe kann ich es eher nicht in Zusammenhang bringen.