Ruth hat geschrieben: ↑Sa 27. Feb 2021, 11:32
Die Zahl der Jesus-Entschiedenen, Wiedergeborenen Christen ist dann zwar klein (weil nur wenige das glauben ... mit der Zahl und so) aber wenn sie so glauben, wie es (von den Schriftgelehrten) vorgeschrieben wird, kommen sie dann eben im Windschatten von Jesus mit rein.
Die bekommen vielleicht noch einiges zum Schlucken...weil sie in der Bugwelle des Schiffes mit reingeschwemmt werden.
Das "neu geboren" kommt ja auf zehntausenden von Bibelseiten vielleicht 2x oder 3x vor und selbst das ist noch interpretationsbedürftig. Die "Wiedergeburt" wird aber für diese Glaubensrichtung absolut zentral. Eigentlich ist der Unterschied zwischen Evangelikalen und z.B. Lutheranern so groß, dass man sie durchaus als eigene Konfession sehen kann. Sie werden aber von den Kirchenoberen hofiert. Aus gutem Grund: es sind sehr aktive Christen, die sich mit viel Einsatz am gemeindlichen Leben beteiligen. Und auch sehr liebevolle Wesen dabei. Wenn sie mich manchmal auch mit ihrem missionarischem Einsatz (auch zur Unzeit) nerven.
Die manchmal etwas simpel-mathematischen anmutenden Errettungsformeln haben aber für mich eine eigene lieblose Qualität, die man als so-Gläubiger schon auch verdrängen muss. Inbesondere, wenn man an sich eine liebevolle, nette Seele ist.
M.E. sind die lieblosen Elemente:
- Gott benötigt ein Blutopfer um überhaupt vergeben zu können. Wobei das dann nicht liebevolle Vergebung, sondern rachesüchtige Vergeltung ist.
- die Annahme des Opfers eines anderen für sich ist an sich schon lieblos und als "Aufnahmekriterien" einfach zu egoistisch um für irgendetwas zu qualifizieren, vor allem den Himmel.
- die verdrängte Vorstellung, dass man im Himmel sitzt, währen die Mehrheit der Menschheit schreiend in der Hölle gequält werden würden, darunter sicher auch Freunde, Eltern, Arbeitskollegen. Da braucht man schon eine gewissene Hartgesottenheit oder Gleichgültigkeit für andere um das Paradies so in vollen Zügen zu genießen.
- das Konzentrieren auf die Sündenvergebung für einen selbst bei untergeordneten Bemühen um ein "besser-sein" (für andere). Das "besser-sein" wird lediglich deklariert - als Gnadeakt für den Glauben an die allzubekannte Rettungsmethodik.
- der Glaube, das Gutes tun völlig umsonst für einen ist, wenn man die Errettungsformeln nicht glaubt und annimt. Man käme ja trotzdem in die Hölle. Für mich ist das nicht nur menschenverachtend, sondern auch Gott-verachtend.
Das Problem im Umgang mit solchen "Wiedergeborenen" ist für mich, dass sie vollumfänglich eine Ideologie geschaffen haben. Eine Ideologie ist stets dadurch gekennzeichnet, dass sie sich gegen Kritik immunisiert hat. Wenn ich nun Kritik an dem System simpel-mathematischer Errettungformeln übe, spreche ich aus derer Sicht gegen die Bibel. Da diese von Gott diktiert ist, widersetze ich mich Gott und betreibe Gotteslästerung. Das sagen die dann auch so deutlich, damit man weiß, jede Diskussion erübrigt sich. Die haben auch kein Problem damit keine Antworten auf an sich vernünftige Fragen zu haben. Sie sehen das dann als Ausdruck der Bescheidenheit, weil Gottes Wege sind ja viel höher und da kann man ja nicht alles verstehen. Das wäre ja anmaßend. Naja: man kann damit natürlich auch jeden Blödsinn vertreten.
Der Glaube an das göttliche Diktat der Bibel ist eigentlich eine Diktatur des Wortes über die Menschen.
M.E. sollte man schauen, dass man ein in Bezug auf die Liebe schlüssiges Bild von Gott hat. Weil dies dann besser im Leben in einem wirkt. Deswegen wird man kein Heiliger, aber es hilft jedoch besser zu werden. Gott steht im Inneren der Seele eigentlich dafür, was oberste Priorität hat. Wenn das völlig diffus ist, wie soll Gott dann (psychologisch) helfen?