SamuelB hat geschrieben: ↑Sa 28. Mär 2020, 12:52
Der Text, der uns hier vorgelegt wurde, spricht von einem Geist. Mir fehlt da, wie bereits erwähnt, ein entscheidender Teil: die Erkenntnis. Wenn es zu Anfang keine Grenze gibt, gibt es gar nichts. Wobei dann fraglich ist, wie es zur Bewusstseinsentstehung überhaupt kommen kann. An dieser Stelle bräuchte ich vllt tatsächlich mal einen Lehrer, der wirklich was drauf hat.

Der Geist wird sich seiner Selbst bewusst; das kann er doch eig nur, wenn er schon eine Grenze hat und es etwas außer ihm gibt.
Dann das Interessante: Was ist außerhalb der Grenze? Darum kann es aus meiner Sicht keinen allmächtigen Gott geben.
Ich sehe hier ein grundlegendes methodisches Problem. Du denkst in philosophischen Kategorien, die dem Autor des Astarte-Text völlig unbekannt sind. Aus den wenigen Zeilen dieses Ausschnitts von Astarte ergibt sich z.B. das die Welt wie wir sie kennen eine Schattenwelt der Götterwelt ist. Also beide Welten gut bevölkert mit allen möglichen Gesellen und Gesocks. Und so wie im Diessseits es vielen Menschen gibt, die selbst für Gutes und Böses verantwortlich sind, so gibt es auch viele recht kräftige und überbegabte Gestalten (Götter) im Jenseits, die ähnlich agieren. Damit ist Astarte eine von vielen Göttern. Also alles andere als etwas "Umfassendes" (wie z.B. im viel späteren Pantheismus) wie ein Gott. Astarte verliebt sich im Text in ihren Ursprung (!). Da wird nicht näher angegeben, worum es sich da handelt, und vielleicht neigt man dazu sehr abstrakte Lösungen zu vermuten (wobei Abstraktes Denken in der Antike sehr untypisch wäre). Der Ursprung kann in diesem Denksystem des Autors des Astarte-Textes, z.B. schlicht der Umstand sein, dass Astarte sich ihrer Eltern besann! Das kann dann in der Vorstellung durchaus konkrete "diesseitige Schatten werfen".
M.E. gehst Du nun aus einer ganz anderen Perspektive auf das Thema los. Bei Dir ist es ein umfassender EINGott (der in keinster Weise mehr den Menschen als "Schatten seiner selbst" zulässt). Und dann wie Erkenntnis entsteht. Wobei ich hier durchaus auch andere Möglichkeiten sehe, die sein könnten, als Du darlegst. Also ich empfinde Deine Argumentation nicht als zwingend aus dieser heraus. Das Problem ist für uns kurz gesagt die kognitive Erfassung von folgendem "Ein Gott bei Erschaffung der Welt". Da habe ich mehr Fragen als schöne Antworten. Muss es wegen der Erschaffung der Welt eine Schaffung des göttlichen Bewusstseins geben? Also Gott hätte ziemlich unbewusst als Geist in einem Jenseits rumgewabbert.
Zum vermeintlichen Erfordernis von Grenzen: Theoretisch könnte - sofern es außerhalb dieses EinGottes nichts gibt, trotzdem Selbsterkenntnis geben. Also nicht im Wortsinne, sondern im Sinn von Selbstwissen. Erkennen hieße ja, Gott hätte es vorher nicht gewusst. (Wenn man es salopp ausdrückt: Gott ist jegliche Erkenntnis völlig fremd. Er weiß es eh schon.)
Wenn Gott der jenige ist der die Welt (oder das Diesseits) geschaffen hat: dann würde ich davon ausgehen , er kann nach "außer sich" nur etwas schaffen, was vorher in ihm schon da ist. (unangenehmer Begleiteffekt für christliche Denker: dann war auch in Gott schon Gut und Böse. - In der jüdischen Religion, die schon erheblich weiter entwickelt ist, als so mesopotamisch anmutendende Astarte-Gestalten, ist dies auch kein Problem)
Bei den Überlegungen mit dem Begriff "Allmacht" muss man extrem vorsichtig sein, weil man da einen Blindläufer nach dem anderen philosophisch in die Massenproduktion geben kann. Das ist so ähnlich wie das Operieren mit der Zahl 0 oder Unendlichgroß in der Mathematik. Vertreter von letzterer haben das Rechnen damit fast vollständig verboten.
Grenzen der Allmachtsdenkerei sind ja bekannt: Schaffe einen Stein der so schwer ist, dass Du ihn nicht mehr heben kannst. Der Allmächtige hat ein Riesenproblem. Oder, mehr in Bezug auf das weiter oben Genannte: Wenn Gott den Menschen haben möchte, als jemanden, der selbst entscheiden kann, dann kann er den Menschen nicht gleichzeitig dazu zwingen Gut zu sein, obwohl Gott eigentlich nur Gutes schaffen kann.