Welcher alte erbreich? Da gibt es viele, eben gerade deswegen, weil es kein fixes unveränderliches "Ich" gibt in ihm. Es gibt das Lebewesen "erbreich", das sich unaufhörlich mit dem es umgebenden und es durchdringenden Kontext verändert. Und wenn die Argumentation des von dir jetzt erlebten "erbreich" dir fragwürdig erscheint, dann ist sie so doch immerhin der Fragen würdig und das ist schon mal nicht schlecht und hat mit dem Kontext - abc-und-erbreich-begegnen-sich - zu tun und ist somit bedingt entstanden.
Wenn ich dich recht verstehe, geht es dir jetzt primär um eine klare Definition des Freiheitsbegriffs. Du meinst, weil ich von Bedingtheit spreche, spreche ich zwangsläufig dem Menschen Freiheit ab. Dem ist aber nicht so. Was ich dem Menschen abspreche ist eine unbedingte Freiheit (ebenso wie ein unbedingter freier Wille). Was den Menschen sich als unfrei erleben lässt, ist die Illusion, ein unbedingtes "Ich" zu sein oder zu haben, dass über einen bedingungslosen freien Willen und durch diesen über eine bedingungslose Freiheit verfügen könnte. An dieser Hybris scheitert er immer und immer wieder und auf diese Weise wird er sich auch niemals als frei erleben können.
Das erste wäre also, dass ich die durchgängige Bedingtheit all meines Erlebens erkenne und akzeptiere. Je klarer ich dies in jedem konkreten Erleben gleichzeitig erkenne, desto deutlicher wird mir, dass in all dem kein unbedingter "Ich-Kern" zu finden ist, der sich der Bedingtheit entziehen könnte. Das heisst, ich lasse mich vollumänglich auf den gesamten "mich" in diesem Moment konstituirenden Prozess (Kontext) ein und das ist es, was ich mit der "Übernahme der Verantwortung" meine: Ich lasse mich auf das Geschehen ein - so wie jetzt hier auf unser Gespräch (oder gerade noch konkreter: auf meine Schreibe an dich) - und versuche mit wacher Aufmerksamkeit zu erkennen, was in mir an Gefühlen, Emotionen, Gedanken aufsteigt und was davon der inneren Prüfung (durch die Liebe, möchte ich sagen) standhält und somit den Weg in die Tastatur findet und in dieses Forum und auf diesem Weg zu dir, in dein Denken und Fühlen gelangt. All das ist Bedingtheit und geht nicht von einem als von dieser umfassenden Bedingtheit abgetrennten "Ich" aus. Es ist das, was Martin Buber so benennt: "Ich werde am Du; Ich werdend spreche ich Du. Alles wirkliche Leben ist Begegnung."
Deshalb gibt es keine Freiheit für ein "Ich an sich" (das es eben gar nicht gibt, und was es nicht gibt, das kann auch weder frei noch gefangen sein). Was es aber gibt, das ist die Freiheit von dieser Illusion oder noch deutlicher gesagt von diesem Wahn des "unbedingten Ich". Diese Einsicht entbindet mich aber nicht von der Verantwortung für das, was ich dir hier antworte. Wenn ich mich als frei erleben möchte, dann komme ich nicht darum herum, für das einzustehen, was ich hier sage. Ich kann mich dir gegenüber nicht aus der Affäre ziehen indem ich mich quasi als ein "Medium" bezeichne, dass Botschaften "channelt", die es von irgend einem andern Wesen (oder vom Heiligen Geist oder eben von den "Bedingungen") eingetrichtert erhält und die für abc bestimmt seien.
Was ich hier sage, ist durch den gesamten Kontext bedingt entstanden und da diese Aussagen in mir entstanden sind übernehme ich dafür die Verantwortung. Das macht mich zum bedingten und gleichzeitig freien Menschen.
Ob du mich jetzt ein wenig besser verstehst?