Münek hat geschrieben:nee nee, überraschend ist das schon, mehr als überraschend! Ist aus der Sicht der Gläu-
bigen der Text des Matthäusevangeliums nicht Bestandteil der "Heiligen Schrift", des
WORTES GOTTES ?
Servus Münek,
ja, das Matthäusevangelium ist kanonisierter Bestandteil der Heiligen Schrift. Es ist Gottes Wort, ausgedrückt in mitmenschlichem Wort. Als mitmenschliches Wort ist das Wort Gottes nie abgeschlossen. Das ist ja das Faszinierende: kein einziger Verfasser (die uns - mit Verlaub - eigentlich völlig unbekannt sind) im NT war Augenzeuge des Lebens, Sterbens und der Auferstehung Jesu; alles Schriftliche entstand, als es schon mündliche Überlieferungen darüber gab. Man kam sozusagen auf das Spielfeld, aber das Spiel lief schon längst! Und es läuft immer noch! Es ist eben nicht so wie im Islam, wo das Wort Gottes ein für allemal und zum letzten Mal an einen menschlichen Hörer ergangen ist und dann unverrückbar feststeht, sondern es ergeht an alle Menschen zu allen Zeiten und allen Erdteilen
immer wieder neu. Auch die Evangelisten haben es gehört; denn der Glaube kommt vom Hören.
Wer also spricht das Wort Gottes immer und immer wieder? Andere Christen. Was sprechen sie? Dass Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde ist. Dass Jesus der Sohn Gottes ist. Dass Jesus auferstanden ist. Dass sie an den Heiligen Geist glauben. Das Bekenntnis. Wo bekennen sie? In der Eucharistie. In der Eucharistie
geschieht das Wort Gottes, das Wort Gottes ist ganz entscheidend
Tat; es ist nicht nur Information, die uns über etwas informiert, sondern vor allem Performation, es ist
performative Rede, Rede,
die etwas mit uns tut. Etwa, wenn einer sagt: "Die Sitzung ist eröffnet", und dann ist sie auch eröffnet.
Es ist diese Performanz, die mich fasziniert. Mal im Ernst: was können wir den aus den biblischen Texten
qua Text herauslesen? Nehmen wir die Schrift wirklich Wort für Wort, dann ist darin wenig erbauliches, allenfalls kurioses enthalten. Die Kraft des christlichen Glaubens kommt für mich nicht davon, dass man sich informativ Wort für Wort an die Bibel hält. Sie ist Inspirationsquelle, aber kein Gesetzeswerk, und auch kein Ersatz für Wissenschaft. Die ganze Bibel ist bereits Theologie, das Ringen um und mit Gott (wie Jakob gerungen hat mit Gott und dann Gott besiegt hat...).
schönen Gruss