closs hat geschrieben: ↑Fr 21. Jun 2019, 22:34
…
Das Problem an deinem “ontischen Wissen†– also Wissen, das damit übereinstimmt, “was wirklich der Fall ist†– ist, dass hier das Wörtchen “übereinstimmt†mysteriös ist.
“Übereinstimmung†hört sich so einfach an, wie wenn jemand zwei Film-Negative übereinander legt und feststellt, ob sie deckungsgleich sind oder nicht.
Tatsächlich ist die Relation zwischen einer These, an die man glaubt, und der
unanalysierten, “rohen†Wirklichkeit ein ganz anderes Kaliber. In voller Allgemeinheit ist sie schlichtweg
unbeschreiblich. Und da wo man sich die Mühe macht dies für ein eng umrissenes Gebiet im Detail auszuführen, d. h. eine Theorie für seine “Übereinstimmung†in einem Spezialbereich zu liefern, wird es eh “systemischâ€.
Dass von allen Leuten ausgerechnet du den direkten Weg zum “ontischen†gefunden hast, glaube wer will.
Später heißt es, Tiere wären beseelt und geistiger Natur aber nicht res cogitans… Bis vor kurzem hast du aber “geistig†noch mit “res cogitans†gleichgesetzt. Das gilt wohl nicht mehr – es gibt jetzt auch
geistiges res extensa! Dazu muss der Geist von Tieren schließlich zählen, wenn man die Dichotomie res extensa / res cogitans aufrecht erhalten will. Was hat dann res extensa eigentlich noch mit Physik zu tun… beseelte Physik, geistige Physik?
Res extensa hat Descartes wohlweislich mechanistisch konzipiert, sollte sie doch die Arena für die exakten Naturwissenschaften darstellen. Das phänomenale Bewusstsein gehörte zu res cogitans, nicht zu res extensa; es ist schließlich subjektiv und eignet sich nicht zur naturwissenschaftlichen Untersuchung und Messung.
Tja, da haut man einmal auf die closs’sche Descartes-Piñata und heraus kommt Thomas von Aquin. Deine
tatsächliche Kategorisierung ist thomistisch, wonach das “irdischeâ€
weitaus reichhaltiger (phänomenales Bewusstsein ist materiell, Materie ist teleologisch) ist als die mechanistische Materie des Descartes und das “nicht irdische†nur mit dem
Intellekt assoziiert wird, durch den z. B. der Mensch im Gegensatz zu einem Tier metaphysisch denken kann.
Und genauso wie bei Augustinus hängt das Cogito wieder in der Luft, als eine fromme Meditationsübung; eine ausgefeilte Epistemologie wie bei Descartes lässt sich jedenfalls nicht mehr darauf aufbauen. Denn wenn das phänomenale Bewusstsein nicht mehr zu res cogitans gehört, sondern zu res extensa, dann ist die Existenz von gewissen res extensa ja unbezweifelbar gegeben. Man kann schließlich nicht bezweifeln, dass man die
Empfindung eines bestimmten Tons erlebt - selbst wenn es sich hier nur um Tinnitus handelt – das Erleben selbst ist nicht in Zweifel zu ziehen.
tl;dr die Trennung, die das Cogito vornimmt passt nur zur tatsächlichen cartesischen Epistemologie und Metaphysik, aber nicht zur closs’schen Uminterpretation, die verkappt thomistisch ist.
Damit ist Rückschritt unseres Aufklärers closs zurück ins Mittelalter vollzogen.
Der Rest deines Beitrags ist ein einziges Herumgeeiere und Herumgedruckse.
closs hat geschrieben: ↑Fr 21. Jun 2019, 22:35
Ganz vereinfacht:
Das ist das Problem – es kommt immer “ganz vereinfachtâ€.
Nur weil etwas nicht weg ist, wenn man nicht hinschaut, ist es nicht
vollständig unabhängig von unserer Beobachtung. Z. B. könnte es durch die Beobachtung erst eine
Eigenschaft hinzugewinnen, wie eben Spin-Up / Spin-Down (die QM nicht einfach komplett zu ignorieren, ist nicht bereits “hoch einsteigenâ€). Du bist nicht in der Lage deine Dichotomie Echt-versus-Vorstellung zu erklären. Warum soll es die überhaupt geben? Kann es nicht eine Skala sein?