Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Rund um Bibel und Glaube
Roland
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#561 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Roland » Mo 1. Apr 2019, 19:40

Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
Innerhalb dieser theologischen Kategorie "Historische Theologie" kommt die historisch-kritische Methode der Geschichtswissenschaft zur Anwendung. Manchmal wird sie auch verkürzt "historische Methode" oder auch "kritische Methode" genannt.
Richtig. So wie es Lüdemann im vielzitierten Absatz verkürzt tut:
"Theologie ist insofern eine geschichtliche Disziplin, als sie das Christentum mit Hilfe der historisch-kritischen Methode untersucht. Und für die historische Methode gelten drei Voraussetzungen: die Kausalität, die Berücksichtigung von Analogien und die Erkenntnis von der Wechselbeziehung der historischen Phänomene zueinander. Ihre Arbeitsweise folgt dem methodischen Atheismus der Neuzeit."
Am Samstag waren das für dich noch zwei verschiedene Paar Stiefel und ich antwortete, dass Lüdemann hier nicht zwei verschiedene Dinge in quasi einem Satz beschreibt.
Also die Arbeitsweise der historisch-kritischen Methode (kurz historische Methode) folgt lt. Lüdemann dem methodischen Atheismus.

Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
Dazu gehört - aber nicht nur - die wissenschaftliche Exegese von Texten aller Art mittels der historisch-kritischen Methode…
Richtig – nicht nur – aber Exegese ist Teil der HKM. Hier schriebst du noch "Die HKM ist noch keine Exegese, sondern lediglich die Vorarbeit für eine Exegese".
Andreas hat geschrieben: Zu den sakralen Schriften gehören auch die heiligen Schriften anderer Völker (sumerische, ägyptische, assyrische, babylonische, griechische, römische usw. UND NICHT NUR DIE JÜDISCHE UND CHRISTLICHE BIBEL.
Völlig klar.

Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
Du erwartest doch sicherlich nicht, dass man sakrale Texte aus dem nicht jüdisch-christlichen Umfeld so behandelte, als ob es die darin erwähnten Götter gäbe, denn dann gäbe es "historische Tatsachenberichte" vom Handeln all der anderen Götter in der Geschichte und dein (bzw. unser) christlicher Monotheismus wäre dahin!
Sofern andere Religionen den Anspruch erheben, dass ihre überlieferten Texte historische Tatsachenberichte vom Handeln ihrer Götter darstellen, ist es erlaubt, diese Texte so auszulegen, als sagten sie die Wahrheit. Und daneben darf man sie auch so auslegen, als könne es kein Handeln eines Gottes in der Geschichte geben, also indem man dem methodischen Atheismus folgt. Beides ist dann Exegese mit Voraussetzungen, mit Vorannahmen. Es geht nicht anders.

Und am Ende bleibt offen, wer recht hat! Es ist auch in anderen Religionen eine Frage des Glaubens. Wissenschaft kann das nicht entscheiden, das ist es, was ich sagen will.

Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
...und dein (bzw. unser) christlicher Monotheismus wäre dahin!
Warum das denn? Man hat immer noch das Kriterium der Plausibilität.

In Jesus, dem Logos, durch den die Welt erschaffen wurde, begegnet uns Gott auf Augenhöhe. Das Alleinstellungsmerkmal des christlichen Glaubens: ein Gott, der nicht vom himmlischen Lehnstuhl Gebote erteilt und dann dem Leiden zusieht, sondern der selbst alles erleidet, was Menschen erleiden können. Und dabei sündlos bleibt. Ganz Gott und ganz Mensch. Er stellt den vollkommenen Menschen vor Gott dar – und gleichzeitig Gott vor den Menschen.
Schließlich stirbt er für uns und bietet uns Frieden mit Gott an, allein aus Glauben!

Wenn es eine andere Religion gibt, die Tatschenberichte über Gott vorzuweisen hat, mag man sie auslegen, als sagten sie die Wahrheit. Christen muss davor nicht bange sein. Es gibt nichts vergleichbar Großes!

Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
Hier wird Geschichte wissenschaftlich untersucht - weil man das kann.
Hier werden keine Gottheiten wissenschaftlich untersucht - weil man das nicht kann.
Ist halt so - völlig wertfrei.
Texte zu untersuchen, mit der ideologischen Vorannahme, dass sie nicht die Wahrheit sagen (methodischer Atheismus), ist nicht wertfrei. Sie zu untersuchen unter der Vorannahme, dass sie inspiriert und wahr sind, auch nicht.

Also: Voraussetzungslose biblische Exegese kann es nicht geben.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

closs
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#562 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Mo 1. Apr 2019, 21:05

Mein Gott, es gibt so viele interessante Sachen, die man am Ende seines Lebens NICHT studiert haben wird. - Danke für die Info..

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#563 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Mo 1. Apr 2019, 21:05

d

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Andreas
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#564 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Mo 1. Apr 2019, 22:56

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
Innerhalb dieser theologischen Kategorie "Historische Theologie" kommt die historisch-kritische Methode der Geschichtswissenschaft zur Anwendung. Manchmal wird sie auch verkürzt "historische Methode" oder auch "kritische Methode" genannt.
Richtig. So wie es Lüdemann im vielzitierten Absatz verkürzt tut:
"Theologie ist insofern eine geschichtliche Disziplin, als sie das Christentum mit Hilfe der historisch-kritischen Methode untersucht. Und für die historische Methode gelten drei Voraussetzungen: die Kausalität, die Berücksichtigung von Analogien und die Erkenntnis von der Wechselbeziehung der historischen Phänomene zueinander. Ihre Arbeitsweise folgt dem methodischen Atheismus der Neuzeit."
Fälschung. Der Satz endet hier nicht - und schon gar nicht mit einem Punkt. Trotz mehrfacher Bitten anständig zu zitieren, fälscht du weiterhin Texte nach Belieben um sie in deinem Sinne zu entstellen.
Original:
Theologie ist insofern eine geschichtliche Disziplin, als sie das Christentum mit Hilfe der historisch-kritischen Methode untersucht. Und für die historische Methode gelten drei Voraussetzungen: die Kausalität, die Berücksichtigung von Analogien und die Erkenntnis von der Wechselbeziehung der historischen Phänomene zueinander. Ihre Arbeitsweise folgt dem methodischen Atheismus der Neuzeit ("als ob es Gott nicht gäbe"), der freilich von einem dogmatischen Atheismus zu unterscheiden ist.
Schade eigentlich, und irgendwie auch nicht wirklich christlich auf diese schäbige Weise Dialoge zu führen.


Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Am Samstag waren das für dich noch zwei verschiedene Paar Stiefel und ich antwortete, dass Lüdemann hier nicht zwei verschiedene Dinge in quasi einem Satz beschreibt.
Also die Arbeitsweise der historisch-kritischen Methode (kurz historische Methode) folgt lt. Lüdemann dem methodischen Atheismus.
Es sind auch heute noch zwei paar Stiefel: Mit der historisch-kritischen Methode der Textauslegung eine sakrale oder profane Schrift auszulegen ist nicht dasselbe, wie mit der historisch-kritischen Methode der Geschichtswissenschaften Keramik historisch-kritisch zu untersuchen - es sei denn du zeigst mir, wie du die klar definierten Methodenschritte der historisch-Kritischen Methode der Textauslegung = Textkritik, Literarkritik, Überlieferungsgeschichte, Redaktionsgeschichte, Formgeschichte und Traditionsgeschichte z.B. bei Keramikfunden in der Archäologie oder auf sich historisch ändernde Küstenlinien in der Geographie oder auf die sich historisch ändernde Genetik von Kulturpflanzen und Nutztieren oder ... oder ... oder ... anwenden willst.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
Dazu gehört - aber nicht nur - die wissenschaftliche Exegese von Texten aller Art mittels der historisch-kritischen Methode…
Richtig – nicht nur – aber Exegese ist Teil der HKM.
Nein. Die historisch-kritische Methode der Textauslegung ist ein Teil der historisch-kritischen Methode der Geschichtswissenschaften - was aber nicht dasselbe ist. Siehe oben.
Exegese kann auch eine kanonische Exegese sein, die auf einer historisch-kritischen Methode der Textauslegung aufbaut, oder auch nicht. Die historisch-kritischen Methodenschritte der Textauslegung sind ein Teil, die Vorarbeit, einer historisch-kritischen Exegese, so man diese anwendet UND MAN NICHT darauf eine kanonische Exegese aufbaut, denn dann hätte man die theologische Disziplin der Historischen Theologie verlassen und wäre zur Systematischen Theologie hinüber gewechselt - also von der neutralen Geschichtswissenschaft zur Dogmatik irgendeiner beliebigen Glaubensgemeinschaft mit willkürlichen exegetischen Ergebnissen. Da ist dann Jesus mal trinitarischer Gott und mal nur ein Engel oder mal nur ein Prophet oder mal nur ein Spinner einer jüdischen Sekte oder mal "nur" Mensch und nicht auch göttlich.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Hier schriebst du noch "Die HKM ist noch keine Exegese, sondern lediglich die Vorarbeit für eine Exegese".
Ist ja auch so, weil eine Methode noch lange kein Ergebnis ist. Die Methodenschritte Textkritik, Literarkritik, Überlieferungsgeschichte, Redaktionsgeschichte, Formgeschichte und Traditionsgeschichte und ihre jeweiligen Fragestellungen lassen sich auf alle Texte anwenden - und da kommen bei unterschiedlichen Texten halt logischerweise auch unterschiedliche Exegesen bzw. Auslegungen heraus. Oder siehst du das anders?

Dein Problem ist, dass du deine Vokabeln nicht richtig gelernt hast oder dass dir deine Ideologie als "die Wahrheit" erscheint und dieser gute Zweck jedes unlautere Mittel heiligt - oder beides. Damit bist du hier in guter Gesellschaft unter all den Superchristen und Superathies des Forums.

closs hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 21:05
Mein Gott, es gibt so viele interessante Sachen, die man am Ende seines Lebens NICHT studiert haben wird. - Danke für die Info..
Das sagt der Richtige. Du weißt ja schon alles, die Grundlagen von allem und überhaupt. April, April!

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#565 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Mo 1. Apr 2019, 23:25

Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 22:56
Die historisch-kritische Methode der Textauslegung ist ein Teil der historisch-kritischen Methode der Geschichtswissenschaften - was aber nicht dasselbe ist. Siehe oben. Exegese kann auch eine kanonische Exegese sein, die auf einer historisch-kritischen Methode der Textauslegung aufbaut, oder auch nicht. Die historisch-kritischen Methodenschritte der Textauslegung sind ein Teil, die Vorarbeit, einer historisch-kritischen Exegese, so man diese anwendet UND MAN NICHT darauf eine kanonische Exegese aufbaut, denn dann hätte man die theologische Disziplin der Historischen Theologie verlassen und wäre zur Systematischen Theologie hinüber gewechselt - also von der neutralen Geschichtswissenschaft zur Dogmatik irgendeiner beliebigen Glaubensgemeinschaft mit willkürlichen exegetischen Ergebnissen.
Soweit ich das überschauen kann, ist das ziemlich differenziert und wissenschafts-methodisch korrekt. - Aber EIN entscheidender Punkt fehlt noch: Was war vor 2000 Jahren TATSÄCHLICH der Fall?

Diese Frage erscheint mir deshalb wichtig, weil es ja eigentlich darum geht. - Noch wichtiger ist sie, weil Vertreter der HKE behaupten, dass NUR ihre Methodik in der Lage sei, das zu ermitteln, was vor 2000 Jahren tatsächlich der Fall war. - Insofern ist zu diskutieren, was Du mit "also von der neutralen Geschichtswissenschaft zur Dogmatik irgendeiner beliebigen Glaubensgemeinschaft mit willkürlichen exegetischen Ergebnissen" meinst.

Denn selbst die Kerygmatik bezieht sich in ihrer Verheutigung Jesu auf Geschichte, also das, was damals tatsächlich der Fall war. --- Oder wie steht es mit den Regeln der HKE, dass ältere Quellen als authentischer zu verstehen seien als jüngere: Authentisch wozu? Zu den Quellen oder zu Jesus? --- Kann es nicht genauso sein, dass die Rezipienten erst mit der Zeit begriffen haben, worum es Jesus eigentlich ging? - Was ist "willkürlich" und was nicht? Das hängt doch jeweils von der EIGENEN Hermeneutik ab.

Deshalb wiederhole ich hier gerne PeBs Satz "Wissenschaft ist für mich die systematische und standardisierte Suche nach Erkenntnis" - vor dem Hintergrund, dass ja noch dazukommt, dass nur angeblich "nicht-willkürliche" Disziplinen "Wissenschaft" genannt werden dürften, dies nur für die HKE zutreffe und somit alle anderen ideologisch diskriminiert werden.

Deshalb: "Alle oder keine Disziplin, die systematisch und standardisiert nach Erkenntnis sucht", ist "Wissenschaft" - egal, welche Vorannahmen hat oder meint, keine zu haben. ---- Deshalb fände ich es fruchtbarer, wenn der Fokus nicht auf systemischen Aufbauten liegt, sondern was man jeweils in Bezug auf das, was Jesus vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat, erreichen kann. - Verschiedene Arten der Exegesen gibt es zuhauf - und für systeamtische Disziplinen der Theologie gilt es natürlich ebenfalls.

Es bringt nichts, Jesus einerseits unter verschieden Aspekten (historisch-kritisch, biblisch-kritisch, kanonisch, christologisch, kerygmatisch, dogmatisch, etc.) zu betrachten (das ist erst mal erlautbt) und andererseits zu vergessen, dass er letztlich nur EINER war der EINES gemeint und gedacht hat. - Jesus konnte und wollte vor allen sich nicht klonen, damit jede Disziplin von historisch-kritisch bis dogmatisch zufrieden ist. - Das ist UNSER Problem, nicht seines.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 22:56
Voraussetzungslose biblische Exegese kann es nicht geben.
So und nicht anders ist es.

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Andreas
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#566 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Di 2. Apr 2019, 00:14

closs hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 23:25
Soweit ich das überschauen kann, ist das ziemlich differenziert und wissenschafts-methodisch korrekt. - Aber EIN entscheidender Punkt fehlt noch: Was war vor 2000 Jahren TATSÄCHLICH der Fall?
Sag du es mir - aber erspare mir deine WENNS und DANNS, denn das sind beliebige Spekulationen. Beliebige Spekulationen sind nicht das, was vor 2000 Jahren tatsächlich der Fall gewesen ist. Davon haben wir schon genug, die sich alle für "die Wahrheit" ausgeben und sich doch auch in entscheidenden Punkten widersprechen.

closs hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 23:25
Diese Frage erscheint mir deshalb wichtig, weil es ja eigentlich darum geht.
Hilft ja nix. Weder wissenschaftlich noch dogmatisch ist "die Wahrheit" erreichbar. Glaube subjektiv deinen Glauben und bewahrheite ihn so gut es geht - mehr ist nicht drin.

Jetzt mach ich es mir mal so bequem wie du: Mehrmals steht irgendwo in der Bibel, dass Gott sich darüber beklagt, dass nicht mehr nach ihm gefragt wird. Soweit ist doch alles in Ordnung, denn die Historische Theologie fragt halt anders nach Gott als die Systematische Theologie, und es gibt Menschen die beide Herangehensweisen als Chance sehen und sogar versuchen sie miteinander in Einklang zu bringen: Aufhebung im geschichtlichen (!) Sinne Hegels (nicht deiner seltsamen metaphysischen Hegel-Interpretation) mittels eines - fairen - Dialoges der zur gegenseitigen Selbst-Erkenntnis durch den jeweils anderen führen könnte.

Das wäre relativ nah am markinischen Doppelgebot der Liebe, sofern man liebend das Göttliche in sich selbst durch, über und in den anderen zu erkennen vermochte und zu einer friedvollen Synthese käme - wogegen sich allerdings die Dogmatiker der Systematischen Theologie mehr sperren als die Geschichtswissenschaftler der Historischen Theologie.

Was vor 2000 Jahren wirklich, wirklich, wirklich war, ist mitnichten das, worum es "eigentlich" geht. Jetzt lieben wir alle noch viel zu wenig - das ist das eigentliche Problem. Jesus ergibt nur Sinn, wenn es Jesus nicht um Jesus sondern um die Liebe zu uns Menschen ging - und da ist es mir völlig egal ob er Mensch oder Gott höchst persönlich gewesen ist, weil nur die Liebe bzw. das aktive Lieben für mich zählt - das ist mein ganz persönlicher subjektiver Erfahrungswert - und damit stehe ich nicht alleine da.

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Münek
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#567 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Münek » Di 2. Apr 2019, 01:13

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 13:26
Es geht Lüdemann um Theologie, es geht ihm einzig und allein um die Inhalte der biblischen Texte und um die Frage, wer Jesus wirklich war, was er wirklich gesagt hat, was er an den Texten für historisch zuverlässig hält und was man seiner Meinung nach anders deuten und auslegen muss.
Das hört sich doch sehr positiv an. In der Tat ging es Lüdemann um nichts als die WAHRHEIT. Das sollte man ihm nicht vorwerfen. ;)

Roland hat geschrieben: Er bestreitet die leibliche Auferstehung Jesu („das Grab Jesu war voll“),
Diese seine persönliche Auffassung hat er in seinem Buch "Die Auferstehung Jesu" nachvollziehbar begründet - und konsequenterweise dem christlichen Glauben abgeschworen.

Er hat da als Theologieprofessor eine rote Linie überschritten. Dafür wurde ihm - m.E. zu Recht - die Befugnis entzogen, Theologiestudenten zu unterrichten und dabei seinen persönlichen antichristlichen Glauben einzubringen.

Roland hat geschrieben:er zweifelt die Historizität weiterer Textstellen an.
Ach Gottchen, Du Scherzkeks! Das ist selbstverständlich sein gutes Recht.

Kein Exeget, der die historisch-kritische Auslegungsmethode anwendet, sieht sich in der Pflicht, der katholischen Glaubenslehre von der göttlichen Inspiriertheit der Schrift anzuhängen. Du liebe Zeit, das fehlte gerade noch...

Roland hat geschrieben:Konsequenterweise bezeichnet er sich nicht mehr als Christ.
Na siehste, Roland. :angel:

Lüdemann ist knochenehrlich. Er nimmt halt das Gebot der "intellektuellen Redlichkeit" noch ernst und widersteht der Versuchung, sich um des lieben Glaubens willens in die Tasche zu lügen. Ein "sacrifizium intellectus" kommt für ihn nicht in Betracht.


Roland hat geschrieben:Und ich kritisiere daran nur, dass all das "mit der Gebärde hoher Wissenschaftlichkeit" (Ratzinger) getan wird, mit dem Anspruch empirischer Objektivität.
Nun plappere mal nicht blind Deinem Idol Ratzi-Fatzi nach. Fällt Dir nicht auf, dass Ratzinger mit gespaltener Zunge spricht.

Einerseits betont er im Vorwort seines Jesusbuches, dass sich biblischer Glaube der historisch-kritischen Methode zu stellen hat und andererseits schimpft er 60 Seiten später wie ein Rohrspatz darüber, dass in der historisch-kritischen Exegese "Gott nichts sagt und nichts zu sagen hat".

Dem alten Knaben scheint wohl entfallen zu sein, dass nach der Vorgabe der "Päpstlichen Bibelkommission" sich die historisch-kritische Exegese jeglicher apriorischer Glaubens-Vorannahmen zu enthalten hat. Dazu gehört selbstverständlich die Vorannahme, es gäbe einen allmächtigen Gott, der mit seinem Sohn die irdischen und kosmischen Geschicke lenkt.

Ronald hat geschrieben:obwohl Wissenschaft über die Existenz Gottes und ob er in der Geschichte gehandelt hat oder nicht, nicht entscheiden kann.
MERKE: Darüber können weder Wissenschaft noch die Kirche noch der unfehlbare Papst entscheiden. :)

Mit dem Glauben an die Existenz transzendenter Welten und Mächte hat Wissenschaft nichts am Hut. Die HKE ist eine wissenschaftlich Diziplin - und zwar eine außerordentlich erfolgreiche, von der die "Päpstliche Bibelkommission" im Jahr 1993 sagte, sie sei für das Verständnis der Schrift unverzichtbar.

Anders hingegen die RKK mit ihrem "unfehlbaren Papst" an der Spitze, die ihre Dogmen zu ewig gültigen und unhinterfragbaren Glaubenswahrheiten erklärt.

Wer es ernsthaft wagt, begründet zu hinterfragen, muss damit rechnen, gewaltig eins auf die Hörner zu kriegen. Wie wohltuend hebt sich gegen diese dogmatisch gefesselte Glaubensideologie die Naturwissenschaft ab, der es nie in den Sinn käme, ewige Wahrheiten zu postulieren.

Roland hat geschrieben:Und das Christentum zu unterschuchen geht nicht, ohne die biblischen Texte auszulegen, auf denen das Christentum beruht.
Ich bitte Dich. Was macht denn die HKE?

Auslegung = Exegese = Textinterpretation - und zwar nach Vorgabe der "Päpstlichen Bibelkommission" OHNE apriorische Glaubensvorannahmen transzendenter Art. Bist Du schon so ignorant wie unser lieber Closs?


Aufgabe der historisch-kritischen Exegese ist es nicht, die Existenz eines Heilsplan schmiedenden Gottes wissenschaftlich plausibel zu machen.
Aufgabe der historisch-kritischen Exegese ist es aber auch nicht, die Existenz des Gottes JAHWE wissenschaftlich zu widerlegen.

Aufgabe der historisch-kritischen Exegese ist es, die Aussageabsicht (den Wortsinn) des gottesgläubigen biblischen Textverfassers - also das, was er seinen Lesern vermitteln wollte - herauszuarbeiten, um sie heutigen Lesern verständlich zu machen. Inhaltlicher Bewertungen (Gott ja oder nein) hat sich ein seriös arbeitender Exeget zu enthalten.

Der Koch ist der biblische Autor, der Kellner ist der Exeget. Eisegetische Frei- und Frechheiten des Kellners sind hier absolut fehl am Platz. :)

Roland hat geschrieben:Und die historisch-kritischen Methode legt sie so aus, dass ein wirkliches Handeln Gottes in der Geschichte, gemäß des methodischen Atheismus, ausgeschlossen ist.
Du Witzbold - soll die historisch-kritische Exegese Bibeltexte etwa so auslegen, als existiere tatsächlich der jüdische Gott JAHWE? Diese Forderung kann doch nicht Dein Ernst sein. Als WISSENSCHAFTLICH-historische Diziplin nimmt die HKE inhaltlich keine Stellung zu antiken Wunderberichten.

Das kann sie nicht und das macht sie nicht. Den Himmel überlässt sie generös den Engeln und den Spatzen. Den wissenschaftlichen TÜV-Stempel für die Existenz transzendenter Schicksalsmächte, den sich Closs und Du so sehnlichst wünschen, gibt es nicht...

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#568 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Di 2. Apr 2019, 04:48

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Andreas hat geschrieben: Zu den sakralen Schriften gehören auch die heiligen Schriften anderer Völker (sumerische, ägyptische, assyrische, babylonische, griechische, römische usw. UND NICHT NUR DIE JÜDISCHE UND CHRISTLICHE BIBEL.
Völlig klar.

Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
Du erwartest doch sicherlich nicht, dass man sakrale Texte aus dem nicht jüdisch-christlichen Umfeld so behandelte, als ob es die darin erwähnten Götter gäbe, denn dann gäbe es "historische Tatsachenberichte" vom Handeln all der anderen Götter in der Geschichte und dein (bzw. unser) christlicher Monotheismus wäre dahin!
Sofern andere Religionen den Anspruch erheben, dass ihre überlieferten Texte historische Tatsachenberichte vom Handeln ihrer Götter darstellen, ist es erlaubt, diese Texte so auszulegen, als sagten sie die Wahrheit.
Im Bereich Systematischer Theologie und Dogmatik durchaus, nicht aber im Bereich der Historischen Theologie und der Geschichtswissenschaften. Gottheiten kann man nicht wissenschaftlich untersuchen, wohl aber die Gottesbilder der Menschen der Vergangenheit, die ja ein Teil der Geschichte sind. Dafür aber sind beide Vorannahmen belanglos - sowohl die, dass es Gott gäbe als auch die, dass es Gott nicht gäbe.


Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Und daneben darf man sie auch so auslegen, als könne es kein Handeln eines Gottes in der Geschichte geben, also indem man dem methodischen Atheismus folgt.
Nicht in dem Bereich der Historischen Theologie und der Geschichtswissenschaften. Gottheiten kann man nicht wissenschaftlich untersuchen, wohl aber die Gottesbilder der Menschen der Vergangenheit, die ja ein Teil der Geschichte sind. Dafür aber sind beide Vorannahmen belanglos - sowohl die, dass es Gott gäbe als auch die, dass es Gott nicht gäbe.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Beides ist dann Exegese mit Voraussetzungen, mit Vorannahmen. Es geht nicht anders.
Nein. Siehe oben. Alternativ kann man in der Systematischen Theologie und Dogmatik Exegesen machen, so als ob es Gott und als ob es ein Handeln Gottes in der Geschichte gäbe. So, als ob es Gott nicht gäbe dürfte dort
allerdings eine äußerst seltene Ausnahme sein.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Und am Ende bleibt offen, wer recht hat!
Es geht gar nicht darum, ob oder wer recht hat, sondern darum, sich gegenseitig zu verstehen. Zum Beispiel die unterschiedlichen Geschichtsverständnisse, die hier im Spiel waren und sind.

Für die Historische Theologie und die Geschichtswissenschaft ist Geschichte ausschließlich die Vergangenheit - weil man die Zukunft nicht wissenschaftlich erforschen kann - mit oder ohne deiner angeblichen Vorannahme, als ob es Gott gäbe oder nicht gäbe. Das macht keinen Unterschied in den Ergebnissen und deswegen gibt es in der Systematischen Theologie und der Geschichtswissenschaft weder die eine noch die andere Vorannahme.

Für die Systematische Theologie und die Dogmatik ist Geschichte Vergangenheit und Zukunft - also kann nur dort von "der Heilsgeschichte" gesprochen werden. DAS geht aber nur unter der Vorannahme, dass es Gott gibt und er die Zukunft schon kennt und bestimmt bzw. fügt.

Aber Hallo!
Das dürfte der gravierendste Unterschied zwischen diesen beiden theologischen Disziplinen sein.
Man sollte sehr wachsam sein, ob und wer das durch irgendwelche orwellschen Sprachspielereien zu vermischen oder zu verschleiern versucht.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Es ist auch in anderen Religionen eine Frage des Glaubens. Wissenschaft kann das nicht entscheiden, das ist es, was ich sagen will.
Die Historische Theologie will auch gar nichts entscheiden, sie beschreibt die Geschichte so gut sie kann und hält sich aus Glaubensdingen raus. Entscheiden will nur die Systematische Theologie und die Dogmatik. Tatsächlich entscheidet sie aber mal so und mal anders, mal katholisch, mal evangelisch, mal reformatorisch, mal evangelikal, mal jüdisch, mal islamisch, mal hinduistisch usw. und damit entscheidet sie lediglich, was ihre jeweiligen Glaubensanhänger zu glauben haben - aber nicht darüber ob es diesen oder jenen Gott gibt oder nicht gibt, und sie entscheidet auch nicht, wie diese oder jene Gottheit ist oder nicht ist. Glaubensaussagen bzw. Glaubensbekenntnisse sind schließlich keine Gottesbeweise.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
...und dein (bzw. unser) christlicher Monotheismus wäre dahin!
Warum das denn? Man hat immer noch das Kriterium der Plausibilität.
In der Systematischen Theologie und Dogmatik ist das so - in der Historischen Theologie nicht. Denn da wird nicht entschieden, was die Wahrheit ist, ob die Wirklichkeit, die Welt, monotheistisch, polytheistisch oder atheistisch ist. Da werden lediglich monotheistische, polytheistische und atheistische Glaubensvorstellungen von Menschen der Vergangenheit möglichst exakt beschrieben - nicht mehr und nicht weniger.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
In Jesus, dem Logos, durch den die Welt erschaffen wurde, begegnet uns Gott auf Augenhöhe. Das Alleinstellungsmerkmal des christlichen Glaubens: ein Gott, der nicht vom himmlischen Lehnstuhl Gebote erteilt und dann dem Leiden zusieht, sondern der selbst alles erleidet, was Menschen erleiden können. Und dabei sündlos bleibt. Ganz Gott und ganz Mensch. Er stellt den vollkommenen Menschen vor Gott dar – und gleichzeitig Gott vor den Menschen.
Schließlich stirbt er für uns und bietet uns Frieden mit Gott an, allein aus Glauben!
Für manche ein erbauliches Wort zum Sonntag. Okay, wenn du so glaubst.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Wenn es eine andere Religion gibt, die Tatschenberichte über Gott vorzuweisen hat, mag man sie auslegen, als sagten sie die Wahrheit.
Hehe. Erwischt. "Tatsachenberichte" ist so eines dieser orwellschen Sprachspiele. Das kann man halt nicht wissen, ob es wirklich Berichte von Tatsachen sind. Das würde also schon allein wegen dieser Formulierung die ja eine dogmatische Vorannahme ist, in die Systematische Theologie gehören, aber genau das kann die christliche Systematische Theologie und Dogmatik nicht, weil sie vorgibt die Wahrheit zu verkündigen. Zwei oder mehrere Gottheiten sind da nicht akzeptabel. Wer das täte wäre seinen Lehrstuhl schneller los als Lüdemann. Sei doch nicht so naiv.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Christen muss davor nicht bange sein. Es gibt nichts vergleichbar Großes!
Stimmt. Eigentlich nicht. Die christliche Systematische Theologie und Dogmatik der Kirchen, kann das aber nicht ertragen. Das geht so weit, dass sie Leuten wie Lüdemann ihre Existenz kaputt machen, weil sie um ihre eigene Existenz fürchten und da kommt ihre Nächstenliebe schnell an ihre Grenze. Das ist aber nichts Neues, das war in der gesamten Kirchengeschichte von Anfang an auch schon so und noch viel schlimmer.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Andreas hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 17:14
Hier wird Geschichte wissenschaftlich untersucht - weil man das kann.
Hier werden keine Gottheiten wissenschaftlich untersucht - weil man das nicht kann.
Ist halt so - völlig wertfrei.
Texte zu untersuchen, mit der ideologischen Vorannahme, dass sie nicht die Wahrheit sagen (methodischer Atheismus), ist nicht wertfrei.
Doch - zumindest in der Historischen Theologie und Geschichtswissenschaft, weil da keine Wahrheitsfragen bezüglich Gottheiten, Wundern, Inspiration, Prophetie entschieden werden, sondern lediglich die Geschichte der Vergangenheit rekonstruiert wird. Deswegen ergibt diese Voraussetzung oder Vorannahme so wie du sie verstehst und immer wieder fälschlich darstellst keinen Sinn und keinen Erkenntnisgewinn oder Erkenntnisverlust über die Geschichte.

Ich weiß nicht, welcher Hohlkopf diesen idiotischen Begriff "methodischer Atheismus" eingeführt hat, denn dieses "als ob es Gott nicht gäbe" bedeutet ja nicht, dass man davon ausginge, dass es Gott nicht gibt.
Viel besser wäre "methodischer Agnostizismus" aber eigentlich braucht es auch diesen Begriff schon lange nicht mehr, weil die Emanzipation der Wissenschaften Schnee von Vorvorgestern ist. Das ist längst kein Thema innerhalb der Historischen Theologie und der Geschichtswissenschaft. Doch solange es fundamentalistische Gläubige und Atheisten gibt, werden wir damit leben müssen.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Sie zu untersuchen unter der Vorannahme, dass sie inspiriert und wahr sind, auch nicht.
Das "auch" ist falsch. Ich meine das nun deutlich genug gemacht zu haben. Die Systematische Theologie und Dogmatik geht natürlich von solchen Vorannahmen aus. Für den Glauben der Menschen war das in der Vergangenheit wohl unumgänglich gewesen sein. Heutige Menschen haben mittlerweile ein anderes Geschichtsverständnis, als im Mittelalter und der Antike. In gewisser Weise ist vielleicht auch heute noch was Wahres und heilsames an solchen Vorstellungen dran, weil der Mensch sowohl ein rationales als auch irrationales Wesen ist und Gott sei Dank auch immer bleiben wird. Wenn Gott nicht den ganzen Menschen anspräche, wär' das schon seltsam.

Roland hat geschrieben:
Mo 1. Apr 2019, 19:40
Also: Voraussetzungslose biblische Exegese kann es nicht geben.
Es gibt überhaupt nichts Voraussetzungsloses, weil wir Teile des Stromes der Geschichte sind. Nur diesen "als ob es Gott nicht gäbe" Quatsch in der Historischen Theologie kann man getrost den Hasen geben. Bei Bonhoefer über diese Formulierung nachzudenken könnte sich durchaus lohnen - das ist aber hier nicht das Thema.

closs
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#569 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Di 2. Apr 2019, 06:52

Andreas hat geschrieben:
Di 2. Apr 2019, 00:14
Beliebige Spekulationen sind nicht das, was vor 2000 Jahren tatsächlich der Fall gewesen ist.
Wenn "Spekulationen" das sind, was auf Basis unserer jeweiligen nicht-falsifizierbarer Vorannahmen ermittelt wird, gilt dies auch für die historisch-kritische Exegese - also was wäre hier NICHT Spekulation?

Andreas hat geschrieben:
Di 2. Apr 2019, 00:14
Davon haben wir schon genug, die sich alle für "die Wahrheit" ausgeben und sich doch auch in entscheidenden Punkten widersprechen.
Klar - so ist der Mensch.

Andreas hat geschrieben:
Di 2. Apr 2019, 00:14
Weder wissenschaftlich noch dogmatisch ist "die Wahrheit" erreichbar.
So ist es.

Andreas hat geschrieben:
Di 2. Apr 2019, 00:14
Jetzt mach ich es mir mal so bequem wie du: Mehrmals steht irgendwo in der Bibel, dass Gott sich darüber beklagt, dass nicht mehr nach ihm gefragt wird. Soweit ist doch alles in Ordnung, denn die Historische Theologie fragt halt anders nach Gott als die Systematische Theologie, und es gibt Menschen die beide Herangehensweisen als Chance sehen und sogar versuchen sie miteinander in Einklang zu bringen: Aufhebung im geschichtlichen (!) Sinne Hegels (nicht deiner seltsamen metaphysischen Hegel-Interpretation) mittels eines - fairen - Dialoges der zur gegenseitigen Selbst-Erkenntnis durch den jeweils anderen führen könnte.

Das wäre relativ nah am markinischen Doppelgebot der Liebe, sofern man liebend das Göttliche in sich selbst durch, über und in den anderen zu erkennen vermochte und zu einer friedvollen Synthese käme - wogegen sich allerdings die Dogmatiker der Systematischen Theologie mehr sperren als die Geschichtswissenschaftler der Historischen Theologie.
Wenn hegelsche Aufklärung im geschichtlichen Sinne im religiösen Kontext gebraucht wird, ist es immer auch der heilsgeschichtliche Kontext.

Davon abgesehen sehe ich beim markinischen Doppelangebot der Liebe eher die Frage, ob man nicht ganz auf Theologie verzichten sollte (Philosophie bracuht es dann auch nicht). Denn (Selbst-)Erkenntnis durch den anderen oder durch sich ist normalerweise besser im Mystischen als im Intellektuellen aufgehoben.

Andreas hat geschrieben:
Di 2. Apr 2019, 00:14
Was vor 2000 Jahren wirklich, wirklich, wirklich war, ist mitnichten das, worum es "eigentlich" geht.
Im überzeitlichen geistigen Sinn gebe ich Dir sogar recht, da damit Geist nicht an der Zeit gebunden ist, sondern universal ist. Aber philosophisch/historisch-kritisch ist das schon wichtig, weil es doch gerade diese Ebene ist, auf der - im konkreten Fall - Geist eliminiert werden soll: "Wir können 'nachweisen', dass es 'so' nicht war, also können wir das Geistige darin vergessen/entsorgen". - Das ist im Grunde die Ebene, auf der Ratzinger Vertreter der HKE als "Antichristen" geißelt.

Andreas hat geschrieben:
Di 2. Apr 2019, 00:14
Jesus ergibt nur Sinn, wenn es Jesus nicht um Jesus sondern um die Liebe zu uns Menschen ging - und da ist es mir völlig egal ob er Mensch oder Gott höchst persönlich gewesen ist, weil nur die Liebe bzw. das aktive Lieben für mich zählt - das ist mein ganz persönlicher subjektiver Erfahrungswert - und damit stehe ich nicht alleine da.
Damit würdest Du Dich intellektuell im kleinen Kreis erfüllen - und mystisch möglicherweise im großen Kreis erfüllen. - Vermischen würde ich beides NICHT.

Also man sollte ENTWEDER (der Spur nach) sagen:
1) "Mein geistiger Instinkt <den ich nicht einmal so nenne, weil ich diesen Begriff gar nicht kenne> äußert sich in meiner Liebe anderen und mir gegenüber und ist im wesentlichen nicht betrübt - und falls ja und ich merke es, leide ich darunter". - Das ist nicht die halbe, sondern die ganze Miete. - Dazu braucht man genauso wenig Schwadronieren über Jesus wie eine Nordkoreanerin, die in Liebe lebt, ohne jemals vom Christentum gehört zu haben. - Werdet wie die Kinder - oder auch Römer 2,14.

1) ODER man geht den Dingen intellektuell auf den Grund. - Dann muss man sich fragen lassen, ob dieser Kreis groß sein kann, wenn man Jesus nur als Mensch untersucht. Dann ist es besser, gar nicht zu fragen, ob Jesus nur Mensch oder auch Gott ist, weil es dann wieder Richtig Mystik, Liebe, etc (also nicht intersubjektiv Fassbares) geht. - Aber genau das kann sich Wissenschaft nicht leisten.

Insofern weiß ich gar nicht, ob das Nennen von "Systematischer Theologie" und "Geschichts-Wissenschaften" auf DERSELBEN Ebene einen Sinn macht. - Letztlich läuft es auf die Frage hinaus, ob man auf das "Gesetz in Einem" (Röm. 2,14) hinwirkt oder Christentum/LIebe/Mystik intellektuell verstehen will.

closs
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#570 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Di 2. Apr 2019, 06:55

Münek hat geschrieben:
Di 2. Apr 2019, 01:13
Du Witzbold - soll die historisch-kritische Exegese Bibeltexte so auslegen, als existiere tatsächlich der jüdische Gott JAHWE? Diese Forderung kann doch nicht Dein Ernst sein.
Sie soll BEIDES machen oder NICHTS von beidem. - Also entweder diese beiden Hermeneutischen Optionen (Jesus = nur Mensch/"Jesus ist auch göttlich") erfüllen oder sich aufs Beobachten und Beschreiben äußerer Dinge beschränken.

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