“Thaddäus“ hat geschrieben:Dieses Zitat stellt eine These dar, nämlich die These ... "Jeder Wahrnehmungssinn des Menschen beginnt mit speziellen (Sinnes-)Zellen."
Wenn du diese deine These belegen willst, untersuchst du dann die Aktivität von Zellen?
Nun, es wäre doch gar nicht so schlecht, wenn man den behaupteten Sachverhalt auch in der Praxis feststellen würde.
“Thaddäus“ hat geschrieben:Offenbar würde das nicht funktionieren, denn alles, was du bei dieser Untersuchung herausfinden könntest, wäre, dass Nervenzellen des Typs xy und die Gehirnbereiche yx aktiv sind, wenn du äußerst: "Jeder Wahrnehmungssinn des Menschen beginnt mit speziellen (Sinnes-)Zellen."
Was genau verwendest du hier für ein „Offenbar“?
Philosophen können nicht sagen, was Bedeutung ist, insofern kann es sich hier nur um ein Suggestiv-„Offenbar“ handeln – Motto: „komm schon, du spürst es doch auch“.
Ich würde erst einmal zwei Bereiche auseinander halten:
1.
Die Zusammenhänge „in der These“ gelten für die Welt der Existenzen, d.h. man sollte die fraglichen Existenzen schon auch tatsächlich feststellen können.
Du scheinst nicht abzustreiten, dass ein Mensch über Sinneszellen verfügt und Gehirnbereiche aktiv sind. Wäre auch nicht wirklich schlau, denn mittlerweile operiert man bereits Sinnesorgane und ersetzt die Sinneszellen durch künstliche Einheiten, d.h. aus der Forschung ist bereits Technik geworden.
2.
Bei der Frage, wie ist die These selbst realisiert, geht es um die Frage nach der Realisierung von Zusammenhängen (2a) und der Frage nach „Bedeutung“ (2b):
2a:
Im Gehirn werden ständig Verbindungen zwischen Nervenzellen verwaltet und eingesetzt. Es geht also direkt physikalisch um Zusammenhänge, sozusagen „1:1“ um „die Zusammenhänge des Mentalen“. Wenn ein Schlaganfallpatient untersucht wird und die Ärzte eine vernarbte Stelle um Nervengewebe feststellen, dann steht fest, dass der Patient Zusammenhänge verloren hat und eine Therapie wird angesetzt, um einen Ausgleich zu erreichen. Hier liegt bereits die von dir geforderte „Identität“ vor, was auch der Grund ist, weshalb ich den Begriff „Zusammenhang“ verwende.
2b:
Bei der Frage nach „Bedeutung“ hast du aktuell die Behauptungen des Philosophen „Gabriel“ ins Spiel gebracht, der versucht, die Zusammenhänge der Perspektive auf Abstraktionen als eine Form des Kontaktes mit Existenzen darzustellen. Wie du an deiner Reaktion auf meine Fragen sehen kannst, geht dabei aber sehr schnell die Luft aus – „Gabriel“ liefert quasi den Entwurf einer Szene, für die nirgendwo eine Gültigkeit gefunden werden kann. Auch dein zuletzt vorgestellter Formalismus kann nicht wirklich davon ablenken, dass du die
von dir geforderten Eigenschaften zu Bedeutung gar nicht auflistest. Der Grund ist schnell gefunden, denn du würdest direkt bei meinen Fragen landen und das möchtest du ja nicht.
Egal, da ich die Fragen aufgestellt habe, kann ich auch ein wenig über Eigenschaften nachdenken – kein Problem:
- Bedeutung kann für etwas Einzelnes, Existierendes, Vorhandenes stehen -> Konkret
- Bedeutung kann eine Schnittmenge aus vielen Einzelnen, Existierenden sein -> Abstraktion
- Bedeutung kann schlicht falsch sein, nicht vorkommen, nicht funktionieren, nicht einsetzbar sein
- Aus konkreter Bedeutung können wir abstrakte Bedeutung extrahieren und auch umgekehrt, wobei diese Bedeutungen von uns als „zusammenhängend“ verwaltet werden.
- Bedeutung wird von uns (egal wie abstrakt) als Objekt angesehen, zu dem wir uns positionieren, auf das wir einen Blickwinkel einnehmen, das wir in einen „Gedankenpfad“ einbauen können, das wir vermitteln, erlernen können.
- Bedeutungen sind untereinander beliebig kombinierbar, wobei wir sehr schnell Kombinationen ablehnen, die nicht vorkommen können. Bedeutungen können sich ausschliessen aber auch (gegenseitig) voraussetzen. Der Einsatz einer Bedeutung verändert damit den Gedankenpfad, d.h. Bedeutung hat eine Art „Auswirkung“ auf den Verlauf.
- Eine Bedeutungskombination wird wiederum als Bedeutung, als ein Ganzes, angesehen.
- Eine Bedeutung kann in einzelne Anteile aufgespaltet werden.
- Bedeutung kann ignoriert, übersehen werden, es gibt also keinen Zwang, um über Bedeutung zu stolpern (im Gegensatz zu einem Tisch).
- Eine Bedeutung kann erklärt werden, d.h. es können Beispiele vermittelt werden, aus denen die Zusammenhänge, die Bedeutung „ergeben“.
Wow, ganz schön viele Eigenschaften und ich bin noch nicht mal sicher, ob mir alle eingefallen sind (es gibt viele Krankheitsbilder, bei denen Menschen erstaunliche Bedeutungen z.B. zu sich selbst vertreten – auch das muss irgendwie möglich sein).
Egal, man sieht, dass es irgendwie um aussergewöhnlich flexible Umstände gehen muss, bei denen es um Zusammenhänge, um Verläufe, um Auswirkungen, um zuvor Erlerntes (Hinterlegtes), um Standpunkte, um Blickwinkel gehen muss.
Sieht enorm nach einer „eigenen Welt“ aus und dies ist auch der Grund, warum man in der Philosophie nicht müde wird, irgendwelche Ontologien auszurufen (letztes Beispiel „Gabriel“).
Naja, wenn da nicht diese eigenartige Flexibilität wäre. Eine „Welt“, die sich in alle Richtungen verändern kann, in der alles kombiniert werden kann, wenn man nicht selbst die Kombination ablehnt. Eine Welt, die aus unterschiedlichsten Objekten bestehen müsste, die aber wiederum auf Basis der Kombination und Abstraktion auch alle gleich sind.
Fühlt sich ein wenig nach der Quadratur des Kreises an und man mag sich nicht wirklich vorstellen, dass eine solche Welt tatsächlich existiert. Nun sprichst du aber von „offenbar“ und möchtest damit suggerieren, dass wir so eine „Welt“ auf jeden Fall benötigen, denn die Gehirnzellaktivitäten „reichen ja nicht aus“.
Nun kommt das ins Spiel, was ich mit „die Philosophie kann es nicht können“ ausgedrückt habe. Die Schlussfolgerung, dass eine „neue Welt“ oder „neue Weltanteile“ benötigt werden, geht auf eine religiöse Grundhaltung dem Menschen gegenüber zurück, die sich z.B. im Begriff „Geisteswissenschaft“ niederschlägt. Der Mensch (als „Geist“) soll sich alles anschauen, alles analysieren, und sich dadurch den Zugang zu Existenzen erschliessen können – du verweist in diesem Zuge auf die Kontrolle der „Identität von Eigenschaften“ – du bestehst quasi von Anfang an darauf, dass es um zwei Existenzen geht muss.
=> Darin liegt keine Lösungsmöglichkeit zu „Bedeutung“.
Viel einfacher und funktional viel raffinierter, als eine Welt zu erfinden, ist es die Flexibilität im Beobachter zu hinterlegen.
Es ist nirgendwo festgelegt, dass ein Mensch etwas ist, das zu allem eine Unabhängigkeit einnehmen kann. Wenn eine Antilope zur Welt kommt, dann wird sie kurze Zeit später aufstehen und mit der Herde mitlaufen – sie kann gar nicht anders. Nun ist ein Mensch, wie eine Antilope, ein Körper, der in einer Umwelt heranwächst, in der sich eine Aufteilung in Objekte sowie Standpunkte und Blickwinkel aufdrängen. Dieser Umstand war noch nie anders und über die gesamte Evolution hinweg muss sich diese Konstellation (wie sonst nichts anderes) in der „Bauart“ niedergeschlagen haben.
Bei „Bedeutung“ geht es wie bei der „aufstehenden Antilope“ ganz einfach um ein festgelegtes Verhalten. Wir organisieren Zusammenhänge in einer Art „Weltkarte aus Objekten“ und navigieren darin entlang von „Wegen“, wir „bewegen“ uns beim Denken. Das Gehirn verwaltet beim Denken einfach (wie sonst auch) die Zusammenhänge von Bewegungspfaden. Für einen Zusammenhang benötigt das Gehirn genau einen „Knoten“ (eine Zelle). Viele einzelne Zusammenhänge wirken sich als „ein Ganzes“ aus, wenn sie (relativ) gleichzeitig aktiv sind. Kombinationen sind beliebig aufstellbar (gigantische Flexibilität) und werden nur durch die zuvor eingerichteten Möglichkeiten beschränkt. Kombinationen können beliebig falsch sein. Das könnte man jetzt für alle obigen Eigenschaften durchspielen, aber du wirst dich schon melden, wenn dir ein Widerspruch auffällt.
Alles was man für „Bedeutung“ benötigt, ist eine Zusammenhangsverwaltung im Gehirn, bei der (innerhalb der aufgestellten Zusammenhänge, also „systemlokal“) nichts anderes herauskommen kann, als „das ist ein Objekt“ -> aufstehende Antilope.
„Semantik“ ist ein Hilfsmittel, um zu denken, um sich zu bewegen.
“Thaddäus“ hat geschrieben:Um mir adäquat antworten zu können musst du folgenden Unterschied verstehen (Leibniz' Gesetz):
echt?
