sven23 hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:
Es sind manche Geschichten, die uns im Innersten berühren können, ob in einem Buch oder in einem Film. Deswegen liebe ich die Kunst des Geschichtenerzählens.
Gerade die Kunst des Geschichtenerzählens ist verlorengegangen, nicht weil man es nicht mehr könnte, sondern weil es der Massenmarkt nicht mehr verlangt.
Um ehrlich zu sein ist es genau umgekehrt: gerade der Massenmarkt verlangt nach der Kunst des Geschichtenerzählens. Dramaturgisch ist das die
Journey of the hero, die
Reise des Helden oder der
Monomythos (
http://de.wikipedia.org/wiki/Monomythos), wie sie der amerikanische Mythenforscher Joseph Campbell und der amerikanische Drehbuchtheoretiker Christopher Vogler nennen. Es würde hier zu weit führen, die archetypische Struktur der
Reise des Helden zu erläutern, aber sie stellt die Grundstruktur, sozusagen das Skelett, einer jeden massen-erfolgreichen Geschichte dar.
Nur wegen ihr funktioniert "Der Herr der Ringe", "Harry Potter" und alle anderen weltweit erfolgreichen Geschichten.
Das Problem mit dieser zunächst nur formalen Struktur ist, dass sie, obwohl archetypisch, auf einer ganz grundsätzlichen psychologischen Ebene bei allen Menschen funktionierend, zu stereotyp angewendet, eben zu langweiligen und wenig tiefgehenden Geschichten führt. Die Kunst ist, diese Struktur mit Tiefe zu versehen, was nur mit den entsprechenden archetypischen und psychologisch glaubwürdigen Figurenfunktionen funktioniert und einer guten Aufarbeitung der philosophisch-existenziellen Grundfrage, die jeder gute Film aufwirft.
sven23 hat geschrieben:
"Das Milliarden-Publikum in Indien und vor allem in China braucht keine Erzählstrukturen in der Tradition der großen, europäischen Romanerzählung, sondern Mega-Power-Crash-und-Splash-Computer-animated-Special-FX. Und die bekommen sie - auch in den nächsten Jahren - von Hollywood garantiert geliefert."
Richtig hieran ist, dass es große kulturelle Unterschiede gibt, dennoch funktioniert die "Reise des Helden" in allen Kulturen gleich, eben weil sie archetypisch ist. Sie stammt aus einer Zeit, da der Mensch noch Jäger war.