closs hat geschrieben:Dann würde ich den Arzt kennenlernen wollen und seine sonstigen Erfolge - incl. Befragung von Patienten. - Sowas löst sich dann meistens schnell auf.
Wenn ein Homöopathie-Kritiker folgendes sagen würde:
“Jemand wurde durch Hochpotenzen D60 und mehr – in denen sich kein einziges Molekül Wirkstoff mehr befindet – geheilt? Dann würde ich den Arzt kennenlernen wollen und seine sonstigen Erfolge - incl. Befragung von Patienten. - Sowas löst sich dann meistens schnell auf.†… was würdest du antworten?
closs hat geschrieben:Claymore hat geschrieben:Die Frage war explizit nicht was für einen Nutzen die Naturwissenschaft hat, sondern wozu ihre Methodik gut ist.
Wieso dividierst Du beides auseinander?
Du versuchst ein Argument der folgenden Art:
X ist nützlich.
X basiert auf der Methodik Y.
Das rechtfertigt die Methodik Y.
Solange man unter “Rechtfertigung†aber irgendetwas anderes als Tradition versteht, ist das aber nicht schlüssig.
Nochmal ein anderes Beispiel: Bei den Rechtssystemen gibt es ja zwei wesentliche Methodiken. Angloamerikanisch (mit Gewohnheitsrecht) und Europäisch (nur kodifizierte Gesetze). Es ist sinnlos, einem Amerikaner blumig zu erzählen, wie enorm viel schlechter es ihm in einem Zustand der Rechtslosigkeit gehen würde. Da wird er wohl sicher zustimmen, aber das
rechtfertigt nicht die
spezifische Methodik des angloamerikanischen Rechtssystems.
closs hat geschrieben:- Naturwissenschaft geht nicht ohne (deren) Methodik.
Aber wir wissen doch, dass sog. “Protowissenschaften†wie Astrologie (nicht modern verstanden sondern traditionell als “Suche nach Sinn in den Himmelnâ€), Alchemie oder die traditionelle Medizin durchaus in der Lage waren, Fortschritt und praktisch anwendbare Resultate abzuliefern. U.a. welche, die in den Naturwissenschaften weiterhin gültig sind/waren.
Nehmen wir als einfaches Beispiel Archimedes' Herleitung des Hebelgesetzes durch
a priori Überlegungen und Intuition (ohne Experimente). Das entspricht doch nicht moderner naturwissenschaftlicher Methodik, ok? Aber dennoch ist es Archimedes gelungen, einen für die praktische Anwendung enorm nützlichen physikalischen Zusammenhang zu formulieren.
Was gewinnt man, wenn man den Nachweis mit wissenschaftlicher Methodik in so einem Fall nachholt?
Was hat man durch das “Großreinemachen†in der frühen Neuzeit gewonnen, als Protowissenschaften von philosophischen, mystischen, religiösen und “künstlerischen†Elementen befreit wurden? Vielleicht wäre man trotzdem auf die ganzen nützlichen Ergebnisse wie z.B. die Maxwell'schen Gleichungen gestoßen?
closs hat geschrieben:Nicht nur Technik, sondern alles, was materiellen Charakter hat - Grenzbereiche ausgenommen, die dadurch definiert sind, dass für Naturwissenschaft nicht alles greifbar sein muss - die Option "zwar materiell, aber nicht greifbar" muss man offenlassen.
Also meinst du nun “Bei allem, was materiellen Charakter hat, ist Naturwissenschaft das Mittel der Wahlâ€
closs hat geschrieben:Weil diese Methodik so gut ist, dass es nichts Besseres gibt.
Wenn an der Homöopathie etwas dran ist, zeigt das doch, dass es auch ohne Naturwissenschaft geht.
closs hat geschrieben:Ich bin gar nicht sicher, ob ein solches Modell weniger wert ist - der Unterschied liegt eher darin, dass man in der Naturwissenschaft Modell-Ergebnisse experimentell überprüfen kann - dies ist in den Geisteswissenschaften eher die Ausnahme.
Die Ideen Hahnemanns über den Heilungsprozess (Simile-Prinzip) bilden auch ein Modell. Kann man das nach naturwissenschaftlicher Methodik experimentell überprüfen? Und falls nicht, ist das dann problematisch?
closs hat geschrieben:Das Problem dabei ist, dass ein Nicht-Wissenschaftler (manche Wissenschaftler möglicherweise auch) meint, dass "wissenschaftliches Ergebnis" und "Wirklichkeit" dasselbe seien. - Vor diesem Hintergrund sind die Leute dann verwundert und dann irgendwann "postfaktisch", wenn zur selben Frage vollkommen unterschiedliche wissenschaftliche Ergebnisse kommen.
Warum ist das so? Nicht weil die Wissenschaft Fehler macht, sondern weil Modelle incl. ihrer Definitionen vollkommen unterschiedlich sein können.
Die Frage war, wie man das Etikett “wissenschaftlich erwiesen†interpretieren soll.
Mit “Wirklichkeit†hat es deiner Meinung nach nichts zu tun.
Was ist also dann so toll daran? Wenn das Siegel der
Prince's Foundation irgendwo draufklebt, weiß ich: Ah, Prinz Charles unterstützt das. Wenn es heißt “wissenschaftlich erwiesen†… weiß ich: Ah, dieser Club “Wissenschaftsgemeinde†unterstützt das.
Ist das alles?
closs hat geschrieben:Streng genommen weiß man es nicht, bevor man es nicht per Dauerüberwachung des Arztes überprüft hat - andererseits ist es abartig zu unterstellen, dass ein HP-Arzt heimlich Psychopharmaka gibt. - Klar kann theoretisch alles möglich sein (der Patient könnte vorher jahrelang etwas vorgespielt haben, um der Schulmedizin eins auszuwischen) - aber damit sollte man sich nicht den Weg verbauen, ermitteln zu wollen, was wirklich passiert ist.
Eine Möglichkeit ist es jedoch. Und zwar eine, die viele deutlich weniger “abartig†einschätzen würden als dass – chemisch gesehen – reine Zuckerkügelchen eine Wirkung über den Placebo hinaus entfalten.
Was machen wir also jetzt? Wie können wir die Skeptiker überzeugen? Oder wie können wir wenigstens selbst ermitteln, was wirklich geschehen ist?
closs hat geschrieben:Nein - in der sog. "Urtinktur" sind doch Moleküle des mutmaßlichen Wirkstoffes drin - diese sind gemeint.
Ach du meinst: das Muster wurde
ursprünglich von diesen Molekülen gebildet. Okay. Und wer ist danach der Träger dieses Musters? Die reine Energie?
closs hat geschrieben:In der "High-D-HP" kann man nicht gleichzeitig Verum- und Placebo-Gruppen bilden, weil alle Beteiligten diesselbe Krankheit haben sollten (oder nicht?) UND auch noch dieselbe Anamnese/Typisierung haben sollten - das Problem:
Nein, sie sollen nicht dieselbe homöopathische Anamnese / Typisierung haben. Das forderst du bei der von dir beschriebenen Beobachtungsstudie auch nicht. Warum ist es also hier ein Problem?
closs hat geschrieben:Das Wichtigste aus meiner Sicht wäre der Vergleich mit konventioneller Medizin. - Allein deshalb, weil es dort Kliniken gibt, aus denen man vergleichbare Krankheitsbilder und Prognosen finden könnte.
Ehrlich gesagt, mich würde so eine Studie, falls sie negativ ausgehen würde, nicht überzeugen. Man könnte nur schließen, dass Homöopathie schlechter wirkt als konventionelle Medizin, eventuell viel schlechter, jedoch nicht, dass sie pharmakologisch unwirksam ist. Da wäre immer noch Raum für sie … genau das steckt ja hinter dem Begriff “komplementäre Medizinâ€.
Und eine positive Studie sagt auf bestimmten Gebieten auch nichts aus. Nehmen wir eine extrem kontroverse Behandlung,
Antidepressive wie Prozac… da könnte ich mir schon vorstellen, dass Homöopathen ein besseres Ergebnis erreichen als die konventionelle Medizin und dennoch die verwendeten homöopathischen Mittel keinerlei pharmakologische Wirksamkeit besitzen.