Die Anatomie des Willens

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Rembremerding
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#131 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Rembremerding » Di 15. Okt 2013, 21:48

Der Wille bewegt zur Entscheidung und zur Erkenntnis, er ist die Kraft zu entscheiden und zu erkennen. Der Wille hat seinen Sitz in den Gedanken im Geist des Menschen. Der Wille ist eine neutrale Kraft, die im menschlichen Geist durch den göttlichen Geist die Möglichkeit erhält geprägt, gepolt zu werden, hin zur Sünde, hin zur Liebe, hin zu Satan, hin zu Gott. Je nach Neigung hat der Wille, trifft er auf die Begierden, Wünsche und Triebe der Seele oder des Leibes, genügende oder ungenügende Kraft den göttlichen oder den eigenen Willen auszuführen.
Die Liebe benötigt diesen freien Willen, denn sie kann niemals erzwungen werden. Gott liebt uns so sehr, dass er uns niemals den freien Willen nehmen wird, weil Gott selbst die Liebe ist.
Die Fähigkeit zu lieben, zu glauben und zu wollen ist eine Gnade, ein Geschenk Gottes. Verbindet sich durch die Liebe zu Gott der Wille mit dem Glauben, ist dies der Glaubensgehorsam, von dem Paulus im Römerbrief spricht.
Man glaubt aus Gnade, nicht aus Erkenntnis. Nur der Wille kann gehorsam sein und zum Glaubensgehorsam führen, nicht die Erkenntnis.
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closs
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#132 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Di 15. Okt 2013, 22:46

Pluto hat geschrieben: Die bewusste Wahrnehmung des Willens ist nur noch Bestätigung einer zuvor getroffenen Entscheidung.
Das glaube ich aufs Wort. Wenn wir weiterhin den Grund für eine Entscheidung in einer (guten oder schlechten) Erkenntnis sehen würden, wäre das genau das, was mir logisch erscheint.

Rembremerding hat geschrieben:Die Liebe benötigt diesen freien Willen, denn sie kann niemals erzwungen werden.
Das hört man immer wieder - und es ist aus meiner Sicht ein Opfer an die sogenannte "Aufklärung", widerspricht aber doch jeder Lebenserfahrung.

Ich habe noch NIE jemanden erlebt, der sich zur Liebe "entschieden" hätte. - Im Gegenteil: Es ist eine tiefsitzende Kraft, die einen sagen lässt: "Die/der oder keine/n".

Rembremerding hat geschrieben: Gott liebt uns so sehr, dass er uns niemals den freien Willen nehmen wird
Auch das ist einer dieser einbrannten und - pardon - abergläubischen Sätze (zumindest in Bezug auf die Art, wie sie verstanden werden zu scheinen). - Natürlich zwingt Gott den Menschen nicht zu sich gegen dessen bessere Erkenntnis - Gott sagt NICHT: "Du liebst zwar Baal oder Reichtum oder Karriere, aber ich zwinge Dich jetzt, MICH zu lieben". - Wenn Du DAS meinst, sind wir uns auf Umwegen wieder einig.

Aber der Mensch liebt weder Gott noch Baal noch Reichtum noch Karriere, weil er sich dafür entschieden hätte im Sinne von: "Ich sehe vor mir Gott, Baal, Reichtum, Familie und Karriere - ich habe all diese 5 erkannt - und in Abwägung dessen, was ich erkannt habe, entscheide ich mich für eines oder zwei davon". - So läuft es in der Praxis NICHT.

In der Praxis läuft es so: "Ich kenne die Vorteile des Reichtums und der Karriere - in einer Familie bin ich auch aufgewachsen (was ja immer mehr zur Ausnahme wird!) - Baal kenne ich gar nicht - vom christlichen Gott habe ich schon gehört (anfangen kann ich nichts damit) - ich entscheide mich für Reichtum und Karriere - Familie schauen wir mal (an sich nix dagegen) - Baal und Jahwe habe ich überhaupt nicht auf dem Schirm, vielleicht fange ich mal mit Sheng-Fu an".

In diesem Kontext ist der Wille unheimlich schwer als normierende Größe einbaubar - allenfalls als Werkzeug für vorhandene Erkenntnis (und damit soll keine akademische, sondern sehr wohl Herzens-Erkenntnis gemeint sein - die sich nach heute gängiger Kultur dann halt auch mal humanistisch "austoben" kann - die Deutschen sind übrigens recht gute Do-Gooder (Spendenaufkommen, etc.) - das wäre dann das Humanistische).

Rembremerding hat geschrieben: Nur der Wille kann gehorsam sein und zum Glaubensgehorsam führen, nicht die Erkenntnis.
Nur mit dem Auto kann man nach Garmisch fahren - dass man Ski fahren will, sagt einem die Erkenntnis. - Man steigt ins Auto "Wille", nachdem man im Rahmen seiner Möglichkeiten (!!!) erkannt hat, was man will.

Pluto
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#133 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Pluto » Di 15. Okt 2013, 23:04

Rembremerding hat geschrieben:Die Liebe benötigt diesen freien Willen, denn sie kann niemals erzwungen werden. Gott liebt uns so sehr, dass er uns niemals den freien Willen nehmen wird, weil Gott selbst die Liebe ist.
Freier Wille...
Es kann in einer kausaen Welt keinen echten Freien Willen geben, sonst würde dieser den Gesetzmässigkeiten der Kausalität widersprechen. Das Beste worauf der Mensch in der realen Welt hoffen kann ist die Freiheit der Wahl, und das ist bekanntlich nicht gleich der Freiheit des Willen.

Die Fähigkeit zu lieben, zu glauben und zu wollen ist eine Gnade, ein Geschenk Gottes. Verbindet sich durch die Liebe zu Gott der Wille mit dem Glauben, ist dies der Glaubensgehorsam, von dem Paulus im Römerbrief spricht.
Sobald man den Gehorsam ins Spiel bringt, ist selbst die o.a. Wahlfreiheit gefährdet. Gehorsam schliesst den Willen aus, macht ihn ganz und gar unfrei.
Ja, er versklavt und zerstört jeden freien Gedanken.

Nur der Wille kann gehorsam sein und zum Glaubensgehorsam führen, nicht die Erkenntnis.
In dem Moment wo sich der Wille dem Gehorsam unterordnet begibt er sich in die Knechtschaft, wird auf der Stelle unfrei, und zum reinen Instrument seines Gebieters.
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#134 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Di 15. Okt 2013, 23:11

Pluto hat geschrieben:In dem Moment wo sich der Wille dem Gehorsam unterordnet begibt er sich in die Knechtschaft
Trotzdem gibt es das, was remembring sagt: Nämlich die Aufhebung des Willens in Gott - also nicht die Abschaffung des Willens, sondern dessen Erhöhung.

"Gehorsam" gefällt mir auch nicht, weil im allgemeinen Sprachgebrauch damit verbunden ist, dass jemand irgendwas an der Garderobe abgibt. - So ist es aber nicht gemeint: Gemeint ist, dass das Gesollte erkannt und dadurch gewollt wird - wenn also :geek: :geek: Autonomes und Heteronomes verschmelzen. :oops: :oops:

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#135 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Pluto » Mi 16. Okt 2013, 00:11

closs hat geschrieben:Trotzdem gibt es das, was remembring sagt: Nämlich die Aufhebung des Willens in Gott - also nicht die Abschaffung des Willens, sondern dessen Erhöhung.
Erhöhung, durch Gehorsam, durch Versklavung? Das ist ein Oxymoron par excellene.

Gemeint ist, dass das Gesollte erkannt und dadurch gewollt wird - wenn also :geek: :geek: Autonomes und Heteronomes verschmelzen. :oops: :oops:
Das Gesollte...
Du meinst, man soll nicht das gewollte tun, sondern das gesollte?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#136 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Mi 16. Okt 2013, 00:31

Pluto hat geschrieben:Erhöhung, durch Gehorsam, durch Versklavung? Das ist ein Oxymoron par excellene.
Im volkstümlichen Verständnis des Wortes wäre es das in der Tat. - Deshalb sprach ich ja von Aufhebung - dem folgen, was man erkennend hört (Ge-Horsam). - Aber Du hast recht - da sollte ein anderes Wort her.

Pluto hat geschrieben:Du meinst, man soll nicht das gewollte tun, sondern das gesollte?
Ich meine, dass in der hohen Form der Erkenntnis Sollen und Wollen verschmelzen. - Wenn man das Göttliche erkennt, will man das Göttliche als Erkanntes - also will man das, was man aus Sicht Gottes soll.

Mal ganz nebenbei: Das war ein großes Thema der deutschen Klassik - ist aber gescheitert an der Romantik (die im übrigen alles andere als "romantisch" ist). - Aber das wäre ein anderes Thema.

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#137 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Pluto » Mi 16. Okt 2013, 00:59

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Erhöhung, durch Gehorsam, durch Versklavung? Das ist ein Oxymoron par excellene.
Im volkstümlichen Verständnis des Wortes wäre es das in der Tat. - Deshalb sprach ich ja von Aufhebung - dem folgen, was man erkennend hört (Ge-Horsam). - Aber Du hast recht - da sollte ein anderes Wort her.
Nein. Nicht ein anderes Wort, sondern ein anderes Verständnis.

Wenn man das Göttliche erkennt, will man das Göttliche als Erkanntes - also will man das, was man aus Sicht Gottes soll.
Eben... man will sich einem anderen Willen unterstellen, und das Ergebnis ist, die Reste der eigenen Freiheit aufzugeben -- für immer.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#138 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Mi 16. Okt 2013, 01:36

Pluto hat geschrieben:Nicht ein anderes Wort, sondern ein anderes Verständnis.
Im Vergleich zu dem, was man so darunter versteht: Ja. - Im ursprünglichen Sinn des Wortes "Gehorsam" passt es dann doch wieder.

Pluto hat geschrieben: man will sich einem anderen Willen unterstellen, und das Ergebnis ist, die Reste der eigenen Freiheit aufzugeben
Nein - da müssten wir mal drüber reden, was hegelsche Dialektik ist: Nämlich "Aufhebung" im Sinne Bewahrheitung.

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#139 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Rembremerding » Mi 16. Okt 2013, 06:46

Hallo und guten Morgen alle zusammen! :)
closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Die Liebe benötigt diesen freien Willen, denn sie kann niemals erzwungen werden.
Das hört man immer wieder - und es ist aus meiner Sicht ein Opfer an die sogenannte "Aufklärung", widerspricht aber doch jeder Lebenserfahrung.

Ich habe noch NIE jemanden erlebt, der sich zur Liebe "entschieden" hätte. - Im Gegenteil: Es ist eine tiefsitzende Kraft, die einen sagen lässt: "Die/der oder keine/n".

Das hat nichts mit der "Aufklärung" zu tun. Das ist der Bauplan des Menschen und das Innerste der Liebe. Die Bibel weiß auch davon, dass Gott dem Menschen den freien Willen gab.
Ich habe noch nie jemanden erlebt, den man zwingen kann zur Liebe. Im Gegenteil: Es ist eine tiefsitzende Kraft, die einen sagen lässt: "Die/der bestimmt nicht"

closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben: Gott liebt uns so sehr, dass er uns niemals den freien Willen nehmen wird
Auch das ist einer dieser einbrannten und - pardon - abergläubischen Sätze (zumindest in Bezug auf die Art, wie sie verstanden werden zu scheinen). - Natürlich zwingt Gott den Menschen nicht zu sich gegen dessen bessere Erkenntnis - Gott sagt NICHT: "Du liebst zwar Baal oder Reichtum oder Karriere, aber ich zwinge Dich jetzt, MICH zu lieben". - Wenn Du DAS meinst, sind wir uns auf Umwegen wieder einig.
Man liest in der Bibel: Gott ist die Liebe, das ist kein Aberglaube. Es ist eine unglaubliche Verkürzung Gottes anzunehmen, er verleugnet sein Wesen, in dem er Menschen dazu zwingt ihn zu lieben. Und Gott zwingt nicht, wie du richtig erkannt hast, ihn zu erkennen. Das muss aus der Kraft des freien Willens heraus geschehen.
Warum stand im Paradies ein Baum der Erkenntnis und kein Baum des Willens? Weil Gott uns als sein Ebenbild bereits den Willen als Grundausstattung mitgab aus dessen Kraft heraus wir Erkenntnis erlangen können.

@Pluto
Das mit dem Glaubensgehorsam, mit der Übereinstimmung des eigenen Willens mit dem Willen Gottes - pardon - kannst du nicht verstehen. Vielleicht eine kurze, verkürzte Erklärung:
Jemand, der nicht weiß, was das beste für ihn ist, aber jemanden kennt, dem er vertraut, der das Beste für ihn weiß, der sagt: "O.k., machen wir was du sagst".

Man muss Wille als göttliche Energie verstehen, als die Spannung, welche Erkenntnis verlangt, hervorbringt. Vielleicht wirds so besser verständlich. Wille ist eine geistige Kraft, Motivation eine seelische Kraft, beide können zur Erkenntnis führen. Die seelische Kraft ist aber durch das Fleisch "verunreinigt", weshalb sie eher zu einer falschen Erkenntnis führen kann.
Vielleicht wird nun ein Thread "Anatomie der Erkenntnis" benötigt. :D
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closs
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#140 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Mi 16. Okt 2013, 09:14

Rembremerding hat geschrieben: Die Bibel weiß auch davon, dass Gott dem Menschen den freien Willen gab.
Diese Stelle habe ich bis heute nicht gefunden. - Zwar kommt der menschliche Wille ab und zu (notgedrungen) indirekt, ganz selten direkt, vor - aber als ein Schlüsselbegriff der Bibel ist er mitnichten erkennbar - es sei denn, man interpretiert so.

Rembremerding hat geschrieben:Ich habe noch nie jemanden erlebt, den man zwingen kann zur Liebe.
Eben - weil der ganze Ansatz meschugge ist: Es GEHT gar nicht, dass man jemanden zur Liebe zwingen kann.

Rembremerding hat geschrieben:Im Gegenteil: Es ist eine tiefsitzende Kraft
Eben - und diese Kraft ist nicht der Wille, sondern die Liebe selbst.

Rembremerding hat geschrieben:Gott ist die Liebe, das ist kein Aberglaube.
Das sagt auch keiner. Wie kommst Du DARAUF?

Rembremerding hat geschrieben:Es ist eine unglaubliche Verkürzung Gottes anzunehmen, er verleugnet sein Wesen, in dem er Menschen dazu zwingt ihn zu lieben.
Das wäre sogar eine Verfälschung seines Wesens.

Rembremerding hat geschrieben:Das muss aus der Kraft des freien Willens heraus geschehen.
Nein - siehe oben. - Der Wille kann gar nicht entscheiden, was er tun soll - so wie das Auto nicht entscheiden kann, wohin es fahren soll. - Es ist die Erkenntnis, die ihrem Diener "Willen" sagt, wo's lang geht. - Und "Erkenntnis" (und sie "erkannten" sich) ist in ihrer höchsten Form ein Synonym für Liebe.

Rembremerding hat geschrieben:Warum stand im Paradies ein Baum der Erkenntnis und kein Baum des Willens? Weil Gott uns als sein Ebenbild bereits den Willen als Grundausstattung mitgab aus dessen Kraft heraus wir Erkenntnis erlangen können.
Wenn ich Dich recht verstehe, ist es umgekehrt: Der Baum der Erkenntnis steht da, damit der im Menschen angelegte Wille nach dem Fall aktiviert werden kann. - Dann sind wir uns wieder einig: Mit dessen Kraft können wir Erkenntnis sozusagen "transportieren".

Wir sehen einiges spiegelverkehrt. - Und wenn dieser Spiegel irgendwann gedreht ist, haben wir eine neue Grundlage zum Bibelverständnis.

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