Detlef hat geschrieben:Vielleicht suchst du nach etwas, wass es als "Eidos" gar nicht gibt? Die Angewohnheit, Verben, Adjektive, Prozesse...zu substantivieren, führt in der weiteren Folge dazu, dass man diese Substantive in unzutreffender Weise "vergegenständlicht". So ist es auch m.E. auch mit der "Liebe".
Diese Vorstellungen von Platon über die Liebe waren auch eher als Beispiel gedacht. Reifikation (Vergegenständlichung) ist nur ein Problem, wenn etwas konkreter gedacht wird als es ist. Dieser Verdacht liegt natürlich beim Platonismus sehr nahe. Das Äußern eines solchen Verdachts ist aber noch lange keine sinnvolle Kritik.
Detlef hat geschrieben:Warum das von vornherein ausschließen? Es können gut trainierten Leuten durchaus Kunststücke gelingen, die sogenannten eidetischen Gedächtnisleistungen ähneln. Zwar gibt es m.W. bisher noch keine aussagekräftige Experimente mit mutmaßlichen Eidetikern, aber dabei muss ja nicht bleiben.
Ich weiß nicht was “Eidos†mit “eidetischen Gedächtnisleistungen†zu tun hat.
Detlef hat geschrieben:Schön, aber wozu? Die war in dem Zusammenhang überflüssig.
Ich fand sie überhaupt nicht überflüssig. Die Motivation dahinter war, die beiden Seiten der Medaille zu illustrieren. Der “andere Bezugspunkt†ist bei diesem Beispiel sehr deutlich zu erkennen.
Was immer die Hirnforschung über menschliche mathematische Kognition herausfindet, sie kann nicht sagen
ob und
warum ein mathematischer Satz wahr ist. Die Erforschung von neurophysiologischen Prozessen, die subjektiven und ideosynkratischen Gedankenkonstrukte wohl zugrunde liegen, erklärt nichts über objektive, abstrakte Sachverhalte à la “es gibt unendlich viele Primzahlenâ€. Man kommt nicht von einem “warum halten die Menschen dies für wahr?†zu einem “es ist wahr!â€. Zu letzteren kann nur die Mathematik selbst (in diesem Kontext) eine Aussage machen.
Und genauso ist es eine Seite der Medaille das Phänomen “Liebe†mit der Hirnforschung zu analysieren und die andere ist (mindestens) die Bedeutung der Liebe für die Menschen.
closs hat geschrieben:Aus säkularer Sicht vollkommen richtig - deshalb bin ich dafür, dass man solche Ideal-Bilder erst gar nicht verbreitet, weil sie eh nicht verstanden werden - vom Katechismus halte ich in großen Teilen nichts.
Du hast doch gelesen, was Sünde nach Ansicht der RKK bedeutet. Auch bereits die lässliche Sünde ist ein Verstoß gegen die Liebe zu Gott. Wie kannst du da sagen, es handele sich nur um “Ideal-Bilderâ€?
Aus meiner Sicht, ja. - Denn "Sünde" ist (nicht nur) nach meinem Verständnis nichts Anderes als das Eingeständnis, dass es auf Erden kein Ideal gibt. - Nebenbei: Mit "Todsünde" kann ich überhaupt nichts anfangen - man kann per Sünde von einer Gemeinschaft ausgeschlossen werden, aber nicht von Gott. - Sogar Kain wurde von Gott durch ein Mal GESCHÜTZT - es war ein Schutzmal GEGEN die Gemeinschaft.
Also jetzt wird es endgültig absurd. Ich stelle eine Frage zu diesen Zitaten und du beziehst die dann ganz einfach mal auf deine Privatmeinung zu der ganzen Angelegenheit – die absolut nichts mehr mit der katholischen Lehre gemeinsam hat.
closs hat geschrieben:Nein - hilflos fühle ich mich nicht und habe niemanden zu verteidigen (ich bin nicht mal Mitglied in einer Kirche). - Aber ich VERSTEHE (meistens), was fundamental-theologisch gesagt wird,
du benutzt “fundamental-theologisch†i.Ü. falsch, da geht's vereinfacht gesagt um Apologetik.
und verstehe vor allem, dass und warum es nicht kompatibel mit unserer heute vorherrschenden Denkformatierung ist. - Unser Mainstream-Denken ist heute so weit weg von geistigen/geistlichen Denkarten, dass es geradezu sensationell ist, dass überhaupt noch über die Gräben hinweg miteinander geredet wird.
Nein. Das ist wieder reine Bemäntelungsstrategie.
Verstehen tu ich das “fundamental-theologische†(was du darunter verstehst) katholische Denken schon, ich halte es nur für falsch. Großer Unterschied.
Nehmen wir mal da folgende aus der Summa Theologiae geschrieben von einem der bedeutendsten Kirchenlehrer der römisch-katholischen Kirche, Thomas von Aquin. Verfasst ist das im lustigen Einwand-Widerlegung-Stil des Mittelalters: Er denkt sich einen Einwand aus und widerlegt ihn dann.
Es ist nicht so, dass ich das folgende nicht
intellektuell begreife:
Thomas von Aquin: “Summa Theologiae” hat geschrieben:Die Sünde gegen die Natur ist die größte unter den Sünden der Wollust.
a) Dies wird bestritten. Denn:
I. Es scheint, dass das unnatürliche Laster [Masturbation, Verhütung, Homosexualität] nicht die größte Sünde unter den Arten der Lust ist. Je mehr eine Sünde der Nächstenliebe widerspricht, desto schwerer ist sie. Ehebruch, Verführung [einer Jungfrau] und Vergewaltigung, die für unseren Nächsten schädlich sind, stehen der Nächstenliebe scheinbar mehr entgegen als unnatürliche Sünden, an denen keine andere Person verletzt wird. Daher ist die unnatürliche Sünde nicht die größte unter den Arten der Lust.
…
Ich antworte darauf: Am schlimmsten ist in jeder Gattung die Korrumpierung des Prinzips, von dem der Rest abhängt. Nun sind die Vernunftprinzipien jene Dinge, die der Natur entsprechen, weil die Vernunft Dinge voraussetzt wie sie von der Natur bestimmt sind, bevor sie andere Dinge nach ihrem Ermessen beseitigt. Dies kann sowohl in spekulativen als auch in praktischen Angelegenheiten beobachtet werden. Wie in spekulativen Angelegenheiten der schwerste und schändlichste Irrtum das ist, was Dinge betrifft, deren Wissen dem Menschen natürlich verliehen wurde, so ist es in Sachen des Handelns das schwerste und beschämendste, gegen Dinge wie von der Natur bestimmt zu handeln. Da also durch die unnatürlichen Laster der Mensch das überschreitet, was von der Natur in Bezug auf den Gebrauch von Geschlechtshandlungen bestimmt worden ist, folgt daraus, dass diese Sünde in dieser Angelegenheit am schwersten ist.
Ich halte das Argument von St. Thomas nur für
falsch und würde seinem fiktiven Diskussionsgegner 100% recht geben.
Masturbation, Verhütung etc.
ist eine geringere “Sünde†als Vergewaltigung und der Grund dafür ist eben ganz genau, wie Thomas sich selbst bereits überlegt (aber leider nicht akzeptiert) hat,
dass Masturbation, Verhütung etc. niemandem schadet, Vergewaltigung jedoch sehr wohl.
Hier mit “Mainstream-Denken vs. geistige/geistliche Denkarten†zu kommen ist hilflose Bemäntelungsstrategie. Denn es ist doch so einfach: hier geht's um “normales Denken vs. krankes Denkenâ€.