In der Tat. - Ich postuliere in der Tat, dass das, was wissenschaftlich untersucht wird, eine Entität ist, die auch dann ist, wenn man sie nicht untersucht (Ausnahme: Einige QM-Sachen).Anton B. hat geschrieben:Die "Wirklichkeit" in Deinem Sinne interessiert hier gar nicht. Das ist Dein privates Hobby.
Viel wichtiger: 99,9% der Menschen denkt genauso. - Es ist zu viel verlangt, Wissenschaft als virtuellen Zirkus zu verstehen (das ist es nicht, aber so würde es dann verstanden werden).
Wenn es sowohl die Modell-Welt als auch die Entitäten-Welt gibt, muss man schon abgrenzen - oder nicht? - Es sei denn, man negiert die Entitäts-Welt, was kaum einer versteht. - Ich würde es übrigens verstehen: Wir wären dann nahe an Descartes, obwohl er zu anderen SChlüssen kommt.Anton B. hat geschrieben:Immer Deine Wirklichkeitannahme in das Rennen zu werfen und die anderen zu nötigen, hier immer wieder ihre Abgrenzung zu formulieren, das halte ich für meinen Teil für nicht verhältnismäßig.
Das klingt mir zu euphemistisch, da Duhem es nach meinem Verständnis holistisch gemeint hat - was ja gut wäre. - Ich sehe das Problem eher darin, dass man Begriffe unterschiedlich resp. willkürlich definiert - bestes Beispiel: "Geist".Anton B. hat geschrieben:Dein Punkt 4 geht ja etwas in die "Duhem'sche Unterbestimmtheit", wenn wir innerhalb Wissenschaft bleiben.
Wenn ich Duhem richtig verstehe, sieht er unterschiedliche Aspekte, von denen jeder authentisch ist zur - ähm - Entität, die Gegenstand des Modells sind, in dem man untersucht. - In der Praxis ist es aber eher so, dass man authentische und unauthentische Modelle wüst nebeneinander stellt.
Durch Sprache. - S.o. --- Das ist sicherlich nicht bei der Geologie so, aber sehr wohl bei Neurowissenschaften.Anton B. hat geschrieben:Oder wie kommen ohne diese Unterbestimmtheit zwei konkurrierende Methoden in der (Natur-) Wissenschaft zustande, zwischen denen man sich frei und beliebig positionieren kann?
Und schon fühle ich mich nicht mehr allein.Anton B. hat geschrieben: Die Darstellung von naturwissenschaftlichen Wissen in den Medien treibt auch mir häufig genug die Zornesröte in mein Gesicht.

Das ist weder für Dich noch für mich ein Problem - das Problem sind die Menschen "draußen". - Denn es gehört heute zum Comme-il-faut, Meinungen zu vertreten, die vorher wissenschaftlich abgesichert wurden. - Mit anderen Worten: Man HAT überhaupt keine Meinung, sondern VERTRITT sie nur - so wie ein Anwalt einen Mandanten vertritt. - Nebenbei: Das hat Friedrich Schlegel kurz vor dem Jahr 1800 vorausgesehen - aber das würde jetzt zu weit führen.Anton B. hat geschrieben:Ja, gut. Dann werden sie eben als "schizophren" bezeichnet. Damit habe ich hier im Forum auf meine Person bezogen auch schon oft genug kokettiert. Das muss "Mann" (und Frau) aushalten.
Das wäre sicherlich ein großes Feld und interessant - allein: Es geht nicht darum, MIR zu helfen, sondern darum, die Entfremdung zwischen "Wissenschaft" (im Gewand der Wissenschafts-Vermittler) und "dem Volk" zu stoppen - und da nützt sowas wenig.Anton B. hat geschrieben:Gerade für Dich wäre es ein ungemein spannendes Projekt, Dich mit den Denkströmungen der letzten 300 Jahre um Wissenschaft mal richtig vertraut zu machen.
Unter "aufgeklärt" würde man heute verstehen, dass noch mehr Menschen Meinungen vertreten, statt zu haben - aber das wird nicht funktionieren. - Um so wichtiger wäre es, Meinungen anspruchsvoll und fair und ohne Fallstricke zu begleiten. - Das gelingt nur bedingt mit wissenschafts-historischen Ausführungen - es muss wieder Vertrauen her. - Und es muss erklärt werden, wenn ein Wissenschaftler sagt, dass es nicht nur 3, sondern unendlich viele Geschlechter gäbe - statt es als Schlagzeile hochzupuschen und damit Onanie-Hilfe zu leisten.
Das ist die Kehrseite der Medaille - das kommt vom Vertrauensverlust. - Plötzlich steht Sinn und Unsinn gleichberechtigt nebeneinander. - Genau deshalb ist es mir so wichtig, dass Wissenschaft im jeweiligen Einzelfall erklärt wird - konkretes Beispiel:Anton B. hat geschrieben:Wenn die Wissenschaft wirklich frei wäre, und Natur- und Geisteswissenschaftler sich nicht zusammen verschworen hätten, dann wäre auch Scheibenmodell der Erde längst rehabilitiert.
"Die Neurowissenschaft hat herausgefunden, dass der Mensch mit dem Entstehen der Hirnwindung x über Gott nachdenken kann". - Ein solcher, hier verkürzt dargestellter Inhalt, müsste begleitet werden von der Erklärung: "Die Neurowissenschaft untersucht auf biologischem Wege, was im Gehirn passiert. Das muss nicht heißen, dass Gott im Gehirn entsteht, sondern dass das geistige Empfinden Gottes biologisch so erklärbar ist" (oder so ähnlich). - Man müsste also klar unterscheiden, was Wissenschaft macht und was sie NICHT macht.
So aber gehen gläubige Leute weg und und sagen sich: "Die haben keine Ahnung - die meinen, dass Gott eine Erfindung der Biologie des Menschen ist - die spinnen". - Das Schlimme: Auch ganz andere Äußerungen der Wissenschaft werden dann nicht mehr geglaubt: "Erde rund? Dass ich nicht lache - Euch glaube ich nichts mehr".
Anderes, bereits mehrfach genanntes und deshalb eingeführtes Beispiel:
Wenn es zwei Untersuchungen gibt, wonach entweder 38% oder 1% der inländischen Moslems "extremistisch" seien, muss man aufklärend sagen: "Moment - zur Wissenschaft gehört auch Begriffs-Definition. - Beide Untersuchungen haben Begriffe (hier "extremistisch") vollkommen unterschiedlich definiert. - Und es müsste einen Presserat geben, der sich als Instrument der AUFKLÄRUNG versteht und scharf rügt, wenn ein Medien einfach in die Welt posaunt: "38% aller Muslims in D sind extremistisch".
Das Vertrauen zwischen Wissenschaft und Volk ist gestört - es ist zuviel passiert.
Ich kann es bis ins 19. Jh. grob nachvollziehen - im 20. Jh. habe ich in den maßgeblichen philosophischen Strömen eigentlich nur eine Abkehr davon feststellen können - was sicherlich maßgeblich daran liegen kann, dass mir bei weitem nicht alles bekannt ist - aber den Tenor, den ich zu erkennen meine, ist: "Natürlich sind wir offen für Nicht-Materielles - aber wir verstehen dies als Unterabteilung des Materiellen".Anton B. hat geschrieben:Die Philosophen haben das eingehend vernünftig begründet. Vollziehe das doch erstmal nach.
Natürlich ist das anthropogen-vernünftig begründbar - weil ja nur Kritisch-Rationales vernünftig sein kann. - Mit anderen Worten: Metaphysisches KANN gar nicht anthropogenh-vernünftig sein (siehe auch Paulus versus griechische Philosophie). - Das heißt - gut dass wir drauf kommen: Zur Aufklärung über Wissenschaft gehört AUCH, dass man dem Volk sagt: "LEute - Wissenschaft denkt nur in nachweisbaren Kategorien ("falsifizierbar" wäre überfordernd). - Wissenschaft kann also nichts Maßgebliches leisten, wenn es um Fragen zu Gott und die Welt geht".
Aber jetzt bin ich aussichtslos euphorisch, denn: Wie soll das aufklärend vermittelt werden, wenn es von denen nicht verstanden wird, die es vermitteln sollen?

Das sind meinerseits mehr oder weniger realistische Vorschläge - entscheidend ist, dass das Vertrauen zwischen Wissenschaft und "Volk" gestört ist. - Also lässt man es laufen oder macht was. - Aus meiner Sicht sind jetzt die Multiplikatoren dran - wenn man überall Frauenbeauftragte reinsetzt, kann man auch überall Aufklärungs- (und nicht Nachplapper-) Beauftragte reinsetzen. - Nur braucht man dafür halt die Wiedereinführung eines Studium Generale.Anton B. hat geschrieben:Mal die despektierliche Frage: Müssen die das denn alles Wissen?
Sollte übrigens "95%" heißen - das nur nebenbei.Anton B. hat geschrieben: Aber muss ich jedem einzelnen dieser 55%
Die Bedrohung geht heute vom kritischen Rationalismus und nicht von der Esoterik aus. - Bei den Artes mechanicae ist der kritische Rationalismus haargenau richtig und nicht ersetzbar - aber bei Themen, die in irgendeiner Form etwas mit Fragen um die Grundfragen des Menschen "Wo komme ich her? Er bin ich? Wo gehe ich hin?" zu tun haben, hat sich der kritische Rationalismus in einer Art eingemischt, dass der Bumerang zurückkommen wird - erste Anzeichen sehen wir schon. - Ich will vermeiden, dass auf die Über-Aktion der dem kritischen Rationalismus verpflichteten Disziplinen eine Über-Reaktion "esoterischer" Gegenkräfte kommt - Entwicklungen in den USA und jetzt auch bei uns das, was geistig hinter der AfD steckt, zeigen erste Anzeichen.Anton B. hat geschrieben:wenn ich noch an die Astrologiebegeisterung zur Zeit meiner Jugend denke, da ist es doch derzeit eher sehr ruhig.
Den Verfechtern der heute gängigen Denkformatierungen sollen sich bewusst darüber sein, dass es DEREN Steilvorlagen sind, die hier zu Treffern verwandelt werden können.