„Weimar war und ist für uns der Ort und das Symbol, um Brücken zwischen den Europäern und dem Islam zu schlagen, wonach es eben keinen wirklichen Widerspruch zwischen der islamischen Lebensweise und dem europäischen Denken geben muss.“
Grund dafür ist die romantische Orient-Verehrung Goethes, seine weitsichtigen Worte im West-Östlichen Diwan, in der er eine Vision von der universalen Einheit der Menschheit formulierte und seine Verehrung des persischen Dichters Hafis. Ich glaube nicht, dass das Goethe automatisch zu einem Muslim macht, wie von manchen behauptet wird (da er so seltsame Sätze sagte wie „Wenn Islam Gott ergeben heißt, im Islam leben und sterben wir alle!“), aber ein Fakt ist, dass Goethe für das Muslim-Sein in Deutschland hier und heute eine entscheidende Identifikationsfigur ist, nicht tot, sondern sehr lebendig, ein Zeitgenosse. Hier bei uns in Deutschland verbinden sich verschiedene geistige Flüsse zu einem neuen Strom, auch wenn das manche Menschen nicht gerne sehen, aber das ist die Realität. Goethe nannte Hafis seinen Zwilling:
Und mag die ganze Welt versinken,
Hafis mit dir, mit dir allein
Will ich wetteifern! Lust und Pein
Sei uns, den Zwillingen, gemein!
Wie du zu lieben und zu trinken,
Das soll mein Stolz, mein Leben sein.
Du bist der Freuden echte Dichterquelle
Und ungezählt entfließt dir Well’ auf Welle.
Zum Küssen stets bereiter Mund,
Ein Brustgesang, der lieblich fließet,
Zum Trinken stets gereizter Schlund,
Ein gutes Herz, das sich ergießet.
Interessant ist, dass Goethe in seinen Gedichten sehr oft die Symbolik des Sufismus benutzt - ob er das bewusst tat oder nur aus seiner genialen Intuition heraus, weiß ich nicht. Das Hafis-Goethe-Denkmal am Beethovenplatz in Weimar erinnert mit zwei sich gegenüberstehenden granitenen Stühlen, die ost-westlich ausgerichtet sind, an die Begegnung Goethes mit dem Werk des Hafis. Die wirkliche Alternative für Deutschland ist Goethe. Nicht der Kampf der Kulturen, sondern ihre Kommunikation miteinander


Gegen eine verfälschte Wahrnehmung des Islam hilft nur Aufklärung. Die Islamische Zeitung ist Brückenbauer und Sprachrohr der deutschsprachigen Muslime Europas. Wer Interesse daran hat dieses alternative Stimme zu unterstützen, kann sie hier abonnieren: http://www.islamische-zeitung.de/servic ... ntausgabe/ einige wertvolle Beiträge können kostenlos gelesen werden. Was möglicherweise manche säkularen Menschen irritierend oder anstößig finden könnten: die islamische Zeitung äußert sich gerne politisch, da es im Islam keine Trennung zwischen dem religiösen und politischen Leben gibt. Die qur’anische Vision von Gesellschaft ist eine ganzheitliche, soziale Vision einer gleichermaßen gerechten und gläubigen Gesellschaft. Wie kann das nicht zu Europa passen? Die Rede vom Volk Gottes dürfte gerade den katholischen Christen aus ihrer eigenen Tradition vertraut sein. Nicht das Welt- und Menschenbild des Islam, sondern der inzwischen weit verbreitete Atheismus und Materialismus, der immer mehr in Richtung Nihilismus tendiert, stehen im Widerspruch zur Tradition des christlichen Abendlandes. Das ist nicht das, wofür unsre Ahnen gekämpft und mit ihrem Leben und Blut verteidigt haben. Angesichts dieses Szenarios empfinde ich gläubige Muslime eher als Retter des christlichen Abendlandes.
Jesus fühlte rein und dachte
Nur den Einen Gott im Stillen;
Wer ihn selbst zum Gotte machte
Kränkte seinen heiligen Willen.
Und so muss das Rechte scheinen
Was auch Mahomet (Muhammad) gelungen;
Nur durch den Begriff des Einen
Hat er alle Welt bezwungen.
~ Johann Wolfgang von Goethe