Alles Teufelszeug? XI

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#381 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von Münek » Mi 24. Okt 2018, 23:17

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese Szene ist eine Legende und hat historisch nicht stattgefunden.
Ob eine Offenbarung historisch-kritisch fassbar ist oder geistig/geistlich gestaltet ist, ist substantiell egal.
Auf keinen Fall - wenn es um die Substanz geht. Es geht weder um "historisch-kritische Fassbarkeit" noch um "geistige Gestaltung". Im Vorwort seines Jesusbuches drückt sich Ratzinger diesbezüglich klipp und klar aus (Hervorhebungen von mir):

"Für den biblischen Glauben ist es wesentlich, dass er sich auf WIRKLICH HISTORISCHES GESCHEHEN bezieht. Er erzählt nicht Geschichte als SYMBOLE über geschichtliche Wahrheiten, sondern er gründet auf Geschichte, die sich auf dem Boden dieser Erde zugetragen hat. Das "Fak-
tum historicum" ist für ihn nicht eine auswechselbare SYMBOLISCHE CHIFFRE (!), sondern konstitutiver Grund."

Deine CHIFFREN-Hypothese ist Dein subjektives Eigengewächs. Aus der Sicht der historisch-kritischen Exegese sind die (sich widersprechenden) nachösterlichen Erscheinungsberichte genauso Legenden wie die Geburtsgeschichten.

closs hat geschrieben:entweder diese Szene drückt etwas Wahres aus oder nicht.
Bist Du wieder mal auf dem tautologischen Holzpfad: Entweder es schneit oder es schneit nicht... :)

="closs"
Münek hat geschrieben:Der Bratfisch wurde von Jesus "physikalisch" gegessen.
Ja - genauso wie Jesus "physikalisch" durch die geschlossene Tür kommt und sich "physikalisch" die Wunden betasten lässt.
Deine Behauptung war aber, dass Jesus NICHT physisch (= NICHT physikalisch- körperlich) präsent war. Wie konnte er dann sprechen und lecker Bratfisch essen? Dass er ein "GEIST", ein geistiges Wesen ist, hat er ausdrücklich von sich gewiesen. Er war mitsamt seinen Wunden körperlich präsent.

closs hat geschrieben:Eine primär geistige/geistliche Erscheinung kann körperliche Offenbarungs-Gestalt haben.
Dass er eine geistige Erscheinung/ein Geist sei, lehnte Jesus doch ausdrücklich ab, zeigte stattdessen seine Wundmale und aß Fisch. Der Auferstehungsglauben der Juden und Christen ist ein Glauben an die KÖRPERLICHE Auferstehung.

Kapierst Du das nicht? Da ist nix mit Seele (Windhauch).

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#382 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von closs » Mi 24. Okt 2018, 23:51

Münek hat geschrieben:Auf keinen Fall - wenn es um die Substanz geht. Es geht weder um "historisch-kritische Fassbarkeit" noch um "geistige Gestaltung". Im Vorwort seines Jesusbuches drückt sich Ratzinger diesbezüglich klipp und klar aus (Hervorhebungen von mir)
Du verwechselst "historisch" und "historisch-kritisch". - Außerdem gebraucht Ratzinger hier das Wort "Chiffre" anders als ich.

Was Ratzinger damit meint, ist: "Das biblische Geschehen hat sich tatsächlich zugetragen und ist nicht ein reines Gedanken-Konstrukt, das historisch dargestellt wird". --- Diesen Gedanken muss man differenziert betrachten - vor allem in Bezug auf den Unterschied etwa zwischen Genesis und Jesus.

Ratzinger meint NICHT, dass Adam und Eva vor 6000 Jahren so gelebt haben, wie es gleichnishaft ("chiffriert") dargestellt wird - sonst würde er nicht die Evolutions-Theorie in ihrer biologischen Kompetenz anerkennen (und er ist wirklich nicht so doof, dass er das Eine vergißt, wenn er vom Anderen spricht, und umgekehrt). - Ratzinger meint jedoch sehr wohl, dass Jesus, dessen Offenbarungs-Funktion es doch gerade ist, Verkörperung Gottes im Dasein (also in der Geschichte) zu sein, und sein Tun historischer Natur ist - incl. Wunder und Auferstehung.

Das Wort "Chiffre" verwendet Ratzinger im Sinne von "nicht historisch" - ich verwende es im Sinne von "etwas steht für einen geistigen/geistlichen Inhalt - das kann auch Geschichte sein". - Also auch Geschichte ist eine Chiffre für Heilsgeschichte.

Münek hat geschrieben:Bist Du wieder mal auf dem tautologischen Holzpfad: Entweder es schneit oder es schneit nicht...
Richtig: Sein oder Nicht-Sein - es gibt nur diese beiden Möglichkeiten.

Münek hat geschrieben:Deine Behauptung war aber, dass Jesus NICHT physisch (= NICHT physikalisch- körperlich) präsent war. Wie konnte er dann sprechen und lecker Bratfisch essen? Dass er ein "GEIST", ein geistiges Wesen ist, hat er ausdrücklich von sich gewiesen. Er war mitsamt seinen Wunden körperlich präsent.
Deswegen habe ich geschrieben, dass es hier sprachlich schwierig wird. - Finde ein Wort, das zum Ausdruck bringt:
1) Wunden sind betastar.
2) Jesus kann esse.
3) Jesus kommt durch die geschlossene Tür.
4) Jesus verschwindet "einfach so" ("schnips")
5) Jesus ist naturwissenschaftlich nicht fassbar.

Jesus erscheint hier als das, was die Theologie "Geistleib" nennt: In seiner Existenz irdisch vollkommen ungebunden (kein Leid, etc.), trotzdem irdisch anmutend (also als Jesus mit Sinnen identifizierbar). --- Jesus ist also nicht "Geist" im Sinne einer unsichtbaren Erscheinung, aber auch nicht Körper im physikalisch-naturwissenschaftlichen Sinn.

Münek hat geschrieben:Dass er eine geistige Erscheinung/ein Geist sei, lehnte Jesus doch ausdrücklich ab, zeigte stattdessen seine Wundmale und aß Fisch.
Du verstehst nicht. - Jesus ist vollkommen geistige Erscheinung ("Gott ist Geist") in körperlicher Gestalt, aber eben kein "Geist" in dem Sinne, wie man sich damals wohl "Geist" vorgestellt hat. - Hier macht es keinen Sinn, sich um Worte zu streiten, sondern hier ist es wichtig, Inhalte zu erkennen.

Münek hat geschrieben:Der Auferstehungsglauben der Juden und Christen ist ein Glauben an die KÖRPERLICHE Auferstehung.
Ja - in DEM Sinne, wie Jesus den Jüngern erscheint. - Mit anderen Worten: Deine Hühneraugen erstehen NICHT mit auf und meine Säuferleber auch nicht.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#383 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von Münek » Do 25. Okt 2018, 00:46

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Kreationisten unterscheiden sich in nichts von anderen Gläubigen, die von der Historizität der Lazarus-Legende ausgehen.
Doch. - Ein Kreationist müsste erklären, warum sämtlichen Versteinerungen in der Natur und Menschenfunde (Knochen, Ötzi) aus ganz anderen Zeiten kommen.
Meines Wissens war Lazarus kein Fossil, sondern ein erst vier Tage alter, stinkender Leichnam.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Aus naturwissenschaftlicher Sicht (Biologie/Medizin) hätten ALLE, die an das Lebendigwerden eines vier Tage alten, bereits stinkenden Leichnams glauben, äußerst schlechte Karten.
Da kann man argumentieren, dass Gott auch Chef der Zeit ist, also diese 4 Tage aus "Wunder-Gründen" locker mal 4 Tage zurückdrehen kann.
Der Fantasie und dem Wunschdenken sind in der Tat keine Grenzen gesetzt. Nur: Ein "Argument" ist das nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nur sollte man dabei NICHT die kritische Vernunft sausen lassen.
Wir definieren "kritische Vernunft" unterschiedlich - bei mir gehört dazu, dass sich die kritische Vernunft selber kritisch hinterfragt und eine Antwort darauf gibt, wo die Grenze menschlich-kritischer Vernunft ist.
Die "kritische Vernunft" ist sich ihrer Grenzen sehr wohl bewusst. Weil dies so ist, postuliert sie KEINE ewig-gültigen Wahrheiten wie etwa die katholische Kirche.

closs hat geschrieben:Kant hat das getan.
Aber nicht dergestalt, dass er von der Existenz eines personalen Gottes ausging. Gott war für ihn keine Entität, sondern nur eine IDEE.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:So hätte es die katholische Kirche natürlich von ihren Schäfchen gern.
Solche Sätze sind exakt das, was ich seitens derer, die glauben, selber kritisch-vernünftig zu sein, als unkritisch bezeichnen würde.
Du würdest doch nicht wohl den Wahrheitsgehalt meiner Aussage in Zweifel ziehen wollen.

closs hat geschrieben:Wenn ich über die lange Forums-Zeit beobachte, wie unkritisch (= seicht!!!) Naturalisten und kritische Rationalisten mit Spiritualität umgehen, erscheint die Theologie geradezu als Ausbund von Aufklärung.

:lol: :lol: :lol: Der war gut. Die Theologie als Ausbund der Aufklärung. :lol: :lol: :lol: In welcher Realität lebst Du?

Im Übrigen hast Du es NIE geschafft, den Begriff "Spiritualität" verständlich rüber zu bringen. Du hast diesbezüglich ein Verwirrspiel veranstaltest, weil Du Dir selbst nicht im Klaren darüber bist, was Sache ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es handelt sich ja gerade nicht um eine "geistige Erscheinung". Jesus betonte seinen Jüngern gegenüber ausdrücklich, er sei keine "geistige Erscheinung", er sei kein "Geist".
Ja - jetzt wird es sprachlich wirklich schwierig.
Überhaupt nicht.

closs hat geschrieben:Jesus will damit doch sagen, dass er als Person da ist, wie man ihn kennt (also "kein Geist"),
Eben - kein GEISTLEIB. Er zeigt sich körperlich-physisch so, wie ihn seine Jünger kannten.

closs hat geschrieben:aber trotzdem eine ganz andere Existenzform hat, die durch geschlossene Türen gehen kann.

Nee nee - Geister vermögen möglicherweise feste Materie zu durchdringen. Aber Jesus hat ausdrücklich betont, kein Geist zu sein.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#384 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von closs » Do 25. Okt 2018, 01:38

Münek hat geschrieben:Der Fantasie und dem Wunschdenken sind in der Tat keine Grenzen gesetzt. Nur: Ein "Argument" ist das nicht.
Warum nicht? - Wenn es Gott gibt, ist er in seinem Wesen über der Zeit. - Es ist nicht ausreichend, die Lazarus-Geschichte so zu deuten, als gäbe es Gott NICHT.

Münek hat geschrieben:Weil dies so ist, postuliert sie KEINE ewig-gültigen Wahrheiten wie etwa die katholische Kirche.
Das ist verdreht dargestellt. - Denn wenn man postuliert, dass es ewig-gültige Wahrheit gibt, weil das, woran man glaubt, ewig-gültig ist, handelt es sich eher um eine logische Schlussfolgerung. - Viel "unkritischer" ist es, wenn man bspw. postuliert, dass menschliche Vernunft universale Vernunft sei - was man in heutiger Denkformatierung oft hört.

Münek hat geschrieben:Aber nicht dergestalt, dass er von der Existenz eines personalen Gottes ausging.
Darum geht es nicht - es geht darum, dass er erkannt hat, dass irgendwann die (heute würde man sagen: "kritisch-rationale") Vernunft ein Ende hat und dahinter etwas ist, wo nur noch der Glaube ran kommt.

Münek hat geschrieben:Du würdest doch nicht wohl den Wahrheitsgehalt meiner Aussage in Zweifel ziehen wollen.
Vom Ansatz her ist Deine Aussage verquer - ich würde dabei NICHT von Lüge sprechen, sondern von "falscher Ansatz".

Münek hat geschrieben:Die Theologie als Ausbund der Aufklärung. :lol: :lol: :lol: In welcher Realität lebst Du?
Des Rätels Lösung besteht darin, dass beide Seiten unter "Aufklärung" etwas ganz Unterschiedliches verstehen. - Der Theologie geht es primär um geistiges/geistliches Erkennen, der Wissenschaft geht es um methodische Beschreibung von Phänomenen. - Man muss also beides nicht gegenseitig ansetzen - es sei denn, eine Seite wildert in der Seite des anderen rum.

Münek hat geschrieben:Im Übrigen hast Du es NIE geschafft, den Begriff "Spiritualität" verständlich rüber zu bringen.
Spiritualität ist der transzendent ausgerichtete Versuch, zu Erkenntnissen zu gelangen, indem man über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgeht und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richtet. Das wäre die intellektuelle Version. - Für Menschen mit geistigem/geistlichen Instinkt ist es das Aktiviert-Sein gespürter Transzendenz - ohne viel Worte.

Münek hat geschrieben:Geister vermögen möglicherweise feste Materie zu durchdringen. Aber Jesus hat ausdrücklich betont, kein Geist zu sein.
Und jetzt? - Wie würdest Du es nennen, wenn folgendes unter einen Hut zu bringen ist:

1) Wunden sind betastbar.
2) Jesus kann essen.
3) Jesus kommt durch die geschlossene Tür.
4) Jesus verschwindet "einfach so" ("schnips")
5) Jesus ist naturwissenschaftlich nicht fassbar.

In der Theologie würde man dies eine geistleibliche Erscheinung nennen: Vom Wesen her geistig/geistlich, von der Erscheinung her leiblich. ---- Das heißt NICHT, dass der geistleibliche Mensch in der "Visio Beatifica" genauso aussehen muss - es hat etwas damit zu tun, wo und für wen diese Geistleiblichkeit offenbart wird.

Hier passt auch die sogenannte "Verklärung" rein - zur Erinnerung wik:

"Beim Evangelisten Lukas heißt es: „Er stieg mit ihnen hinauf, um zu beten. Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß.“ (Lk 9,28–36 EU). Auf dem Gipfel eines Berges wird Jesus vor den drei Jüngern von überirdischem Licht („Taborlicht“) überstrahlt („verklärt“). Im Markusevangelium steht darüber: „Seine Kleider wurden strahlend weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann.“, Mk 9,2–9 EU. Der Evangelist Matthäus schreibt: „Sein Antlitz strahlte wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.“ (Mt 17,1–8 EU)"


Geist oder Leib? - Oder vielleicht doch beides? - Wie würdest Du es nennen?

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#385 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von Münek » Do 25. Okt 2018, 01:54

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Auf keinen Fall - wenn es um die Substanz geht. Es geht weder um "historisch-kritische Fassbarkeit" noch um "geistige Gestaltung". Im Vorwort seines Jesusbuches drückt sich Ratzinger diesbezüglich klipp und klar aus (Hervorhebungen von mir)
Du verwechselst "historisch" und "historisch-kritisch".
Ich bitte Dich. Ich als Kenner der Materie verwechsle nichts. Im Übrigen zitiere ich lediglich den Ex-Papst.

Ratzinger gebrauchte den Begriff "historisch" (= geschichtlich) eindeutig im eigentlichen Sinn. Dagegen ist "historisch-kritisch" eine Methode, antike Texte auszulegen. Das ist etwas anderes und sollte Dir mittlerweile klar sein.


Wenn die nachösterliche Jesus-Szene in Jerusalem lediglich eine unhistorische Legende ist, kann sie keine heilsgeschichtliche Bedeutung
haben. Was nicht stattgefunden hat, ist irrelevant.

closs hat geschrieben:Außerdem gebraucht Ratzinger hier das Wort "Chiffre" anders als ich.
Unverschämter Kerl. :devil: Aber: Chiffre ist nun mal Chiffre.

Ich gehe davon aus, dass Ratzinger den Begriff "Chiffre" im Zusammenhang mit der Bibelexegese genau richtig versteht. Auch ich verstehe diesen Begriff, wie er gemeinhin gemeint ist. Googel endlich mal nach, was "Chiffre" eigentlich bedeutet.


closs hat geschrieben:Was Ratzinger damit meint, ist: "Das biblische Geschehen hat sich tatsächlich zugetragen und ist nicht ein reines Gedanken-Konstrukt, das historisch dargestellt wird".
Nichts anderes sage ich - keine Chiffre für irgendetwas, das erst dechiffriert werden muss. Aber so stellst Du es immer dar. Nö - is nich - die "Heilige Schrift" ist keine "Geheimschrift, die nur von Erleuchteten wie Closs dechiffriert werden kann.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bist Du wieder mal auf dem tautologischen Holzpfad: Entweder es schneit oder es schneit nicht...
Richtig: Sein oder Nicht-Sein - es gibt nur diese beiden Möglichkeiten.
Genau - folgen wir der Logik und der Widerspruchsfreiheit: Wenn Gott existiert, dann existiert er. Wenn Gott nicht existiert, dann existiert er nicht. :)

Ich glaube, wir sind wir uns darüber einig, dass diese Tautologie keinen Erkenntniswert hat und als Argument nichts taugt.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#386 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von Münek » Do 25. Okt 2018, 02:41

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Fantasie und dem Wunschdenken sind in der Tat keine Grenzen gesetzt. Nur: Ein "Argument" ist das nicht.
Warum nicht? - Wenn es Gott gibt, ist er in seinem Wesen über der Zeit.
Das weiß niemand. Und wenn es Gott nicht gibt, dann sowieso nicht.

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#387 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von JackSparrow » Do 25. Okt 2018, 08:17

Claymore hat geschrieben:Ja, aber es ging mir halt darum, dass die Behauptung, auf der ganzen Welt wäre der Begriff Geist aus einem Unverständnis irgendwelcher Luftphänomene entstanden, nicht so stimmen kann.
Natürlich nicht. Das germanische Kognat von "pneuma" ist deutsch "niesen" und englisch "sneeze", während sich "Geist" auf beliebige Arten von Aufregung bezieht, siehe "aghast" und "yeast". Aber das macht nichts, weil man im Englischen ja auch heute noch zwischen ghosts und spirits unterscheidet.

Ich mein, Elektron heißt auf Isländisch rafeind. Und raf heißt auf Deutsch Bernstein, eind Teilchen. Bernsteinteilchen also. Da kann man ja auch nicht hingehen: “Die alten Isländer glaubten, dass Elektronen aus Bernstein wären.”
Elektron heißt auf Griechisch Bernstein. Also muss man hingehen und fragen, warum die Entdecker des Elementarteilchens bei ihrer Arbeit ausgerechnet an Bernstein dachten.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#388 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von Pluto » Do 25. Okt 2018, 09:47

closs hat geschrieben:Viel "unkritischer" ist es, wenn man bspw. postuliert, dass menschliche Vernunft universale Vernunft sei - was man in heutiger Denkformatierung oft hört.
Gibt es denn eine andere Vernunft?

closs hat geschrieben:Darum geht es nicht - es geht darum, dass er erkannt hat, dass irgendwann die (heute würde man sagen: "kritisch-rationale") Vernunft ein Ende hat und dahinter etwas ist, wo nur noch der Glaube ran kommt.
"kritisch-rationale" Vernunft gibt es nicht. Es gibt nur menschliche Vernunft.

closs hat geschrieben:Des Rätels Lösung besteht darin, dass beide Seiten unter "Aufklärung" etwas ganz Unterschiedliches verstehen. - Der Theologie geht es primär um geistiges/geistliches Erkennen, der Wissenschaft geht es um methodische Beschreibung von Phänomenen.
Was "erkennt" denn ein Theologe?
Methode ist lediglich der Weg den man geht um Phänomene zu verstehen. In der Wissenschaft geht es nicht um methodische Beschreibung, sondern um das tatsächliche Phänomen zu verstehen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Geister vermögen möglicherweise feste Materie zu durchdringen. Aber Jesus hat ausdrücklich betont, kein Geist zu sein.
Und jetzt? - Wie würdest Du es nennen, wenn folgendes unter einen Hut zu bringen ist:

1) Wunden sind betastbar.
2) Jesus kann essen.
3) Jesus kommt durch die geschlossene Tür.
4) Jesus verschwindet "einfach so" ("schnips")
5) Jesus ist naturwissenschaftlich nicht fassbar.
3,4, und 5 gibt es nicht, bzw. es sind Märchen ohne Beleg. Das wird lediglich so erzählt, um Jesus mit übernatürlichen Kräften zu versehen.

closs hat geschrieben:In der Theologie würde man dies eine geistleibliche Erscheinung nennen: Vom Wesen her geistig/geistlich, von der Erscheinung her leiblich. ---- Das heißt NICHT, dass der geistleibliche Mensch in der "Visio Beatifica" genauso aussehen muss - es hat etwas damit zu tun, wo und für wen diese Geistleiblichkeit offenbart wird
Theologen die an geistleibliche Erscheinung glauben, sind aber sehr leichtgläubige Menschen.

closs hat geschrieben:Geist oder Leib? - Oder vielleicht doch beides? - Wie würdest Du es nennen?
Geschichtchen. Es gibt keine logisch-vernünftige Erklärung dafür.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#389 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von closs » Do 25. Okt 2018, 10:00

Münek hat geschrieben:Ratzinger gebrauchte den Begriff "historisch" (= geschichtlich) eindeutig im eigentlichen Sinn.
Richtig - MEINE Aussage war aber: "historisch-kritische Fassbarkeit". - Das ist etwas ganz anderes. - Beliebiges Beispiel: Wenn Jesus vor 2000 Jahren etwas Geistiges/Geistliches gedacht hat, ist das "historisch", weil es in der Zeit auf der Erde stattfindet, aber es muss nicht "historisch-kritisch fassbar" sein, weil GEistiges/Geistliches im transzendenten Sinne nicht Gegenstand der HKE ist.

Münek hat geschrieben:Wenn die nachösterliche Jesus-Szene in Jerusalem lediglich eine unhistorische Legende ist, kann sie keine heilsgeschichtliche Bedeutung
haben. Was nicht stattgefunden hat, ist irrelevant.
Nicht ganz richtig, aber der Spur nach schon - gehen wir mal davon aus, das es richtig ist. - Was aber trotzdem nicht heißt, dass historisch-kritische Einordnungen der Texte nach "echt" oder "legendenhaft" dasselbe sind wie "historisch passiert" oder "nicht passiert".

Weiterhin wird der Satz von Ratzinger nicht dadurch falsch, wenn historisch anmutende Bibelstellen WIRKLICH nicht stattgefunden haben - dann gilt es halt für DIESE Stellen nicht. - Ratzingers Aussage lautet, dass das Kerngeschehen um Jesus historischer Natur sein muss (Geburt, Tod, Auferstehung) - halten wir uns erstmal an den Kern seíner Aussage, bevor wieder alles vorschnell ins Nirwana hinein verästelt wird und der Kern dabei verloren geht.

Münek hat geschrieben:Ich gehe davon aus, dass Ratzinger den Begriff "Chiffre" im Zusammenhang mit der Bibelexegese genau richtig versteht. Auch ich verstehe diesen Begriff, wie er gemeinhin gemeint ist. Googel endlich mal nach, was "Chiffre" eigentlich bedeutet.
Man merkt, dass Du nicht weißt, was Sprache ist. - Dasselbe Wort kann sehr Unterschiedliches bedeuten - neulich war das Wort "ontisch" dran, das heute genau umgekehrt in seiner Bedeutung verwendet wie früher.

"JHWH" ist eine Chiffre für etwas, was menschlicher Vorstellung entrückt ist - ist JHWE deshalb nicht Wirklichkeit? - Gleichnisse können Chiffre für Wirklichkeit sein. - Geschichte kann Chiffre für Heilsgeschichte sein. - Etc.

Ratzinger will in seinem Kontext bspw. sagen, dass Jesu Leben keine literarische Fiktion ist, sondern geschichtliche Realität - in meinem Kontext sage ich, dass historische Offenbarungen Chiffre für heilsgeschichtliche Wahrheiten sind - in Deinem Kontext wirst Du es auf etwas anderes anwenden. - Wichtig ist, dass bei allen Beteiligten die Grundbedeutung des Wortes klar ist. --- Du darfst davon ausgehen, dass sich Ratzinger und ich nicht darüber streiten würden, wenn wir uns träfen.

Münek hat geschrieben:Ich glaube, wir sind wir uns darüber einig, dass diese Tautologie keinen Erkenntniswert hat und als Argument nichts taugt.
Aussagen wie "Sein oder Nicht-Sein" haben es nicht deshalb in die Weltliteratur geschafft, weil sie keinen Erkenntniswert haben und als Argument nichts taugen.

Münek hat geschrieben:Wenn es Gott nicht gibt, dann nicht.
Richtig - wenn es Gott nicht gibt, erweisen sich Spekulationen zu Gott im Nachhinein als Hirngespinste. - Wenn es Gott doch gibt, erweisen sich Spekulationen zu Gott im Nachhinein als Vorwegnahme von Wirklichkeit.

Münek hat geschrieben:Weiß niemand.
Richig - deshalb heißt es "Glaube". - Der eine glaubt dieses, der andere jenes.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#390 Re: Alles Teufelszeug? XI

Beitrag von Pluto » Do 25. Okt 2018, 10:35

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ratzinger gebrauchte den Begriff "historisch" (= geschichtlich) eindeutig im eigentlichen Sinn.
Richtig - MEINE Aussage war aber: "historisch-kritische Fassbarkeit". - Das ist etwas ganz anderes. - Beliebiges Beispiel: Wenn Jesus vor 2000 Jahren etwas Geistiges/Geistliches gedacht hat, ist das "historisch", weil es in der Zeit auf der Erde stattfindet, aber es muss nicht "historisch-kritisch fassbar" sein, weil GEistiges/Geistliches im transzendenten Sinne nicht Gegenstand der HKE ist.
Tja... Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wäre...

closs hat geschrieben:Was aber trotzdem nicht heißt, dass historisch-kritische Einordnungen der Texte nach "echt" oder "legendenhaft" dasselbe sind wie "historisch passiert" oder "nicht passiert".
historisch-kritisch gibt es nicht. Es gibt nur historisch: das was geschah.

closs hat geschrieben:Ratzingers Aussage lautet, dass das Kerngeschehen um Jesus historischer Natur sein muss (Geburt, Tod, Auferstehung) - halten wir uns erstmal an den Kern seíner Aussage, bevor wieder alles vorschnell ins Nirwana hinein verästelt wird und der Kern dabei verloren geht.
Geburt - ja.
Tod - ja.
Auferstehung - Nein.
Du vermengst hier geiliches mit historischem.

closs hat geschrieben:Dasselbe Wort kann sehr Unterschiedliches bedeuten - neulich war das Wort "ontisch" dran, das heute genau umgekehrt in seiner Bedeutung verwendet wie früher.
Nein. "ontisch" bedeutet heute noch, seiend oder das Seiende. Das ist bei weitem nicht dasselbe wie echte Polyseme wie "Bank" oder "umfahren".

closs hat geschrieben:Gleichnisse können Chiffre für Wirklichkeit sein.
Können, ja, aber nicht müssen.

closs hat geschrieben:Ratzinger will in seinem Kontext bspw. sagen, dass Jesu Leben keine literarische Fiktion ist, sondern geschichtliche Realität - in meinem Kontext sage ich, dass historische Offenbarungen Chiffre für heilsgeschichtliche Wahrheiten sind - in Deinem Kontext wirst Du es auf etwas anderes anwenden. - Wichtig ist, dass bei allen Beteiligten die Grundbedeutung des Wortes klar ist.
Im AT ist JHWH eine Chiffre für Gott. (Zitat - Wiki)

closs hat geschrieben:Im AT ist JHWH eine Chiffre für Gott.Aussagen wie "Sein oder Nicht-Sein" haben es nicht deshalb in die Weltliteratur geschafft, weil sie keinen Erkenntniswert haben und als Argument nichts taugen.
In der Literatur werden "Chiffren" zuhauf verwendet (Bsp. "Blaues Klavier"). Ob sie der Wirklichkeit entsprechen ist abhängig von der Auslegung durch den jeweiligen Leser.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Gesperrt