Gott hat den Menschen ziemlich viele Handlungsfreiheiten gegeben, aber der Mensch muss individuell selber erkennen und spüren, dass es keine wirkliche Freiheit ohne Grenzen geben kann. Unbegrenzte Freiheit eines endlichen Wesens kann nur zu Chaos führen. Der Widersacher Gottes ist der, der über Gottes Grenzen bewusst hinaus will und sich für die Rechte, Freiheiten und Bedürfnise anderer kein Stück interessiert, sofern er sie nicht für seine Zwecke benutzen kann. Er ist der jenige, der das Recht verhandelt, zurecht dreht und rhetorisch verkleidet.closs hat geschrieben:OK - über die Bande ist das immer so. - Ohne Gott kein Satan, also auch kein Leid. - Aber der Satan wurde ja gerade deshalb geschaffen, um das zu repräsentieren, was Gott von seinem Wesen her NICHT ist.Andreas hat geschrieben: Eine ganz harte Nummer ist das, aber das ist eine der Botschaften: der Satan ist eben nicht der Verursacher von allem Leid auf der Welt.
Das Buch Hiob
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#81 Re: Das Buch Hiob
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1
#82 Re: Das Buch Hiob
Stoppt mich, wenn meine Zitaten-Anregungen zu schnell kommen - andererseits möchte ich daran erinnern, wie viel offen oder verdeckt im Text steckt. - Also sagt mir, wenn ich zu viele Zitate bringe. - Hier noch ein Zitat im Kontext: "Was ist für Hiob zu Anfang des Buches der Tod?".
3,17 Dort hören Frevler auf zu toben, dort ruhen aus, deren Kraft erschöpft ist
Hiob bedauert, nicht gleich nach der Geburt gestorben zu sein (vgl. 3,11), weil er dann „still läge … und … rasten“ (3,13) können würde. „Elende“ (3,20) wie er „würden sich freuen über einen Hügel; fänden sie ein Grab, sie würden frohlocken“ (3,22).
Dies verweist auf die Vorstellung, dass der Tod den Menschen in die Erde bringt – die Vorstellung des Verlassens der Erde nach oben gen Himmel, wie bei Elija (vgl. zu 2Kön. 2,11), scheint Hiob nicht geläufig zu sein. - Eine Daseins-Fremde wird zwar von Hiob gespürt, der aber noch nicht eine fassbare (vgl. zu 2Kön. 15,38) und aufhebende (vgl. zu Deut. 29,28) geistige Heimat "oben" entgegengestellt ist – volksgöttische Scheol- und Gruft-Vorstellungen scheinen präsenter zu sein.
Immerhin stellt Hiob sich die Existenz nach dem Tod vor an einem Ort, an dem „klein und groß â€¦ zusammen <ist>, der Sklave ist frei von seinem Herrn“ (3,19). – Spirituell erscheint dabei interessant, dass im Totenreich alle (vgl. 3,19) zusammen sind – nicht nur „klein und groß“, sondern auch „die Schuldigen“ (Buber: 3,17). – Also ALLE sind zusammen. Allerdings ist bei Hiob nicht ausgeführt, dass dies mit oder in Gott ist – vielmehr ist hier ein Ort beschrieben, an dem ohne weiteren Kommentar alle Schöpfung versammelt ist. Weiterhin erscheint bemerkenswert, dass „die Schuldigen“ nicht wertend als „böse“ dargestellt werden, sondern phänomenologisch-neutral als nicht mehr Tobende (vgl. 3,17).
Insgesamt sind die Äußerungen Hiobs einerseits interpretierbar als Vorentwurf zu einer geistigen Existenz der Schöpfung nach dem leiblichen Tod (vgl. zu Gen. 3,22), also als Vorentwurf eines Vereintseins von Gott und Mensch (vgl. zu Gen. 6,6). – Andererseits ist Hiobs Klage jedoch auch interpretierbar im Sinne eines irreversiblen Todes – denn die hier benutzten Begriffe wie „still liegen“ und „rasten“ (vgl. 3,13) oder „aufhören“ und „ruhen“ (vgl. 3,17) wie auch „frei sein“ und „beisammen sein“ (vgl. 3,19) sind ebenfalls verstehbar als Euphemismen für Nicht-Existenz aller Schöpfung durch den Tod.
Es scheint für Hiob weltbild-bedingt offen zu sein. - Irre ich mich da?
3,17 Dort hören Frevler auf zu toben, dort ruhen aus, deren Kraft erschöpft ist
Hiob bedauert, nicht gleich nach der Geburt gestorben zu sein (vgl. 3,11), weil er dann „still läge … und … rasten“ (3,13) können würde. „Elende“ (3,20) wie er „würden sich freuen über einen Hügel; fänden sie ein Grab, sie würden frohlocken“ (3,22).
Dies verweist auf die Vorstellung, dass der Tod den Menschen in die Erde bringt – die Vorstellung des Verlassens der Erde nach oben gen Himmel, wie bei Elija (vgl. zu 2Kön. 2,11), scheint Hiob nicht geläufig zu sein. - Eine Daseins-Fremde wird zwar von Hiob gespürt, der aber noch nicht eine fassbare (vgl. zu 2Kön. 15,38) und aufhebende (vgl. zu Deut. 29,28) geistige Heimat "oben" entgegengestellt ist – volksgöttische Scheol- und Gruft-Vorstellungen scheinen präsenter zu sein.
Immerhin stellt Hiob sich die Existenz nach dem Tod vor an einem Ort, an dem „klein und groß â€¦ zusammen <ist>, der Sklave ist frei von seinem Herrn“ (3,19). – Spirituell erscheint dabei interessant, dass im Totenreich alle (vgl. 3,19) zusammen sind – nicht nur „klein und groß“, sondern auch „die Schuldigen“ (Buber: 3,17). – Also ALLE sind zusammen. Allerdings ist bei Hiob nicht ausgeführt, dass dies mit oder in Gott ist – vielmehr ist hier ein Ort beschrieben, an dem ohne weiteren Kommentar alle Schöpfung versammelt ist. Weiterhin erscheint bemerkenswert, dass „die Schuldigen“ nicht wertend als „böse“ dargestellt werden, sondern phänomenologisch-neutral als nicht mehr Tobende (vgl. 3,17).
Insgesamt sind die Äußerungen Hiobs einerseits interpretierbar als Vorentwurf zu einer geistigen Existenz der Schöpfung nach dem leiblichen Tod (vgl. zu Gen. 3,22), also als Vorentwurf eines Vereintseins von Gott und Mensch (vgl. zu Gen. 6,6). – Andererseits ist Hiobs Klage jedoch auch interpretierbar im Sinne eines irreversiblen Todes – denn die hier benutzten Begriffe wie „still liegen“ und „rasten“ (vgl. 3,13) oder „aufhören“ und „ruhen“ (vgl. 3,17) wie auch „frei sein“ und „beisammen sein“ (vgl. 3,19) sind ebenfalls verstehbar als Euphemismen für Nicht-Existenz aller Schöpfung durch den Tod.
Es scheint für Hiob weltbild-bedingt offen zu sein. - Irre ich mich da?
#83 Re: Das Buch Hiob
Zustimmung - lassen wir dabei offen, ob dieses Erkennen willentlich erwirkt werden kann oder nicht.ProfDrVonUndZu hat geschrieben:Gott hat den Menschen ziemlich viele Handlungsfreiheiten gegeben, aber der Mensch muss individuell selber erkennen und spüren
Das wäre die klassische Definition von "Satan": Der Verdreher, der Bringer des falschen Lichts, wie es bereits die Schlange tut - aber hier bei Hiob scheint "der Hinderer" NICHT übergriffig zu werden im Sinne Deiner Ausführungen, oder?ProfDrVonUndZu hat geschrieben:Er <Satan> ist der jenige, der das Recht verhandelt, zurecht dreht und rhetorisch verkleidet.
#84 Re: Das Buch Hiob
closs hat geschrieben:
Entscheidet Hiob, ob er das Leid gottesfürchtig annimmt oder rebelliert? - Oder ist er begnadet, es gottesfürchtig annehmen zu können?Ruth hat geschrieben:Ob der Mensch diesen Schutz wahrnimmt oder nicht, hängt von der Beziehung ab, die er zu Gott hat oder nicht.
Ein wenig von beidem, denke ich.
closs hat geschrieben:Dies hieße in aller Konsequenz: Der Mensch darf sündigen. - Meinst Du es so?Ruth hat geschrieben:Er darf alles - nach dem Motto: alles ist erlaubt, aber nicht alles nützlich.
Im Prinzip schon.
Ich würde es so ausdrücken: Ich darf alles, sollte aber alles MIT Gott tun.
.... und wenn man untrennbar mit Gott verbunden ist, dann werden "automatisch" die eigenen Wünsche und Taten von Gottes Geist geprägt.
#85 Re: Das Buch Hiob
Wer ist NICHT untrennbar mit Gott verbunden? Oder anders: Ist Hiob mit Gott unverbunden, als er vom Satan in die Mangel genommen wird?Ruth hat geschrieben:wenn man untrennbar mit Gott verbunden ist, dann werden "automatisch" die eigenen Wünsche und Taten von Gottes Geist geprägt.
#86 Re: Das Buch Hiob
Was Ruth sagte fand ich auch völlig ok, weil das ihre Textauffassung ist, aber deine Stellungnahme hatte nichts mehr mit Hiob zu tun, es entsprach deinem Denken unabhängig von Hiob meine ich. Und das zieht es von Hiob weg. Ein sog. Paradigma deines Denkens unabhängig von Hiob.closs hat geschrieben: Das war eigentlich schon ziemlich konkret ein Bild für Ruths Hiob-Interpretation.
Aber gut wenn du dich mal mit Hiob intensiver beschäftigst, mir bereitet das Buch nicht minder Schwierigkeiten. Was ich dazu über die Parallelwelten gesagt habe, dürfte noch nicht richtig durchgesickert sein. Und es ist auch bei mir erst ein Gedankengsng, wenn auch mit klaren Beispielen dokumentierbar.
Es gibt die Ebene, in der Hiob als Mensch agiert und wir erfahren was ihm widerfährt und es gibt die Ebene, wo in der Himmelswelt ein dazu geistliches Geschehen abläuft, und wie Andreas richtig sagt, von dem der Mensch keine Kenntnis hat, weil er es so nicht sieht und Gott es vor einem auch verborgen hält. Nur wenn Gott Einschau gewährt, siehst du diese Welt. Den Propheten gewährte Gott zeitweise diese Einschau. Und so muss das Buch auch entstanden sein, meine ich.
Aber, und das verblüfft mich, es hat ein unmittelbares Interagieren zur Folge. Das was ich tue, beeinflusst die Himmelswelt und diese beeinflusst mich. Ich denke also Hiob hatte existiert und das alles so durchlitten. Ansonsten wäre es ein Mythos, was wir schon hatten und ich heute nicht mehr so glaube wie vielleicht noch vor einigen Jahren.
Vielleicht machst auch du diese Entwicklung nun durch.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6
Ps 118:6
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#87 Re: Das Buch Hiob
closs hat geschrieben:Das wäre die klassische Definition von "Satan": Der Verdreher, der Bringer des falschen Lichts, wie es bereits die Schlange tut - aber hier bei Hiob scheint "der Hinderer" NICHT übergriffig zu werden im Sinne Deiner Ausführungen, oder?ProfDrVonUndZu hat geschrieben:Er <Satan> ist der jenige, der das Recht verhandelt, zurecht dreht und rhetorisch verkleidet.
Doch, das sehe ich schon so. Der Satan missgönnt Hiob Gottes Segen, und verbirgt diese Missgunst mit einem Verweis auf Recht bzw. Anspruch durch Verdienst. Er wirft vor und klagt an, was nach Offenbarung 12,10 ein wesentlicher Charakterzug ist. Jetzt ist doch die Frage, warum tut er das, hat er das nötig ? Das klassisch kirchliche Bild des Satans als Überwesen kann hier keine Antwort geben, und ist darauf angewiesen das Böse nicht nur unerklärt zu lassen, sondern gerade zu in die Unerklärtheit zu verbannen. Wenn wir das Böse in der Welt aber als Ursache von Bösen Gedanken aus dem Herzen und Mund des Menschen sehen, wie Jesus in Matthäus 15,18-20 und Markus 7,21-23 sagt, und in seinen Hinweisen auf Ehebruch, Hurerei, Habsucht, Dieberei etc. also der irdischen Gesinnung, den Zusammenhang mit Neid und unerfüllten Bedürfnissen erkennen, fällt so ein Überwesen aus der Erklärung heraus, und es bleibt ebenfalls nur so ein Mensch über, wie Jesus ihn gemeint hat. Denn nur ein Mensch wie Hiob, wahrscheinlich sogar ein sehr nahe stehender, kann neidisch sein auf das, was Hiob bekommen hatte.
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1
#88 Re: Das Buch Hiob
Im Angsicht des eigenen Leides hätte Hiob gerne die Ruhe der Toten, um sich der ihm zu schwer werdenen Lasten zu entledigen. Den Tod betrachtet er phänomenologisch, welcher in seiner Lage erstrebenswert zu sein scheint. Die erweiterten Kenntnisse zur Ewigkeit waren ihm verborgen und wurden nicht durch Ersatztheorien gefüllt.closs hat geschrieben:Hiob bedauert, nicht gleich nach der Geburt gestorben zu sein (vgl. 3,11), weil er dann „still läge … und … rasten“ (3,13) können würde. „Elende“ (3,20) wie er „würden sich freuen über einen Hügel; fänden sie ein Grab, sie würden frohlocken“ (3,22).
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.
#89 Re: Das Buch Hiob
Ich denke, dass JEDER, der leidet, einen solchen Weg geht zwischen Annehmen und Fluchen. - Hiob ist hierbei im guten Sinne sehr fortgeschritten.Helmuth hat geschrieben:Ich denke also Hiob hatte existiert und das alles so durchlitten.
Ich kenne Menschen, die dies durchgemacht haben - jahrzehntelang. - Mich hat anderes erwischt, aber nicht in dieser offensichtlich schmerzhaften Weise. - Wenn es nach mir geht, wünsche ich mir, dass mein Weg um Derartiges eine Kurve macht - das gibt es ja ebenfalls. - Aber ich bin mir BEWUSST, dass es kommen kann.Helmuth hat geschrieben:Vielleicht machst auch du diese Entwicklung nun durch.
Insofern ist er wie die drei Freunde. - Allerdings: Er wendet sich nicht gegen Gott - er fällt nicht ab, sondern er füllt nur seine gottgewollte Funktion aus.ProfDrVonUndZu hat geschrieben:Der Satan missgönnt Hiob Gottes Segen, und verbirgt diese Missgunst mit einem Verweis auf Recht bzw. Anspruch durch Verdienst.
Weil es sein Auftrag ist - zumindest in der Hiob-Darstellung.ProfDrVonUndZu hat geschrieben:Jetzt ist doch die Frage, warum tut er das, hat er das nötig ?
Sind "Gottessöhne" "Überwesen"? - Oder meinst Du mit "Überwesen" jemanden, der sich auf gleiche Stufe wie Gott stellen will?ProfDrVonUndZu hat geschrieben:Das klassisch kirchliche Bild des Satans als Überwesen kann hier keine Antwort geben, und ist darauf angewiesen das Böse nicht nur unerklärt zu lassen, sondern gerade zu in die Unerklärtheit zu verbannen.
Was die Erklärung des Bösen angeht, müssten wir in die Genesis gehen. - Aber Du hast schon recht (falls Du das meinst): Wenn man es auf diese Szene bezieht, fragt man sich möglicherweise wirklich, warum das so ist - das führt dann in die Theodizee-Frage. - Aber Ruth hat eigentlich schon Hinweise gegeben, welchen Sinn sie im Leid (und somit über die Bande: "im Bösen") sieht.
Verstehe ich ehrlich gesagt nicht. - Kann es nicht das "Überwesen" sein, dass die Veranlagung zu Bösen im Menschen aktiviert?ProfDrVonUndZu hat geschrieben:Wenn wir das Böse in der Welt aber als Ursache von Bösen Gedanken aus dem Herzen und Mund des Menschen sehen, wie Jesus in Matthäus 15,18-20 und Markus 7,21-23 sagt, und in seinen Hinweisen auf Ehebruch, Hurerei, Habsucht, Dieberei etc. also der irdischen Gesinnung, den Zusammenhang mit Neid und unerfüllten Bedürfnissen erkennen, fällt so ein Überwesen aus der Erklärung heraus, und es bleibt ebenfalls nur so ein Mensch über
#90 Re: Das Buch Hiob
So kommt es in der Tat rüber. - Aber da wäre jetzt die Frage: Wie fühlt man sich als Mensch zur Zeit der Hiob-Erzählung, wenn es sozusagen kein Ausweg aus der Misere gibt außer den Tod. - Oder anders: Wie kann Hiob so gottesfürchtig sein ("Der Herr hat es genommen - gepriesen sei der Herr"), wenn er keinen Anker über den Tod hinaus hat? - Das ist doch an sich bemerkenswert, oder nicht?Travis hat geschrieben:Den Tod betrachtet er phänomenologisch, welcher in seiner Lage erstrebenswert zu sein scheint. Die erweiterten Kenntnisse zur Ewigkeit waren ihm verborgen und wurden nicht durch Ersatztheorien gefüllt.