Magdalena61 hat geschrieben:Alles, das gegen gültige ethische Normen (göttliches Recht) verstößt, ist "Sünde".
Und zwar objektiv (!) - Auch subjektiv Argloses wird sanktioniert ( etwa die Leute von Bet-Schemesch - 1.Sam. 6,19 - und viele andere Beispiele), wenn sie gegen göttliches Recht verstoßen. - "Sünde" ist Ausdruck der Abgefallenheit an sich (sonst gäbe es keine "Erbsünde") - erst dann kann man überhaupt überlegen, ob das AUCH etwas mit Eigen-Anteil zu tun hat (was sicherlich oft der Fall ist - aber das ist nicht der entscheidende Punkt).
Magdalena61 hat geschrieben:Reue und den Vorsatz, die Sünde zu lassen
Voraussetzung für Reue ist Erkenntnis (das heißt, dass die meisten Sünden der Gegenwart schon mal rausfallen). - WENN dann doch diese Erkenntnis da ist und man bereut NICHT, würde ich eigentlich eher darauf tippen, dass der Mensch in irgendeiner Art besetzt ist. Denn es ist an sich unlogisch, dass jemand gegen eigene Erkenntnis verstößt - da fällt mir nur der Trieb ein - und dieser wäre die Frucht vom Baum, die man nimmt - also der Zugriff des Bösen auf den Menschen.
Magdalena61 hat geschrieben:Ganz ohne Sünde war er aber auch nicht...
Überhaupt nicht. - Hiobs Sünde bestand darin, mit Gott rechten zu wollen.
Magdalena61 hat geschrieben:Hiob abgestraft? Ich verstehe gerade nicht.
War vielleicht falsch ausgedrückt: Hiob kriegt am Ende eine Strafpredigt von Gott, die sich gewaschen hat (bevor er dann wieder gesegnet leben darf).
Magdalena61 hat geschrieben:Aber-- was nützt uns die Geschichte Hiobs in Bezug auf die AV?
In unserem Zusammenhang ging es darum, dass die Nicht-AVler wie die Freunde Hiobs mit Biegen und Brechen erklären wollen, warum Gott "gerecht" (im menschlichen Sinne) sei und DESHALB der Mensch etwas ausgefressen haben MÜSSE, wenn er eine auf die Mütze kriegt. - Und dazu sagen Elihu und vor allem Gott am Ende etwas ganz anderes.
Magdalena61 hat geschrieben:Ich frage mich immer noch, wie man angesichts von Mt. 25, 46 die Theorie von einer Allversöhnung aufrecht erhalten kann.
Stimmt - und dann kommt der nächste und zitiert "Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden" (1.Kor 15.22) - und sagt dann: "Ich frage mich immer noch, wie man angesichts von 1.Kor. 15,22 die Theorie von einer Allversöhnung NICHT aufrecht erhalten kann". - Und dann geht es los, und der eine erklärt: "Ja, das darf man nur in Kontext von x sehen" - und der andere sagt: "Ja, das darf man nur in Kontext von y sehen". - Biblisch sind beide Versionen bestens belegbar.
Rembremerding hat geschrieben: Da wäre wohl eine Abhandlung über die "Anatomie des Willens" angebracht.
Ja - da ist was dran: Die erste Frage würde lauten: Ist Wille Folge von Erkenntnis oder Ersatz für Erkenntnis? - Mein Eindruck: Wille wird als Ersatz für Erkenntnis geführt, ODER man postuliert Erkenntnis des Menschen, um Wille und Nicht-Wille scheinbar als Folge von Erkenntnis darstellen zu können (fängt bei A+E an).
Mir scheint es hier eine weiteres Marotte zu geben - Stichwort: Phänomenologisches oder wertendes Textverständnis - Beispiel: Wenn Gott sagt: "Lieber Mensch, wenn es so läuft, passiert was Gutes - wenn es anders läuft, passiert was Schlechtes", dann heißt das wertend (im schlechten Falle): "Dann bestrafe ich Euch" - und phänomenologisch: "Dann 'ist' es so". - Wir sind so auf die wertende Schiene eingeschworen, dass wir das Phänomen gar nicht mehr distanziert als solches wahrnehmen können. - Allerdings ist mir das auch schwergefallen, bis mir da die Buber-Übersetzung die Augen geöffnet hat - eigenes Thema.
Rembremerding hat geschrieben:Einige Beispiele, was freien menschlichen Willen bekundet
Diese Beispiele sind so rum oder anders rum zu deuten - je nachdem, wie man Wille definiert:
Ist "Wille"
a) Ausdruck von Erkenntnis oder
b) Ersatz für Erkenntnis oder
c) Handeln gegen eigene Erkenntnis
b) ist die Regel. - a) ist das Ziel. - c) ist diskutabel.
Das "Selbst-Erledigen" (siehe auch Mose und Aaron, Jiftach und die Ältesten in "Judit") ist das Grundmotiv des Baums "ich-kann-es-selber", dem Gott (siehe auch wieder "Hiob") entgegenstellt: "Njet". - Abrahams Handeln führt zu einer Spaltung (er selber wird nicht bestraft), Mose und Aaron (die vorgeben, das Wasser selber aus dem Fels kommen zu lassen) werden bestraft, Jiftach verliert durch seinen vollkommen unnötigen und eigenmächtigen Eid seine Tochter, die Ältesten in "Judit" werden von Judit gerettet (weil sie zu Gott betet).
Aber diese Fälle sind doch nicht auf den Begriff "Willen" zugespitzt, sondern auf nicht ausreichend starke Erkenntnis und "schwaches Fleisch". Natürlich kann man da auch irgendwo Willensschwäche sehen - aber doch nicht als heilsgeschichtlich entscheidende Größe.
Warum sucht sich denn Gott fast provokativ schwache Protagonisten aus? Der wirklich (fast durchgehend charakterschwache Abraham, der vorherige Mörder Mose, Jakob der Lügner, David der Trickser - bei Bedarf gut belegbar)? - Antwort: Weil Gott gerade das Heil NICHT als abhängig von der Willens- und Charakterstärke darstellen will.
Aber da kommen wir möglicherweise in ein Feld hinein, das etwas mit der Exegese-Geschichte der Aufklärung zu tun hat: "Cogito ergo sum" - "ICH denke, als bin ICH", statt zu erkennen: "Cogito ergo REUS sum" - "Ich denke, also bin ich schuldig".
Genau das ist doch das Grundmotiv bei A+E - die Zentrierung auf das ICH.
Rembremerding hat geschrieben: Unser Herr Christus Jesus bezeugt selbst, dass er als wahrer Mensch einen eigenen, freien Willen besitzt:
Lk 22, 42; HSK
»Vater, wenn es dein Wille ist, so laß diesen Kelch an mir vorübergehen; doch nicht mein Wille geschehe, sondern der deine!«
Hier wäre zu diskutieren, ob Jesus überhaupt den Kelch zurückweisen KÖNNTE. - Aus meiner Sicht NEIN, weil Jesus dann nur Mensch wäre.
Diese Stelle heißt NICHT: "Ich, Jesus, könnte zwar meinen menschlichen Willen durchsetzen, tue es aber nicht". - Sie bedeutet vielmehr: "Ich, Jesus als Mensch, würde mir wünschen, dass der Kelch nicht nötig wäre. Ich habe sogar Angst davor. Aber ich erkenne (!!), dass Dein Wille darüber steht". - Die Aufhebung des menschlichen Willens in Gott - was nur Jesus kann, weil es Gott in ihm tut.
Das ist jetzt etwas ausschweifend - aber vielleicht ist es sinnvoll, über Zitaten-Bolzerei hinaus (was wir ja nicht tun) die geistigen Vernetzungen aufzuzeigen, die überhaupt zu einer AV-Debatte führen.