SamuelB hat geschrieben:Das ist ja jetzt nicht unwesentlich: Was meinst du mit potentiell vorhandenem Ich?
Mit "Ich" ist zunächst NICHT gemeint, dass ein Schimpanse sein Gesicht im Spiegel erkennt, sondern dass ein Individuum transzendente Fragen nach Gott intellektuell oder emotional reflektieren kann. - Dieses Potential steckt NICHT in einem Känguruh, mit Wahrscheinlichkeit nahe 1 auch nicht in einem Schimpansen, aber im Menschen.
Potentiell heißt dabei, dass ein Embryo VERMUTLICH diese Ich-Eigenschaften noch nicht hat, sie aber im Lauf des Lebens aktiviert bzw. ihm diese Eigenschaften entwickelt werden können. - Bei einem Känguruh wäre das nicht möglich, weil nix da ist, was entwickelt werden könnte.
SamuelB hat geschrieben:Die Schlange zeigt auf, dass es noch eine Möglichkeit gibt. Dessen wurde sich der Mensch bewusst.
Aber nicht im Moment der Entscheidung. - Wenn Du einem Kind sagst, ob es auf dem Spielplatz spielen will oder Aktien kaufen will, weil man dadurch schlau und reich werden könne, kann es sich für Aktien entscheiden, ohne zu wissen, was das ist - der Reiz (Trieb) des Neuen ist der Antrieb (An-Trieb!)und nicht das Bewusstsein.
SamuelB hat geschrieben:Ich kann mir selbst nicht vorstellen wie es sich ohne Ich-Bewusstsein anfühlt.
Richtig - jetzt bist Du ganz nah an Descartes: Wenn Du Dir vorstellen könntest, wie es wäre, kein Ich-Bewusstsein zu haben, würdest Du gerade damit Dein Ich-Bewusstsein beweisen, da Du Dir nur mit Ich-Bewusstsein vorstellen kannst, was Nicht-Ich-Bewusstsein sein soll.
SamuelB hat geschrieben:Aber ich würde stark vermuten, dass man dann für sein Handeln nicht haftbar gemacht werden kann.
Genau das ist die Frage - was ist "Haftbarkeit"? - Eine objektive Größe oder eine Sache in Abhängigkeit von subjektiver Intention?
Aus meiner Sicht ist es biblisch eine objektive Größe: "Mit Dir ist eine Handlung verbunden, also gilt der Satz 'Mitgegangen ist mitgefangen' ". - In Zeiten des Individualismus versucht man es künstlich zu individualisieren: "Wenn Du bestraft wirst, MUSST Du etwas subjektiv bewusst ausgefressen haben".
Das ist exakt die große Thematik im "Buch Hiob". - Hiobs Freunde sagen "Du leidest, weil Du irgendwas verbockt hat". - Hiob sagt: "Nein, habe ich nicht - UND wird von Gott darin bestätigt".
Pluto hat geschrieben:Das ist in unserem Strafgesetz auch so.
Mit Abstrichen (es gibt Paragraphen zur Unzurechnungsfähigkeit) ist das in der Tat so. --- Taten werden nicht (nur) nach persönlichem Fehlverhalten, sondern vor allem nach dem Ergebnis bestraft. - Wenn Du absichtlich jemand töten willst, aber aus Doofheit vorbeischießt, hast Du weniger Ärger vor Gericht, als wenn Du aus Versehen auf Dein Gewehr trittst, sich ein Schuß löst und jemand tot ist.
Natürlich wird auch die persönliche Intention berücksichtigt - aber auch ein subjektiv komplett Unschuldiger wird nur in Ausnahmefällen straffrei davonkommen, wenn der Schaden sehr hoch ist.