closs hat geschrieben:Richtig - übersehen wird hier zudem, dass ein kritisch-rational-objektives Denksystem NICHT aus dieser Falle herausführt, weil dieses Denksystem nur naturalistische denken kann, also ebenfalls diesseits-zentriert ist und somit keine Fragen zu Gott/Geist/Bewusstsein/etc. beantworten kann.
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PeB hat geschrieben:Auch das Liebeskonzept Jesu, das eine Verbindung der Menschen untereinander und mit ihm vorsieht, ist überindividualistisch
Das wird erst recht nicht verstanden, weil "Liebe" ja sehr persönlich ist. - Ist es auch, aber es ist nicht ego-zentriert gemeint. -
Manchmal sehe ich in Jesu Ausruf "Warum versteht ihr nicht, was ich sage?" (Johannes 8,43) genau die Verzweiflung des Sohnes Gottes, der selber genau versteht, weil Gott in ihm und er in Gott ist (Joh. 14,10), aber mit Menschen konfrontiert ist, die aus ihrer irdischen Ego-Perspektive eben nicht in der Lage sind, zu verstehen, was er ihnen eigentlich sagen will. Jesus ist nicht von dieser Welt, so wie auch diejenigen, die ihn begriffen haben, nicht (mehr) von dieser Welt sein werden (Joh. 17,16), weil sie geistig dadurch in ihren überindividualistischen Ursprung zurückkehren konnten.
Wie siehst du eigentlich das Thomas-Evangelium. Ich habe dazu ein eher zwiespältiges Verhältnis, weil ich zum Einen von der Inspiriertheit nicht ganz überzeugt bin und weil zum Andern manches daraus mir unsinnig vorkommt. Aber es gibt ein paar interessante Logien, die auf ein Geheimnis - oder ich sollte besser sagen, auf etwas uns nicht Verständliches - hinweisen:
(2) Jesus sprach: „Wer sucht, soll nicht aufhören zu suchen, bis er findet; und wenn er findet, wird er erschrocken sein; und wenn er erschrocken ist, wird er verwundert sein, und er wird über das All herrschen.“
oder
(18) Die Jünger sprachen zu Jesus: „Sage uns, wie unser Ende sein wird.“ Jesus sprach: „Habt ihr denn schon den Anfang entdeckt, daß ihr nach dem Ende fragt? Denn dort, wo der Anfang ist, dort wird auch das Ende sein. Selig, wer am Anfang stehen wird, und er wird das Ende erkennen und den Tod nicht schmecken.“
oder
(22) Jesus sah Kleine, die gesäugt wurden. Er sprach zu seinen Jüngern: „Diese Kleinen, die gesäugt werden, gleichen denen, die ins Königreich
eingehen.“ Sie sprachen zu ihm: „Werden wir als Kleine ins Königreich eingehen?“ Jesus sprach zu ihnen: „Wenn ihr die zwei zu eins macht und wenn ihr das Innere wie das Äußere macht und das Äußere wie das Innere und das Obere wie das Untere und wenn ihr das Männliche und das Weibliche zu einem einzigen macht, so daß das Männliche nicht männlich und das Weibliche nicht weiblich ist, und wenn ihr Augen macht anstelle eines Auges und eine Hand anstelle einer Hand und einen Fuß anstelle eines Fußes, ein Bild anstelle eines Bildes, dann werdet ihr in [das Königreich] eingehen.“
oder
(23) Jesus sprach: „Ich werde euch auswählen, einen aus tausend und zwei aus zehntausend, und sie werden als ein einziger dastehen.“
oder
(42) Jesus sprach: „Werdet Vorübergehende!“
Aber es beschleicht mich beim Lesen solcher Verse auch immer gleichzeitig das ungute Gefühl, das ich habe, wenn es um Esoterik geht...
closs hat geschrieben:Zudem gibt es noch verräterische Redewendungen, die unbewusst sein mögen, aber um so mehr das Dilemma zeigen - bspw.: "We MAKE love" - als ob das ginge.
BTW: Letztes Lied auf der letzten Platte der Beatles, die letzte Textzeile, hatte etwas Prophetisches: And in the End the love you take is equal to the love you make.
