Münek hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Diese Botschaft von einer „unmittelbar bevorstehenden Gottesherrschaft“ findet sich im NT nicht.
„Die Zeit IST erfüllt. Tut Buße. Das Reich Gottes/die Gottesherrschaft ist NAHE herbeigekommen.“ Das ist doch wohl eindeutig.
Im Sinne von Apokalypse eindeutig nicht mal dann, wenn man nur diesen Vers herauspickt. Und in der Gesamtheit dessen, was Jesus über das Reich Gottes aussagt, ist ein unmittelbares Bevorstehen des Weltendes sogar eindeutig ausgeschlossen.
Münek hat geschrieben: Jesus ging von einem unmittelbar bevorstehenden Anbruch der Gottesherrschaft - zwar nicht innerhalb weniger Monate, aber doch
noch innerhalb seiner Generation aus. Kann man in den Evangelien nachlesen, z.B. Lk. 21:25 ff.
Lies nur mal den Vers davor noch mit. Also Lk. 21, 24: "Denn es wird große Not auf Erden sein und Zorn über dies Volk kommen, und sie werden fallen durch die Schärfe des Schwertes und gefangen weggeführt
unter alle Völker, und Jerusalem wird zertreten werden von den Heiden,
bis die Zeiten der Heiden erfüllt sind". Im Zusammenhang wird also klar, dass von langen Zeiträumen die Rede ist. All die gewaltigen Vorzeichen und globalen Ereignisse, die Jesus in Lk. 21 ankündigt, schließen einen unmittelbar bevorstehenden, apokalyptischen Anbruch der Gottesherrschaft eindeutig aus. In Vers 9 sogar wörtlich: "Wenn ihr aber hören werdet von Kriegen und Unruhen, so entsetzt euch nicht. Denn das muss
zuvor geschehen;
aber das Ende ist noch nicht so bald da."
Also es werden erst noch viele Kriege und Unruhen auf der Welt geschehen, aber auch dann ist das Ende ist noch nicht so bald da…
Man darf eben nicht einzelne Stellen herauspicken sondern muss den Zusammenhang betrachten.
Münek hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Die Jünger und Paulus haben das Evangelium von Jesus Christus in die Welt getragen.
Paulus, der Heidenapostel, natürlich JA. Die Jünger - bis auf Petrus, der kurzfristig in der jüdischen Diaspora in Antiochia tätig war - NEIN. Alles andere sind unbiblische Legenden, von denen die Apostelgeschichte auch nichts berichtet.
Kann sie gar nicht, die Apg. ist aus der Perspektive des Lukas, also des Begleiters des Paulus geschrieben und seine Berichte enden noch vor dem Tod des Paulus. Lukas hatte weder Bartholomäus im Blick, noch Philippus, noch Thomas, der nach Indien ging, noch Andreas, der in der heutigen Türkei missioniert hat usw.
Ansonsten bezeichnest du einfach all die Berichte der missionierenden Apostel als Legenden. Kann man ja machen - aber es sind eben nur Behauptungen ohne Belege.
Die übliche Vorgehensweise: Was nicht in MEIN Bild passt, das MUSS gelogen sein.
Münek hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Paulus hat das verkündet, was er zuvor von der Urgemeinde empfangen hat. Für die Behauptung, das sei „ein anderes Evangelium“ gibt es keine Belege.
Was er von der Urgemeinde empfangen hat, ist unwichtig.
Fakt ist, dass Paulus NIE das Evangelium Jesu gepredigt hat - nämlich: „Die Zeit ist erfüllt. Tut Buße. Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen.“ Er predigte ein ANDERES Evangelium als Jesus.
Er predigte in der Tat ein anderes Evangelium als das, welches sich Exegeten ausgedacht haben, die die Texte unter der Vorgabe des methodischen Atheismus auslegen - und große Teile dabei einfach willkürlich wegstreichen.
Du sagst hier: Was die die, die ganz nah dran waren an den Ereignissen, also was die Urgemeinde sagte, ist unwichtig. Wichtig ist einzig was 20 Jahrhunderte später Exegeten sagen, die Jesus als einfachen Wanderprediger darstellen wollen und die Bibel voreingenommen auslegen "als gäbe es Gott nicht".
Auch das kann man ja machen - aber es widerspricht klar den Texten, entbehrt jeglicher Belege und hat daher wenig Überzeugungskraft.
Münek hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Schon unmittelbar nach Jesu Tod und Auferstehung exsistierte eine voll ausgebildete Christologie mit vielen etablierten Glaubens- und Bekenntnissätzen über Jesus als den auferstandenen Christus.
Diese von den Urchristen entworfene Christologie…
Berger fragt zurecht: "Welche großen Geister sollen denn all das Christliche erfunden haben? Sie sind dann leider namenlos geblieben. Man sollte ihnen ein (natürlich ökumensiches) Gedenkzentrum oder wenigstens eine Kirche weihen: »Den großen namenlosen Erfindern des Christentums zwischen 30 und 50 n.Chr., die es verstanden haben, aus den schwachen Ansätzen Jesu eine richtige Religion zu machen.«"
Münek hat geschrieben: …hatte aber nichts mit der zentralen Botschaft Jesu vom nahen Gottesreich zu tun.
Sehr viel sogar, wenn man diese Botschaft richtig versteht. Etwa mit Rahner als "unlösliche Verbundenheit zwischen der von Jesus als
neu verkündeten Nähe des Reiches und seiner Person" und dass "diese neue Nähe des Reiches
durch das Gesamt seines Redens und Tuns eintritt."
Oder mit Ratzinger:
„Die neue Nähe des Reiches, von der Jesus spricht und deren Ausrufen das Unterscheidende seiner Botschaft ist – diese neue Nähe besteht in ihm selbst. Durch seine Gegenwart und sein Wirken ist Gott als Handelnder ganz neu jetzt und hier in die Geschichte hineingetreten."
Oder aus evangelischer Sicht, hat Pfarrer Dr. Thomas Gerlach zum Thema einen guten Aufsatz im
Internet. Ein Zitat daraus:
"Wenn das Reich Gottes aber nicht bloß kommt, sondern in und mit der Person Jesu schon da ist, ist es dann verwunderlich, dass er von sich selbst als von dem „Menschensohn“ spricht – und damit einen Titel wählt der unmittelbar mit der Erwartung des Reiches verbunden ist? Der „Menschensohn“ ist eine Gestalt, die der Prophet Daniel schon viele Jahrhunderte vor Jesus angekündigt hat (Daniel 7,13–14), und von der Daniel sagt, dass ihr Erscheinen unmittelbar mit dem Reich Gottes verknüpft sein wird. Jesus aber wendet genau diesen Begriff häufig auf sich an und dokumentiert damit, wie er seine Sendung versteht. Er ist es, den die Propheten angekündigt haben. Er ist es, mit dem und durch den das Reich Gottes kommt."
Münek hat geschrieben: Nee nee - das Kommen des Reiches Gottes mit der „Verklärungs-Szene“ in Beziehung zu setzen, ist höchst albern und zeugt nur von Hilflosigkeit,
Man
setzt sie ja nicht in Beziehung sondern die Verklärungs-Szene
steht faktisch direkt im Anschluss daran im Text und in ihr wird das Reich Gottes offenbar, im Erweis der Gottessohnschaft Jesu, durch Gott selbst.
Ausdruck von Hilflosigkeit ist es doch allein, wenn man die eigene Position nur halten kann, indem man ganze Teile des NT willkürlich als erfunden bezeichnen muss. Als von einer anonymen Urgemeinde in wenigen Jahren "Jesus in den Mund gelegt".
"Schon etwa 20 Jahre nach Jesu Tod finden wir im großen Christus-Hymnus des Philipperbriefs (2, 6-11) eine voll entfaltete Christologie, in der über Jesus gesagt wird, dass er Gott gleich war, aber sich entäußerte, Mensch wurde, sich erniedrigte bis zum Tod am Kreuz, und dass ihm nun die kosmische Huldigung, die Anbetung zukommt, die Gott beim Propheten Jesaja (45,23) als ihm allein gebührend ankündigte.
Die kritische Forschung stellt sich mit Recht die Frage: Was ist in diesen 20 Jahren seit der Kreuzigung Jesu geschehen? Wie kam es zu dieser Christologie? Das Wirken anonymer Gemeindebildungen, deren Träger man ausfindig zu machen versucht, erklärt in Wirklichkeit nichts. Wieso konnten unbekannte kollektive Größen so schöpferisch sein? So überzeugen und sich durchsetzen? Ist es nicht auch historisch viel logischer, dass das Große am Anfang steht und dass die Gestalt Jesu in der Tat alle verfügbaren Kategorien sprengte und sich nur vom Geheimnis Gottes her verstehen ließ?“ Ratzinger, "Jesus von Nazareth" S. 20+21 Band I
Aber da das "Sprengen aller verfügbaren Kategorien" und das "Geheimnis Gottes" methodisch ja ausgeschlossen ist, muss man eben auf hilflose, verschwörungstheoretische Annahmen zurückgreifen, von einer namenslosen Urgemeinde, die es sich vorgenommen hat, Lug und Trug zu verbreiten und Milliarden Menschen bis heute an der Nase herum zu führen.
Münek hat geschrieben: Es passt alles sehr gut zusammen. NUR: Das von Jesus als nah angekündigte Gottesreich kam nicht.
Es war vielmehr schon da: "Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch." Lk. 17, 21
Aber solche Worte "können dann nicht stimmen", sind nicht authentisch, denn sie passen nicht ins erfundene, naturalistische Jesusbild.
Münek hat geschrieben:Die historisch-kritisch arbeitenden Exegeten sind ganz gewiss keine "Verschwörungstheoretiker".

Sie sind durch die Bank ehrbare Wissenschaftler, die NICHT ideologisch-dogmatisch zugekleistert sind, sondern ergebnisoffene Geschichtswissenschaft betreiben und darüber hinaus völlig unvoreingenommen ohne jegliche Wertung biblische Texte im Sinne der gläubigen Verfasser interpretieren.
"Unvoreingenommen ohne jegliche Wertung" das widerspricht selbst dem, was diese Theologen selbst sagen. Lüdemann, Bultmann und Theißen hab ich ja nun oft genug zitiert.
Robert Spaemann sagt in einem Idea-Interview:
"Vieles, was Theologen als sichere Erkenntnis ausgeben, ist nicht Ergebnis unbefangener Forschung. Oft geht man von Prämissen aus, die von vornherein im Gegensatz zur biblischen Lehre stehen. Beispielsweise schloss der historisch-kritische Forscher Ernst Troeltsch (1865-1923) die Existenz übernatürlicher Ereignisse kategorisch aus. Ein Ereignis wie die Auferstehung Christi kann sich dann natürlich auch nicht ereignet haben."