Pluto hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Es wird also auch das komplette Körpergefühl durch passende Reaktionen simuliert.
Etwas weit hergeholt, meinst du nicht auch?
(...)
Die Ratio zu simulieren wäre schon eine Leistung aber auch noch die vom Körper gesteuerten Emotionen...
also ich weiss nicht.

barbara hat geschrieben:
Nimm einem Menschen seine Nieren weg oder seine Lungen und guck dann, wie viel Denken, Fühlen oder Handeln dann noch statt findet... genau: gar keins. [...]
Eure Kommentare zeigen mir, dass euch der
technische Versuchsaufbau dieses "brain in a vat"-Gedankenexperimentes noch nicht ganz klar ist.
Der an die Nervenbahnen des Gehirns angeschlossene Computer
simuliert weder die Ratio, noch
steuert er unmittelbar Emotionen. Der Computer greift überhaupt nicht
direkt in das Gehirn ein. Das Szenario ist auch nicht einfach mit einer Organentnahme zu vergleichen.
Zum Verständnis dieses Gedankenexperimentes ist es sehr wichtig, sich wirklich ganz genau zu veranschaulichen, wozu der Computer eigentlich dient.
Ich habe einmal mit Philosophie- und Film-Studenten Putnams Experiment im Rahmen einer Interpretation des ersten Teils von Matrix durchgesprochen. Daher weiß ich, welche Probleme es bereiten kann, den Versuchsaufbau genau zu verstehen, insbesondere, was der Computer genau tut. Deshalb hatte ich mir Testfragen überlegt, mit denen man kontrollieren kann, ob der Versuchsaufbau (in Matrix und bei Putnam) tatsächlich verstanden wurde.
Eine dieser Testfragen lautete:
"Wissen Smith und die anderen Agenten in Matrix, was die in ihren Boxen an den Computer angeschlossenen Menschen denken?" Können die Agenten in Matrix also Gedanken lesen?
Versteht man den Versuchsaufbau nicht korrekt, wird diese Frage in der Regel falsch beantwortet.
Also:
Jede Wahrnehmung, seien es Wahrnehmungen der Außenwelt oder seien es Wahrnehmungen der eigenen Körperfunktionen, werden über Nervenbahnen als elektro-chemische Impulse zum Gehirn weitergeleitet.
Sehe ich z.B. etwas, wird die Wahrnehmung erst von der Retina (Stäbchen und Zäpfchen) des Auges analysiert, in elektro-chemische Impulse umgewandelt und dann werden diese Impulse über den Sehnerv zum Sehzentrum des Gehirns weiter geleitet, wo diese elektro-chemischen Impulse interpretiert werden als: z.B.: ein roter Ball, der mir gerade zugeworfen wird und auf mich zufliegt.
Fange ich den Ball, wandeln die haptischen Sensoren in meinen Händen die aufgenommen Sinnesreize ebenfalls in elektrochemsiche Impulse um, die über die efferenten Nerven zum Gehirn weitergeleitet werden, wo sie vom Gehirn wiederum interpretiert werden, z.B. als: "Fühlt sich wie Gummi an".
Fliegt der Ball sehr schnell, werden möglicherweise auch die Schmerzsensoren in den Händen aktiviert, die wiederum ihre Signale über die Nervenbahnen zum Gehirn weiterleiten, wo sie als Schmerz in den Fingern und den Händen interpretiert werden. Usw.
Habe ich Magen- oder Nierenschmerzen, dann ebenfalls nur deshalb, weil die mit dem Magen und den Nieren verbundenen Nerven, Reize als elektrochemischen Impuls über das Rückenmark weiterleiten zum Gehirn, wo sie als Schmerzen im Magen oder den Nieren oder allgemein im Bauchraum interpretiert werden.
Habe ich zuviel vom sehr schmackhaften argentinischen Rindfleisch-Bohnen-Eintopf gegessen, dann können ganz erhebliche Blähungen entstehen. Das empfinde ich dann als unangenehm, weil die Nerven, die mit Magen und Darm verbunden sind, elektrochemische Impulse zum Gehirn weiterleiten, wo sie interpretiert werden als das unangenehme Gefühl eines aufgeblähten Darms und akut bevorstehender Flatulenzen.
Alles, was wir wahrnehmen oder als unmittelbares Körpergefühl empfinden, entsteht durch Impulse, die zu unserem Gehirn geleitet werden, wo diese Impulse interpretiert werden: als roter Ball, als Schmerz, als Völlegefühl oder Magenschmerz, als Melodie in meinem Ohr usw.
Aber es gelangen nicht nur elektro-chemische Impulse in unser Gehirn über die Nervenbahnen im Sehnerv, über das Rückenmark usw.
Das Gehirn
sendet natürlich auch Impulse zurück, und zwar über die afferenten Nervenbahnen. Vor allem zu den Muskeln, so dass ich mich bei heftigen Magenschmerzen vor Schmerz zusammenkrümme und mir den Bauch halte. Oder das Gehirn sendet Impulse zu den Muskeln in meinen Armen und Händen, so dass ich versuche einen Ball zu fangen, von dem mir Augen, Sehnerv und Sehzentrum vermitteln, dass er auf mich zufliegt. Usw.
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Der Super-Computer im Gedankenexperiment greift nun nicht etwa direkt in das Gehirn ein. Vielmehr sind sämtliche efferenten und afferenten Nerven, des Sehnervs, des Hörnervs und der Nerven im Rückenmark, mit dem Computer verbunden.
Und der simuliert nur die elektrochemischen Impulse, die in den Nervenbahnen weitergeleitet werden zum Gehirn.
Wenn ich einen roten Gummiball auf mich zufliegen sehe, dann entspricht dies
einem ganz bestimmten Muster elektro-chemischer Impulse in den Nerven. Und genau dieses Muster von Impulsen speist der Computer im brain in a vat-Experiment in die Nervenbahnen ein.
Als Gehirn im Tank habe ich keine Augen mehr. Aber der Computer speist in den Sehnerv z.B. das Impulsmuster eines roten Balles ein, der auf mich zugeflogen kommt.
Das heißt: obwohl ich gar keine Augen mehr habe als Tankgehirn, sehe ich einen roten Ball auf mich zufliegen. Obwohl ich gar keinen Magen mehr habe, speist der Computer das Muster von Magenschmerzen in die entsprechenden Nervenbahnen ein, so dass ich Magenschmerzen empfinde. Usw.
Der Computer übernimmt also nur die Rolle aller Sinnesreize, die ich haben kann.
Der Computer reagiert auch auf die Impulse, die mein Hirn zu den Muskeln sendet, z.B., um einen Ball zu fangen.
In meinen afferenten Nervenbahnen entspricht ein ganz bestimmtes Musster dem Befehl des Gehirns an die Muskeln in meinen Armen und Händen:
"Arme heben, Finger spreizen und Ball fangen, indem die Finger um den Ball geschlossen werden".
Dieses Muster erkennt dieser Science-Fiction-Supercomputer, weshalb er weiß, was er mir wiederum über die efferenten Nervenbahnen simulieren muss, damit ich das Gefühl habe, ich hätte den Ball gefangen und hielte ihn jetzt in den Händen und er ist rot und fühlt sich nach einem Ball aus Gummi an.
Die richtige Antwort auf meine Frage oben, ob die Agenten in
Matrix wissen, was die an den Computer angeschlossenen Menschen
denken ist also:
"Nein, das wissen sie nicht!" Sie können keine Gedanken lesen! Sie wissen aber genau, was wir als Hirne im Tank
tun, weil unser Hirn entsprechende Signale an unsere Muskeln in den Extremitäten schickt, und die kann der Supercomputer interpretieren (und die Agenten in der Matrix sind nur verbildlichte Programme des Zentralcomputers der simulierten Matrix, die alles wissen, was der Matrix-Supercomputer weiß).
Sorry, kürzer ging es leider nicht.