sven23 hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Richtig, sie als antijudaistisch zu bezeichnen ist nämlich schlicht absurd.
Na ja, man kann sich auch alles schönreden, aber im Johannesevagelium finden sich Beschimpfungen, die sich nicht als Liebesbekundungen schönreden lassen.
(Joh 8, 44-45):
"Ihr habt den Teufel zum Vater, und nach eures Vaters Gelüste wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit."
Das zeigt die ganze Absurdität. Das als "judenfeindliche" Äußerung zu bezeichnen, die also grundsätzlich allen Juden gilt, würde bedeuten, dass Jesus sich selbst und die, die ihm nachfolgten in dieses Urteil einbezogen hätte. Liest man Kapitel 8 mal im Zusammenhang, dann sieht man, dass Jesus hier mit den Pharisäern streitet (V.3 + 13). Ihnen gilt diese Aussage. Es streiten also Juden mit Juden.
sven23 hat geschrieben: Der biblische Antujudaismus ist nicht zu leugnen und war die Ausgangsbasis für den nachfolgenden kirchlichen Antijudaismus.
Wie gesagt, wir können gern alle vermeintlich antijüdischen Stellen durchgehen und werden zu dem Ergebnis kommen, das sich deckt mit dem des rennomierten Judaisten Heinz Schreckenberg. Der erklärt nämlich "die Annahme einer schon im Wesen und Kern des Neuen Testaments angelegten Judenfeindschaft für unzutreffend".
Auch die Historiker C.P. Thiede und Urs Stingelin schreiben in "Die Wurzeln des Antisemitismus" dass im NT "Juden mit anderen Juden" über Fragen des Glaubens streiten. Und zwar durchaus hart, und oft polemisch aber die betreffenden Bibelstellen lieferten "keine Handhabe zu Judenhass und Judenverfolgung". Man habe häufig aus dem Neuen Testament, obwohl es noch fest im Judentum verankert sei, herausgelesen, was nicht in ihm steht, und so tut es auch Kubitza.
Kubitza hat geschrieben: Nach anfänglicher Irritation wurde das Leiden und Sterben Jesu für die Christen bald zum zentralen Inhalt ihrer Verkündigung. Die Katastrophe, die Niederlage am Kreuz
wurde zu einem Sieg umgedeutet.
Schon die ersten Sätze Kubitzas sind vollkommen unlogisch und unplausibel. Wäre Jesus nicht wirklich auferstanden, dann wäre nämlich alles im Sande verlaufen. Die Verschwörungstheorie einer "Umdeutung" und somit der "Erfindung der Auferstehung" durch einpaar Fischer und dass sich so aus deren Lügen die größte Weltreligion entwickelt hat, disqualifiziert den Atheisten von der Giordano-Bruno-Stiftung.
Die Bewegung, die nach Ostern entstanden ist, lässt sich nur mit der tatsächlichen Auferstehung Jesu plausibel erklären.
Kubitza hat geschrieben: Denn schon für Paulus war klar, dass die Juden Jesus getötet haben, so wie sie es
auch schon mit den Propheten getan hatten (1. Thess 2,15).
Auch hier sind es nicht "DIE Juden". Paulus spricht im Zusammenhang von Juden, die Jesus als Messias erkannt haben und solchen, die diese daran hindern diesen Glauben zu verbreiten (erfährt man, wenn man nur mal einen Vers weiterliest). Das ist quasi noch ein innerjüdischer Konflikt. Letztere Juden haben Jesus angeklagt und ihn mithilfe der Römer ans Kreuz gebracht (nebenbei: unter den damaligen römischen Legionären in Palästina waren mit großer Wahrscheinlichkeit auch germanisch-stämmige dabei, wir sind also alle wacker beteiligt).
Kubitza hat geschrieben: Für ihn sind sie die Christusmörder, die eigentlich Schuldigen am Tode Jesu.
Total falsch.
Römer 3, 9+23-25(HfA):
9 Haben wir Juden nun irgendeinen Vorzug vor den anderen Menschen? Ich sage: Nein, ganz und gar nicht! Denn eben habe ich bewiesen, dass alle Menschen – ob Juden oder Nichtjuden – unter der Herrschaft der Sünde leben.
23 Alle sind schuldig geworden und spiegeln nicht mehr die Herrlichkeit wider, die Gott dem Menschen ursprünglich verliehen hatte. 24 Aber was sich keiner verdienen kann, schenkt Gott in seiner Güte: Er nimmt uns an, weil Jesus Christus uns erlöst hat. 25 Um unsere Schuld zu sühnen, hat Gott seinen Sohn am Kreuz vor aller Welt sterben lassen.
Nach Paulus sind ALLE Menschen – ob Juden oder Nichtjuden – die Schuldigen am Tod Jesu.
Juden, Römer, Griechen, Germanen… Alle.
Und wenn man die Kapitel 9-11 des Römerbriefes liest so kann man sagen, dass dieser Paulus-Brief als das ältestes Zeugnis
gegen christlichen Antijudaismus zu bezeichnen ist.
Kubitza hat geschrieben: Und bald wurden die Juden
unter Berufung auf den Juden Paulus verfolgt.
Das ist schon aufgrund des oben Gesagten falsch. Und "bald" ist natürlich auch Unfug, weil die Christen die ersten 300 Jahre selbst verfolgt wurden. In Lütz' Buch über die Geschichte des Christentums heißt es auf S. 224: "Abgesehen von Vorfällen im westgotischen Spanien gab es im ersten christlichen Jahrtausend keine Judenpogrome." Auf Wikipedia heißt es: "Die ersten größeren Judenpogrome in mittelalterlichen Europa ereigneten sich im islamisch geprägten, maurischen Teil der Iberischen Halbinsel. Im Laufe der Belagerung und Plünderung Córdobas durch die Berber wurden 1011 etwa 2000 Juden umgebracht, beim Massaker von Granada 1066 tötete ein muslimischer Mob etwa 4000."
In deinem gesamten Mammut-Zitat von Kubitza findet sich selbstverständlich auch nichts von den päpstlichen "Schutzbullen für die Juden". Also ich rate dir: vergiss einfach Kubitza mit seinen einseitigen und flaschen Darstellungen.
sven23 hat geschrieben: „Rechtsverhältnisse und Hinrichtungsart erweisen eindeutig die Römer als Hauptverantwortliche für den Tod Jesu.“
(Theißen/Merz, Der historische Jesus, S. 399) [/i]
Stimmt, sie habe ihn hingerichtet, so war die Rechtslage zur Zeit Jesu im römisch besetzten Palästina.
Theißen/Merz sprechen von einer breiten Beteiligung sowohl auf jüdischer, wie auch römischer Seite, bei den Eliten wie beim einfachen Volk. Ein paar Seiten nach deinem Zitat: "Die Frage nach der ,Schuld‘ am Tode Jesu ist unsachgemäß. Beantworten läßt sich die Frage nach der Verantwortung für seine Hinrichtung.
Sie liegt bei den Römern, die auf Initiative der jüdischen Lokalaristokratie handelten."