Jesu Lehre von einem liebenden Gott
(2017.3) 188:4.8 Wenn ihr einmal die Idee von Gott als einem wahren und liebenden Vater — das einzige Konzept, das Jesus je gelehrt hat — erfasst habt, müsst ihr folgerichtig sofort all diese primitiven Vorstellungen von Gott als einem beleidigten Monarchen, finsteren und allgewaltigen Herrscher völlig aufgeben, von einem, dessen größte Wonne es ist, seine Untertanen bei Vergehen zu ertappen und dafür zu sorgen, dass sie gebührend bestraft werden, es sei denn, ein ihm fast ebenbürtiges Wesen wolle freiwillig an ihrer Stelle leiden und stellvertretend für sie sterben. Die ganze Idee von Loskauf und Sühneopfer ist unvereinbar mit der Gottesvorstellung, wie Jesus von Nazareth sie gelehrt und beispielhaft gelebt hat. Die unendliche Liebe Gottes ist nichts anderem in der göttlichen Natur untergeordnet.
(2084.4)195:10.4 „Das Reich Gottes ist in euch“ war wahrscheinlich der größte Ausspruch, den Jesus je gemacht hat, neben der Erklärung, dass sein Vater ein lebendiger und liebender Geist sei.
Urantia-Buch: wer ist Gott?
Die „Sühneopfertheologie“ geht historisch gesehen auf Anselm von Canterbury zurück, der sie systematisch ausformulierte (1033–1109 n. Chr.). In der Schrift Cur Deus Homo vertritt er die Lehre, die Erlösung durch Christus sei als Befriedigung des gerechten Zornes Gottes durch den Tod Christi zu verstehen (Satisfaktionslehre) die Frage ist heute, inwieweit das
a) für moderne Menschen noch glaubwürdig ist und
b) inwieweit es wirklich dem jesuanischen Gottesbild entspricht?
Das beginnt schon damit, dass der Begriff „Sühne“ selbst dem germanischen Sprachraum entstammt. Anselm ging von dem mittelalterlichen Gesellschaftsbild aus: wenn die Herrscher-Ehre verletzt wurde, dann musste eine Wiedergutmachung (Satisfaktion) erbracht werden. Auf der Basis des mittelalterlichen Welt- und Menschenbildes entwickelte er (mit den vermutlich besten Absichten) seine Theologie, aber wie haltbar ist das im 21. Jahrhundert? Viele moderne Theologen, darunter auch Hans Küng, hinterfragen diese Satisfaktionslehre:
„Dieses Opfer besagt keine versöhnende Beeinflussung eines zornigen Gottes: Nicht Gott, der Mensch muß versöhnt werden durch eine Versöhnung, die ganz Gottes Initiative ist.“ (Hans Küng, Die Kirche, S. 258).
Ebenso der vielgelesene Anselm Grün.
„Gott braucht nicht den Tod Jesu, um uns vergeben zu können. Er vergibt, weil er uns liebt … Wir müssen uns vor dem magischen Missverständnis hüten, als ob der Tod Jesu notwendig war, damit Gott uns vergeben könne … Gott hat schon vor dem Tod Jesu am Kreuz Menschen ihre Sünden vergeben … aber offensichtlich braucht der Mensch das Bild des Kreuzes, um an die Vergebung durch Gott glauben zu können … Seine Selbstverurteilung hindert ihn daran, an die Vergebung zu glauben.“ (Anselm Grün, Dem Alltag eine Seele geben. Herder 2003, S.115)
Anselm Grüns Sichtweise finde ich plausibel: das eigentliche Problem ist, dass Menschen an die Vergebung durch Gott nicht glauben können. Der Mensch geht von der Idee aus, dass irgendjemand bestraft werden muss und unterstellt Gott die selbe Denkweise. Johannes setzte Jesus mit dem Passahlamm gleich und sagte über Jesus “Siehe das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt!†(Joh. 1,36) Jesus wurde verhaftet und hingerichtet an dem Tag des Passahfestes nach dem jüdischen Kalender – dem Tag, an dem die Juden ein Lamm schlachten sollten, weshalb das jüdische Passahfest im gleichen Zeitraum gefeiert wird, wie das christliche Osterfest. Der Benediktinerpater Willigis Jäger schreibt dazu:
„[...]Dort (im Alten Testament) wurden die Sünden des Volkes durch Handauflegung vom hohen Priester auf ein Tier übertragen, auf einen Ziegenbock oder Schafbock, der damit zum Sündenbock wurde. Dieser wurde vor das Lager geführt und geopfert. Mit dem Blut wurde das Volk entsünt. Diese Zeremonie wurde auf Jesus übertragen. Er wurde zum Opferlamm, das für unsere Sünden gestorben ist. Aber Jesus selber hat seinen Tod sicher nicht als Sühnetod verstanden, er wurde hingerichtet als Volksverführer. Er hat eine Lehre verkündet, die der Gesetzesreligion der Schriftgelehrten widersprach.“
(Willigis Jäger, Mystik im 21. Jahrhundert, S. 134)
Mich würden eure Gedanken zu diesem Thema interessieren. Wie sieht eine zeitgemäße theologische Deutung der „frohen Botschaft“ und „ Christologie“, also der Lehre von Person und Heilswerk Jesu Christi , aus?
