Hi Thaddäus!
Thaddäus hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Im Übergang von der Vorstellung Gottes zum realen Gott liegt der Anselms "Taschenspielertrick".
Spätestens seit Kant ist das ja die Kardinalkritik an Canterburys Beweis, [...]
Richtig muss es heißen: Anselms Fehlschluss! Genaugenommen ist die Packungsdichte an Fehlschlüssen bei diesen sogenannten ontologischen Gottesbeweisen recht hoch. Fast bin ich geneigt, zu fragen, welcher Fehlschluss wohl der größte ist - und zwar der Fehlschluss, über den hinaus nichts Größeres gedacht werden kann ... .
'
Das Größte' sowie '
das, worüber hinaus nicht gedacht werden kann', sind doch logisch recht problematische Ausdrücke.
Thaddäus hat geschrieben:
[...] denn 100 vorgestellte/gedachte Taler (oder die Vorstellung einer Insel) sind eben noch keine 100 realen Taler (bzw. eine reale Insel).
Wer hätte das
gedacht ... .
Thaddäus hat geschrieben:
Der Fehler dieser Kritik am ontologischen Gottesbeweis liegt in meinen Augen darin, dass Taler und Inseln sinnlich wahrnehmbare, gegenständliche Dinge sind. Es sind Dinge der gegenständlichen Welt.
Weder für Anselm, noch für Gödel, noch für einen anderen Gläubigen, der an Gottes reale Existenz glaubt, wird Gott aber ein gegenständliches Ding sein, wie Taler oder Inseln.
Das mit der Wahrnehmung lassen wir besser weg. Aber hierbei bleiben wir:
Vorgestellte/gedachte Taler sind keine existierenden Taler.
Vorgestellte/gedachte Inseln sind keine existierenden Inseln.
Vorgestellte/gedachte Götter sind keine existierenden Götter.
Thaddäus hat geschrieben:
Ein gottgläubiger Mensch wird sagen, dass Gott wirklich und real ist, aber nicht, dass er ein Gegenstand ist.
Deshalb halte ich die Beispiele mit Inseln und Talern für unfair. Anselm schließt mit seinem Beweis nicht auf eine gegenständliche Wirklichkeit, wie es diese Kritik unterstellt.
Der ontologische Gottesbeweis ist der Spezialfall eines ontologischen Beweises. Jegliche Ontologie verdient übrigens die Bezeichnung
Ontologischer Fehlschluss. Zu schön: Ein gläubiger Mensch wird sagen, dass Taler
wirklich und
real, aber nicht, dass (vorgestellte) Taler gegenständlich sind ...
Thaddäus hat geschrieben:
Anselm schließt auf eine Wirklichkeit, eine Realität, das ist richtig.
closs Vorschlag, die missverständlichen Begriffe Wirklichkeit und Realität ganz zu vermeiden und besser vom Wittgensteinschen: was der Fall ist, zu sprechen, ist klug ("1. Die Welt ist alles, was der Fall ist"; "1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge"; "2. Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten", Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus).
Auch Wittgenstein ist am Induktionsproblem gescheitert. Sein Satz 1 ist aber sehr schön, sollte aber besser lauten, "Die Welt ist
alles, was
ist". Es zählt hier die Kombination von Allquantor und Existenzquantor.
Thaddäus hat geschrieben:
Anselm geht in seinem Beweis zwar von einer bestimmten Vorstellung Gottes aus; dann schließt er in 5 logischen Schritten aber nicht auf Gottes gegenständliche Existenz in der Wirklichkeit, sondern darauf, dass Gott der Fall, ein wirklicher Sachverhalt und damit eine Tatsache.
Übrigens: auch für mich ist Gödels formallogischer und nunmehr als logisch korrekt erwiesener ontologischer Gottesbeweis nicht die letzte Bestätigung dafür, nun endlich zweifelsfrei an Gott glauben zu können. Wenn dieser Beweis aber kritisiert wird, dann möchte ich gerne, dass er auch logisch korrekt an den Stellen kritisiert wird, wo er wirklich kritisiert werden kann, z.B., mit der Frage, ob nicht eine Petitio principii vorliegt, also ein Zirkelschluss und Gödel in seine Axiome und Definitionen bereits hineinlegt, was am Ende dann herauskommt.
Heilige Einfalt!
Wenn von einer bestimmten Vorstellung Gottes ausgegangen wird, dann heißt das, dass davon ausgegangen wird, dass die betreffende Vorstellung existiert, nicht aber, dass der Inhalt dieser Vorstellung existiert! Der ontologische Gottesbeweis erschwindelt nur aus der Existenz der Vorstellung von
x die Existenz von
x.
Wie ich schon an anderer Stelle bemerkt habe: Gödel, der Zertrümmerer des axiomatischen Programms, muss sich wohl über den ontologischen Gottesbeweis lustig gemacht haben ... .
Cheers,
Lamarck
„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.†(Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.†(John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.†(Harold Morowitz)