Diese Sicht kann man so stehen lassen.piscator hat geschrieben:Daraus ergibt sich für mich allerdings auch die Verpflichtung, dass niemand anderen Menschen mit seiner Religion auf den Keks sehen sollte. Das fängt bei unverlangten Missionsversuchen an und hört bei penetranten äußeren Zeichen wie Kopftüchern oder Schleiern und Kaftans etc. auf.
Diesen unverkrampften Umgang mit Religion würde ich als Teil der deutschen Kultur sehen. Und unverkrampft bedeutet aus meiner Sicht nicht, dass man jeden Schnickschnack als bunten Teil irgendeiner beliebigen Subkultur schick finden musst.
Doch es gibt auch diesen Blickwinkel:
Ist es nicht die wahre und beste Eigenschaft einer freien Gesellschaft, die unverkrampft mit Religion umgehen kann, dass sie auch den Ausdruck von Religion durch Individuen in der Gesellschaft zulässt?
Ein anderer Blickwinkel:
Warum muss sich ein Gläubiger einer Religion unter das diktatorische Mandat einer angeblich freien Gesellschaft beugen, die Religion nicht mehr erträgt? Warum muss sich ein Gläubiger an den Lebensstil von Atheisten anpassen, in dem er einen wesentlichen Teil seiner Persönlichkeit verbergen muss, während der Atheist die Symbole seines Glaubens offen zeigen darf?
Ein weiterer Blickwinkel:
Wo endet eine freie Gesellschaft, wenn sie sich nur als Freiheit von ..., anstatt als Freiheit für ... definiert? Man erkennt es: Eine solche Gesellschaft wird ebenso, wie ein Gottesstaat, irgendwann zu einem diktatorischen Regime voller Verbote. Es nützt hier auch nichts, dass diese als "zum Wohle des Menschen" deklariert werden.
Irgendwann wird in einer säkularisierten Gesellschaft, die keine ideologischen Ausreißer mehr duldet, der Moment kommen, wo sie auch ihre eigenen Befürworter frisst.
Dies nur zum Nachdenken darüber, dass die Aufregung über Dinge in der Öffentlichkeit, welche diese angeblich kränkt, auch zu einem immer enger werdenden Korridor der eigenen Freiheit werden kann.
Ein Beispiel dazu ist die #meetoo-Debatte: Hier werden oftmals ohne Beweise, Verfahren oder Gerichtsurteil inzwischen Leben, Karrieren und Vertrauen zerstört und dies auch noch unter allgemeinen Beifall.
Servus
