Alles Teufelszeug? VIII

Roland
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#461 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » Fr 5. Jan 2018, 12:01

closs hat geschrieben:Dazu kommt: "Christentum" ist heute in der Theologie in weiten Teilen eine un-fundamentale Glaubensgröße, die eher psychologisch als ontologisch zu verstehen sei. - Insofern kann da schnell Kraut und Rüben zusammenkommen.

Ja, es ist so ähnlich wie mit dem Wort "Gentleman".
C. S. Lewis beschreibt in "Pardon ich bin Christ", dass dieser Begriff ursprünglich mal klar definiert war: Ein Mann, der ein Wappen führte und einigen Grundbesitz hatte. Wenn man also jemanden als Gentleman bezeichnete, war das kein Kompliment sondern eine bloße Feststellung. Später sei daraus ein schwammiger Begriff geworden, eine Art Lobeswort, das eigentlich nichts Konkretes mehr aussagt. Nur, dass man einen Mann persönlich nett und anständig findet.

So ähnlich schwammig ist es mit dem Wort "Christ" auch.
Richtigerweise müsste sich jemand, der Jesus nicht als Christus sondern als rein menschlichen Philosophen interessant findet, als Anhänger jesuanischer Philosophie bezeichnen und nicht als Christ.
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Pluto
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#462 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Fr 5. Jan 2018, 12:19

Roland hat geschrieben:Richtigerweise müsste sich jemand, der Jesus nicht als Christus sondern als rein menschlichen Philosophen interessant findet, als Anhänger jesuanischer Philosophie bezeichnen und nicht als Christ.
Danke für den Tipp.

Ich bezeichne mich als an jesuanischer Philosophie interessierter Mensch.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Roland
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#463 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » Fr 5. Jan 2018, 12:40

:) Das ist immerhin ein erster Schritt.
Vielleicht findest du ja für dich noch die Wahrheit! :thumbup:
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#464 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Fr 5. Jan 2018, 12:44

Roland hat geschrieben::) Das ist immerhin ein erster Schritt.
Vielleicht findest du ja für dich noch die Wahrheit! :thumbup:
Wahrheit ist wohl einer der komplizierteste Begriffe der Philosophie überhaupt. Es wäre vermessen von mir, zu behaupten ich hätte eine Definition parat. Die meisten Philosophen der Geschichte haben irgendwann im Laufe ihres Lebens versucht sie zu ergründen und sind gescheitert.

Die Wahrheit einfach als Offenbarung eines Evangeliums hinzustellen, wie es Paulus tut, ist eine Vereinfachung die am Ende der Wahrheitssuche nicht gerecht wird, weil sie völlig am Begriff selbst vorbei geht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#465 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 5. Jan 2018, 15:52

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da aber das, was sie bestätigen will, schon in ihren Setzungen enthalten ist, nennt man dieses Vorgehen zirkelschlüssig oder zirkelreferent.
Aber doch nur in Deiner Phantasie - wenn dies ein anderes Wort für Ideologie sein soll.
Nein, im echten Leben auch. Zirkelschluss bleibt Zirkelschluss.

closs hat geschrieben: Natürlich untersucht die kanonische Exegese nur den Fall, dass Jesus göttlich ist - INNERHALB dieser Setzung untersucht sie ergebnisoffen. - Sie weiß doch vorher selber nicht, was in diesem Sinne verwertbar ist.
Und die Setzung wird selbstverständlich anhand der Texte, die ja die Vergöttlichung explizit zum Thema haben, bestätigt. Ein astreiner Zirkelschluss.

closs hat geschrieben: Was Du intellektuell und/oder ideologisch verkennst, ist, dass die HKM nichts anderes tut: Sie untersucht unter kritisch-rationalen Gesichtspunkten, bei denen es eine Göttlichkeit Jesu als historische Wirklichkeit gar nicht geben KANN ("naturalistischer Wirkungszusammenhang der Geschichte") - INNERHALB dieser Setzung untersucht sie ergebnisoffen.
Sie untersucht immer ergebnisoffen, weil weder die Widerlegung noch die Bestätiging der Göttlichkeit das Ziel ist.

closs hat geschrieben: Dass der eine seine Setzung benennt und der andere nicht, spielt doch keine Rolle.
Nein, sie hat ja keine a-priori Setzung. Und da weder die Bestätigung noch die Widerlegung der Göttlichkeit das Ziel der historischen-kritischen Forschung ist, kann auch weit und breit kein Zirkelschluss vorliegen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben aus dem Grund hat Kanonik nichts in der historischen Forschung zu suchen.
Natürlich nicht - sie versucht, sich der geistigen Wirklichkeit (also dementsprechender Historizität) Jesu ANDERS anzunähern - niemand hat Interesse daran, damit in der historisch-kritischen Forschung etwas zu suchen.
Deshalb kann die kanonische Exegese auch keine Aussagen zum historischen Jesus machen, sondern nur zum mythologisierten Endprodukt, dem legendenhaften, verkündeten Christus der Kirchen. Beide haben nur geringe Schnittmengen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Roland meint immer noch, dass die Evangelien historisch zuverlässig seien, denn immerhin würden die Schreiber ja behaupten, dass sie historisch zuverlässig sind. So dreht ihr euch zirkelreferent im Kreis.
Er hat sich differenziert dazu geäußert - an Deinen Ohren vorbei.
Er hat zu erkennen gegeben, dass er nicht weiss, wie ein Zirkelschluss definiert ist. Mehr nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du hast ja auch mal behauptet, der Kerygmatiker Rahner sei dem Zeitgeist erlegen.
Als Möglichkeit in Zeiten des HKM-Hypes - richtig. - Als Möglichkeit und nicht als Behauptung - ich kenne Rahner nicht mehr als Du.
Und ich habe dir zu verstehen gegeben, dass der Kergygmatiker Rahner seine Positionen gerade gegen den Zeitgeist formuliert hat.
Aber Zeitgeist hin oder her. Entgegen allem Zeitgeist besteht der Konsens in der historischen Jesusforschung seit 200 Jahren.

"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"
Karl Rahner

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“

Gerd Theißen


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie sprechen aber von einem nicht überwindbaren Graben. Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik.
Diesen Graben gibt es eh nicht. - Du hast hier einen Graben konstruiert, der allein aus Deiner Unfähigkeit kommt, Kategorien zu unterscheiden.
Ach so, dann die die Diskrepanz der Theologen zwichen historischem Jesus und kerygmatischem Christus nur eine Fata Morgana. Closs ist mal wieder in Taka-tukaland unterwegs. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Geschichte ist das, was wahrscheinlich auf Basis der uns zur Verfügung stehenden Quellen stattgefunden hat.
Durchaus - und bei geistigen Fragen sagt halt die Kanonische Exegese: Was Jesus historisch gedacht hat. ist das, was wir aus den Quellen lesen. - Es sind un bleiben zwei unterschiedliche Ansätze zu Historie - wobei die kanonische Exegese nur den geistig fassbaren Teil untersucht.
In der historischen Forschung gibt es nur einen Ansatz, und der ist historisch-kritisch.
Wer gern einen anderen Jesus hätte, der muss in die glaubensdogmatische Abteilung wechseln.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:hier liegen die Ergebnisse von 200 Jahren intensiver Forschung vor. Aber wir persönlich glauben nicht, dass sie stimmen. Gut, er sagt nicht schizo, sondern unredlich.
Pro-Domo-Geschwätz, das Tiefe meidet.
Mag ja sein, dass der Bibelbund die Tiefe meidet. Dafür kenne ich ihn zu wenig.

closs hat geschrieben: So wie Du es darstellst und wie er es vielleicht meint, ist da schon ws dran - aber hier wird verkannt, dass man verschiedene Wege zum Selben gehen kann und natürlich entscheiden kann, welcher von verschiedenen wissenschaftlichen Ansätzen einem persönlich am wahrscheinlichsten erscheinen.
Man kann aber in der historischen Forschung nicht die Hermeneutik beliebig wechseln, wenn einem die Ergebnisse nicht gefallen. Wie Thaddäus sagte: es gibt nur eine Wahrheit. Eine Aussage kann nicht gleichzeitig wahr und unwahr sein.
Entweder ist der historische Jesus der Forschung der "Echte", oder der kerygmatische Christus der Kirche.
Legt man wissenschaftliche Maßstäbe an, sieht es für letzteren schlecht aus.
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#466 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 5. Jan 2018, 15:54

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da aber das, was sie bestätigen will, schon in ihren Setzungen enthalten ist, nennt man dieses Vorgehen zirkelschlüssig oder zirkelreferent.
Natürlich untersucht die kanonische Exegese nur den Fall, dass Jesus göttlich ist - INNERHALB dieser Setzung untersucht sie ergebnisoffen. - Sie weiß doch vorher selber nicht, was in diesem Sinne verwertbar ist.
Man schränkt vorab per Setzung seine Ergebnisoffenheit ganz gezielt ein und behauptet dann, die anschließende Untersuchung sei aber auf jeden Fall ergebnisoffen. Widersinniger - und alberner geht's nun wirklich nicht.
Richtig.
Es ist mir schleierhaft, wie man sein eigenes Unverständnis so offen zur Schau stellt. Mir wäre das peinlich.
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#467 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Fr 5. Jan 2018, 16:44

Roland hat geschrieben:Richtigerweise müsste sich jemand, der Jesus nicht als Christus sondern als rein menschlichen Philosophen interessant findet, als Anhänger jesuanischer Philosophie bezeichnen und nicht als Christ.
Ja - das kommt hin. - Und das scheint heute INNERHALB der Theologie nicht die Ausnahme zu sein.

sven23 hat geschrieben:Nein, im echten Leben auch. Zirkelschluss bleibt Zirkelschluss.
Jetzt definierst Du es wieder so, dass auch Mathematik zirkelschlüssig wäre *achselzuck*

sven23 hat geschrieben:Und die Setzung wird selbstverständlich anhand der Texte, die ja die Vergöttlichung explizit zum Thema haben, bestätigt.
Man weiß nicht, was rauskommt, aber das, was rauskommt, entspricht dem Modell - richtig. - Was Du partout nicht erkennst: Bei der HKM ist es genauso.

sven23 hat geschrieben:Sie untersucht immer ergebnisoffen, weil weder die Widerlegung noch die Bestätiging der Göttlichkeit das Ziel ist.
Denkfehler: Bei allen Lippenbekenntnissen ist die MEthodik so ausgerichtet, als sei Jesus nicht göttlich. - Hier übertrumpfen die Fakten die Lippen.

sven23 hat geschrieben:Nein, sie hat ja keine a-priori Setzung.
Auf reiner Sachebene - aber nur da. - Der Satz "Jesus hatte eine Naherwartung" ist nicht Produkt einer reinen Sachuntersuchung, sondern einer hermeneutischen Grundlage - und genau das willst Du nicht verstehen, weil es Dir sonst Deine Ideologie zerschießt.

sven23 hat geschrieben:Er hat zu erkennen gegeben, dass er nicht weiss, wie ein Zirkelschluss definiert ist. Mehr nicht.
DUU hast zu erkennen gegeben, dass Du es nicht weißt - sonst würdest Du nicht ständig zwischen zwei vollkommen unterschiedlichen Versionen hin und her springen.

sven23 hat geschrieben:Ach so, dann die die Diskrepanz der Theologen zwichen historischem Jesus und kerygmatischem Christus nur eine Fata Morgana.
Meine Aussage war eine andere: Deine schräge Gegenüberstellung von "Wissenschaft" und "Glaubensdogmatik" ist eine Fata Morgana. - Denn man kann sowohl auf Basis einer materialistischen als auch mit einer christlichen Hermeneutik (das meinst Du vermutlich mit "Dogmatik") wissenschaftlich arbeiten.

Natürlich gibt es (sogar große) Unterschiede zwischen dem historisch-kritisch und dem kerygmatisch erworbenen Jesus-Bild - meine Aussage ist, dass beide nach der Wirklichkeit Jesu suchen. - Jetzt müsstest Du begründen, warum "Wirklichkeit" NICHT in der Geschichte wäre.

sven23 hat geschrieben:Man kann aber in der historischen Forschung nicht die Hermeneutik beliebig wechseln, wenn einem die Ergebnisse nicht gefallen.
Das kann man nirgends - jeder bleibt bei seiner spezifischen Hermeneutik.

sven23 hat geschrieben: Wie Thaddäus sagte: es gibt nur eine Wahrheit. Eine Aussage kann nicht gleichzeitig wahr und unwahr sein.
So ist es - aber es liegt nicht in der Macht EINER Hermeneutik, Deutungs-Vollmacht zu beanspruchen - mit anderen Worten: Weder Du noch ich wissen, ob der historisch-kritisch oder kerygmatisch ermittelte näher am wirklichen Jesus sind.

sven23 hat geschrieben:Legt man wissenschaftliche Maßstäbe an, sieht es für letzteren schlecht aus.
Definiert man "Wissenschaft" so wie Du, mag das sein. - Wie auch immer: Entscheidend ist nicht, wer welche Maßstäbe anlegt, sondern was der Fall ist.

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#468 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Fr 5. Jan 2018, 16:59

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, im echten Leben auch. Zirkelschluss bleibt Zirkelschluss.
Jetzt definierst Du es wieder so, dass auch Mathematik zirkelschlüssig wäre...
Wie das denn?

closs hat geschrieben:Man weiß nicht, was rauskommt, aber das, was rauskommt, entspricht dem Modell - richtig.
Also weiß man von vornherein was rauskommt. Nenst DU das ergenisoffen?

closs hat geschrieben:Was Du partout nicht erkennst: Bei der HKM ist es genauso.
Nee mein Lieber.
Wenn sie richtig durchgeführt wird, wird in der HKM nichts vorausgesetzt

closs hat geschrieben:Bei allen Lippenbekenntnissen ist die MEthodik so ausgerichtet, als sei Jesus nicht göttlich. - Hier übertrumpfen die Fakten die Lippen.
Quatsch!
Wenn sie richtig durchgeführt wird, wird in der HKM nichts vorausgesetzt

closs hat geschrieben:und genau das willst Du nicht verstehen, weil es Dir sonst Deine Ideologie zerschießt.
Genau das ist eine rein ideologische Aussage.

closs hat geschrieben:Denn man kann sowohl auf Basis einer materialistischen als auch mit einer christlichen Hermeneutik (das meinst Du vermutlich mit "Dogmatik") wissenschaftlich arbeiten.
Ich wüsste nicht wie man gleichzeitig christlich und wissenschaftlich arbeiten kann.
Erklärst du es mir?

closs hat geschrieben:Natürlich gibt es (sogar große) Unterschiede zwischen dem historisch-kritisch und dem kerygmatisch erworbenen Jesus-Bild - meine Aussage ist, dass beide nach der Wirklichkeit Jesu suchen.
Stimmt. Aber nur einer wird fündig.


closs hat geschrieben:aber es liegt nicht in der Macht EINER Hermeneutik, Deutungs-Vollmacht zu beanspruchen
Mir scheint, du beanspruchst die Deutungs-vollmacht für die Kanonik/Dogmatik.


closs hat geschrieben:Wie auch immer: Entscheidend ist nicht, wer welche Maßstäbe anlegt, sondern was der Fall ist.
So lange man nicht sagen kann was der Fall ist, ist "das was der Fall ist" für uns nicht relevant.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#469 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Fr 5. Jan 2018, 17:45

Pluto hat geschrieben:Wie das denn?
Wenn man jeden Beweis auf Basis einer Voraus-Setzung als "zirkelreferent" bezeichnet, ist Mathematik zirkelreferent. - Denn Mathematik arbeitet exakt auf dieser Basis: "Voraussetzung - Behauptung - Beweis".

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Man weiß nicht, was rauskommt, aber das, was rauskommt, entspricht dem Modell - richtig.

Also weiß man von vornherein was rauskommt. Nenst DU das ergenisoffen?
Nein - man weiß es NICHT. - Wenn Du eine wissenschaftliche Arbeit zum Thema machst, wie Jesus unter der Voraus-Setzung zu verstehen unter der Annahme eines naturalistischen Wirkungszusammenhangs der Geschichte ist, dann ist damit die Wissenschaftlichkeit dieser Arbeit nicht in Frage gestellt.

Pluto hat geschrieben:Wenn sie richtig durchgeführt wird, wird in der HKM nichts vorausgesetzt
Sie hat eine Methodik, die ihre Regeln hat - das IST Voraussetzung. - Bspw. die Maßstäblichkeit eines anthropogenen Vernunft-Begriffs - oder ein naturalistischer Wirkungszusammenhang der Geschichte (Bultmann) - oder ein kritisch-rationales Denken. - Keine Kritik meinerseits daran - aber es sind Setzungen.

Pluto hat geschrieben:Ich wüsste nicht wie man gleichzeitig christlich und wissenschaftlich arbeiten kann. Erklärst du es mir?
Genauso, wie man gleichzeitig naturalistisch und wissenschaftlich arbeiten kann. - "Wissenschaft" beschreibt eine Vorgehensweise, die unabhängig von Glaubensansichten naturalistischer, christlicher oder buddhistischer Art funktioniert.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Natürlich gibt es (sogar große) Unterschiede zwischen dem historisch-kritisch und dem kerygmatisch erworbenen Jesus-Bild - meine Aussage ist, dass beide nach der Wirklichkeit Jesu suchen.

Stimmt. Aber nur einer wird fündig.
Woher willst Du wissen, dass die historisch-kritische Hermeneutik näher am wirklichen Jesus ist als eine spirituelle Hermeneutik?

Pluto hat geschrieben:Mir scheint, du beanspruchst die Deutungs-vollmacht für die Kanonik/Dogmatik.
Gar nicht - FALLS es Gott nicht gibt, ist sie für die Tonne. - Falls es Gott aber gibt, hat sie in Bezug auf die Wirklichkeit Jesus u.U. die Nase vorn.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Wie auch immer: Entscheidend ist nicht, wer welche Maßstäbe anlegt, sondern was der Fall ist.

So lange man nicht sagen kann was der Fall ist, ist "das was der Fall ist" für uns nicht relevant.
Das, was der Fall ist, ist aber letztlich entscheidend, ob historisch-kritische oder spirituelle Hermeneutik am Ende näher an der Wirklichkeit Jesu sind. - Aber wir wissen es halt nicht.

Man kann unmöglich per Hermeneutik bestimmen, was der Fall zu sein hat.

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sven23
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#470 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 5. Jan 2018, 17:50

closs hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Richtigerweise müsste sich jemand, der Jesus nicht als Christus sondern als rein menschlichen Philosophen interessant findet, als Anhänger jesuanischer Philosophie bezeichnen und nicht als Christ.
Ja - das kommt hin. - Und das scheint heute INNERHALB der Theologie nicht die Ausnahme zu sein.
Zieht man mal alles ab, was man dem Wanderprediger posthum in den Mund gelegt hat, bleibt nicht mehr allzu viel jesuanische Philosophie übrig.
Den größen Teil des NT macht sowieso die paulinische Theologie aus.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, im echten Leben auch. Zirkelschluss bleibt Zirkelschluss.
Jetzt definierst Du es wieder so, dass auch Mathematik zirkelschlüssig wäre *achselzuck*
Das ist deine verquere Analogie, die völlig am Thema vorbeigeht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und die Setzung wird selbstverständlich anhand der Texte, die ja die Vergöttlichung explizit zum Thema haben, bestätigt.
Man weiß nicht, was rauskommt, aber das, was rauskommt, entspricht dem Modell - richtig. - Was Du partout nicht erkennst: Bei der HKM ist es genauso.
Man weiß sehr wohl, was rauskommt. Es ist ja geradezu das Ziel der kanonischen Exegese, die eigene Setzung zu bestätigen. Dafür ist sie entwickelt worden.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie untersucht immer ergebnisoffen, weil weder die Widerlegung noch die Bestätiging der Göttlichkeit das Ziel ist.
Denkfehler: Bei allen Lippenbekenntnissen ist die MEthodik so ausgerichtet, als sei Jesus nicht göttlich. - Hier übertrumpfen die Fakten die Lippen.
Nein, die Göttlichkeit ist weder eine Setzung der Forschung, noch soll sie belegt oder widerlegt werden. Also weit und breit kein Zirkelschluss.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, sie hat ja keine a-priori Setzung.
Auf reiner Sachebene - aber nur da. - Der Satz "Jesus hatte eine Naherwartung" ist nicht Produkt einer reinen Sachuntersuchung, sondern einer hermeneutischen Grundlage - und genau das willst Du nicht verstehen, weil es Dir sonst Deine Ideologie zerschießt.
Nein, die wissenschaftliche Hermeneutik ist kein Umstand, der die Ergebnisoffenheit einschränkt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Er hat zu erkennen gegeben, dass er nicht weiss, wie ein Zirkelschluss definiert ist. Mehr nicht.
DUU hast zu erkennen gegeben, dass Du es nicht weißt - sonst würdest Du nicht ständig zwischen zwei vollkommen unterschiedlichen Versionen hin und her springen.
Nein, Rolands Begründung ist zirkelreferent. Wenn du das aus ideologischen Gründen nicht einsehen willst, ist das dein Problem.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ach so, dann die die Diskrepanz der Theologen zwichen historischem Jesus und kerygmatischem Christus nur eine Fata Morgana.
Meine Aussage war eine andere: Deine schräge Gegenüberstellung von "Wissenschaft" und "Glaubensdogmatik" ist eine Fata Morgana. - Denn man kann sowohl auf Basis einer materialistischen als auch mit einer christlichen Hermeneutik (das meinst Du vermutlich mit "Dogmatik") wissenschaftlich arbeiten.
Nicht in der historischen Forschung und darum geht es.

closs hat geschrieben: Natürlich gibt es (sogar große) Unterschiede zwischen dem historisch-kritisch und dem kerygmatisch erworbenen Jesus-Bild - meine Aussage ist, dass beide nach der Wirklichkeit Jesu suchen. - Jetzt müsstest Du begründen, warum "Wirklichkeit" NICHT in der Geschichte wäre.
Nein, Glaubensdogmatiker müßten begründen, warum man mit Glaubensbekenntnissen ohne historischen Anspruch näher am historischen Jesus sein will als die historische Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man kann aber in der historischen Forschung nicht die Hermeneutik beliebig wechseln, wenn einem die Ergebnisse nicht gefallen.
Das kann man nirgends - jeder bleibt bei seiner spezifischen Hermeneutik.
Der eine hat eine wissenschaftliche, der andere eine glaubensdogmatische.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Wie Thaddäus sagte: es gibt nur eine Wahrheit. Eine Aussage kann nicht gleichzeitig wahr und unwahr sein.
So ist es - aber es liegt nicht in der Macht EINER Hermeneutik, Deutungs-Vollmacht zu beanspruchen - mit anderen Worten: Weder Du noch ich wissen, ob der historisch-kritisch oder kerygmatisch ermittelte näher am wirklichen Jesus sind.
Es ist im Grunde ganz einfach: Die historische Jesusforschung ist näher am historischen Jesus, die Glaubensdogmatik näher am kerygmatischen Christus.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Legt man wissenschaftliche Maßstäbe an, sieht es für letzteren schlecht aus.
Definiert man "Wissenschaft" so wie Du, mag das sein. - Wie auch immer: Entscheidend ist nicht, wer welche Maßstäbe anlegt, sondern was der Fall ist.
Und da liegt man mit wissenschaftlicher Methodik nun mal wesentlich besser im Rennen als mit Glaubensdogmen. 42000 Konfessionen verdeutlichen dies nur allzu gut.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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