Alles Teufelszeug? VIII

Pluto
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#331 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Mo 1. Jan 2018, 01:55

closs hat geschrieben:Richtig (die HKM tut de facto das Gegenteil - zwar nicht expressis verbis, aber aufgrund ihrer methodischen Grundlagen).
Oha! Du bist ja lernfähig! :clap:
Noch ein bisserl weiter denken, dann lernst du, dass die HKM gar nichts setzt, sondern ergebnisoffen forscht.

closs hat geschrieben:Und JETZT fragt die kanonische Exegese: Wie ist die Schrift zu verstehen, wenn man DIESE Setzung nimmt (denn sie ist ja anders zu interpretieren, ob man DIESES oder JENES - expressis verbis oder methodisch - setzt) - Das ist ein ganz normaler Vorgang.
Nicht so schnell!
Kommt die Kanonik ohne Setzungen nicht aus?

closs hat geschrieben:Diese Leute sind viel weiter - die HKM-Ergebnisse sind zwar als Sachergebnisse wichtig, aber nicht entscheidend.
Natürlich nicht. Sie machen das mit der Setzung, nicht wahr?

closs hat geschrieben:Auch diese authentischen Sprüche können per kanonischer Exegese inhaltlich ganz anders interpretiert werden,
Welche Sprüche denn?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#332 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Mo 1. Jan 2018, 09:42

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Thaddäus hatte mal was Kluges dazu geschrieben.
Trotzdem irrt sie sich - auch die HKM ist auf dem Selbst-Bestätigungs-Trip.
Beides ist falsch.
Würde die kanonische Exegese wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, würde sie auch in der historischen Forschung eingesetzt. Wird sie aber nicht.
Die historische Jesusforschung untersucht die Text, wie andere Antike Texte auch. Da wird nichts präjudiziert, weil die Überprüfung von Göttlichkeit überhaupt nicht das Thema ist.
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sven23
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#333 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Mo 1. Jan 2018, 09:54

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Richtig - und genau diesen Jesus, der so nie existiert hat, will die sog. kanonische Exegese zur Grundlage ihrer Textinterpretation machen.
Die kanonische Exegese sucht DEN Jesus, wie er historisch existiert hat, FALLS er göttlich war.
Nix "falls".

Sie SETZT ja gerade vorab die Göttlichkeit Jesu per Glaubensentscheid. Und jetzt bildet sie sich ein, ein tragfähiges Fundament zu ha-
ben, um daraus weitere handfeste Schlussfolgerungen ziehen zu dürfen, nämlich dass der verkündigte Christus des Glaubens auf jeden
Fall der historische Jesus sein muss.

Bravo! So einfach geht das. Ich mach`mir meine Welt...:clap:


Genau das ist der Kritikpunkt.
Man setzt die Göttlichkeit Jesu voraus, und untersucht die Texte unter der Prämisse der Göttlichkeit Jesu, falls Jesus göttlich ist. :lol:
Was soll dabei schon anderes herauskommen, als die zirkelreferente Bestätigung des kanonisierten Glaubenskonstrukts aus dem 4. Jahrhundert?
Auf diese zirkelreferente Weise lassen sich alle Götter bestätigen, bzw. deren "historische Wirklichkeit", wie sie "wirklich" waren, um mit closs zu sprechen.
Jeder kann mal einen Fehler machen oder sich in etwas verrennen. Aber wenn man so oft von anderen auf den Fehler mit der Nase drauf gestoßen wird, sollte man mal die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass nicht die anderen die Geisterfahrer sind.
Das hartnäckige Festhalten an einem Fehler wird dann schnell zu einer peinlichen Veranstaltung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#334 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Andreas » Mo 1. Jan 2018, 10:10

closs hat geschrieben:Während die HKM die Verfasser in den Mittelpunkt nimmt, ist es bei der kanonischen Exegese Jesus selbst, FALLS er historisch göttlich ist.
Denk doch einfach noch mal ganz unbefangen über die Bedeutung des Begriffes "kanonisch" nach. Dann dürfte dir klar werden, dass dein "FALLS" durch ein anderes Wort zu ersetzen ist. Denk an den Katechismus der RKK, und was dich daran stört. Die Bibel, Die Heilige Schrift, Das Wort Gottes. Na?

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sven23
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#335 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Mo 1. Jan 2018, 10:27

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
Das ist ja eben ein falscher Vergleich.
Aber biblisch, auf den sich die Fundamentalisten und Kanoniker berufen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ähnlich argumentiert Berger
Das weiß ich bis heute nicht - ein ausssagekräftiges Zitat fehlt.
Berger ist sowieso eine widersprüchliche und komische Figur. Als Katholik hat er sich eine evangelische Professorenstelle erschlichen und gibt dies erst kurz vor der Pensionierung zu. Er forderte ständig die Abkehr von der historisch-kritischen Methode, damit die Bibel als historisches Zeugnis wieder den Glauben stärken soll und dann sagt er vor kurzem in einem Interview, dass er selbst gar nicht an Wunder glaubt oder an ein Leben nach dem Tod. Gehts noch schizophrener?
Irgendwie habe ich den Verdacht, dass Theologen eine seltsame Spezies sind.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die historische Jesusforschung ist keine Denomination.
Sollte sie nicht sein - wenn sie aber geistig interpretiert, wird sie zu einer. - Der Satz "Jesus HATTE einen Naherwartung" ist geistige Interpretation (wenn der Satz isoliert so dasteht).
Ob man das geistige Interpretation nennt oder ein Sachergebnis, ist völlig egal. Die Naherwartung gehörte zur Glaubenswelt des Wanderpredigers, sie ist ein zentrales Thema seiner Verkündigung und darf selbstverständlich in der historischen Jesusforschung nicht unberücksichtigt bleiben.
Anders als Kanoniker muss die Forschung keine Rücksicht nehmen auf Glaubensempfindlichkeiten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sven trinkt pauschal keinen Akohol, nur gelegentlich Wein. Was aber auch ein Widerspruch ist.
Da müssten wir über Sprache reden und was sie ist -
Wir müssen vor allem über einen präziseren Umgang mit Sprache reden, denn da hapert es bei dir gelegentlich.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ähm, wohl eher, weil du keine Fehler nachweisen kannst.
Wieso "nachweisen"? - Jung sagt am Ende seine persönliche Meinung - was soll man da "nachweisen"?
Auch eine persönliche Meinung kann fehlerhaft sein. Du hast ihn kritisiert. Warum also?


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Nenne doch mal einen Forschungszweig, in dem die Forschenden sagen: och, eigentlich glauben wir gar nicht an unsere Forschungergebnisse, wir machen das nur zum Zeitvertreib.
Die meisten Forschungszweige kennen nicht den Spagat zwischen methodischem ERgebnis und Glaube - was willst Du anders "glauben", wenn es um die chemische Reaktion von Elementen im Kontext x geht?
Genau, deshalb haben wir ja in der Theologie die schizophrene Situation Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik. Da gibt es in diesem Ausmaß sonst nirgendwo.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Historisch-kritisch = wahrscheinlich historisch. Alles andere wäre Schizophrenie.
OK - und wie soll das in geistigen Fragen gelten? Was dachte, meinte Jesus WIRKLICH? - Meinst Du wirklich, es "wahrscheinlich", dass die HKM das schaffen kann?
Wer will schon wissen, was der Wanderprediger wirklich dachte? Vielleicht dachte er, dass er keinen Bock mehr hatte, malochen zu gehen nur noch spirituell unterwegs zu sein? Wer weiß das schon? Deshalb hält sich die Forschung an die Quellen. Alles andere bringt nix.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie braucht nichts zu erforschen, weil das Ergebnis schon feststeht: die zirkelreferente Bestätigung des dogmatischen Glaubenskonstrukts aus dem 4. Jahrhundert.
Falscher Fokus - darum geht es überhaupt nicht.
Doch, in der historischen Forschung geht es genau darum. Dort sind zirkelreferente Auslegungsmethoden nicht zu gebrauchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Weil die geistige Glaubenswelt des Wanderpredigers auch historisch ist. Deshalb wird sie historisch-kritisch ermittelt.
Aber doch nicht SEINE Glaubenswelt, sondern die Glaubenswelt seiner Zeit. - Das sind doch extrem unterschiedliche Größen.
Die Forschung geht ja auch davon aus, dass Jesus apokalyptische Strömungen seiner Zeit aufgenommen hat, unter anderem sehr stark von seinem Vorbild Johannes dem Täufer. Diese Begegnung könnte sogar so einen Art Weckruf ausgelöst haben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Absurd sind nur deine verkorksten Verdrehungen.
Finde ich diesem Fall auch: Aber das kommt halt raus, wenn man Deinen Aussagen auf den Zahn fühlt.
Nee, das kommt von deinen Verdrehungen. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Falsch, wie du an Theißen sehen kannst.
Wieso? - Man sieht seine methodischen Ergebnisse: "Was wäre, wenn meine Methodik/mein Modell für eine entsprechende Fragestellung die/das richtige wäre?"
Davon geht die Forschung aus, dass sie die richtigen sind. Es gibt auch keine Alternativen in der historischen Forschung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#336 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Mo 1. Jan 2018, 14:58

Münek hat geschrieben:Da Setzungen leider nun mal KEIN Zauberstab sind ("ich schaff`mir die Welt, wie sie mir gefällt..."), kann man mit ihnen auch mit noch so großem Glauben keine Realitäten aus dem Nichts zaubern.
sven23 hat geschrieben:Genau das ist der Kritikpunkt.
Genau das ist NICHT der Punkt, weil gerade mit "Setzung" der Unterschied zwischen Realität und Wahrnehmung (= Wissenschaft/Setzung/Vermutung/etc.) dargestellt wird.

Es ist doch exakt umkehrt: Wer sich NICHT zu seinen Setzungen bekennt, verwischt die Grenze zwischen "dem, was ist" und "dem, was man darüber meint". - Genau diese Grenze wird durch "Setzung" bewusst bezeichnet.

Münek hat geschrieben: Für Gläubige ist der biblische Gott aber per Glaubenssetzung Realität.
Unter diesem Vorbehalt, ja. - Aber eben nur NACH diesem Vorbehalt: "Da ist etwas, was ich nicht falsifizieren kann, aber ich glaube, dass es es real ist - aber ich mache vorher klar, dass es eine Glaube ist, weil ich es nicht weiß". - Die HKM macht nichts anderes: "Jesus HATTE eine Naherwartung" (als sei es Realität) auf Basis einer Annahme. - Nur dass die HKM dies nicht so deutlich unterstreicht wie die Theologie.

Münek hat geschrieben:Ich SETZE - und frage dann, wie die Schrift zu verstehen ist, WENN die Setzung zutrifft. Das ist doch höchst albern.
Nein - es MUSS so sein. - Nachdem niemand weiß, ob Jesus nur Mensch oder auch göttlich war, legt die Kanonik so aus, als sei Jesus auch göttlich - die HKM macht umgekehrt dasselbe.

Münek hat geschrieben:Die kanonische Exegese sollte erstmal die Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese zur Kenntnis nehmen und ihre diesbezügliche Ignoranz aufgeben.
Das tut sie auch auf Sachebene, aber eben nicht auf interpretativer Ebene.

Münek hat geschrieben:Für sie ist es extrem wichtig, dass alle Aussprüche Jesu (vor allem die Ich-Worte im Johannesevangelium) authentisch und keine Erfindungen der Evangelisten sind.
Unter "Authentizität" versteht man theologisch, ob etwas im geistigen Sinne Jesu authentisch ist. - Wenn nun die HKM aus ihrer Sicht darstellt, was authentisch und nicht-authentisch sei, wird dies berücksichtigt.

Münek hat geschrieben:Da Jesus meines Wissens selbst nicht mehr befragbar ist, scheidet er als Quelle für die kanonische Exegese aus.
Zu kurz gedacht - hier ist nicht Quelle im historisch-kritischen Sinne gemeint, sondern immer wieder gesamt-kanonisch/geistig.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:
Wenn Leute wie Ratzinger ("ich vertraue den Evangelisten") dieses wissenschaftliche Ergebnis ignorieren und ausblenden, lügen sie sich in die Tasche.

Diese Leute sind viel weiter


Das ist der Witz des Tages am Montag, den 1. Januar 2018 (Neujahrstag).
Deine Reaktion zeigt, wie unterschiedlich Selbstsicht und Fremdsicht sein können.

Pluto hat geschrieben:Oha! Du bist ja lernfähig! :clap:
Noch ein bisserl weiter denken, dann lernst du, dass die HKM gar nichts setzt, sondern ergebnisoffen forscht.
Da ist nichts Neues. - Es ist ebenfalls nicht neu, dass die HKM ergebnisoffen forscht, NACHDEM sie mit ihrer Methodik zu arbeiten angefangen hat.

Pluto hat geschrieben:Welche Sprüche denn?
Entsprechende Bibel-Zitate.

sven23 hat geschrieben:Würde die kanonische Exegese wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, würde sie auch in der historischen Forschung eingesetzt.
Verquerer Satz: Es hat nichts mit Wissenschafts-Kompetenz zu tun, sondern mit unterschiedlichen Modellen.

sven23 hat geschrieben:Auf diese zirkelreferente Weise lassen sich alle Götter bestätigen
Du scheinst auch über den Jahreswechsel gelernt zu haben, was "Zirkelreferenz" ist. - Wie auch immer: Egal wie man "Zirkelreferenz" definiert: HKM und Kanonik sind hierin gleich.

sven23 hat geschrieben:Das hartnäckige Festhalten an einem Fehler wird dann schnell zu einer peinlichen Veranstaltung.
Und schon wieder fänst Du so an, wie Du aufgehört hast:
* "Ich verstehe etwas nicht"
* "Also liegt es am anderen"
* "Das gibt mir die Gelegenheit, mich aus Beschränktheit zu profilieren"
Altes Bild, das sattsam aus 2017 bekannt ist.

Auch Roland hat versucht, Dich zu bekehren - erinnerst Du Dich?

sven23 hat geschrieben:Aber biblisch, auf den sich die Fundamentalisten und Kanoniker berufen.
Für die "Kanoniker" steht noch ein Beleg aus. - Kannst Du überhaupt einen Satz zitieren, der Deine Behauptung belastbar macht?

sven23 hat geschrieben:Irgendwie habe ich den Verdacht, dass Theologen eine seltsame Spezies sind.
Da ist was dran, je besser man dort und in Philosophie ist. - Denn dann lernt man, in verschiedenen Ebenen und Abstraktionen zu denken, dass man sich schon mal verlieren kann. - Allerdings sollte das Volk nicht darüber urteilen - umgekehrt: Es ist viel zu viel Unverständliches öffentlich zugänglich unterwegs, was nur zu Verwirrung führen kann.

sven23 hat geschrieben:Anders als Kanoniker muss die Forschung keine Rücksicht nehmen auf Glaubensempfindlichkeiten.
Falsche Spur: Dass "nahes Himmelreich" ein Kernmotiv ist, werden (hoffentlich) alle wissen. - WAS damit gemeint ist, ist die Frage.

sven23 hat geschrieben:Wir müssen vor allem über einen präziseren Umgang mit Sprache reden, denn da hapert es bei dir gelegentlich.
Das kann einerseits schon sein: Manchmal nehme ich sprachliche Abkürzungen, weil ich mir denke: "Das kann man doch nicht missverstehen". - Andererseits ist auch hier oft das Gegenteil dessen der Fall, was Du sagst: Sprachliche Differenzierungen gegenübe geistiger Grobschlächtigkeit neigen dazu, als "Schwurbeleien" bezeichnet zu werden. :D :D

sven23 hat geschrieben:Auch eine persönliche Meinung kann fehlerhaft sein. Du hast ihn kritisiert. Warum also?
Warum? Weil er am Ende "Kerygmatik" auf eine didaktische Größe reduziert, also ihren eigentlichen Gehalt übergeht.

sven23 hat geschrieben:Genau, deshalb haben wir ja in der Theologie die schizophrene Situation Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik.
Das Differenzieren können zwischen Modell-Ergebnis und Realität hat nichts mit "Schiozophrenie" zu tun.

sven23 hat geschrieben:Wer will schon wissen, was der Wanderprediger wirklich dachte?
Niemand. - Und weil das so ist, versucht man sich diesem Denken mit verschiedenen Modellen zu nähern. - Der eine tut es säkular historisch-kritisch, der andere geistig-kanonisch. - Das ist sowas von normal in der Wissenschaft, dass man es nicht gegeneinander in Position bringen muss.

sven23 hat geschrieben:Doch, in der historischen Forschung geht es genau darum. Dort sind zirkelreferente Auslegungsmethoden nicht zu gebrauchen.
Das ist nirgends zu gebrauchen - auch nicht in der theologischen Exegese.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung geht ja auch davon aus, dass Jesus apokalyptische Strömungen seiner Zeit aufgenommen hat, unter anderem sehr stark von seinem Vorbild Johannes dem Täufer. Diese Begegnung könnte sogar so einen Art Weckruf ausgelöst haben.
Eine mögliche These - mehr nicht. - Es kann auch sein, dass Jesus diese Strömungen aufgenommen hat, um sie im Sinne dessen, was man heute NT nennt, zu transformieren.

LEtztlich läuft es immer wieder auf die Frage hinaus, ob Jesus nur menschlich oder auch göttlich war. - Aber genau das ist nicht falsifizierbar - beides kann historisch gewesen sein.

sven23 hat geschrieben:Davon geht die Forschung aus, dass sie die richtigen sind.
Naja - man sollte schon davon ausgehen, dass der eigene Ansatz der richtige sein kann. - Das ist nicht ungewöhnlich.

sven23 hat geschrieben: Es gibt auch keine Alternativen in der historischen Forschung.
Das ist die historisch-kritische Forschung, innerhalb derer es dazu keine Alternative gibt (selbst wenn Ratzinger anderes im Sinne hatte). - Aber es gibt halt Alternativen in Bezug auf das, was Jesus historisch gedacht und gemeint hat. - Für die historische WIKRLICHKEIT ist die HKM NICHT alternativlos.

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#337 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Mo 1. Jan 2018, 14:59

Andreas hat geschrieben:Dann dürfte dir klar werden, dass dein "FALLS" durch ein anderes Wort zu ersetzen ist.
Willst Du auf ein "weil" hinaus?

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#338 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Andreas » Mo 1. Jan 2018, 15:37

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Dann dürfte dir klar werden, dass dein "FALLS" durch ein anderes Wort zu ersetzen ist.
Willst Du auf ein "weil" hinaus?
Nein, sondern auf ein "DAMIT".
Dieser Satz ist schon wieder ein Rückfall:
closs hat geschrieben:Während die HKM die Verfasser in den Mittelpunkt nimmt, ist es bei der kanonischen Exegese Jesus selbst, FALLS er historisch göttlich ist.
Du hast die Definition der HKM von Beck als dir längst bekannt bestätigt. Und dann das? Was untersucht die HKM und was untersucht die kanonische (Ratzinger-)Exegese? Die HKM untersucht Texte aufgrund von vorhandenem (Handschriften, archäologischen Funden, Dokumenten ...) Verstanden hast du das noch immer nicht. Was untersucht die KANONISCHE Exegese?
Wenn Ratzinger oder Berger von Quellen sprechen, meinen sie ausschließlich die eigenen Quellen, den selbst produzierten KANON.

Die HKM hat einen viel weiter gefassten Begriff von "Quellen", bezieht eine viel größere Menge an DATEN in ihre Methodik ein.
DATEN < data < dare = geben; also das Gegebene, TATSÄCHLICH Vorhandene. Von der Hermeneutik her (selbst nach uralt F. Ast), geht es dabei immer darum das Ganze und seine Teile wiederholt (= im Zirkel) miteinander zu durchdenken.
Das Ganze ist aber "kanonisch" auf sich selbst reduziert. Klassischer Fall von Münchhausen - zirkelreferent. Der Hermeneutische Zirkel ist aber was ganz anderes. Das hast du scheinbar auch noch nicht verinnerlicht - denn dein oft daher Gesagtes "zu Ende denken" bzw. "zu Ende gedacht" und die oft von dir ins Feld geführte "Hermeneutik" schließen sich logisch gegenseitig aus.

Kanon kann nur verstanden werden im Lichte der Kirchengeschichte und der christlichen Dogmengeschichte. In den Kanon kamen nur die Bücher, welche zu dem Gott und zu dem Jesus passten, den man haben wollte. Der "third quest" der Jesusforschung, und auch die moderne HKM, ist auch dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur die kanonischen Daten, sondern auch wieder die anderen schriftlichen Quellen beispielsweise die neutestamentlichen Apokryphen in den Blick genommen werden. Diese waren im first und second quest der Jesusforschung gar kein Thema.

Ich wundere mich auch immer wieder darüber, dass du als Philologe diese Sprachspielchen nicht wahrzunehmen scheinst.
Schriftrollen > 5 Bücher Moses > biblia > AT + NT > Kodizes > DIE Bibel > DIE Heilige Schrift > Gottes Wort. Da wird aus einer Vielzahl eine Einzahl gemacht - nur durch Sprache. So wird sprachlich EIN Fundus generiert, aus dem man sich dann nach Belieben das zusammenbastelt was man gerne hätte. Das ist der ganze Sinn von Kanon = Regel, Norm, Richtschnur, Maßstab; An dieser Richtschnur soll dann "erforscht" oder "untersucht" werden, wer Jesus wirklich (nicht historisch, wie du wieder fälschlich sagst) war?

Was ist denn nun für "das Wirkliche" nach F. Ast das Ganze und aus welchen Teilen besteht es? Das "kanonische" sicher nicht. Das "kanonische" dient nur dazu mit dieser Kanone auf Spatzenhirne zu schießen.
Zuletzt geändert von Andreas am Mo 1. Jan 2018, 16:07, insgesamt 1-mal geändert.

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#339 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Mo 1. Jan 2018, 15:57

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Da Setzungen leider nun mal KEIN Zauberstab sind ("ich schaff`mir die Welt, wie sie mir gefällt..."), kann man mit ihnen auch mit noch so großem Glauben keine Realitäten aus dem Nichts zaubern.
sven23 hat geschrieben:Genau das ist der Kritikpunkt.
Genau das ist NICHT der Punkt, weil gerade mit "Setzung" der Unterschied zwischen Realität und Wahrnehmung (= Wissenschaft/Setzung/Vermutung/etc.) dargestellt wird.
Bei der Kanonik ist der Unterschied offensichtlich. Die Forschung benötigt keine a-priori Setzung, wie selbst eine Ratzinger einsieht. Gehe hin und tue das gleiche. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Würde die kanonische Exegese wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, würde sie auch in der historischen Forschung eingesetzt.
Verquerer Satz: Es hat nichts mit Wissenschafts-Kompetenz zu tun, sondern mit unterschiedlichen Modellen.
Die Anwendung einer wissenschaftlichen Methode ist eine Selbstverständlichkeit, aber das hast du noch nie verstanden und wirst es wahrscheinlich auch im neuen Jahr nicht verstehen oder aus glaubensideologischen Gründen nicht verstehen wollen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auf diese zirkelreferente Weise lassen sich alle Götter bestätigen
Du scheinst auch über den Jahreswechsel gelernt zu haben, was "Zirkelreferenz" ist. - Wie auch immer: Egal wie man "Zirkelreferenz" definiert: HKM und Kanonik sind hierin gleich.
Das musste ich nicht über den Jahreswechsel lernen, sondern das wußte ich vorher schon. Dass du deinen Fehler immer wieder erneut wiederholst, ist ja schon sehr bezeichnend und eher peinlich. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das hartnäckige Festhalten an einem Fehler wird dann schnell zu einer peinlichen Veranstaltung.
Und schon wieder fänst Du so an, wie Du aufgehört hast:
* "Ich verstehe etwas nicht"
* "Also liegt es am anderen"
* "Das gibt mir die Gelegenheit, mich aus Beschränktheit zu profilieren"
Altes Bild, das sattsam aus 2017 bekannt ist.
Auch Roland hat versucht, Dich zu bekehren - erinnerst Du Dich?
Missionierung und Bekehrung funktioniert bei mir nicht. Da müsst ihr schon mit tragfähigen Argumenten kommen und das konntet ihr bisher beide nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber biblisch, auf den sich die Fundamentalisten und Kanoniker berufen.
Für die "Kanoniker" steht noch ein Beleg aus. - Kannst Du überhaupt einen Satz zitieren, der Deine Behauptung belastbar macht?
Ja, schon ein Dutzendmal. Für dein schlechtes Gedächtnis kann ich nichts. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Irgendwie habe ich den Verdacht, dass Theologen eine seltsame Spezies sind.
Da ist was dran, je besser man dort und in Philosophie ist. - Denn dann lernt man, in verschiedenen Ebenen und Abstraktionen zu denken, dass man sich schon mal verlieren kann. - Allerdings sollte das Volk nicht darüber urteilen - umgekehrt: Es ist viel zu viel Unverständliches öffentlich zugänglich unterwegs, was nur zu Verwirrung führen kann.
Ja, und mehr verwirrt als dieser Berger kann man doch nicht sein.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Anders als Kanoniker muss die Forschung keine Rücksicht nehmen auf Glaubensempfindlichkeiten.
Falsche Spur: Dass "nahes Himmelreich" ein Kernmotiv ist, werden (hoffentlich) alle wissen. - WAS damit gemeint ist, ist die Frage.
Die Verortung in ein jenseitiges Himmelreich ist schon eine christliche Veränderung. Der Jude Jesus glaubte an die Gottesherrschaft auf Erden, die eine neue Ordnung begründen sollte.

"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"
Karl Rahner

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wir müssen vor allem über einen präziseren Umgang mit Sprache reden, denn da hapert es bei dir gelegentlich.
Das kann einerseits schon sein: Manchmal nehme ich sprachliche Abkürzungen, weil ich mir denke: "Das kann man doch nicht missverstehen".
Ja, wie z. b. "geistiger" Kurzzeitkreationismus, der eine Eigenkreation von closs ist und den sonst niemand kennt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch eine persönliche Meinung kann fehlerhaft sein. Du hast ihn kritisiert. Warum also?
Warum? Weil er am Ende "Kerygmatik" auf eine didaktische Größe reduziert, also ihren eigentlichen Gehalt übergeht.
Stimmt doch gar nicht, er erklärt Kerygmatik so, wie sie definiert ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau, deshalb haben wir ja in der Theologie die schizophrene Situation Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik.
Das Differenzieren können zwischen Modell-Ergebnis und Realität hat nichts mit "Schiozophrenie" zu tun.
Und warum wird diese Diskrepanz in der Fachliteratur immer wieder thematisiert?
Ach, ich vergaß, du liest ja nichts. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wer will schon wissen, was der Wanderprediger wirklich dachte?
Niemand. - Und weil das so ist, versucht man sich diesem Denken mit verschiedenen Modellen zu nähern. - Der eine tut es säkular historisch-kritisch, der andere geistig-kanonisch. - Das ist sowas von normal in der Wissenschaft, dass man es nicht gegeneinander in Position bringen muss.
Die Positionierung ergibt sich automatisch. Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Doch, in der historischen Forschung geht es genau darum. Dort sind zirkelreferente Auslegungsmethoden nicht zu gebrauchen.
Das ist nirgends zu gebrauchen - auch nicht in der theologischen Exegese.
Falsch, in den glaubenbasierten Exegesen sind sie Standard und dehalb in der historischen Forschung nicht zu gebrauchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung geht ja auch davon aus, dass Jesus apokalyptische Strömungen seiner Zeit aufgenommen hat, unter anderem sehr stark von seinem Vorbild Johannes dem Täufer. Diese Begegnung könnte sogar so einen Art Weckruf ausgelöst haben.
Eine mögliche These - mehr nicht. - Es kann auch sein, dass Jesus diese Strömungen aufgenommen hat, um sie im Sinne dessen, was man heute NT nennt, zu transformieren.
Dagegen sprechen die ältesten Jesustraditionen, die nun mal am nächsten am historischen Jesus dran sind. Alles andere sind weltfremde Erklärungen für Leute, die sich die Hose mit der Kneifzange zumachen.

closs hat geschrieben: LEtztlich läuft es immer wieder auf die Frage hinaus, ob Jesus nur menschlich oder auch göttlich war. - Aber genau das ist nicht falsifizierbar - beides kann historisch gewesen sein.
Das wird von der historischen Jesusforschung gar nicht thematisiert.
Jedenfalls ist die Setzung, dass Jesus göttlich ist, um dann zu untersuchen, was rauskommt, wenn er göttlich ist, eine Zirkelveranstaltung allerersten Ranges. Dass das in der historischen Forschung nicht zu gebrauchen ist, ist auch klar. (ausser closs natürlich) :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Davon geht die Forschung aus, dass sie die richtigen sind.
Naja - man sollte schon davon ausgehen, dass der eigene Ansatz der richtige sein kann. - Das ist nicht ungewöhnlich.
Wenn man an die Lindemanns denkt, ist das nicht selbstverständlich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es gibt auch keine Alternativen in der historischen Forschung.
Das ist die historisch-kritische Forschung, innerhalb derer es dazu keine Alternative gibt (selbst wenn Ratzinger anderes im Sinne hatte). - Aber es gibt halt Alternativen in Bezug auf das, was Jesus historisch gedacht und gemeint hat. - Für die historische WIKRLICHKEIT ist die HKM NICHT alternativlos.
Wie Münek immer sagt, kann man sich natürlich in die eigene Tasche lügen. Nur müssen die Taschen mittlerweile sehr voll sein. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#340 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Mo 1. Jan 2018, 16:33

Andreas hat geschrieben:Dieser Satz ist schon wieder ein Rückfall
Dein Urteil ist gelegentlich engagiert schnell. - Wenn ich "weil" sage, dann nicht weil ich damit etwas ontisch festklopfe, sondern weil ich damit die Setzung der kanonischen Exegese unterstreiche: "Weil Jesus nach unserem Verständnis/unserer Setzung historisch ist, gilt: ...".

Andreas hat geschrieben:Du hast die Definition der HKM von Beck als dir längst bekannt bestätigt. Und dann das? Was untersucht die HKM und was untersucht die kanonische (Ratzinger-)Exegese? Die HKM untersucht Texte aufgrund von vorhandenem (Handschriften, archäologischen Funden, Dokumenten ...) Verstanden hast du das noch immer nicht.
Dito. - Es geht doch gar nicht um diese Erkenntnisse, sondern um die Interpretation selbiger - konkret:

Dass "das nahe Gottesreich" aus den Quellen ermittelbar ist, ist nun wahrlich keine große Leistung. - Es geht um die INTERPRETATION dessen, was damit gemeint ist. - Und da helfen einem Handschrifte, archäologischen Funde, Dokumente, etc. nur bedingt.

Andreas hat geschrieben:Wenn Ratzinger oder Berger von Quellen sprechen, meinen sie ausschließlich die eigenen Quellen, den selbst produzierten KANON.
Der Kanon ist eine kirchliche Größe - richtig. - Aber auch das ist allgemeint bekannt.

Andreas hat geschrieben:Die HKM hat einen viel weiter gefassten Begriff von "Quellen", bezieht eine viel größere Menge an DATEN in ihre Methodik ein.
Ebenfalls richtig. - Niemand käme auf die Idee, das historische Umfeld Jesu, etc. über den Kanon zu untersuchen.

Andreas hat geschrieben:Von der Hermeneutik her (selbst nach uralt F. Ast), geht es dabei immer darum das Ganze und seine Teile wiederholt (Zirkel) miteinander zu durchdenken.
Aber WELCHES Ganze? - Hier haben wir doch bei HKM und Kanonik zwei unterschiedliche "Ganze".

Andreas hat geschrieben:Das Ganze ist aber "kanonisch" auf sich selbst reduziert.
Bei der HKM AUCH. - Warum wird das nicht verstanden?

Andreas hat geschrieben: Klassischer Fall von Münchhausen - zirkelreferent. Der Hermeneutische Zirkel ist aber was ganz anderes. Das hast du scheinbar auch noch nicht verinnerlicht
Doch. - Hier scheint ein ziemlich massives Missverständnis vorzuliegen.

"Hermeneutischer Zirkel" heißt, dass man beim Forschen immer wieder auf neue Erkenntnisse stößt, die vorheriges Forschen immer wieder in neuem Licht erscheinen lassen können - jemand hat mal gesagt: "Es ist wie das Lesen eines Buchs: Wenn man durch ist, fängt man wieder von vorne an, weil man das Buch jetzt ganz anders liest (nachdem man es bereits einmal durchgelesen hat) - das gilt also bereits im geschlossenen Kreislauf. - Um so mehr gilt es, wenn neue Seiten des Buchs hinzukommen.

Bei der HKM ist es nicht anders: Möglicherweise sind die Seitenzahlen dieses Buches mehr - aber es geschieht nichts anderes. - Der eigentliche Unterschied zwischen HKM und "Kanonik" liegt also nicht in "zirkelreferent oder nicht" (wie mehrfach gesagt: Dann wäre auch Mathematik zirkelreferent), sondern in den unterschiedlichen Hermeneutiken: Die Fragestellung ist eine andere.

Die HKM fragt nach der Historizität Jesu, als wäre dieser ein Mensch und nichts als das gewesen. - Sie sagt zwar, das dies auch für einen göttlichen Jesus gelten würde, was aber nicht stimmt: Denn die kritisch-rational geprägte Methodik ist überhaupt nicht dazu geeignet, ontische Göttlichkeit Jesu zu identifizieren. - Sie kann beschreiben, dass dieser oder jener in den Quellen Jesus als göttlich oder nicht versteht, aber nicht damit umgehen, was es bedeuten, wenn Jesus ontisch in der Geschichte göttlich wäre.

Die "Kanonik" dagegen versteht Jesus als historische Person (also wie die HKM auch), die als solche göttlich sei (was historisch zwar möglich, aber nicht falsifizierbar ist) - im Klartext: Selbst wenn Jesus Gott im Dasein "ist", ist dies für die HKM nicht identifizierbar, obwohl es historisch sein kann und begründbar ist. - Eben diesen Fall nimmt die "Kanonik" als Grundlage ihrer Forschung: "Wie ist Jesu Wirklichkeit zu verstehen falls er göttlich ist?". - Das hat überhaupt nichts mit "Zirkelschluss" zu tun, sondern ist ein Modell.

Es wäre DANN ein Zirkelschluss, wenn die "Kanonik" sagen würde: "Wir weisen wissenschaftlich nach, dass Jesus Gott ist". - Genau das tut sie NICHT - sie sagt: "Wir weisen nach (davon abgesehen: "nachweisen" ist eh ein dämlicher Begriff - auch in der HKM), was es bedeutet, wenn dieser nicht-falsifizierbare historische Fall der Wahrheit entspricht".

Es würde mich sehr freuen, wenn dieser ganz wesentliche Unterschied verstanden werden würde.

Andreas hat geschrieben:Der "third quest" der Jesusforschung und auch in der HKM ist auch dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur die kanonischen Daten, sondern auch wieder die anderen schriftlichen Quellen beispielsweise die neutestamentlichen Apokryphen in den Blick genommen werden.
MAcht Sinn, ist aber nicht entscheidend. - Man gewinnt wirklich den Eindruck, "Kanonik" würde als "schlechtere HKM" verstanden - das ist ein Irrtum: "Kanonik" ist etwas ganz anderes - eine ganze andere Annäherung an die historische Realität des wirklichen Jesus - und zwar eine Art der Annäherung, die die HKM prinzipiell nicht leisten kann.

Andreas hat geschrieben:Ich wundere mich auch immer wieder darüber, dass du als Philologe diese Sprachspielchen nicht wahrzunehmen scheinst.
Dies sprachlich wahrzunehmen, ist keine große Leistung. - Die Frage ist, was damit gemeint ist - natürlich ist sicherlich NICHT damit gemeint, dass die Texte quasi aus einem Guß seien. - Selbst des Buch "Hiob" scheint unterschiedliche Autoren resp. verschiedene Bearbeitungen hinter sich gehabt zu haben, bevor das rauskam, was wir heute lesen.

FÜr einen HKM-ler MUSS so etwas alarmierend sein - auf Grund seiner Hermeneutik/Fragestellung. - Kanonisch ist das sekündär - DA ist die Frage, was an sich an Geistigem drin steht - egal, wann und in welchen Phasen die Geistesblitze passiert sind.

Vielleicht könnte man es so sagen: Kanonische Exegese ist KEINE historisch-fokussierte Exegese und somit KEIN Konkurrent zur HKM - aber die Kanonische Exegese fokussiert sich trotzdem auf etwas, was HISTORISCH relevant ist, FALLS Jesus göttlich war.. - Und für DIESEN Fall zieht die HKM mit manchen ihrer historischen Einschätzungen den Kürzeren - DANN hat die "Kanonik" die Nase vorne.

Auch hier noch einmal den Appell (mehr an andere als an Dich): Wir sollten das Jahr 2018 nutzen, erst mal Dinge zu KAPIEREN, bevor wir kritisieren und uns über andere stellen.

Andreas hat geschrieben:Was ist denn nun für "das Wirkliche" nach F. Ast das Ganze und aus welchen Teilen besteht es? Das "kanonische" sicher nicht.
Wie willst Du das beurteilen können? - "Das Ganze" wäre bei der Kanonik die geistige Wirklichkeit Jesu in der Historie. - Was wäre aus DEINER Sicht "das Ganze"?

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