Alles Teufelszeug? VII

closs
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#1521 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 19. Dez 2017, 11:17

sven23 hat geschrieben:Natürlich, man "bewertet" unter der Prämisse, dass Jesus göttlich ist, und kommt zu dem Schluss: es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Man "bewertet" unter der Prämisse, dass die Geschichte naturalistischen Wirkungszusammenhang hat, und kommt zum SChluss: es kann nicht sein, was nicht sein darf. - Ehrlich - das ist in der HKM dasselbe.

Davon abgesehen, dass Du wieder in Deine unselige Zirkelreferenz-Definition reinrutschst, bei der am Ende auch Mathematik zirkelreferent ist. - Sieh es weniger aggressiv: Jede Hermeneutik lässt nur Ergebnisse innerhalb deren Spielraums zu - das gilt für Kanonik genauso wie für HKM.

sven23 hat geschrieben:die Forschung hat keine Setzungen, die die Naherwartung in irgendeiner Form vorwegnehmen würde.
Wenn man es platt versteht, hast Du recht - so wird die HKM nicht sagen: "Wir wollen aber die Naherwartung rauskriegen". - Aber darum geht es nicht - es geht darum, dass der hermeneutische Spielraum der HKM Texte nicht geistig-spirituell interpretieren kann und somit nur zu einem Ergebnis IHRES Spielraums kommen kann.

sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung gilt in der Forschung schon deshalb als authentisch, weil sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat. Sie hätte schwerlich erfunden werden können.
Ein klassischer Fall für einen sich fortpflanzenden Irrtum Deinerseits - wie SOWAS unter professionellen Gesichtspunkten vertreten werden kann, ist mir nach wie vor ein Rätsel.

sven23 hat geschrieben:Weil das ein sehr schönes Beispiel dafür ist, wie unsinnig deine hermeneutischen Setzungen sein können.
Naja - das wussten wir aber schon vorher, dass "Hermeneutik" kein Freibrief ist. - Die HKM-Hermeneutik ist gelegentlich ebenfalls unsinnig. - Das ist doch gerade die Kunst, dass man sich möglichst breit aufstellt und sich fragt: "Zu welchem Ergebnis würde ich in dieser oder jener Hermeneutik kommen?".

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sven23
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#1522 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Di 19. Dez 2017, 11:36

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich, man "bewertet" unter der Prämisse, dass Jesus göttlich ist, und kommt zu dem Schluss: es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Man "bewertet" unter der Prämisse, dass die Geschichte naturalistischen Wirkungszusammenhang hat, und kommt zum SChluss: es kann nicht sein, was nicht sein darf. - Ehrlich - das ist in der HKM dasselbe.
Nein, im Falle der Naherwartung gibt es keine Prämisse, die das Ergebnis vorwegnimmt. Begreife das endlich. :roll:

closs hat geschrieben: Jede Hermeneutik lässt nur Ergebnisse innerhalb deren Spielraums zu - das gilt für Kanonik genauso wie für HKM.
Deshalb ist es falsch, den Spielraum unnötig einzuengen und die Ergebnisoffenheit zu beschränken. Im Falle der Naherwartung tut die Forschung das audrücklich nicht, Kanoniker sehr wohl.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:die Forschung hat keine Setzungen, die die Naherwartung in irgendeiner Form vorwegnehmen würde.
Wenn man es platt versteht, hast Du recht - so wird die HKM nicht sagen: "Wir wollen aber die Naherwartung rauskriegen". - Aber darum geht es nicht - es geht darum, dass der hermeneutische Spielraum der HKM Texte nicht geistig-spirituell interpretieren kann und somit nur zu einem Ergebnis IHRES Spielraums kommen kann.
Kurzzeitkreationisten kommen auch zu einem Ergebnis IHRES Spielraums. Trotzdem ist das Ergebnis falsch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung gilt in der Forschung schon deshalb als authentisch, weil sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat. Sie hätte schwerlich erfunden werden können.
Ein klassischer Fall für einen sich fortpflanzenden Irrtum Deinerseits - wie SOWAS unter professionellen Gesichtspunkten vertreten werden kann, ist mir nach wie vor ein Rätsel.
Weil du, wie man auch in anderen Bereichen wie der HP sieht, du keinen Zungang zu wissenschaftlicher Arbeit hast.
Selbst ein Theologe wie Lindemann hat dies begriffen.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-15239644.html

closs hat geschrieben: Die HKM-Hermeneutik ist gelegentlich ebenfalls unsinnig..
Wo zum Beispiel?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1523 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 19. Dez 2017, 11:54

sven23 hat geschrieben:Nein, im Falle der Naherwartung gibt es keine Prämisse, die das Ergebnis vorwegnimmt. Begreife das endlich.
Aber für die Art der Interpretation gibt es eine Prämisse. - Dass Jesus das nahe Gottesreich predigt, ist ein Sachergebnis - aber doch nicht, wie dies zu verstehen sei!

sven23 hat geschrieben:Deshalb ist es falsch, den Spielraum unnötig einzuengen und die Ergebnisoffenheit zu beschränken. Im Falle der Naherwartung tut die Forschung das audrücklich nicht, Kanoniker sehr wohl.
s.o.

sven23 hat geschrieben:Kurzzeitkreationisten kommen auch zu einem Ergebnis IHRES Spielraums. Trotzdem ist das Ergebnis falsch.
Richtig - was zeigt, dass nicht jedes Ergebnis ontisch richtig sein muss, das hermeneutisch schlüssig ist. - Und genau das gilt auch für HKM und Kanonik.

sven23 hat geschrieben:Weil du, wie man auch in anderen Bereichen wie der HP sieht, du keinen Zungang zu wissenschaftlicher Arbeit hast.
Wieder Dein Motiv: "Ich habe etwas nicht verstanden, also hat der andere eine Defizit".

sven23 hat geschrieben:Selbst ein Theologe wie Lindemann hat dies begriffen.
Lindemann hat begriffen, was Wissenschaft ist und kann, und was NICHT. - Dies zu begreifen geht nur, WEIL er Zugang zu wissenschaftlicher Arbeit hat. - Es ist genau umgekehrt, wie Du es darstellst.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Die HKM-Hermeneutik ist gelegentlich ebenfalls unsinnig..


Wo zum Beispiel?
Bspw. vorab anzunehmen, dass "die Welt" ausschließlich als naturalistischer Wirkungszusammenhang zu verstehen sei - was ja gleichzeitig heißt, dass man die Bibel nicht "redlich" :lol: so auslegen könne, als ob es Wunder, leibliche Auderstehung, jungfräuliche Geburt geben könne.

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#1524 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Di 19. Dez 2017, 12:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, im Falle der Naherwartung gibt es keine Prämisse, die das Ergebnis vorwegnimmt. Begreife das endlich.
Aber für die Art der Interpretation gibt es eine Prämisse. - Dass Jesus das nahe Gottesreich predigt, ist ein Sachergebnis - aber doch nicht, wie dies zu verstehen sei!
Das ergibt sich aus den Texten und aus dem zeitgnössischen jüdischen Verständnis der Gottesreich-Vorstellung. Nicht zu verwechseln mit der späteren christlichen Jenseitsvorstellung eines Gottesreiches.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kurzzeitkreationisten kommen auch zu einem Ergebnis IHRES Spielraums. Trotzdem ist das Ergebnis falsch.
Richtig - was zeigt, dass nicht jedes Ergebnis ontisch richtig sein muss, das hermeneutisch schlüssig ist. -
Deshalb kann man die "hermeneutische Schlüssigkeit" auch in der Pfeife rauchen.

closs hat geschrieben: Und genau das gilt auch für HKM und Kanonik.
Für Kanonik ja, die Forschung läßt sich erst gar nicht auf diese Spielchen ein.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Selbst ein Theologe wie Lindemann hat dies begriffen.
Lindemann hat begriffen, was Wissenschaft ist und kann, und was NICHT. - Dies zu begreifen geht nur, WEIL er Zugang zu wissenschaftlicher Arbeit hat. - Es ist genau umgekehrt, wie Du es darstellst.
Deshalb hält er ja auch die Nahwerwartung für authentisch.

SPIEGEL: Hat sich Jesus in der Erwartung geirrt, das Weltende und das Reich Gottes seien nahe? Es gibt Jesus-Worte, die dies vermuten lassen, das bekannteste findet sich im Markus-Evangelium Kapitel 9, Vers 1: "Unter denen, die hier stehen, sind einige, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie gesehen haben, dass das Reich Gottes mit Macht gekommen ist."
Lindemann: Viele Exegeten lösen das Problem, indem sie Jesus diese Aussage absprechen. Dafür gibt es auch gute Argumente. Andererseits halte ich es für unwahrscheinlich, dass der Evangelist Markus dieses Wort Jesus in den Mund gelegt hat. Es hatte sich ja schon zu Markus'' Lebzeiten als Irrtum erwiesen. Einer von beiden hat sich jedenfalls geirrt, Jesus oder Markus. Im Grunde ist das egal.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die HKM-Hermeneutik ist gelegentlich ebenfalls unsinnig..
Wo zum Beispiel?
Bspw. vorab anzunehmen, dass "die Welt" ausschließlich als naturalistischer Wirkungszusammenhang zu verstehen sei - was ja gleichzeitig heißt, dass man die Bibel nicht "redlich" :lol: so auslegen könne, als ob es Wunder, leibliche Auderstehung, jungfräuliche Geburt geben könne.
Nein, es heißt nur, dass man die mystische antike Welt nicht 1:1 in unser heutiges Verständnis übertragen kann. Da hat Bultmann absolut Recht.
Was sagt dein Freund Lindemann?

SPIEGEL: Laut Bibel hat Jesus Tote auferweckt, einen Sturm gestillt, ist über Wasser gegangen, hat fünftausend mit fünf
Broten und zwei Fischen gesättigt, Wasser in Wein verwandelt. War Jesus zu solchen Wundern, also zu Taten fähig, die vor oder nach ihm kein Mensch vollbracht hat?
Lindemann: Ich halte es für ausgeschlossen, dass Jesus die von Ihnen genannten Wunder getan hat. Solche Erzählungen gab es damals auch über andere große Männer. Für historisch halte ich, dass Jesus Kranke geheilt und, nach dem Sprachgebrauch der Bibel, "Dämonen ausgetrieben" hat.


SPIEGEL: Dass die Jungfrauengeburt nicht historisch ist, ist feste protestantische Überzeugung. Wie äußern sich dazu heutzutage die katholischen Exegeten?
Lindemann: Nach meinem Eindruck halten nur wenige katholische Neutestamentler daran noch fest. Aber auch die anderen katholischen Kollegen tun sich hier schwer, denn es geht offenbar um ein zentrales Dogma ihrer Kirche. Deshalb breiten sie zwar alle Argumente aus, meiden aber ein klares Ja oder Nein, und einige schweigen sich in ihren populären Büchern zu diesem Thema aus. So gehen sie einem Konflikt mit Rom aus dem Wege und brauchen sich doch nicht wider besseres Wissen zu äußern.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1525 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 19. Dez 2017, 13:28

sven23 hat geschrieben:Das ergibt sich aus den Texten und aus dem zeitgnössischen jüdischen Verständnis der Gottesreich-Vorstellung.
Ein Paradigmen-Verständnis lässt sich ebenfalls aus den Texten heraus-"ergeben" - je nach Hermeneutik.

sven23 hat geschrieben:Deshalb kann man die "hermeneutische Schlüssigkeit" auch in der Pfeife rauchen.
Also auch die HKM? - Was soll das?

sven23 hat geschrieben:Für Kanonik ja, die Forschung läßt sich erst gar nicht auf diese Spielchen ein.
Die eine Forschung so und die andere Forschung aufgrund unterschiedlicher Hermeneutiken qualitativ aufzuteilen, ist Ideologie.

sven23 hat geschrieben:Deshalb hält er ja auch die Nahwerwartung für authentisch.
Nein - er wägt ab: Beides habe gute Gründe. - Liest Du Deine eigenen Zitate nicht?

sven23 hat geschrieben:Nein, es heißt nur, dass man die mystische antike Welt nicht 1:1 in unser heutiges Verständnis übertragen kann. Da hat Bultmann absolut Recht.
DAMIT hat er recht. :lol:

sven23 hat geschrieben:Was sagt dein Freund Lindemann?
Ich kenne ihn nicht persönlich. - Was er sagt, ist ausgewogen und garniert mit einer eigenen Einschätzung - das ist vollkommen ok.

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#1526 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Di 19. Dez 2017, 13:47

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ergibt sich aus den Texten und aus dem zeitgnössischen jüdischen Verständnis der Gottesreich-Vorstellung.
Ein Paradigmen-Verständnis lässt sich ebenfalls aus den Texten heraus-"ergeben" - je nach Hermeneutik.
Nein, der Paradigmenwechsel vom jüdischen Gottesreichverständnis zum späteren christlichen Verständnis ist ein nachträgliches Konstrukt, das nichts mit dem historischen Jesus zu tun hat.
Wie Lindemann sagt: Jesus war kein Christ
oder wie Albert Schweitzer sagt:
Der Jesus der Evangelien hat nie existiert.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Für Kanonik ja, die Forschung läßt sich erst gar nicht auf diese Spielchen ein.
Die eine Forschung so und die andere Forschung aufgrund unterschiedlicher Hermeneutiken qualitativ aufzuteilen, ist Ideologie.
Unsinn, nur die HKM hat etwas in der historischen Forschung zu suchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb hält er ja auch die Nahwerwartung für authentisch.
Nein - er wägt ab: Beides habe gute Gründe. - Liest Du Deine eigenen Zitate nicht?
Im Gegensatz zur dir schon:
Lindemann: Viele Exegeten lösen das Problem, indem sie Jesus diese Aussage absprechen. Dafür gibt es auch gute Argumente. Andererseits halte ich es für unwahrscheinlich, dass der Evangelist Markus dieses Wort Jesus in den Mund gelegt hat. Es hatte sich ja schon zu Markus'' Lebzeiten als Irrtum erwiesen. Einer von beiden hat sich jedenfalls geirrt, Jesus oder Markus. Im Grunde ist das egal.

PS: Dass es im Grunde egal sei, ist natürlich dummes Geschwätz.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, es heißt nur, dass man die mystische antike Welt nicht 1:1 in unser heutiges Verständnis übertragen kann. Da hat Bultmann absolut Recht.
DAMIT hat er recht. :lol:
Deshalb ist Lindemann ja auch zuzustimmen:
Lindemann: Ich halte es für ausgeschlossen, dass Jesus die von Ihnen genannten Wunder getan hat. Solche Erzählungen gab es damals auch über andere große Männer. Für historisch halte ich, dass Jesus Kranke geheilt und, nach dem Sprachgebrauch der Bibel, "Dämonen ausgetrieben" hat.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was sagt dein Freund Lindemann?
Ich kenne ihn nicht persönlich. - Was er sagt, ist ausgewogen und garniert mit einer eigenen Einschätzung - das ist vollkommen ok.
Ich kenne ihn persönlich auch nicht, halte aber auch seine Einschätzung für weitgehend ok, deckt sie sich doch mit den Forschungsergebnissen.

SPIEGEL: Hielt sich Jesus für den Messias, den viele Juden damals erwarteten?
Lindemann: Nach allem, was wir wissen, nicht. Er hat auch nach der Darstellung der Evangelien nichts von dem getan, was vom kommenden Messias erwartet wurde.
SPIEGEL: Hat Jesus gehofft, nach seinem Tode als Christus das Haupt einer Kirche zu werden?
Lindemann: Auch diese Frage ist, historisch gesehen, zu verneinen. Jesus wollte keine Kirche gründen. Überhaupt sah er die Entwicklung nicht voraus, die nach seinem Tode, wie Sie sagen, nach seiner Auferstehung, wie wir Christen sagen, einsetzte und die Welt veränderte.
SPIEGEL: Was von all dem, was Christen sonst noch glauben oder glauben sollen, hat Jesus schon geglaubt? Dass er präexistent war, es ihn also schon gab, bevor er gezeugt wurde? Dass er wiederkehren werde am Ende der Tage?
Lindemann: All das ist christlicher Glaube, und Jesus hat dies nicht geglaubt, er hätte dies auch nicht glauben können, denn er war Jude und kein Christ. Er sah seine Aufgabe in Israel, und keinesfalls wollte er eine neue Religion stiften.


Wenn du seine Einschätzungen für ausgewogen und ok. hälst, was regst du dich dann über Theißen und andere auf, die genau zu den gleichen Ergebnissen kommen? :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Andreas
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#1527 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Andreas » Di 19. Dez 2017, 14:37

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Das ist nicht falsifizierbar und deswegen möglicherweise das, was der Fall ist? Echt jetzt?
Es ist nicht falsifizierbar und dann historisch, wenn es der Fall ist - immer wieder: Wenn man "historisch" als ontischen Begriff und nicht als methodischen Begriff versteht. - Ich verstehe unter "historisch" das, was in der Historie stattgefunden hat, ob wir es nachweisen können oder nicht - man kann "historisch" andererseits auch als den Teilbereich verstehen, der methodisch nachweisbar stattgefunden hat.

Muss man einfach nur klären - ich bin mit beidem einverstanden. - Ich bin aber NICHT verstanden, wenn beide Bedeutungen vermischt werden - und das passiert hier ständig.
Das glaub ich jetzt nicht! Der erste Mensch Adam als historische Person ist aber auch schon so was von falsifiziert, falsifizierter geht es gar nicht.

DU versuchst doch hier gerade, diese beiden Bedeutungen zu vermischen. Es heißt HKM und nicht OKM (Ontologisch-Kritische Methode) nach der Definition von Becker, die du so toll fandest. Jetzt willst du der HKM deine Ontologie unterjubeln und das, was alle anderen Menschen auch unter Historie (Geschichte) verstehen, in Richtung deines persönlichen Gedankengebäudes umdefinieren. Was unter Geschichte zu verstehen ist, ist geklärt und das kannst du nicht aushebeln, durch das, was ebenso gut nicht ist, was du aber gerne hättest. Dein das, was ist, ist dasselbe wie das, was nicht ist. Das eine ist vom anderen von niemandem unterscheidbar. Das "kritisch" in historisch-kritisch steht für "unterscheiden" nicht für kritisch rummäkeln, was du hier tust.

Die Tatsachen, welche die HKM untersucht (Handschriften usw.) sind von deinem das, was ist, und deinem das, was nicht ist, unterscheidbar, weil außer dir jeder in der Lage ist, Vermutungen von Tatsachen zu unterscheiden und kaum jemand außer dir von möglichen Tatsachen oder vermuteten Tatsachen spricht. Bei google finden sich schlappe 1.230 Ergebnisse für "vermutete Tatsache". Davon beziehen sich gefühlte 100 % auf einen Terminus Technicus der Juristerei. Im Gegensatz dazu Tatsache: 27.100.000 Ergebnisse. Vermutung: 5.750.000 Ergebnisse. Das war der Realitätscheck - ontologisch sieht das vermutlich "tatsächlich" ganz anders aus, weil das, was ist, völlig unabhängig von den von google gesammelten, tatsächlichen menschlichen Wahrnehmungen ist, da es sich dabei immer nur um tatsächliche Vermutungen handelt, die der vermuteten Tatsächlichkeit nicht das Wasser reichen können - da demnach angeblich nichts falsifizierbar sei.

Wenn du es geschafft hast, dass die Historisch-Kritische-Methode allgemein als Ontologisch-Kritische Methode bezeichnet wird, reden wir weiter.

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Der Sinn dieses und jeden anderen Satzes der Bibel ist nicht anders zu verstehen, WENN Jesus göttlich ist, als WENN Jesus nur Mensch ist.
Ist das ein Statement? - Meinst Du das ernsthaft?
Ja. In beiden Fällen ist doch klar, dass der Schreiber zum Ausdruck bringen wollte, dass Jesus Gottes Sohn ist, wenn er den Hauptmann unterm Kreuz sagen lässt: "Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn." Es ist "tatsächlich" möglich, dass das Ausgesagte nicht das ist, was der Fall ist, weil das, was der Fall ist, unabhängig von der Wahrnehmung des Schreibers, und der Wahrnehmung der Leser ist. Es ist sogar eine mögliche "Tatsache", dass da "ontologisch" Wäsche zum Trocknen am Kreuz hing und das, was ist, der Weiße Riese ist. Selbst wenn das bisher niemand vermutet hat, ist diese mögliche "historische Tatsache" nicht falsifizierbar. Deshalb muss man auch von dieser Setzung bei der Exegese ausgehen. WENN da Wäsche zum Trocknen hing, und WENN der Weiße Riese eine Entität ist, DANN ist der Weiße Riese "historisch" eine Tatsache, unabhängig jeglicher menschlichen Wahrnehmung. Basta! Ich höre schon dein: Genau so "ist" es, weil du meine tatsächliche Ironie, wie üblich, nicht mitzitieren wirst und es lieber so hinstellst, als hätte ich dich tatsächlich Verstanden und wäre damit auch einverstanden. Weder noch. Was ich verstanden habe, ist, dass deine Bäumchen-Wechsel-Dich-Logik eben darum schwer vermittelbar ist.

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#1528 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 19. Dez 2017, 14:42

sven23 hat geschrieben:der Paradigmenwechsel vom jüdischen Gottesreichverständnis zum späteren christlichen Verständnis ist ein nachträgliches Konstrukt, das nichts mit dem historischen Jesus zu tun hat.
Auch hier: Eine hermeneutische Aussage.

sven23 hat geschrieben:nur die HKM hat etwas in der historischen Forschung zu suchen.
Du sprachst von "Forschung", nicht von "historischer Forschung". - Davon abgesehen (und wie oft eigentlich noch?): Auf reiner Sachebene ist dies unbestritten.

sven23 hat geschrieben:"Einer von beiden hat sich jedenfalls geirrt"
Nicht DER oder DER, sondern "einer", von dem wir nicht wissen, wer es ist (wäre zu ergänzen).

sven23 hat geschrieben:Wenn du seine Einschätzungen für ausgewogen und ok. hälst, was regst du dich dann über Theißen und andere auf, die genau zu den gleichen Ergebnissen kommen?
Beim letzten Absatz würde ich in einigen Punkten nicht zustimmen - vorher war es ganz gut. - Wie auch immer: Lindemann spricht in der Hermeneutik der HKM und glaubt in der Hermeneutik des Christentums. - Das ist nicht einfach, aber an sich nicht verwerflich. - Das Positive: Er zeigt damit, dass er um die Relativität von hermeneutischen Sichtweisen weiß, sie also nicht für "Wahrheit", sondern für Perspektiven hält.

Über Theißen rege ich mich eh nicht auf (außer dass er rhetorisch etwas pädagogischer sein könnte), weil sein Vorwort alles Folgende einordnet - das ist ok.

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#1529 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 19. Dez 2017, 14:55

Andreas hat geschrieben:DU versuchst doch hier gerade, diese beiden Bedeutungen zu vermischen.
Das klärt nicht die Frage, was für Dich "historisch" ist: Ist es aus Deiner Sicht ein wissenschaftlich-methodischer Begriff ("Wir nennen etwas 'historisch', wenn unser Modell uns das sagt") oder ein ontischer Begriff ("historisch= wenn es tatsächlich auch so geschehen ist"). - Riesen Unterschied.

Andreas hat geschrieben:Jetzt willst du der HKM deine Ontologie unterjubeln
Wieso unterjubeln? Ich dachte bis vor kurzem, so verstehe man "historisch".

Andreas hat geschrieben:Was unter Geschichte zu verstehen ist, ist geklärt
Methodische Größe oder ontische Größe? - Was die Methode sagt oder was wirklich war?

Andreas hat geschrieben: In beiden Fällen ist doch klar, dass der Schreiber zum Ausdruck bringen wollte, dass Jesus Gottes Sohn ist, wenn er den Hauptmann unterm Kreuz sagen lässt: "Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn."
Das schon. - Aber wie interpretiert man es? - Leichte Antwort: Der Gäubige wird sagen "Guck, da steht's", der Nicht-Gläubige wird sagen "Der Hauptmann hatte einen Riss in der Schüssel"/"Das gilt nicht, weil in einer späteren Phase geschrieben". - Wer recht hat, wissen wir nicht.

Wenn Jesus vom "nahen Reich Gottes" spricht, ist auch alles klar - in der Wortauslegung. - Aber was meint er damit? - Das, was das Volk damals geglaubt hat? - Oder gerade NICHT? - Wer recht hat, wissen wir nicht. - Beide Seiten können nur ihre Version GLAUBEN.

Andreas hat geschrieben: Was ich verstanden habe, ist, dass deine Bäumchen-Wechsel-Dich-Logik eben darum schwer vermittelbar ist.
Das kann sein - aber es wäre nur vermeidbar, wenn man die Existenz verschiedener Perspektiven und deren jeweils spezifischen Setzungen ignorieren würde. - Und das tut man halt gerne.

Das kann so weit führen, dass man "historisch" rein methodisch definiert, was im Grunde rausläuft auf: "Hey, Du Realität, Du dumme Sau: Wenn Du nicht zu meiner Hermeneutik passt, kannst Du Dich selber ficken. - Dann wirst Du ausradiert".

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#1530 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Di 19. Dez 2017, 16:42

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wer, wenn nicht die Exegeten als theologische Experten, soll den Text richtig verstehen?
In Puncto "Wortauslegung" sind es ganz sicher die Profi-Exegeten.
Das genügt. Mehr ist bei seriöser Text-Interpretation nicht möglich. Die entscheidende Frage für den Exegeten ist immer, was wollte der gottesgläubige Verfasser zum Ausdruck bringen, was war seine Aussageabsicht.

closs hat geschrieben:Davon abgesehen und der eigentliche Punkt: Wenn es INTERPRETATIV wird ("Wie hat Jesus diese Aussage gemeint?") nützt das historisch-kritische Instrumentarium nur sehr bedingt.
Besser im Konjunktiv: Was KÖNNTE Jesus z.B. mit dem "Reich Gottes" gemeint haben? Um diese Frage zu beantworten, ist das historisch-kritische Instrumentarium BESTENS geeignet. Persönlicher Glaube hat hier selbstverständlich außen vor zu bleiben. Das gilt auch für spekulative "was-wäre-wenn"- Überlegungen.

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Ganz im Gegenteil - es gibt nichts Besseres. Hier sind Profis gefragt. Mit Wunschdenken und Glauben kommt man jedenfalls nicht weiter.
Widerspruch. - Es hat etwas mit den interpretativen Grundlagen zu tun. Das "Verstehst Du auch, was Du da liest?" ist in der HKM-Methodik nicht drin.
Du Witzbold - dann lass`Dich mal eines Besseren belehren und nimm Einblick in Kommentare, die EXEGETEN zu biblischen Büchern und Briefen verfasst haben. Du würdest aus dem Staunen nicht herauskommen.

Hier erkennt man wieder einmal mehr, wie beschränkt Dein Wissen zur historisch-kritischen Bibelexegese ist.

closs hat geschrieben:aber sie kann per Methodik nicht verstehen, was etwa der Satz "Bevor Abraham wurde, bin ich" geistig verstehen.
Selbstverständlich kann sie das - sie würde diesen Satz als Aussage zur "Präexistenz Jesu" interpretieren. Und nun?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Exegeten können sich nur auf die vorhandenen, nicht aber auf hypothetische Quellen stützen.
Vollkommen richtig: Sie deuten das, was sie vorfinden, und wären undiszipliniert, wenn sie für Theologen geistig Naheliegendes dabei berücksichtigen würden. - Das heißt aber auch: Sie können nicht über das hinaus deuten, was sie vorfinden.
Richtig - das wollen und sollen sie auch nicht. Spirituell-transzendente Spekulationen haben nichts mit Wissenschaft zu tun.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die erste Frage, die sich stellen würde, wäre, ob es sich um ein authentisches Jesuswort handelt oder um ein Wort, das ihm der Johannesevangelist 70 Jahre nach seinem Tod in den Mund gelegt hat.
Das Wort "authentisch" ist irreführend. - Neutraler wäre "ob es eine ältere oder eine jüngere Quelle ist".
Nein - für die Entscheidung, ob ein Wort Jesu "echt" oder "unecht" ist, sind andere Kriterien maßgeblich. Die Quellen (= Evangelien) liegen im Übrigen zeitlich nicht so weit auseinander (70 - 100 n.Chr.).

closs hat geschrieben:Denn "authentisch" ist nicht das, was früher oder später zitiert/rezipiert wurde, sondern das, was Jesus geistig gemeint hat - und genau da kommt die HKM nicht hin.
Im Gegenteil - das herauszufinden IST Aufgabe der historisch-kritischen Exegese. Besorge Dir endlich mal ein Lehrbuch der Exegese. Deine offensichtlichen Wissenslücken sind ja nicht mehr auszuhalten.
Zuletzt geändert von Münek am Di 19. Dez 2017, 19:18, insgesamt 1-mal geändert.

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