Andreas hat geschrieben:ach deiner Definition deiner Vorstellungs-Idee kommt ja alles aus dem "cogito, ego sum" - so ist logischerweise auch Gott nur ein irreales Objekt deines Egos
Möglicherweise wäre das so - man wüsste es nicht. - Aber das hätte nichts damit zu tun, ob es Gott gäbe oder nicht.
Andreas hat geschrieben: wenn das Ich die letzte "sicher" zu wissende Instanz wäre.
Für das (jeweilige) Ich - ja.
Andreas hat geschrieben: Das behauptest du und schießt dir damit fortwährend ins eigene Knie.
Warum? - Es geht nach wie vor lediglich darum, dass das Ich nicht unterscheiden könnte, ob seine Wahrnehmung sich auf eigene Vorstellungen oder auf existente Objekte bezieht. - Ich weiß nicht, worauf Du raus willst.
Andreas hat geschrieben:Ob Gott wohlwollend oder missgünstig wäre, ist schon wieder einer Vor-Stellung geschuldet.
Nee - entweder er "ist" missgünstig oder nicht. - Das ICH muss das gar nicht wissen - diese Schlussfolgerung kommt von Descartes, der sich quasi geistig drüberstellt und sich überlegt: "Was würde das bedeuten?". - Das ist aber nicht nötig.
Andreas hat geschrieben:Warum fragst du dann nicht radikal weiter, ob nicht die Möglichkeit bestünde, dass das Ich nur eine Vor-Stellung Gottes sein könnte und damit keine eigene Identität hätte
Weil das Subjekt in diesem Gedankenexperiment nicht Gott, sondern ICH ist. - Konkret: Wenn da jemand ist, der fragen kann "Was ist unzweifelhafte Entität?", ist es ja das ICH, das da ist. - Wäre "ICH" eine Vorstellung Gottes, könnte ICH diese Frage doch nicht als bewusste Entität stellen, sondern nur in der Vorstellung eines anderen (hier: Gottes). - Also entweder Gott stellt diese Frage in seiner Vorstellung, dann tut es nicht das ICH. - Oder ICH stellt diese Frage, dann ist es eine Entität.
Andreas hat geschrieben:Was hindert denn den radikalen Zweifel eigentlich daran, das Ich anzuzweifeln?
Tut es doch.
Andreas hat geschrieben: Woher kann ich denn so sicher wissen, dass ich das bin, der da denkt und nicht ein anderer - Gott oder mein Körper oder die Materie oder sonst was?
Das spielt keine Rolle - denn dann wäre dasjenige, das die Frage in mir stellt, das ICH - egal wer das ist.
Andreas hat geschrieben: Irgendetwas denkt da, schon klar, aber was außer der sprachlichen Gewohnheit spricht eigentlich dafür, dass das Ich ein Subjekt wäre und nicht ein Objekt
Es MUSS ein Subjekt sein, weil das Objekt immer im Zweifel steht. - Wäre das ICH ein Objekt, dann wäre es kein ICH - dann ist das das ICH, dass das ICH zum Objekt macht. (Hihihi - lustige Sprache)
Andreas hat geschrieben:diesem egomanischen Zirkelschluss "ich denke, also bin ich", der nirgendwo hin führt, nichts erhellt und mich in letzter Konsequenz zur absoluten Einsamkeit verurteilt?
Wieso Zirkelschluss? - "Ich schreibe an Andreas, also muss es mich geben" ist doch kein Zirkelschluss.
Im Grunde geht es hier - ich werde es bei Bedarf noch öfter sagen - immer nur darum, dass jegliches Objekt nur von der eigenen Wahrnehmung wahrgenommen werden kann, die ihrerseits nicht zu erkennen geben kann, ob sie sich auf Entitäten (Res extensae) oder auf Vorstellungen meinerseits bezieht (Es gibt Menschen, die weiße Mäuse wahrnehmen, wo keine sind). - Nach Descartes und mit meiner Zustimmung ist das einzige Objekt, das von dieser Ungewissheit verschont bleibt, das ICH - aber nicht, weil es "richtig" wahrgenommen wird, sondern weil es die Quelle der Wahrnehmung ist, also Subjekt ist. - Frei übersetzt: "Egal, ob ich mich als Mann, Frau, Maus oder Känguruh wahrnehme: Mich gibt es, weil ich sonst nicht die Quelle sein könnte, aus der diese Wahrnehmung ist".
"Absolute Einsamkeit" kann natürlich richtig sein - aber dann wäre es halt so. - Aber da Descartes dieses und anderes unter dem Aspekt seines Glaubens an einen wohlwollenden Gott ausschließt, muss er sich darüber keine Gedanken machen.
Andreas hat geschrieben:Ich weiß doch aus logisch zwingenden Gründen, dass deine an den Haaren herbeigezauberte Alternative: "Alles entspringt möglicherweise nur meiner Vorstellung" falsch ist. Den logischen Widerspruch habe ich dir jetzt schon mehrmals aufgezeigt
Ich verstehe den Widerspruch nicht. - Entweder es gibt nur Dich oder nur mich oder uns beide oder viele. - In all diesen Fällen hat das Subjekt (das immer nur EIN Ich, das von etwaig anderen nichts weiß) nur Vorstellungen - in diesen Vorstellungen kann ein Andreas vorkommen, den es als Entität zufällig gibt - was aber vollkommen egal ist, weil es das ICH eh nie rauskriegen würde.
Auf die Spitze getrieben: Wir könnten in zwei Zimmern nebeneinander sitzen und würden nie eine gegenseitige Vorstellung haben - oder wir hätten eine, die entweder mit einer bestehenden Entität namens Andreas übereinstimmt oder nicht. - Es wäre irrelevant.
Andreas hat geschrieben: Ich kann es nicht denken, weil Ich unter dieser Voraussetzung nur ein Objekt deiner Vorstellung ist und eben kein Subjekt und Du kannst es nicht denken, weil Du nur ein Objekt meiner Vorstellung ist und kein Subjekt.
Aus Sicht eines ICH wäre das so - aber das ist doch nicht relevant für die Frage, ob es Dich als Entität gibt.
Entweder es gibt Dich als Entität oder nicht. - Wenn es Dich als Entität gibt, kannst Du obige Fragen stellen und egal welche Vorstellungen haben - völlig unabhängig davon, ob es dazu Entitäten gibt oder nicht. - Wenn es Dich NICHT als Entität gibt, gibt es Dich logischerweise nicht als ICH - ob dann ein anderes ICH sich etwas vorstellt, was wie Dein als Entität nicht vorhandenes ICH "aussieht", ist vollkommen irrelevant - Dich gibt es schließlich nicht.
Andreas hat geschrieben:Damit gäbe es logischerweise überhaupt kein Subjekt mehr, welches sich selbst gewiss sein könnte
Du machst da vorher einen Denkfehler - s.o. - Natürlich startet der Satz "Cogito, e(r)go sum" mit der Existenz einer Ich-Entität - gibt es diese Entität nicht, gibt es auch nicht diesen BEWUSSTEN Satz (wenn ein Computer das sagt, ist es kein bewusster Satz). - Im Grunde sprichst Du darüber, ob es ICH gibt, wenn es kein Subjekt gibt - natürlich NICHT.
Andreas hat geschrieben:Ich weiß also, dass es sich hierbei um keine mögliche Alternative zur Wahrnehmung handelt, sondern um ein künstlich aufgebautes "Dilemma" um dem "Ich" bestimmte Eigenschaften anzudichten.
Da hast Du Dich wohl auf dem Weg hierher vertan.
Andreas hat geschrieben:Dagegen rede ich hier ja nicht, sondern gegen deine Idee, dass alles außer "Ich" nur Vorstellung sein könnte.
Genau darum geht es ja auch. - Machen wir einen Test: Woher weißt Du, dass unsere Korrespondenz "echt" ist und nicht vollumfänglich Teil Deiner Vorstellung? - Da ist in Deiner Vorstellung ein Forum, in dem über dieses und jenes gesprochen wird, und zwar von Menschen mit Nicknames - alles in Deiner Vorstellung oder eben nicht. - Wie unterscheidest Du das?
Das Post, das Du hiermit erhältst, würde genauso lauten - Deine Reaktion wäre dieselbe - egal, ob ich Vorstellung von Dir bin oder "echt" bin. - Wie dann kannst Du beide Fälle unterscheiden?
Andreas hat geschrieben:Was willst du mit diesem Scheinargument denn erreichen?
Dasselbe wie Descartes: Klarmachen, dass es keine Wahrnehmung zu Objekten hin gibt, sicher ist, sondern nur unter Vorbehalt als sicher vereinbart werden können - nur darum geht es. - Dieser Vorbehalt lautet bei Descartes dem Sinne nach
"Wenn Gott wohlwollend ist, hat er uns eine Wahrnehmung gegeben, die uns nicht prinzipiell täuscht, und Objekte gegeben, die nicht nur Vorstellung, sondern 'echt' sind. - Da ich aber nicht wissen kann, was Gott ist, GLAUBE ich an diesen wohlwollenden Gott".
Kurz gesagt: Es gibt kein Wissen ohne Glauben, also ohne Setzung. - Genau darum geht es. - Dies ist heute extrem relevant, weil der Materialismus für sich in Anspruch nimmt, aus diesem Setzungssystem ausbrechen zu können, indem er sagt: "Wieso? Die Welt ist doch da". - Darauf würde Descartes sagen können: "Ob sie ontisch 'da' ist, weißt Du doch gar nicht - Du nimmst sie nur per Wahrnehmung (incl. Wissenschaft) auf, welche Dir PRINZIPIELL nicht sagen kann, ob sie sich auf Vorstellung oder auf Entität bezieht. - Also musst auch Du, lieber Materialist, glauben, bevor Du mit Deiner Weltanschauung loslegst".
Andreas hat geschrieben: Was hoffst du damit zu gewinnen?
Genau diese Erkenntnis, wie einen Satz zuvor ausgeführt.
Andreas hat geschrieben:Das Ich und das Du sind beides sowohl Fluch als auch Segen und die vermutlich eine Realität bietet doch genug Raum für mich und dein Ego - wie ja jeder sehen kann
Klar - sehe ich genauso. - Auch Descartes sieht es so - noch mehr: Seine radikal-skeptizistischen Gedanken und die Antwort darauf erlauben es ihm, munter Naturwissenschaft zu betreiben, weil er dies nun in der subjektiven Sicherheit seines Glaubens tun kann. - Die Aufklärung ist bei Descartes Folge eines durch Glauben aufgelösten Radikal-Skeptizismus.
Heute gibt es das nicht mehr - heute beginnt Aufklärung einen Schritt später: Was Descartes als Folge einer Setzung/eines Glaubens erkennt, wird heute dargestellt als setzungsfreie Größe, die man - um das Faß vollzumachen - auch noch gegenüber denen als aufgeklärt hinstellt, die aufgeklärter sind, weil sie einen Schritt vorher denken.