Alles Teufelszeug? VII

Pluto
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#801 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Do 2. Nov 2017, 14:40

closs hat geschrieben:Sinn-Interpetation geht nicht ohne Prämisse.
Was zu beweisen wäre.
Dagegen spricht, dass die Wissenschaft tagtäglich setzungsfrei arbeitet.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#802 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Do 2. Nov 2017, 14:42

Pluto hat geschrieben:Dagegen spricht, dass die Wissenschaft tagtäglich setzungsfrei arbeitet.
Ja - auf Sachebene. - Dort ist die HKM sogar von der RKK hoch-gelobt - ausdrücklich dokumentiert im Jahr 1993.

Pluto
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#803 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Do 2. Nov 2017, 15:40

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dagegen spricht, dass die Wissenschaft tagtäglich setzungsfrei arbeitet.
Ja - auf Sachebene.
Auf was denn sonst?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#804 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Do 2. Nov 2017, 16:22

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Pluto hat geschrieben:
Dagegen spricht, dass die Wissenschaft tagtäglich setzungsfrei arbeitet.

Ja - auf Sachebene.

Auf was denn sonst?
Auf interpetativer Ebene.

Sachebene ist:
* Paulus schreibt dieses.
* Johannes schreibt jenes.
* Dieses Zitat wurde 40 Jahre später eingearbeitet.
* Jenes Zitat ehört zum ältesten Teil der Quelle.
* Die Juden glaubten an eine Ankunft des göttlichen Reiches in physischer Form.
* etc.

Interpretative Ebene ist:
* Jesus predigt in dem Sinn, wie es die Juden glaubten (HKM)
* Jesus predigt in einem ganz neues Sinn, den die Juden nicht verstanden, aber die Jünger nach und nach (Theologie)

Beides kann wahr sein, hängt aber davon ab, als was man Jesus versteht: Als wanderpredigender Nur-Mensch oder als göttliche Inkarnation? - Genau das kann man aber nicht falsifizieren, also muss man sich entscheiden, auf welcher Basis man interpretiert. - Wenn Du für diese Entscheidung nicht "Setzung" sagen willst, sondern "Modell", ist das egal, weil es im Grunde dasselbe ist.

Was also meinte Jesus nach Modell a und was nach Modell b? - Die Antwort lautet: Einmal kommt man zum Ergebnis, dass er eine Naherwartung hatte im Sinne des jüdischen Verständnisses - das andere Mal, dass dass er KEINE Naherwartung hatte im Sinne des jüdischen Verständnisses.

Aus meiner Sicht ist beides ein komplett normaler wissenschaftlicher Vorgang: Man nennt das "Modell", nach dem man untersucht und schlussfolgert. - Und "Modell" heißt eben auch "Auf dieser Basis interpretiere ich, was ich an Sachinformationen habe". - "Modell" bezeichne ich als gesetzte Ausgangsbasis.

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#805 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Do 2. Nov 2017, 18:06

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nichts anderes habe ich gesagt. Die kanonische Exegese braucht nicht zu erforschen, ob Gott existiert
Das tut die HKM ebenfalls nicht - beide wollen Gott nicht per Forschung nachweisen.
Die HKM sowieso nicht, weil "Gott" wissenschaftlich nicht erforschbar ist; die kanonische Exegese braucht dies wiederum deshalb nicht zu tun, weil sie per Glaubensentscheid die Existenz Gottes "setzt".

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es ist eine historische Frage. Dass sie für Dich geistig relevant ist, ist irrelevant.
Du verdrängst ideologisch. - Auch Historisches kann geistig interpretierbar sein.
Dann erkläre doch mal genau, was Du eigentlich unter "geistiger Interpretation" antiker Texte verstehst.

="closs"
Münek hat geschrieben:So war es schon immer. Du hast es nur nicht gewusst. Merke es Dir endlich: Exegese = Textauslegung = Textinterpretation.
Oje, oje: Es geht doch darum, ob man mit "Interpretation" nur semantische oder auch inhaltliche ("Wie ist das zu verstehen?") Interpretation meint.
Nö - zunächst einmal geht es darum, dass Du es endlich kapierst, dass zur Exegese selbstverständlich auch die Textauslegung gehört.
Das sagt doch schon der Name "Exegese". Der Begriff "Textinterpretation" ist ein Synonym für "Auslegung". Ziel der Interpretation neutestamentlicher Texte ist primär das Verstehen ihrer theologischen Inhalts.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ergebnisoffen betriebene Wissenschaft setzt nicht.
Dann muss sie alle historisch möglichen Optionen berücksichtigen - tut die HKM aber nicht (nach DEINEN Worten).
Die Existenz eines "Gottes" ist aus Sicht der Wissenschaft KEINE "historisch mögliche Option" - und kann deshalb nicht berücksichtigt werden. Das ändert nichts an ihrer Ergebnisoffenheit.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dass die HKM die Göttlichkeit Jesu nicht zu ihrer Prämisse macht, ist KEINE Setzung.
Sinn-Interpetation geht nicht ohne Prämisse.
Doch - Du siehst doch, dass die HKM ohne Setzung prima zurecht kommt.

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#806 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Do 2. Nov 2017, 18:16

Münek hat geschrieben: Die Existenz eines "Gottes" ist aus Sicht der Wissenschaft KEINE "historisch mögliche Option" - und kann deshalb nicht berücksichtigt werden.
Könnte aber wahr sein. Und dann kämen andere Ergebnisse heraus:

closs hat geschrieben: Was also meinte Jesus nach Modell a und was nach Modell b? - Die Antwort lautet: Einmal kommt man zum Ergebnis, dass er eine Naherwartung hatte im Sinne des jüdischen Verständnisses - das andere Mal, dass dass er KEINE Naherwartung hatte im Sinne des jüdischen Verständnisses.
Genau. Und keines der beiden Modelle ist das "wissenschaftlichere" weil grundsätzlich beide Modelle wahr sein können. In der Frage ob es den handelnden Gott der Bibel gibt, kann es keine "überlegene Methode" geben, die diese Frage besser beantworten könnte. Es kann nur verschiedene Projekte geben und ebenso verschiedene Ergebnisse.

Was man glauben will muss jeder selbst entscheiden.
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"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

closs
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#807 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Do 2. Nov 2017, 18:59

Münek hat geschrieben:Die HKM sowieso nicht, weil "Gott" wissenschaftlich nicht erforschbar ist; die kanonische Exegese braucht dies wiederum deshalb nicht zu tun, weil sie per Glaubensentscheid die Existenz Gottes "setzt".
Richtig - während die HKM "offiziell" zwar nichts setzt, aber dann doch so interpretiert, als sei Jesus nur Mensch, weil die HKM nur dann anderes annehmen könnte, wenn es nachgewiesen wäre - und das geht halt nicht für den Fall "Jesus ist göttlich".

Mit anderen Worten: Unterm Strich kommt raus, dass die HKM interpretiert, als sei Jesus nur Mensch, und die kanonische Exegese, als sei Jesus göttlich - beides ist damit gesetzte Grundlage der Interpretation.

Münek hat geschrieben:Dann erkläre doch mal genau, was Du eigentlich unter "geistiger Interpretation" antiker Texte verstehst.
Wenn Jesus etwas sagt, bedeutet es oft etwas anderes, wenn es geistig ("Jesus ist göttlich") interpretiert wird, als wenn es säkular ("Jesus ist nur Mensch") interpretiert wird.

Münek hat geschrieben:Das sagt doch schon der Name "Exegese". Der Begriff "Textinterpretation" ist ein Synonym für "Auslegung".
Verstehst Du nicht den Unterschied zwischen "semantischer Interpretation" und "inhaltlicher Interpretation"?

Münek hat geschrieben:Die Existenz eines "Gottes" ist aus Sicht der Wissenschaft KEINE "historisch mögliche Option"
Ergo: Sie untersucht unter Weglassung der reellen Möglichkeit, dass Jesus göttlich ist.

Münek hat geschrieben:Das ändert nichts an ihrer Ergebnisoffenheit.
Wie soll das gehen? - "Ergebnisoffen" = wenn man nur DIE reellen historischen Möglichkeiten untersucht, die methodisch vorgesehen sind?

Münek hat geschrieben:Du siehst doch, dass die HKM ohne Setzung prima zurecht kommt.
Das redet sie sich fälschlich ein!!!

Roland hat geschrieben:keines der beiden Modelle ist das "wissenschaftlichere" weil grundsätzlich beide Modelle wahr sein können. In der Frage ob es den handelnden Gott der Bibel gibt, kann es keine "überlegene Methode" geben, die diese Frage besser beantworten könnte. Es kann nur verschiedene Projekte geben und ebenso verschiedene Ergebnisse.

Was man glauben will muss jeder selbst entscheiden.
Genau so ist es - eigentlich ganz einfach und trotzdem für Säkulare eine oft unüberwindbare Hürde.

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#808 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Fr 3. Nov 2017, 03:04

Roland hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Die Existenz eines "Gottes" ist aus Sicht der Wissenschaft KEINE "historisch mögliche Option" - und kann deshalb nicht berücksichtigt werden.
Könnte aber wahr sein. Und dann kämen andere Ergebnisse heraus.
Die Kernfrage ist doch: Wie könnte man das zweifelsfrei feststellen? Diesbezüglich sieht es doch mehr als finster aus.

Beispielsweise auf weltweite Marienerscheinungen oder das Sonnenwunder von Fatima zu verweisen, reichte m.E. nicht aus. :)

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#809 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Fr 3. Nov 2017, 04:13

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die HKM sowieso nicht, weil "Gott" wissenschaftlich nicht erforschbar ist; die kanonische Exegese braucht dies wiederum deshalb nicht zu tun, weil sie per Glaubensentscheid die Existenz Gottes "setzt".
Richtig - während die HKM "offiziell" zwar nichts setzt, aber dann doch so interpretiert, als sei Jesus nur Mensch, weil die HKM nur dann anderes annehmen könnte, wenn es nachgewiesen wäre
Richtig - da sie zur angeblichen Göttlichkeit Jesu aus wissenschaftlicher Sicht keine Aussagen zu treffen vermag, kann sie diese logischerweise bei ihrer Textinterpretation auch nicht als "historische Möglichkeit" in Betracht ziehen.

Eigentlich ganz simpel.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dann erkläre doch mal genau, was Du eigentlich unter "geistiger Interpretation" antiker Texte verstehst.
Wenn Jesus etwas sagt, bedeutet es oft etwas anderes, wenn es geistig ("Jesus ist göttlich") interpretiert wird, als wenn es säkular ("Jesus ist nur Mensch") interpretiert wird.
Das ist keine Antwort auf meine Frage. Also nochmal: Wie definierst DU "geistige Interpretation"? Du gebrauchst diesen Begriff so oft, dass es für die Diskussion hilfreich wäre zu wissen, was Du unter "geistig interpretieren" eigentlich verstehst.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das sagt doch schon der Name "Exegese". Der Begriff "Textinterpretation" ist ein Synonym für "Auslegung".
Verstehst Du nicht den Unterschied zwischen "semantischer Interpretation" und "inhaltlicher Interpretation"?
Du hast meine Replik unvollständig zitiert. Ich schrieb nämlich, dass das Ziel der Interpretation von Bibeltexten neben der Rekonstruktion historischer Ereignisse primär das Verstehen ihres THEOLOGISCHEN INHALTS sei (= inhaltliche Interpretation).

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Existenz eines "Gottes" ist aus Sicht der Wissenschaft KEINE "historisch mögliche Option"
Ergo: Sie untersucht unter Weglassung der reellen Möglichkeit, dass Jesus göttlich ist.
Richtig - der Glaube an die Existenz von göttlichen Wesen und ihre angebliche Präsens im Himmel und ihr früheres Wirken auf Erden hat in der Wissenschaft nichts zu suchen. Diese Glaubensannahme stellt für sie keine "historisch mögliche OPTION" dar.

Da fehlt jede Menge Fleisch am Knochen.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das ändert nichts an ihrer Ergebnisoffenheit.
Wie soll das gehen? - "Ergebnisoffen" = wenn man nur DIE reellen historischen Möglichkeiten untersucht, die methodisch vorgesehen sind?
"Nicht reelle" historischen Möglichkeiten können nicht untersucht werden. Wie sollte das vonstatten gehen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du siehst doch, dass die HKM ohne Setzung prima zurecht kommt.
Das redet sie sich fälschlich ein!!!
Wenn Du das sagst... :)

Roland hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Was man glauben will muss jeder selbst entscheiden.
Genau so ist es - eigentlich ganz einfach und trotzdem für Säkulare eine oft unüberwindbare Hürde.
Nö - was Roland sagt, kann ich nur unterstreichen.

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#810 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Fr 3. Nov 2017, 09:12

Münek hat geschrieben:Wie definierst DU "geistige Interpretation"?
Unter transzendenten Gesichtspunkten interpretieren.

Münek hat geschrieben: Ich schrieb nämlich, dass das Ziel der Interpretation von Bibeltexten neben der Rekonstruktion historischer Ereignisse primär das Verstehen ihres THEOLOGISCHEN INHALTS sei (= inhaltliche Interpretation).
Das geht aber nicht ohne "geistige Interpretation" - es sei denn, man macht "Theologie" zur säkularen "Religionswissenschaft".

Münek hat geschrieben:Diese Glaubensannahme stellt für sie keine "historisch mögliche OPTION" dar.
Wie kann etwas historisch Naheliegendes keine historisch mögliche Option sein?

Münek hat geschrieben:"Nicht reelle" historischen Möglichkeiten können nicht untersucht werden.
Wenn sie "nicht-reell" sind, sind es ja auch keine historischen Optionen - aber hier sprechen wir von einer historischen Option, die deshalb reell ist, weil sie in der Historie stattgefunden haben kann, aus Sicht vieler sogar historisch stattgefunden hat.

Münek hat geschrieben:Nö - was Roland sagt, kann ich nur unterstreichen.
"Entscheiden" ist "setzen". - Man kann sich für beides entscheiden/beides setzen: Jesus ist nur menschlich oder Jesus ist göttlich.

Der Versuch, die HKM hier rauszuhalten, da sie sich gar nicht entscheiden würde, ist zum Scheitern verurteilt, weil sie so handelt, als hätte sie sich entschieden. - "Ich entscheide mich nicht für a oder b, halte mich aber nur an b" ist eine Entscheidung, also eine Setzung.

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