Pluto hat geschrieben:Novalis hat geschrieben:Wenn Du der Auffassung bist, dass Gott nicht existiert, wie kann er dann Gräueltaten begehen?
Ganz einfach: Ich versetze mich in deine Lage, und versuche deine Gedankengänge nachzuvollziehen
Die Grundlage meines Gottesverständnis kommen von Jesus, die durch das Neue Testament an uns weitergegeben wurden:
das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden: Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm. (1Joh 1,5) - wie wäre es, wenn Du das einfach mal zur Kenntnis nehmen würdest? Christen glauben an einen lebensbejahenden und lichtvollen Gott. Du hingegen klammerst Dich an dein finsteres Gottesbild, um diesen Finsterling auf ewig ablehnen zu können ( und einer Begegnung mit dem „
wahren und lebendigen Gott“ aus dem Weg zu gehen

)
Pluto hat geschrieben:Das erscheint mir jetzt als billiger Rechtfertigungsversuch. Gilt das für alles was in der Bibel steht? Falls nicht, welches Kriterium soll man ansetzen?
Die Heilige Schrift ist eher ein subjektives Glaubenszeugnis, als ein objektiver Dokumentarbericht. Die Evangelien und alle anderen biblischen Texte wurden als „
engagierte und engagierende Glaubenszeugnisse“ (Hans Küng, Christ sein) verfasst, von inspirierten menschlichen Autoren niedergeschrieben, die Menschen ihrer jeweiligen Zeit waren, mit einem damit einhergehenden Weltbild, Menschenbild und Gottesbild. Dieses Verständnis ist nicht tot und starr, sondern lebendig und entwickelt sich im Laufe der Zeit weiter. Zentral ist für Christen dabei, dass sich Gott am deutlichsten in dem historischen Menschen Jesus von Nazaret ausgedrückt und offenbart hat. Wir haben ein
jesuanisches Gottesbild und wir lesen und interpretieren die biblischen Texte durch ein „
christologisches Prisma“. Nach dem Apostel Paulus ist Jesus das „
Bild Gottes“ (2Kor 4,4) in der Gestalt eines lebendigen Menschen. Im Alten Testament heißt es noch:
„Du sollst Dir kein Gottesbild machen“ (Ex 20,4, Dtn 5,8) doch seit dem Neuen Testament ist Jesus (in den Augen der Christen, versteht sich) das
„Bild des unsichtbaren Gottes“ (Kol 1,15)
Im Alten Testament gab es noch ein Bilderverbot, weil die Transzendenz Gottes jede menschliche Vorstellungskraft sprengt. Doch im Neuen Testament zeigt sich dieser Unvorstellbare und Unsichtbare in Jesus, wird durch ihn nahbar und begreifbar, sodass wir uns ein authentisches Gottesbild machen können. Gerhard Tersteegen hat das auf diese wunderbare Formel gebracht:
„Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart“
Bei den orthodoxen Christen spielen die Ikonen eine zentrale Rolle, aufgrund der Theologie der Inkarnation: die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus ermöglicht uns die bildliche Darstellung. Wenn Jesus selbst die vollkommene Ikone, das wahre Bild Gottes ist, warum sollten wir dann keine bildlichen Darstellungen anfertigen? Es gab deswegen mal vor langer Zeit den sogenannten
Byzantinischen Bilderstreit.
Im Zuge des byzantinischen Bilderstreits erfolgte vor allem durch den Kirchenvater Johannes von Damaskus und den Kirchenlehrer Theodor Studites die theologische Begründung der Ikonendarstellung durch den Gedanken der Inkarnation: die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus ermögliche erst die bildliche Darstellung; Gott Vater dürfe ja weiterhin nicht dargestellt werden. Das mit der Unsichtbarkeit Gottes in vorchristlicher Zeit begründete biblische Bilderverbot (Exodus 20, 4 f.) werde gerade nicht verletzt, denn Gott selbst habe es im sichtbaren Christus durchbrochen. Als „Gründungsikone“ konnte dabei das Mandylion, das „Nicht-von-Menschenhand-gemachte Christusbild“ gelten, das gleichsam durch den Willen Christi wunderbarerweise entstanden sei.
Quelle
Dies ist das „Acheiropoieton“ (welches der Legende nach nicht von Menschenhand geschaffen wurde) oder Mandylion:
Das ist übrigens ein ganz entscheidender Unterschied zwischen der Mentalität im Christentum und dem Islam: im Christentum spielten bildliche Darstellungen immer eine wichtige Rolle, auch wenn es im Zuge der Reformation zu einer
bilderstürmerischen Geisteshaltung kam , aber das blieb immer die Ausnahme. Im Islam gibt es eher die Tendenz in Richtung Bilderverbot. Das ist auch der Grund, weshalb sie auf die Mohammed-Karikaturen mit Protesten reagiert haben, denn der Prophet wird im islamischen Kulturkreis nur sehr selten bildlich dargestellt; und wenn er dargestellt wird, dann sollte das einen sakralen Inhalt haben, mit größtem Respekt vor Gott und seinem Gesandten, beispielsweise gibt es einzelne Darstellungen von der sogenannten „
Himmelreise des Propheten“ (beispielsweise
diese hier) Das ist gerade noch akzeptabel, aber ganz bestimmt nicht sowas:
und das ist nicht nur eine geschmacklose Karikatur, sondern dazu auch noch auf die denkbar hohlste Art rassistisch, denn der Prophet wird als Schwein dargestellt (und der Karikaturist weiß natürlich, dass es im Islam ein Schweinefleischverbot gibt). Bei Muslimen kommt das nicht als „
freie Meinungsäußerung“ an, sondern als „
Kriegserklärung“.
