Thaddäus hat geschrieben: Die werden ohnehin in der Regel aus banalen materiellen Interessen heraus begonnen
So ist es - sogar der 30.Jährige Krieg war in diesem Sinne nur periphär ein Religions-Krieg.
Thaddäus hat geschrieben: bis auf die Kriege, die erklärtermaßen im Namen eines Gottes und einer Religion geführt werden, weil man die eigene göttliche Wahrheit für einzigartig hält und es nicht erträgt, dass es noch eine andere göttliche Wahrheit geben können soll.
Stimmt - welchen bedeutenden Krieg in Europa betrifft das seit den Bauernkriegen (die im übrigen im wesentlichen Sozial-Kriege waren)?
Thaddäus hat geschrieben:Im ausdrücklichen Namen von Vernunft und Wissenschaft ist jedenfalls noch kein einziger Krieg geführt worden.
"Wissenschaft" ist eh nicht das Thema, weil sie keine Weltanschauung ist oder fördert, wenn sie diszipliniert ist.
Das mit der "Vernunft" ist dagegen so eine Sache: Frage mal Friedrich den Großen, ob er seine Kriege "vernünftig" fand - wahrscheinlich wird er "Ja" sagen. - Oder frage die Amerikaner, ob sie Kriege im Namen der Demokratie für "vernünftig" halten - vermutlich ja.
Egal wie - die Frage bleibt: Wann fand in den letzten Jahrhunderten ein bedeutender europäischer Krieg aufgrund von "religiösen Erleuchtungen" in Europa statt?
Thaddäus hat geschrieben: Es ist ja gerade die "geistige" Beschränktheit auf den eigenen mit göttlicher Wahrheit verwechselten Blick, die jeden, der sich in Besitz göttlicher Wahrheit wähnt, in die Verdummung treibt.
JEDER, der sich "im Besitz" der Wahrheit wähnt, treibt sich damit in "die Verdummung" - das gilt AUCH für die heutige Form der "Aufklärung", die alles für unwahr hält, was nicht ihrem System entspricht.
Eben deshalb sollte man den Sokrates zugesprochenen Satz "Ich weiß, dass ich nichts weiß" nicht als Bonmot, sondern toternst verstehen, und konsequent beachten - deshalb mein Versuch zu vermitteln, dass der Mensch nicht "wahrheiten", sondern lediglich (auf Basis unterschiedlicher Setzungen/Vorannahmen) "für-wahr-halten" kann. - Ich kann nach wie vor nicht erkennen, was an diesem Anliegen zu kritisieren wäre.
Thaddäus hat geschrieben:Das ist kein Problem, sondern zeigt lediglich die Lächerlichkeit und fehlende intellektuelle Seriosität seiner Position.
Nee - da verhältst Du Dich jetzt wie der Zwerg auf der Schulter des Riesen, der zum Riesen sagt: "Ich bin größer als Du". - So einfach kann man Ratzinger nicht abhalftern. Und er war ja nur als Statthalter genannt.
Geh davon aus, dass sich der durchschnittliche jesuitische Universitätsprofessor für aufgeklärter hält als seine spät-aufgeklärt eingestielten Kollegen - und diese Jesuiten könnten Dir erklären, warum - sicherlich fitter in den heutigen Denkmodellen als ich, aber inhaltlich genauso sicherlich auf meiner Linie.
Thaddäus hat geschrieben:Solange es Menschen sind, die dem Irrtum aufsitzen, durch göttliche Wahrheitserleuchtung legitimiert zu sein, ist das ein rein menschlicher, anthropozentrischer Erleuchtungsirrtum.
WENN es so ist, hast Du recht. - Du hast Dich in "Erleuchtung" festgebissen - darum ging es mir nicht. - Wir sind immer noch auf der Ebene: Verhältnis von "Sein"/"Wirklichkeit"/"Realität" einerseits und andererseits "menschliche Wahrnehmung".
Dass alles, was der Mensch denkt, (geistig) "anthropomorph" ist (um Andreas' guten Vorschlag aufzugreifen), wissen wir nun wirklich alle. - Aber es muss doch sprachlich möglich sein zu unterscheiden zwischen "Der Maßstab ist die Wirklichkeit" und "Der Maßstab ist die menschliche Wahrnehmung der Wirklichkeit" - letzteres erfüllt nach meinem semantischen Verständnis das Wort "anthropozentrisch".
Thaddäus hat geschrieben: Darauf ist die Menschheit auch sehr schnell gekommen und deshalb wurde im 5. Jahrh. die Philosophie erfunden, deren Grundanliegen es immer schon war, Vernunfteinsicht gegen eingebildetes Erleuchtungswissen zu behaupten. Das wurde im Mittelalter zeitweise vergessen, da es dem Christentum gelungen war, die Philosophie und sogar die antike Aufklärung für sich zu vereinnahmen. Es dauerte eine Weile, bis sich die Philosophie und die aus ihr hervorgegangenen Wissenschaften von diesem für sie schädlichen Einfluss wieder befreien konnte.
Man KANN so argumentieren - aber es steckt darin eben auch der Keim der Wirklichkeits-Entfremdung durch Anthropozentrismus.
Thaddäus hat geschrieben:Im NT findet sich keine Aufklärung. Die findet auf der Welt ausschließlich sich in den Ideen der vorsokratischen Atomisten, der Stoa, des Epikureismus, des Aristotelismus und der antiken Skepsis.
Dein Urteil beruht auf einem anthropozentrischen Weltverständnis - aus theozentrischer (was eigentlich dasselbe ist wie: "Beim Primat des Seins/der Wirklichkeit") Sicht versteht man "En-light-enment" als menschliche Annäherung an die "Lux".
Das gilt sogar für die Früh-Aufklärung, die wissenschaftliches Naturwissen nicht als Anlass für weltanschauliche Selbstläufer verstanden hat, sondern als "con-scientia" - als Mit-Wissen an "dem, was nicht nur materiell, sondern auch geistig" ist. - Heute scheint es ausschließlich um eine selbst-erklärend naturalistische Veranstaltung zu gehen: "Aufklärung = wenn man Geist als Produkt von Materie versteht" - das pure Gegenteil der Früh-Aufklärung.
Thaddäus hat geschrieben:Ich glaube nicht an deine Widersprüche, sondern ich habe dir so viele in deiner perspektivisch-skeptisch-erleuchtungsdogmatischen Haltung nachgewiesen
Aus DEINEM Weltbild heraus mag das funktionieren - aber doch nicht in der Folgerichtigkeit aus MEINEM Weltbild heraus.
Thaddäus hat geschrieben: Z.B. von perspektivischen Annäherungswahrheiten zu sprechen und gleichzeitig eine göttliche Wahrheit zu postulieren, die allein durch Erleuchtung erkannt werden können soll.
Weder wurde von mir von "Erleuchtung" gesprochen, noch würde ich im Traum daran denken, göttliche Wahrheit per "Erleuchtung" in ihrem Wesen erkennen zu können. - Auch "Erleuchtung" ist eine Form des "Für-wahr-Haltens". - Du neigst wirklich dazu, Geschriebenes nach Deinem Gusto zu interpretieren und selbiges dem Schreiber als DESSEN Produkt vorzuhalten.
Thaddäus hat geschrieben:Bestes Beispiel "Wahrheit", von der du schreibst, aber eigentlich "Wirklichkeit" meinst.
Ja - das stimmt. Nehmen wir unser Parade-Beispiel "Naherwartung" (ohne inhaltliche Diskussion an dieser Stelle).
"Wahr" in meinem Wort-Verständnis ist das, was Jesus WIRKLICH gemeint hat - was das ist, werden wir nie zu 100% wissen. - Also müssen wir diesbezüglich etwas "für-wahr-halten" - uns bleibt nichts anderes übrig.
Der eine hält dann begründet für wahr, dass Jesus eine Naherwartung hatte - der andere hält begründet für wahr, dass Jesus keine Naherwartung hatte. - Das ist ok - unterschiedliche Perspektiven können zu unterschiedlichem Für-Wahr-Halten führen.
Würde man nun diese beiden Für-Wahr-Haltereien als "Wahrheit" bezeichnen, gäbe es mehrere "Wahrheiten" im Verhältnis zur "Wirklichkeit" - dazu ist mir offen gestanden das Wort "Wahrheit" zu schade. - Ist es Dir NICHT zu schade?