Münek hat geschrieben:Ach Gottchen - im Alltag interessiert das doch keine Sau. Mit dieser Unsicherheit und Unklarheit wird die Welt - soweit sie davon überhaupt Kenntnis nimmt, was ich bezweifle - locker fertig werden.-
Pragmatisch gebe ich Dir recht - hier geht es um philosophische Fragen. - Meinst Du, ich dekliniere im Alltag Dinge philosophisch durch, wenn ich in die Oper, ins Festzelt, ins Bett oder aufs Klo gehe?
Oder noch einen Schritt weiter: Es wäre am Besten, wenn die Menschen (zumindestens die meisten) einfach nicht philosophieren würden - dann müsste man nämlich nicht mit-philosophieren, weil zu Vieles korrigiert werden muss.
Thaddäus hat geschrieben:Wenn du hier weiter diskutieren möchtest, fordere ich dich also dazu auf, dieses Minimum an Nachdenken und Einsicht in deinen Antworten aufzubringen. Deine obige Antwort weist dieses Minimum nämlich nicht auf.
Das kannst Du nicht beurteilen - bei aller Zurückhaltung: Du trägst gelegentlich nicht-souveräne Einschätzungen sehr selbstbewusst vor.
Der Satz " Es gibt genau eine Wahrheit, die aber nur von Perspektiven "beleuchtet" werden kann, von denen man nie weiß, wie authentisch sie zu dieser Wahrheit sind" ist in meinem Wortverständnis von Wahrheit ("das ontisch Zutreffende") nach wie vor richtig. - Dein anthropozierendes Wortverständnis ("das menschliche Verständnis in Bezug auf das ontisch Zutreffende") ist ebenfalls nachvollziehbar, aber halt was ganz anderes.
Bei Deinem Wortverständnis stört mich, dass dann der Satz "Es gibt keine Wahrheit" die zwingende Folge ist - denn wie sollte der Mensch mit seiner Wahrnehmung die Differenz zwischen "dem, was ist" und "dem, wie er es wahrnimmt", aufheben können? - Geht nicht.
Thaddäus hat geschrieben:ICH anthropozentriere nicht.
Doch.
Thaddäus hat geschrieben:Wenn hier also jemand anthropozentriert, dann allenfalls DU aufgrund der Tatsache, dass DU, ein Mensch, es bist, der die obige Bestimmung von Wahrheit äußert.
Nein - auch hier ein semantisches Problem:
1) Wenn man so wie Du definiert, ist JEDE Aussage des Menschen anthropozentriert - das bringt nix.
2) Die von mir gemeinte Ebene ist, ob man einen Begriff als wahrnehmungs-abhängig (anthropzentrisch) definiert oder nicht.
Hier bist DU anthropozentrisch, weil Du "Wahrheit" als Wahrnehmungsgröße definierst: "Wahrheit beschreibt die Übereinstimmung von Wahrnehmung mit Realität". - Verstanden, kann man prinzipiell machen. - Nur: Woher will man wissen, was "Realität" ist? - Man muss doch wissen, was "Realität" ist, um überhaupt zum Ergebnis kommen zu können, dass Wahrnehmung damit übereinstimmt.
ICH dagegen bin hier NICHT anthropozentrisch, weil ich "Wahrheit" nicht als Wahrnehmungs-, sondern als Seins-Größe definiere ("Wahr-Sein"): "Die Eiche ist ein Wahr-Sein, dem ich mich mit meiner Wahrnehmung nähern kann" - übrigens auch in Teilbereichen. - "Die Rinde der Eiche ist grün-grau" kann wahr sein, obwohl ich damit nicht das gesamte Wahr-Wesen der Eiche erfasse.
Thaddäus hat geschrieben:Nach wie vor ist deine obige ontologische Aussage unmittelbar widersprüchlich.
Aber Du erkennst doch hoffentlich, dass dies ausschließlich eine Frage der Wort-Definition ist - Du sagst doch selber, dass die Eiche an sich unveränderlich ist.
Thaddäus hat geschrieben:Ob eine Aussage wahr ist, muss (irgendwie) festgestellt werden können, sonst gibt es die postulierte Wahrheit nicht.
Das meine ich mit "anthropozierend". - Zu Ende gedacht muss dann das Ergebnis sein: ""Es gibt keine Wahrheit". - Das kann man sprachlich vereinbaren - ich halte es jedoch für nicht gut, weil dann die Konnotation im allgemeinen Verständnis lautet: "Eine Eiche ist an sich keine Entität".
Das wäre wieder einmal der typische Fall, dass man sich philosophisch auf etwas einigt, was "draußen" ganz anders verstanden wird - man sollte solche Einigungen nur dann treffen, wenn sichergestellt werden kann, dass sie sich nicht mit allgemeinem Sprachgebrauch vermischen.
Thaddäus hat geschrieben:Und deshalb kann es die von dir postulierte eine Wahrheit deiner eigenen Bestimmung nach nicht geben.
Halten wir fest: Wenn wir Thaddäus' Begriffs-Verwendung zugrundelegen, gilt der Satz "Es gibt keine Wahrheit" - einverstanden.
Thaddäus hat geschrieben:Es gibt aber Verfahren (= Methoden!), diese Aussage so zu überprüfen, dass du (und alle anderen) die Behauptung, ich arbeite gerade in München, für wahr halten.
So billig kommst Du mir nicht davon - wenn schon, denn schon. - Willst Du einem denkenden Menschen ernsthaft zumuten zu akzeptieren, man könne den begriffs-definitorisch erzwungenen Satz "Es gibt keine Wahrheit" durch Methodik des Menschen aushebeln?
Du versuchst, "Wahrheit" als reine Wahrnehmungs-Größe zu verstehen (das ist prinzipiell akzeptabel, aber mit obigen Folgen verknüpft) und versuchst im nächsten Schritt, dea-ex-machina-mäßig eine billige Lösung für schwerwiegende Konsequenzen anzubieten - die Methodik. Das ist aus meiner Sicht philosophisch nicht satisfaktionsfähig - da muss erheblich tiefer gebohrt werden.
Thaddäus hat geschrieben:Dieser Nachweis wird aber aus einer empirischen Perspektive erbracht.
q.e.d. ---- Das habe ich befürchtet - Du versuchst, schwerwiegende philosophsche Probleme mit dem Begriff "Empirie" zu lösen - nochmals: Das ist extrem billig.
Wenn heute ein Pilatus fragt "Was ist Wahrheit?", fragt er nicht nach Wahrnehmungs-Methoden, dies herauszufinden, sondern er meint es ontisch: "Was IST eigentlich Wahrheit?"/"Was ist das, was wahr ist". - Wenn ein Christ sagt "Gott ist die Wahrheit" meint er damit NICHT, dass Gott etwas methodisch-perfekt herausfindet, sondern er meint es ontisch.
Es gibt hier also unterschiedliche Verständnisse zur Definition von "Wahrheit" - ich habe Dein Verständnis inzwischen verstanden - versuche das Gleiche umgekehrt zu tun und messe zukünftig Aussagen von anderen nicht am Maßstabg Deiner Definitionen. - Das KANNST Du - Du bist intelligent genug dafür.