Markus-Evangelium

Themen des Neuen Testaments
closs
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#101 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von closs » Do 17. Aug 2017, 23:34

Rembremerding hat geschrieben:Hier sind wir an dem Punkt, wo es nichts nützt Textschnippselchen zu sezieren, als ob man isoliert einen Frosch vor sich liegen hat, um das Wozu, wo hinein und letztlich den Sinn zu erkennen. Alle Teile eines Motors zu kennen und beschreiben zu können, lässt noch niemand mit einem Auto von A nach B gelangen. Es gilt immer einen größeren Zusammenhang zu betrachten.
Zustimmung - meine Rede seit 1848.

Rembremerding hat geschrieben:Jesus ist schon tatsächlich, nicht nur geistig, ein Sohn Davids.
Damit komme ich jetzt NICHT zurecht:
1) Aus meinem Realitätsverständnis IST die geistige Nachfolge die "tatsächliche".
2) Meinst Du wirklich, man müsse einen biologischen Stammbaum postulieren, um Jesus geistig zu rechtfertigen?

Rembremerding
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#102 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Rembremerding » Fr 18. Aug 2017, 06:17

closs hat geschrieben: Damit komme ich jetzt NICHT zurecht:
1) Aus meinem Realitätsverständnis IST die geistige Nachfolge die "tatsächliche".
2) Meinst Du wirklich, man müsse einen biologischen Stammbaum postulieren, um Jesus geistig zu rechtfertigen?
Doch, da kommst du schon zum Recht :)

Punkt 1 ist richtig. Das gilt seit Jesus und Pfingsten. Galt es bei den Juden die Lehre und das Wissen von Generation zu Generation weiterzugeben (siehe Gen 18:18-19!), so lehrt nun der Hl. Geist direkt (und diese Lehre dürfen Christen weitergeben). Nicht umsonst ist das Passah und andere Feste der Juden stark mit Weitererzählen von alt zu jung verbunden.
Ein biologischer Stammbaum ist für einen Christen "nice to have". Die Auferstehung und die Stimme Gottes vom Himmel ist als Legitimation von Jesus absolut genug, mehr geht nicht. Aber für die Juden, von denen das Heil kommt, die den Segen über Generationen weitergetragen haben, ist es der Stammbaum schon. Hier ist die Verheißungslinie wichtig und über diese Schiene wird sie auch für Christen glaubensfördernd.
Als Johannes' Vater, der Priester Zacharias, verstummte, verstummte geistig betrachtet auch das AT. Der erste jüdische Prophet allein im NT wurde Simeon:
Jetzt wurde er vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern Jesus hereinbrachten, um zu erfüllen, was nach dem Gesetz üblich war,
nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten:
Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden.
Denn meine Augen haben das Heil gesehen,
das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel.
Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden.
Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird.
Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.
Simeon wurde nun vom Hl. Geist geführt! Er hat das Heil gesehen, nicht nur verheißen bekommen. Das Heil bedeutete für den Juden Simeon den Messias gesehen zu haben und dieser kann nur einer Verheißungslinie entspringen. Dieses Heil ist nun für alle Völker und Heiden bereitet und gleichzeitig Herrlichkeit für Israel.
Simeon prophezeite die Spaltung im Judentum, vom Fall und der Bekehrung eines hl. Restes.

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sven23
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#103 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von sven23 » Fr 18. Aug 2017, 15:21

Hemul hat geschrieben: Hemul vergisst (fast) nix-lieber sveni. ;) Hemul hat z.B. auch nicht vergessen was wie folgt in Matthäus 23:9 steht:
9 Ihr sollt auch niemand von euren Brüdern auf der Erde mit 'Vater' anreden, denn nur einer ist euer Vater, nämlich der im Himmel.
Warum hat Deine ehemalige Kirche eigentlich diesen "Stachel im Fleische" nicht aus den Evangelien verschwinden lassen?
:Smiley popcorn:
Gerade das "Vater unser" gilt in der Forschung als authentisches Jesuswort, denn es bezeugt doch gerade seinen Glauben an einen himmlischen Gott.
Es gab also anfangs überhaupt keinen Grund für die Kirche, dieses aus den Texten zu tilgen.
Die Trinitiät ist eine spätere Erfindung der Kirche. Closs würde sagen: man hat erst im Laufe der Zeit erkannt, was Jesus wirklich wollte. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#104 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Hemul » Fr 18. Aug 2017, 15:31

Hemul hat geschrieben: Hemul vergisst (fast) nix-lieber sveni. ;) Hemul hat z.B. auch nicht vergessen was sollt ihr niemand hier auf der Erde ›Vater‹ nennen, denn nur einer ist euer Vater, der Vater im Himmel. wie folgt in Matthäus 23:9 steht:
9 Auch sollt ihr niemand hier auf der Erde ›Vater‹ nennen, denn nur einer ist euer Vater, der Vater im Himmel.
Warum hat Deine ehemalige Kirche eigentlich diesen "Stachel im Fleische" nicht aus den Evangelien verschwinden lassen?
sven23 hat geschrieben:Es gab also anfangs überhaupt keinen Grund für die Kirche, die Kirche, dieses aus den Texten zu tilgen.
Wirklich nicht? ;)
http://www.vatican.va/holy_father/index_ge.htm
Der Heilige Vater
Der Papst, der Bischof von Rom und Nachfolger des hl. Petrus, ist "das immerwährende und sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit sowohl von Bischöfen als auch von Gläubigen"
LUMEN GENTIUM, 23
:Smiley popcorn:
Zuletzt geändert von Hemul am Fr 18. Aug 2017, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#105 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von sven23 » Fr 18. Aug 2017, 15:41

Hemul hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gab also anfangs überhaupt keinen Grund für die Kirche, die Kirche, dieses aus den Texten zu tilgen.
Wirklich nicht? ;)
http://www.vatican.va/holy_father/index_ge.htm
Der Heilige Vater
Der Papst, der Bischof von Rom und Nachfolger des hl. Petrus, ist "das immerwährende und sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit sowohl von Bischöfen als auch von Gläubigen"
LUMEN GENTIUM, 23
:Smiley popcorn:
Wo siehst du da einen Widerspruch?
Lumen Gentium wurde erst im II vatikanischen Konzil formuliert. Auch hier würde closs sagen: man hat eben erst nach fast 2000 Jahren erkannt, was Jesus wirklich wollte und dachte. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#106 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Hemul » Fr 18. Aug 2017, 15:48

sven23 hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gab also anfangs überhaupt keinen Grund für die Kirche, die Kirche, dieses aus den Texten zu tilgen.
Wirklich nicht? ;)
http://www.vatican.va/holy_father/index_ge.htm
Der Heilige Vater
Der Papst, der Bischof von Rom und Nachfolger des hl. Petrus, ist "das immerwährende und sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit sowohl von Bischöfen als auch von Gläubigen"
LUMEN GENTIUM, 23
:Smiley popcorn:
Wo siehst du da einen Widerspruch?
Wo ich hier den Widerspruch sehe? :roll: Wenn wie ihr Kubizisten behauptet (fast) alles in den Evangelien von Deiner ehemaligen Kirche geschönt-hinzugefügt und daher gefälscht wurde-wäre der von Jesus erwähnte "VATER" zuerst von ihnen entfernt und ins Tönnchen entsorgt worden-meinste das nicht auch? ;)
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#107 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von sven23 » Fr 18. Aug 2017, 16:02

Hemul hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:
Wirklich nicht? ;)
http://www.vatican.va/holy_father/index_ge.htm

:Smiley popcorn:
Wo siehst du da einen Widerspruch?
Wo ich hier den Widerspruch sehe? :roll: Wenn wie ihr Kubizisten behauptet (fast) alles in den Evangelien von Deiner ehemaligen Kirche geschönt-hinzugefügt und daher gefälscht wurde-wäre der von Jesus erwähnte "VATER" zuerst von ihnen entfernt und ins Tönnchen entsorgt worden-meinste das nicht auch? ;)

Der Glaube an Gott Jahwe war doch wohl allen Gläubigen gemeinsam.
Mit der Vergottung des Wanderpredigers hatte man sich aber selbst ein Ei gegen die Schiene genagelt, wenn man an einem Monotheismus festhalten wollte. Der offensichtliche Notausstieg war die Erfindung der Trinität.
Mit Jesu Lehre hat das aber nicht mehr viel zu tun.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#108 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Hemul » Fr 18. Aug 2017, 16:28

sven23 hat geschrieben:Der Glaube an Gott Jahwe war doch wohl allen Gläubigen gemeinsam. Mit der Vergottung des Wanderpredigers hatte man sich aber selbst ein Ei gegen die Schiene genagelt, wenn man an einem Monotheismus festhalten wollte.. Der offensichtliche Notausstieg war die Erfindung der Trinität. Mit Jesu Lehre hat das aber nicht mehr viel zu tun
Sveni oller Ablenker. :thumbdown: Dass Deine ehemalige Kirche die Trinität aus dem Hütchen gezaubert hat steht doch hier überhaupt gar nicht zu Debatte. Meine Frage lautet daher (immer) noch-warum wenn doch (fast) alles in den Evangelien gefälscht wurde-blieb Jesu Aussage, dass man niemand auf der Erde Vater nennen sollte eigentlich ungeschoren weiterhin Bestandteil des NT? :roll: Hier hat sich doch Deine ehemalige Kirche ein wunderschönes Eigentor mit Fallrückzieher eingenetzt-gelle Rem? 8-)
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#109 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von sven23 » Fr 18. Aug 2017, 16:38

Hemul hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Glaube an Gott Jahwe war doch wohl allen Gläubigen gemeinsam. Mit der Vergottung des Wanderpredigers hatte man sich aber selbst ein Ei gegen die Schiene genagelt, wenn man an einem Monotheismus festhalten wollte.. Der offensichtliche Notausstieg war die Erfindung der Trinität. Mit Jesu Lehre hat das aber nicht mehr viel zu tun
Sveni oller Ablenker. :thumbdown: Dass Deine ehemalige Kirche die Trinität aus dem Hütchen gezaubert hat steht doch hier überhaupt gar nicht zu Debatte. Meine Frage lautet daher (immer) noch-warum wenn doch (fast) alles in den Evangelien gefälscht wurde-blieb Jesu Aussage, dass man niemand auf der Erde Vater nennen sollte eigentlich ungeschoren weiterhin Bestandteil des NT? :roll: Hier hat sich doch Deine ehemalige Kirche ein wunderschönes Eigentor mit Fallrückzieher eingenetzt-gelle Rem? 8-)
Wer behauptet denn, dass die Kirche alles gefälscht hat? Sie hat versucht, die unterschiedlichen Traditionen zu glätten und zu harmonisieren und mit Jesus-Worten in Einklang zu bringen. Das ist verständlicherweise noch lange nicht immer gelungen, wie man an den vielen noch bestehenden Widersprüchen schön nachvollziehen kann.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#110 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Thaddäus » Fr 18. Aug 2017, 18:13

fin hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:
fin hat geschrieben: Du scheinst Hauptmann Kornelius nicht zu berücksichtigen ;)
Nun, lieber fin, diese Geschichte hört sich schon sehr nach einer Erzählung an, die nachträglich die heftige Auseinandersetzung zwischen Petrus und Paulus glätten und einebnen soll. Ausgerechnet Petrus ist hier der Protagonist, der letztlich der Aufnahme des Kornelius in die (eigentlich juden-)christliche Gemeinde zustimmt.

Er stimmt ihr nicht nur zu, sondern führt es auch selbst aus und besiegelte damit jene Grundfrage, ob die Lehre Jesu eine rein jüdische Angelegenheit bleiben sollte oder nicht. Folgerichtig wurde Petrus auserkoren, um jenen bedeutsamen Präzedenzfall für die Heiden zu schaffen! Das Argument der nachträglichen Einfügung könnte man immer einwenden. Warum aber sollten ausgerechnet Juden ein Interesse daran gehabt haben, ihr religiöses tradiertes Selbsverständnis um eine messianische Gestalt zu erweitern, die sich verrückterweise um die Aufnahme anderer Nationen kümmert?!
Ich habe einmal in Jürgen Roloffs Kommentar zur Apostelgeschichte hineingeschaut, der dieser Erzählung 9 Seiten Analyse widmet, die ich hier natürlich nicht wiedergeben kann.
Roloffs Analyse nach, hat die Hauptmann-Kornelius-Erzählung einen historischen Kern, war ursprünglich jedoch eine judenchristliche Bekehrungsgeschichte um einen römischen Centurio, die Lukas vorlag und die er zu etwas anderem redaktionell überarbeitet hat, nämlich zu einer Bekehrung des Petrus (denn Kornelius ist ja längst bekehrt). Petrus wird hier von Gott selbst (durch seine Visionen) dazu "bekehrt", nicht mehr zwischen reinen und unreinen Tieren und nicht zwischen reinen und unreinen Heidenchristen zu unterscheiden. Die Geschichte des Kornelius soll letztlich aufzeigen, dass der gottesfürchtige Heide Gott genau so recht ist, wie der fromme Jude. Als unrein galten den Juden und Judenchristen solche Heidenchristen, die sich zwar taufen, aber nicht beschneiden ließen und auch nicht die strengen mosaischen Gesetze übernahmen (z.B. koscher zu essen etc.)

So, wie von Lukas geschildert, kann die Erzählung im Ganzen freilich nicht historisch sein, denn Kornelius kann nicht der "italischen Kohorte" zugehört haben, wie Lukas das angibt:
Daß Kornelius der "italischen Kohorte" zugehört haben soll, ist historisch falsch; Lukas überträgt hier seine Zeitumstände auf die ihm überlieferte Geschichte. Denn die Cohors II Militaria Italica Civium Romanorum Voluntariorum, eine ursprünglich in Italien aus Freigelassenen, die das römische Bürgerrecht besaßen, gebildete Bogenschützeneinheit, war erst nach 69 n.Ch. dort stationiert. In der Regierungszeit Agrippas (41-44) standen überhaupt keine römischen Truppen in der Stadt. (Jürgen Roloff, Apostelgeschichte, NTD Bd.5, 18.Aufl., 1988, Zürich, S.168)
Zudem sind die lukanischen Überarbeitungsschritte der Geschichte des Hauptmanns Kornelius recht gut narratologisch nachvollziehbar. Es ist eine stilistisch kunstvoll gestaltete und überarbeitete Erzählung.

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