Alles Teufelszeug? VI

Catholic
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#1181 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Catholic » Di 8. Aug 2017, 15:17

sven23 hat geschrieben: Fragt man sich doch überhaupt, warum der Herr nur seinen Jüngern erschien und nicht auch seinen Anklägern und Richtern, vor denen er den Glauben an seine Auferstehung ja viel wirksamer hätte begründen können.
(Karlheinz Deschner)

Gute Frage vom Herrn Deschner,aber ich gebe die Frage mal an Dich weiter.
Wenn Dir Jesus erscheinen würde,würdest Du es glauben oder wärest Du bereit es zu glauben,also als wahr/echt/authentisch anzunehmen?

closs
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#1182 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 8. Aug 2017, 15:33

Pluto hat geschrieben:Das liegt in der Natur von Dogmen. Kein Dogma ist falsifizierbar, sonst wäre es kein Dogma.
Eben - und genau deshalb ist es nicht über Kreuz mit historisch-kritischen Sach-Ergebnissen. - Ergo: Es ist der falsche Ansatz, Dogmen und HKM in Widerspruch zu stellen.

Pluto hat geschrieben:Das ist erwiesenermaßen falsch, denn die HKM stützt sich auf die Schrift und archäologische Funde, NICHT auf Vermutung und Hoffnung wie die Kanonik.
Schon wieder das Wort "erwiesen" - nein: Die HKM bezeichnet lediglich Schlussfolgerungen/Interpretationen ihrer Beobachtungen als "erwiesen" - das hat nichts mit einem "erwiesen" im Sinne von "es IST zweifellos historisch so" zu tun.

Pluto hat geschrieben:Hat mit Weltanschauung nichts zu tun, sondern es ist eine Schlussfolgerung aus den Tatsachen: Wer Setzungen braucht, der kann gar nicht wissenschaftlichen Ansprüchen genügen.
Und schon sind wir im alten Strudel:
a) "Wir haben keine Setzungen" (sachlich falsch)
b) "Andere haben Setzungen" (richtig)
c) "Da wir keine Setzungen haben, sind wir wissenschaftlich und die anderen nicht (Zirkelschluss aus (a))

Rembremerding hat geschrieben:Ein in der Philosophiegeschichte immer wieder festgestellter, durchdachter und verstandener Satz. Was sollte daran schwierig sein, ihn zu verstehen?
Das weiß ich nicht - bzw. ich habe inzwischen verstanden, warum es möglich ist.

Wenn man "Vernunft" als anthropozentrische Größe definiert (Menschliche Vernunft = Maßstab für die "Welt"), gibt es nichts über dieser Maßstäblichkeit - also muss man auch nicht erkennen, dass über der eigenen Vernunft eine höhere Instanz sein kann. - Diese Haltung ist aus meiner Sicht ultimativ un-aufgeklärt, versteht sich aber selber ultimativ aufgeklärt - und zwar zu Lasten, die eigentlich aufgeklärt sind, weil sie "Vernunft" als ontische Größe ("Es gibt eine Vernunft auch ohne uns") verstehen.

Es ist im Grunde zum Haareraufen: Die geistige Welt wird buchstäblich auf den Kopf gestellt.

Rembremerding hat geschrieben:Den anthropozentrischen Atheismus durchdringt eine tiefe Verunsicherung, welche ein wenigstens immer noch unbewusstes Ahnen eines "darüber hinaus" hervorruft. Dieser Schmerz steckt tief, er hat Angst zu verlieren, projiziert viel verletztes auf das scheinbar An-greifende.
Diese Erklärung halte ich für praxis-nah.

Rembremerding hat geschrieben:Komme da mit, wer will.
"Komme da mit, der kann", wäre aus meiner Sicht genauer formuliert.

closs
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#1183 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 8. Aug 2017, 15:51

sven23 hat geschrieben:Du "vergißt" dabei, dass die Methodik wissenschaftlichen Ansprüchen genügen muss.
Das hat doch nichts mit den Prämissen zu tun - die Art der Bearbeitung (wissenschaftlich oder unwissenschaftlich) kommt doch erst danach.

sven23 hat geschrieben:Genau so wenig, wie die Glaubensperspektive der Kanoniker etwas an den Ergebnissen der historischen Jesusforschung ändert.
Davon abgesehen, dass dieser Vergleich eh unpassend ist: Richtig - die Ergebnisse der HKM bleiben die gleichen - sonst müsste die HKM die Perspektive der Kanonik einnehmen - und das wäre doppelt gemoppelt. - Welche Perspektive näher zu dem führt, was wirklich war, ist dann eine ganz andere Frage.

sven23 hat geschrieben:Der Einzige, der Wissenschaft umdefinieren will, bist doch du selbst.
Nein - die Wissenschaft muss doch gar nicht umdefiniert werden. - Man (hat) definiert, welche Vorgehensweisen als wissenschaftlich gelten und Punkt. - Wie kommst Du darauf, dass unterschiedliche Perspektiven zum Objekt mit einer Änderung wissenschaftlichen Vorgehens verbunden sein müssen?

sven23 hat geschrieben:Dann muss er den wissenschaftlichen Anspruch aufgeben.
Das ist Deine Neurose.

sven23 hat geschrieben:Es besteht großer Konsens in der Forschung, dass es historisch richtig ist.
Es ist allenfalls aus historisch-kritischer Sicht so - oder meinst Du, dass die theologischen Forschungen zum selben ERgebnis kommen?

sven23 hat geschrieben:Aus dem Restzitat wird dann aber deutlich, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
1) Ich habe geschrieben: "Bis hierher ..."
2) Das Restzitat sagt neutral gelesen NICHT das Gegenteil.

sven23 hat geschrieben:Erstens stimmt das nicht, weil sie ja gerade unterscheidet zwischen authentischen Jesusworten und späterer Rezeption
Das ist doch Rezeptionsforschung.

sven23 hat geschrieben:ie Kanoniker, die eben diese Rezeption unkritisch übernehmen.
Sie überprüfen Aussagen nach ihrem geistigen Gehalt - egal, ob sie 50 oder 150 n.Chr. geschrieben sind. - Das ist eine ganz andere Baustelle.

sven23 hat geschrieben:Wenn Vernunft erkennt, was sie nicht erkennt, erkennt sie es ja in diesem Moment.
So ist das nicht gemeint. - Es bedeutet, dass die menschliche (!) Vernunft Bereiche erkennt, innerhalb derer sie mit ihren Möglichkeiten nicht weiterkommt. - Um was es da geht, weiß sie eben nicht - aber sie sieht, dass da was ist.

sven23 hat geschrieben:Es ist vernünftig zu erkennen, dass man (noch) nicht alles erkannt hat. Dies beinhaltet die Unvollständigkeit und Vorläufigkeit all unseres Wissens.
Das ist eine ganz andere Aussage, die von den hier gemeinten Philosophen nicht gemeint ist. - Du meinst, dass das, was man noch nicht erkannt hat, irgendwann (in der Wissenschaft) erkennen kann. - Drot ist gemeint, dass es kategorial Bereiche gibt, die unserem Wissenshorizont verschlossen sind.

sven23 hat geschrieben:Der "Erkenntnisausschnitt" beschränkt sich auf glaubensbekenntliche Aussagen.
Er bezieht sich auf alle Bibeltexte - das ist und bleibt die Quelle.

sven23 hat geschrieben:Das ist in der Wissenschaft zu wenig.
Auch Wissenschaften wie die HKM haben nur einen Erkenntnis-Ausschnitt - gemäß ihrer Perspektive.

seven23 hat geschrieben:Fragt man sich doch überhaupt, warum der Herr nur seinen Jüngern erschien und nicht auch seinen Anklägern und Richtern, vor denen er den Glauben an seine Auferstehung ja viel wirksamer hätte begründen können. (Karlheinz Deschner)
Es hätte nichts genützt. - Es machte nur Sinn vor denjenigen, die wenigstens so weit waren, um in etwa zu verstehen, was da abgeht.

Die individuelle Erkenntnis-Geschichte des Menschen ist nicht verordenbar - da muss jeder Einzelne selber durch.

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#1184 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Rembremerding » Di 8. Aug 2017, 16:28

closs hat geschrieben: Wenn man "Vernunft" als anthropozentrische Größe definiert (Menschliche Vernunft = Maßstab für die "Welt"), gibt es nichts über dieser Maßstäblichkeit - also muss man auch nicht erkennen, dass über der eigenen Vernunft eine höhere Instanz sein kann. - Diese Haltung ist aus meiner Sicht ultimativ un-aufgeklärt, versteht sich aber selber ultimativ aufgeklärt - und zwar zu Lasten, die eigentlich aufgeklärt sind, weil sie "Vernunft" als ontische Größe ("Es gibt eine Vernunft auch ohne uns") verstehen.

Es ist im Grunde zum Haareraufen: Die geistige Welt wird buchstäblich auf den Kopf gestellt.
In diesem Anthropozentrismus wird der Mensch ausschließlich von Genen, Erbanlagen, chemischen und elektrischen Vorgängen sowie familiäre Umstände geprägt, so dass jegliche Verantwortung für sein Handeln genommen ist. Es kommt zu Urteilen wie (das Beispiel tut nichts zur Sache): Ein Muslim darf Frauen belästigen, weil dies sein kultureller Hintergrund zulässt.
Denn keine Moral, kein gut und böse, richtig oder falsch, Wahrheit oder Lüge hat eine Berechtigung, wenn es Milliarden sich berechtigende gibt.

Dieser Anthropozentrismus kann nur etwas mittels der Vernunft in sein System hineintragen, versucht sie dort jedoch zu verbannen.
Das ist Selbstbetrug in der Unfähigkeit eine Sache zu Ende zu denken und ihn deshalb nicht einmal zu erkennen.
Früher konnte man unerkanntes mittels Hinführen durch einen Erkennenden wenigstens ins Licht des eigenen Erkennens tragen, um entschieden zu werden. Diese Bereitschaft sich der Entscheidung stellen zu wollen, lässt einen bequemer in den Schuhen anderer laufen.
Die heutige Beschränkung auf das Beschränkte vermeidet geradezu andere Möglichkeiten, um nicht verunsichert zu werden, zumal ja die eigene Beschränktheit unerkannt bleiben muss. Und da wird es interessant, denn der Mensch kann nicht ständig gegen seine Natur, sein Wesen denken und handeln: Diese Vermeidung gibt dem anthropozentrisch denkenden Menschen wiederum seine nicht auszuschaltende Vernunft ein, die ihm sagt: Wie kannst du dich als Maß der Dinge betrachten, wenn es maßlose Dinge gibt und weniger beschränktes?

Also lieber nichts zu Ende denken und nur in dem geschlossenen System bleiben, das dies durch ein gutes Gefühl (der Überlegenheit, des Selbst-in-der-Hand-haben) verschönert.



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#1185 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Di 8. Aug 2017, 17:18

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du "vergißt" dabei, dass die Methodik wissenschaftlichen Ansprüchen genügen muss.
Das hat doch nichts mit den Prämissen zu tun - die Art der Bearbeitung (wissenschaftlich oder unwissenschaftlich) kommt doch erst danach.
Unabhängig von Prämissen muss eine Methodik wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Die historisch-kritische Methode genügt diesen Ansprüchen, kanonische Exegese ausdrücklich nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau so wenig, wie die Glaubensperspektive der Kanoniker etwas an den Ergebnissen der historischen Jesusforschung ändert.
Davon abgesehen, dass dieser Vergleich eh unpassend ist: Richtig - die Ergebnisse der HKM bleiben die gleichen - sonst müsste die HKM die Perspektive der Kanonik einnehmen - und das wäre doppelt gemoppelt. - Welche Perspektive näher zu dem führt, was wirklich war, ist dann eine ganz andere Frage.
Natürlich die, die wissenschaflichen Ansprüchen genügt. Siehe oben.


closs hat geschrieben: - Man (hat) definiert, welche Vorgehensweisen als wissenschaftlich gelten und Punkt. -
Richtig, deshalb ist kanonische Exegese für die historische Forschung unbrauchbar, Punkt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es besteht großer Konsens in der Forschung, dass es historisch richtig ist.
Es ist allenfalls aus historisch-kritischer Sicht so - oder meinst Du, dass die theologischen Forschungen zum selben ERgebnis kommen?
Wenn sie ungeeignete Methoden wie die kanonische Exegese anwenden, kommen sie natürlich zu anderen Ergebnissen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aus dem Restzitat wird dann aber deutlich, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
1) Ich habe geschrieben: "Bis hierher ..."
2) Das Restzitat sagt neutral gelesen NICHT das Gegenteil.

Das kann aber auch an deiner mangelnenden Lesekompetenz oder deiner sehr selektiven Art zu lesen liegen, denn Grässer meint genau wie Theißen und die Mehrheit der Forschung selbstverständlich diejenige Naherwartung, die bei Theißen zum Ausdruck kommt.

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“

Nichts anderes sagt Grässer.

Nimmt man den proklamativen Charakter der Basileia-Ansage hinzu, der sich aus der Nähe der Ereignisse ergibt, sowie das keine Zwischenräume mehr zulassende Motiv der Plötzlichkeit der Gerichtspredigt Jesu (Lk 17,24.27.29; 21,35), so ist der Schluss unvermeidlich, dass Jesus sich die Nähe massiv zeitlich vorgestellt hat. Jesus erhofft nicht die Nähe der Gottesherrschaft, sondern er ist sich ihrer Nähe so absolut gewiss, dass er sie proklamiert. Nur weil das Gastmahl (Lk 14,15ff) schon bereit ist, ergeht die Einladung so dringlich und wirkt sie sich so fatal aus für diejenigen, die sie ausschlagen. Angespannte eschatologische Wachsamkeit über mehrere Generationen hin zu fordern, ist in sich widersinnig. Bei Jesus, wo das Motiv der Plötzlichkeit seinen ursprünglichen Sitz hatte, stand eine Naherwartung im Hintergrund, die das Ende noch innerhalb der jetzt lebenden Generation erwartete (XVIII). "
Erich Grässer



closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Erstens stimmt das nicht, weil sie ja gerade unterscheidet zwischen authentischen Jesusworten und späterer Rezeption
Das ist doch Rezeptionsforschung.
Aber nicht die unkritische Übernahme sondern die Unterscheidung zwischen authentischem und nicht authentischem.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:ie Kanoniker, die eben diese Rezeption unkritisch übernehmen.
Sie überprüfen Aussagen nach ihrem geistigen Gehalt - egal, ob sie 50 oder 150 n.Chr. geschrieben sind. - Das ist eine ganz andere Baustelle.
Natürlich, es ist eine glaubensdogmatische Baustelle. Sind dir Bibelaussagen bekannt, die die kanonische Exegese kritisiert, als Fälschung entlarvt oder gar verworfen hat?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn Vernunft erkennt, was sie nicht erkennt, erkennt sie es ja in diesem Moment.
So ist das nicht gemeint. - Es bedeutet, dass die menschliche (!) Vernunft Bereiche erkennt, innerhalb derer sie mit ihren Möglichkeiten nicht weiterkommt. - Um was es da geht, weiß sie eben nicht - aber sie sieht, dass da was ist.
Das geht jetzt wieder ins religiös-mystische und esoterische.


closs hat geschrieben:
seven23 hat geschrieben:Fragt man sich doch überhaupt, warum der Herr nur seinen Jüngern erschien und nicht auch seinen Anklägern und Richtern, vor denen er den Glauben an seine Auferstehung ja viel wirksamer hätte begründen können. (Karlheinz Deschner)
Es hätte nichts genützt. - Es machte nur Sinn vor denjenigen, die wenigstens so weit waren, um in etwa zu verstehen, was da abgeht.
Es hätte zumindest die Glaubwürdigkeit der Auferstehung erhöht. Denn du weißt ja: Wers glaubt, wird selig. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#1186 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 8. Aug 2017, 17:29

sven23 hat geschrieben:Unabhängig von Prämissen muss eine Methodik wissenschaftlichen Ansprüchen genügen.
Genau so.

sven23 hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode genügt diesen Ansprüchen, kanonische Exegese ausdrücklich nicht.
Wie kommst Du darauf? Wer entscheidet das? Meinst Du, ein Kanoniker oder eine Systematischer Theologe meint, er würde nicht wissenschaftlich arbeiten.

Es gibt wirklich sehr gute jesuitische Universitäten: Man würde Dich dort für Deine Behauptungen übers Knie legen und Dir den Arsch versohlen.

sven23 hat geschrieben:deshalb ist kanonische Exegese für die historische Forschung unbrauchbar
Das war doch schon immer klar - deshalb sind es doch zwei unterschiedliche Disziplinen.

sven23 hat geschrieben:Wenn sie ungeeignete Methoden wie die kanonische Exegese anwenden, kommen sie natürlich zu anderen Ergebnissen.
Eben NICHT, weil die Methodik ungeeignet ist, sondern weil Fragestellung und Perspektive unterschiedlich sind.

sven23 hat geschrieben:denn Grässer meint genau wie Theißen und die Mehrheit der Forschung selbstverständlich diejenige Naherwartung, die bei Theißen zum Ausdruck kommt.
Das ist SEIN Problem - meine Aussage war bei neutralem Lesen ("Was steht da?") auf den von Dir vorgelegten Text bezogen.

sven23 hat geschrieben:Nichts anderes sagt Grässer.
Jetzt zitierst Du schon wieder diesselbe Grässer-Stelle, wo NICHT drin steht, dass Jesus eine physisch-apokalyptische Naherwartung hatte. - Zitiere ihn bitte mit einer Aussage, wo er dies sagt.

sven23 hat geschrieben:Aber nicht die unkritische Übernahme sondern die Unterscheidung zwischen authentischem und nicht authentischem.
Richtig - das ist Rezeptions-Forschung.

sven23 hat geschrieben: Sind dir Bibelaussagen bekannt, die die kanonische Exegese kritisiert, als Fälschung entlarvt oder gar verworfen hat?
Vergiss nicht den heilsgeschichtlichen Aspekt - deshalb: Die kanonische Exegese versteht unter "Original" nicht die Texte, sondern Jesus.

sven23 hat geschrieben:Das geht jetzt wieder ins religiös-mystische und esoterische.
Es verlässt also Deinen Raum - trotzdem: Es hat mit "Esoterik" (ich weiß immer noch nicht, was das sein soll) nichts zu tun, sondern ist eine knallharte logische Schlussfolgerung, die es bereits seit der Antike gibt, und immer bleiben wird.

sven23 hat geschrieben:Es hätte zumindest die Glaubwürdigkeit der Auferstehung erhöht.
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#1187 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Pluto » Di 8. Aug 2017, 17:45

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode genügt diesen Ansprüchen, kanonische Exegese ausdrücklich nicht.
Wie kommst Du darauf? Wer entscheidet das?
Das entscheidet man anhand von objektiven Kriterien.
Z.B. macht wissenschaftliche Arbeit keine Setzungen.

closs hat geschrieben:Meinst Du, ein Kanoniker oder eine Systematischer Theologe meint, er würde nicht wissenschaftlich arbeiten.
Natürlich glaubt er das, aber stimmt es auch?

closs hat geschrieben:Eben NICHT, weil die Methodik ungeeignet ist, sondern weil Fragestellung und Perspektive unterschiedlich sind.
Wer entscheidet, welche Sich (Perspektive) richtig ist?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1188 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Di 8. Aug 2017, 19:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode genügt diesen Ansprüchen, kanonische Exegese ausdrücklich nicht.
Wie kommst Du darauf? Wer entscheidet das? Meinst Du, ein Kanoniker oder eine Systematischer Theologe meint, er würde nicht wissenschaftlich arbeiten.
Was die Herrschaften meinen, ist irrelevant.
Wichtig ist, ob die historische Forschung ihre Arbeitsweise für brauchbar in der Forschung hält. Und dem ist nun mal nicht so, aus besagten Gründen.

closs hat geschrieben: Es gibt wirklich sehr gute jesuitische Universitäten: Man würde Dich dort für Deine Behauptungen übers Knie legen und Dir den Arsch versohlen.
Das können sie meinetwegen versuchen. Das Echo könnte unangenehm sein, denn von der anderen Arschbacke hinhalten halte ich nicht viel. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:deshalb ist kanonische Exegese für die historische Forschung unbrauchbar
Das war doch schon immer klar - deshalb sind es doch zwei unterschiedliche Disziplinen.
Sag ich doch immer. Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik. Warum regst du dich also auf? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn sie ungeeignete Methoden wie die kanonische Exegese anwenden, kommen sie natürlich zu anderen Ergebnissen.
Eben NICHT, weil die Methodik ungeeignet ist, sondern weil Fragestellung und Perspektive unterschiedlich sind.
Eben, wer nur fragt, wie er ein Glaubenskonstrukt zirkelreferent bestätigen kann, der ist für wissenschaftliches Arbeiten in der historischen Forschung unbrauchbar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:denn Grässer meint genau wie Theißen und die Mehrheit der Forschung selbstverständlich diejenige Naherwartung, die bei Theißen zum Ausdruck kommt.
Das ist SEIN Problem - meine Aussage war bei neutralem Lesen ("Was steht da?") auf den von Dir vorgelegten Text bezogen.
Und meine Aussage war, dass deine Lesekompetenz zu wünschen übrig läßt, denn die Aussage Grässer deckt sich mit Theißen und der Forschung.

Angespannte eschatologische Wachsamkeit über mehrere Generationen hin zu fordern, ist in sich widersinnig. Bei Jesus, wo das Motiv der Plötzlichkeit seinen ursprünglichen Sitz hatte, stand eine Naherwartung im Hintergrund, die das Ende noch innerhalb der jetzt lebenden Generation erwartete (XVIII).

Und im übrigen solltest du wissen, wenn Kollege Alzheimer nicht schon wieder zugeschlagen hat, dass Grässer ganz besonders gründlich die Naherwartung untersucht hat.

"Wie kann man Naherwartung gelten lassen und Jesus dennoch von einem katastrophalen Irrtum freisprechen?
...
Die Dämonenaustreibungen sind Zeichen des unmittelbar bevorstehenden Hereinbruchs der Gottesherrschaft. Die Wundertaten ......hat alles keinen Sinn, und hängt in der Luft, wenn Jesus das Reich erst nach vielen Generationen erwartet.
Kurz: der Tenor seiner Predigt wie auch seine Verhaltungsweise sind auf die Situation abgestimmt: es ist die letzte Stunde!"

Erich Gräßer


Und nun kommts:
Laut Gräßer gehören erfüllte Erwartung und Fernerwartung nicht zur ältesten Tradition. Das ist der entscheidende Hinweis, weshalb man diese nicht Jesus zuschreiben kann. Es bleiben also noch Nah- und Nächsterwartung, die man Jesus zuschreiben kann.
Gräßer hält aber die weitere Stufung in nah und nächst für überflüssig.

"Der Unterschied ist im Blick auf die Sache bedeutungslos und in der Überlieferung auch nicht sicher zu greifen. Wer möchte sagen, ob Jesus mit Stunden oder Tagen gerechnet habe? Die geringere oder größere Nähe der Krisis ist auch nicht das Wesentliche, sondern allein der Gedanke, daß es die letzte Stunde ist und "daß das Reich Gottes jetzt ganz gewiss kommt."
Erich Gräßer

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Sind dir Bibelaussagen bekannt, die die kanonische Exegese kritisiert, als Fälschung entlarvt oder gar verworfen hat?
Vergiss nicht den heilsgeschichtlichen Aspekt - deshalb: Die kanonische Exegese versteht unter "Original" nicht die Texte, sondern Jesus.
Das Original findet man aber nicht durch unkritische Übernahme der Rezeption. :roll:
Genau das aber machen Kanoniker.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es hätte zumindest die Glaubwürdigkeit der Auferstehung erhöht.
Für WEN?
Für alle, die bei Wundergeschichten skeptisch sind. Und ich denke mal, die Skepsis ist wohl nicht ganz unberechtigt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Thaddäus
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#1189 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Thaddäus » Di 8. Aug 2017, 20:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht ihm nur noch um das rechthaberische Verteidigen seines Glaubensweltbildes, das seiner Meinung auch noch wissenschaftlichen Ansprüchen genügt.
Das ist Rückzugsstrategie - Angst davor, tiefer zu denken, als es für das bevorzugt Denksystem nötig ist. - Entweder man brennt nach Erkenntnis oder man zieht anthropozentrische Beruhigungs-Pillen durch - entscheide Dich - es betrifft ausschließlich Dich.
Nein, mein lieber closs. sven23 hat mit seiner Diagnose vollauf recht. Das Ausmaß an Starrsinnigkeit, Uneinsichtigkeit, Einsichtsresistenz und Kritik-Immunisierung, welches du an den Tag legst, habe ich ansonsten nur bei brain-washed-Sektenmitgliedern in den USA kennengelernt. Insbesondere die beständige gebetsmühlenartige Wiederholung immer gleicher Aussagen, die längst als offenkundig falsch oder unhaltbar nachgewiesen wurden, sind ein starker Indikator für die extreme Immunisierung deiner glaubensgebundenen Sicht auf die Wissenschaften im Allgemeinen, dem, was du als angeblichen Zeitgeist diagnostizierst - und im Konkreten -, deiner Sicht auf die historisch-kritische Forschung.

Dabei stimme ich dem Vorwurf einiger Philosophen, es herrsche in unseren Tagen ein unsäglicher (und auch unsäglich dummer) physikalistischer und neurozentristischer Zeitgeist vor, der geistige Phänomene vom Vorhandensein von Bewusstein und Selbstbewusstsein bis hin zu faktisch vorhandenen bestimmten religiösen Überzeugungen einfach wegleugnen oder pathologisieren will, durchaus zu. Das habe ich hier in diversen Threads auch durchblicken lassen. Das sollte dich eigentlich stutzig machen und dich davor scheuen lassen, mich pauschal einer naturalistisch-physikalistisch-antireligiösen Fraktion zuzurechnen. - der ich nicht angehöre. Da du aber nicht in der Lage bist, mich schlicht und einfach danach zu fragen, welche grundsätzlichen philosophischen (oder theologischen) Haltungen ich zu bestimmten Fragen einnehme, sondern beständig lediglich um deine eigene immunisierte Glaubenssicht kreist, gehe ich davon aus, dass es dich letztlich auch nicht interessiert, was ich tatsächlich denke. Stattdessen zwingst du mich dazu, dass Immergleiche zu wiederholen, so wie du das Immergleiche wiederholst. Das ist eine Form des Wahnsinns, die vielleicht eine zeitlang lustig ist, dann aber öde wird.

Da ich dir gegenüber hier alles geschrieben habe, was ich sinnvollerweise schreiben konnte, ich aber keinerlei Weiterkommen in der Sache sehe, klinke ich mich an dieser Stelle aus dem Einreden auf dich aus. Es gibt minimale Anforderungen an eine Diskussion, zu denen gehört, dass man Argumente und Gegenargumente austauscht und nicht nur einsichtsresistent das Immergleiche wiederholt. Das ist im gedanklichen Austausch mit dir leider nicht gegeben.
:wave:

closs
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#1190 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 8. Aug 2017, 20:39

Pluto hat geschrieben:Z.B. macht wissenschaftliche Arbeit keine Setzungen.
Entweder BEIDE machen Setzungen oder keiner:

BEIDE beginnen ihre wissenschaftliche Arbeit, NACHDEM die Grundlagen ihres Forschungsauftrags festgelegt wurden:

1) "Untersuchen Sie das NT auf die Historizität Jesu hin. Forschen Sie dabei mit den Kriterien der historisch-kritischen Methodik und interpretieren Sie den Text unter kritisch-rationalen Gesichtspunkten (nur historisch-kritisch Falsifizierbares ist relevant, also aus der Perspektive, dass Jesus Mensch war)"
2)"Untersuchen Sie das NT auf die geistige Wirklichkeit Jesu in seiner hin. - Forschen Sie damit mit den Kriterien der Hermeneutik und interpretieren Sie den Text so, als sei Jesus nicht nur Mensch, sondern auch Gott".

BEIDE werden nach dieser Aufgabenstellung ohne Setzung beginnen zu arbeiten und nicht wissen, welche Ergebnisse sie erzielen ("Ergebnisoffenheit"). So gesehen ist das wissenschaftliche Arbeiten selbst ohne Setzung. - Oder man betrachtet den "Vorlauf" der Aufgabenstellung mit, dann haben BEIDE eine Setzung. - Entweder, oder - was ist Dir lieber? Mir ist beides gleich recht.

Pluto hat geschrieben:Natürlich glaubt er das, aber stimmt es auch?
Sie werden es BEIDE überzeugend begründen können.

Pluto hat geschrieben:Wer entscheidet, welche Sich (Perspektive) richtig ist?
Niemand - denn es ist nicht falsifizerbar, ob Jesus nur Mensch oder auch göttlich war. - Die Aussage in beiden Fällen ist:

Wenn UNSER Aufbau der richtige ist in Bezug auf das, was wirklich war (was wir nie zu Erdzeiten wissen werden), war unsere Perspektive die richtige. - WELCHE Perspektive die richtige wist , wissen wir erst, wenn wir unsere Interpretationsgrundlage kennen ("Jesus ist nur Mensch"/"Jesus ist auch göttlich").

Um Missverstände zu vermeiden: Die gilt nur auf der interpretativen Ebene ("Naherwartung seitens Jesus"). Bei reinen Sach-Fragen wie etwa, wann Jesus gekreuzigt wurde, werden beide Perspektiven bei gleicher allgemeiner Quellenlage zum selben Ergebnis kommen, wenn diese Frage Gegenstand ihrer Untersuchung ist.

sven23 hat geschrieben:Wichtig ist, ob die historische Forschung ihre Arbeitsweise für brauchbar in der Forschung hält.
Das ist überhaupt nicht wichtig. - Warum sollte die HKM entscheiden, was brauchbar in der Forschung ist? - Sie kann entscheiden, was brauchbar für IHRE Forschung ist - aber was spielt das hier für eine Rolle?

sven23 hat geschrieben:Sag ich doch immer. Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik. Warum regst du dich also auf?
Wenn ich mich aufrege, dann über Deine ständige Verquerung von Fragestellungen - es geht hier NICHT um Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik (das war bisher nur bei Dir ein Thema, das Du hier immer wieder fälschlich einführst).

sven23 hat geschrieben:wer nur fragt, wie er ein Glaubenskonstrukt zirkelreferent bestätigen kann, der ist für wissenschaftliches Arbeiten in der historischen Forschung unbrauchbar.
Stimmt - aber das ist hier nicht der Fall. Auch hier wieder: Verquerung von Fragestellungen.

sven23 hat geschrieben:"Wie kann man Naherwartung gelten lassen und Jesus dennoch von einem katastrophalen Irrtum freisprechen?"
Das ist seine Interpretation - ich bezog mich auf seine allgemein gehaltene Aussage, der man wohlwollend zustimmen kann. - Dass er dann irgendwann interpretativ ausschert, war natürlich zu erwarten - aber man sollte fair bleiben und nicht gleich den Stab über jemandem brechen.

Übrigens: Die hier von Dir zitierte Stelle von Grässer ist eine Katastrophe: Natürlich sind "Naherwartung" (im überwiegenden theologischen Verständnis) und Nicht-Irrtum Jesu leicht in Übereinstimmung zu bringen.

sven23 hat geschrieben:Es bleiben also noch Nah- und Nächsterwartung, die man Jesus zuschreiben kann.
Da würden Dir Berger & Co wahrscheinlich zustimmen - an der Naherwartung (ich würde es "Nahwissen" nennen) Jesu zweifelt doch niemand in den großkirchlichen Theologien.

sven23 hat geschrieben:"Die geringere oder größere Nähe der Krisis ist auch nicht das Wesentliche, sondern allein der Gedanke, daß es die letzte Stunde ist und "daß das Reich Gottes jetzt ganz gewiss kommt."
Richtig, Erich Gräßer - auch da wird Dir Dein Kollege Berger wahrscheinlich zustimmen - aber er wird es ganz anders als Du interpretieren.

sven23 hat geschrieben:Das Original findet man aber nicht durch unkritische Übernahme der Rezeption.
Das Original findet man auch nicht durch kritische Untersuchung der Rezeption, wenn man nicht den richtigen Interpretations-Ansatz findet. - Das Original findet man nur auf geistigem Wege - natürlich auf Basis und in Interpretation der Quellen - aber ohne geistige Perspektive bleibt ein Hochjaulen der Drehzahlen im Leerlauf (Apg. 8,30).

sven23 hat geschrieben:ich denke mal, die Skepsis ist wohl nicht ganz unberechtigt.
In der Tat - es passt nicht in das Denken des "Fürstentums der Welt".

Gesperrt