closs hat geschrieben:Unter "anfängliche Schöpfung" würde ich Adam nicht bildhaft, sondern spirituell als idealen Geistleib verstehen ("Es war sehr gut"), der auf den Weg in die notwendige "gefallene" Welt mit ihrer naturalistischen Struktur "vertrieben" wird.
Die gefallene Welt war mE nicht notwendig. Möglicherweise unvermeidlich aber nicht notwendig.
Da Gott nach 1. Joh. 4, 16 die Liebe ist, braucht es eine "offene Tür", Liebe funktioniert nicht erzwungenermaßen sondern nur freiwillig. Der verbotene Baum ist mE der Prüfstein für den Menschen gewesen. Entscheidet er sich für Gott - oder nicht? Flieht er vertrauensvoll zu ihm - oder entscheidet er sich für die Sünde.
closs hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Die Entscheidung der Schlange zu glauben oder nicht, lag doch allein beim Menschen.
Ich denke NEIN. – "Entscheidung" ist ein typisch anthropozentrischer Begriff, mit dem man das Geschehen in die "Selbst-Verantwortung" des Menschen schieben will – daran ist die kirchliche Theologie schuld, die in ihrer Verweltlichung Druck auf den Menschen machen wollte ("Mea culpa, …")
Das wird mE der biblischen Aussage nicht gerecht, daran sind nicht "kirchliche Theologien" schuld, die Verantwortung des Menschen ergibt sich doch aus den biblischen Texten eindeutig!
Gott gibt den Menschen ein Gebot, sie übertreten es und werden dafür "zur Verantwortung gezogen". Die Folgen der Übertretung werden doch in keiner Weise positiv geschildert, etwa in dem Sinne von: "prima, jetzt seid ihr einen großen Schritt weiter in eurer Erkenntnis…" !
Sondern die Folgen sind Verbannung, Dornen und Disteln, Schweiß, Schmerzen, Mühsal, Tod.
Wären sie für ihre Übertretung nicht verantwortlich gewesen, hätte Gott sie auch nicht in dieser Weise verantwortlich machen können. Hätte Gott dem Menschen gar nicht die Möglichkeit gegeben, sich FÜR die Befolgung seines Gebotes zu entscheiden, wozu dann die ganze Aufführung?
Das wird noch deutlicher, wenn man dein Beispiel betrachtet:
closs hat geschrieben: Ist es aus Sicht des Kleinkindes "bewusst", wenn Mama ein offenes Marmeladenglas in den Laufstall stellt, und das Kind davon ißt, obwohl Mama gesagt hat: "Du darfst nicht davon essen" ---???---
Wozu der Baum, wozu die Versuchung, wozu das Marmeladenglas? Es wäre absurd, ein offenes Marmeladenglas in den Laufstall des Kleinkindes zu stellen, mit dem Verbot, nicht davon zu naschen, wenn das Kind mein Verbot nicht bewusst verstehen kann.
• Will ich seinen Gehorsam testen, dann muss ich warten, bis es das Verbot bewusst versteht.
• SOLL es naschen, dann brauche ich es ihm nicht zu verbieten!
Ein Verbot macht nur Sinn, wenn ich erstens NICHT will, dass es übertreten wird und zweitens der, der es erhält, es auch verstehen und sich daran halten kann.
Ansonsten ist das ein absurdes Schauspiel!
closs hat geschrieben: Mit anderen Worten: Das "Auflösen des exklusiven Verhältnisses des MENSCHEN (nicht des Mannes!) mit Gott durch seine Vermännlichung durch die Schaffung von Eva (= Frau)" = im Grunde dasselbe wie "Mutter und Vater verlassen und sie aßen vom Baum".
Auf Deine Frage zu kommen: Vom Baum konnte erst gegessen werden, als Eva da war und Adam Mann war (Dialektik/Plus und Minus) - mit anderen Worten: Vorher hätte Adam als Mann gar nicht vom Baum essen können.
Behauptest du aber ich sehe dafür keinen Grund! Das Verbot galt Adam, noch bevor Eva erschaffen wurde! Wozu es ihm verbieten, wenn er gar nicht davon essen konnte? Er konnte es mE sowohl ohne Eva, alsauch ohne die Schlange, sonst hätte das Verbot zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn gemacht.
closs hat geschrieben: Geschaffen werden musste jedoch dieser Baum, weil er die notwendige Schleuse heraus vom göttlichen Sein ins menschliche Dasein ist (der Baum des Lebens ist die Schleuse zurück - aber dann unter bewussten Umständen).
Notwendige Schleuse im Sinne von: "Da ist die Tür!" - Liebe zwingt nicht, Gott ist kein Stalker - "Aber wir können auch in Liebe zusammenbleiben."
closs hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Ist das ein Gegensatz? Das eine schließt das andere mE nicht aus. Wobei es Menschen gibt, die bewusst, trotz Erkenntnis, Gott nicht folgen wollen.
Das ist genau die Frage, an dem Grundsatzhaltungen wie etwa "sola fide" und "sola gratia" kollidieren. - Nach meinem Erkenntnisstand bleibt am Ende "sola gratia" - will heißen: Menschlicher Wille (inkl. "Entscheidung") ist letztlich irrelevant.
Dann ist alles nichts als eine großes Theateraufführung!
closs hat geschrieben: Im übrigen tue ich mir schwer, Menschen zu finden, die absichtlich gegen Wahrheit verstoßen
Das Problem ist heute dasselbe, wie bei Adam: Es gibt eine offene Tür! Niemand wird erschlagen von einer unabweisbaren Wahrheit, man kann sie auch einfach leugnen, ablehnen. Und z.B. daran glauben, alles sei von selbst entstanden und es geben keinen Schöpfer. Liebe zwingt niemanden, sie bietet sich an, mehr nicht.
Wir haben doch hier im Forum genug Beispiele dafür. Sie wissen alles, aber sie wollen nicht!
closs hat geschrieben: - es ist aus meiner Sicht IMMER Erkenntnismangel ODER "schwaches Fleisch". - Und dann darf man nicht vergessen, dass es auch geistige Gegenkräfte gibt, denen man ausgeliefert sein kann.
Trotzdem gibt Gott jedem irgendwann die Gelegenheit, sich für ihn zu entscheiden.
closs hat geschrieben: "Sünde" ist entweder eine objektive Größe ("Sünde" = Verhalten, ob man es als Betroffener weiß oder nicht") oder subjektive Größe ("Sünde" ist nur dann, wenn der Betroffen weiß, was er tut"). - Sähe man "Sünde" ausschließlich subjektiv, würde kaum jemand sündigen, weil die meisten Menschen aus meiner Lebenserfahrung "mit bestem Wissen und Gewissen" "sündigen", weil sie fehlgeleitet sind - also ein Erkenntnismangel oder eine Besessenheit durch das Böse (wobei ich mit "Besessenheit" nicht die "große" Besessenheit meine, wie sie in Filmen gezeigt wird, sondern die alltägliche "Besessenheit").
Ich dagegen kenne viele, die genau wissen, was sie tun, die ganz genau wissen, dass sie sündigen - denen das aber scheißegal ist, weil sie glauben, dass es keinen Gott gibt.
Nach dem Motto: Nimm mit, was du kriegen kannst, denn morgen bist du tot.
closs hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Wofür starb Christus, wenn der Sündenfall nur ein gottgewollter, notwendiger "Fall" war, durch den der Mensch Gott erst bewusst erkennen konnte? Wenn durch den Sündenfall nicht, wie Paulus sagt "Verdammnis" sondern "Erkenntnis" im positiven Sinne über den Menschen kam?
"Erlösung" ist, dass in Jesus als Gott und Mensch (und nur da ist es möglich) die Orientierung an Gott und die Orientierung am Ich wieder verschmolzen werden konnte - dass also der Mensch bedingungslos (!) mit seinem Ich das wollen und tun kann, was Gott will - das schafft nur ein Mensch, der auch Gott ist. - Damit ist sozusagen der Weg zum "Baum des Lebens", also die Rückkehr in den Ideal-Zustand in Gott ermöglicht - mit dem Unterschied, dass dieses Mal der Menschen durch die Ochsentour durch den dialektischen Raum ("Leid"!!!) diesen Zustand in Gott bewusst erleben kann. - Und das ist ja der "Zweck der Übung", also der Heilsgeschichte als Ganzes - sonst hätte der "Fall" keinen Sinn.
Für mich besiegte Jesus den Tod, der durch die Abkehr des Menschen von Gott Einzug gehalten hat.
Und wir stehen tatsächlich vor einer Entscheidung:
16 Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zugrunde gehen, sondern das ewige Leben haben.
17 Gott hat nämlich seinen Sohn nicht zu den Menschen gesandt, um über sie Gericht zu halten, sondern um sie zu retten.
18 Wer an ihn glaubt, der wird nicht verurteilt. Wer aber nicht an ihn glaubt, über den ist das Urteil damit schon gesprochen. Denn er weigert sich, Gottes einzigem Sohn zu vertrauen.
19 Und so vollzieht sich das Urteil: Das Licht ist in die Welt gekommen, aber die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht. Denn was sie taten, war böse. Joh. 3, 16-19
Sola Scriptura. Sola Gratia. Sola Fide. Solus Christus!
Das ist mein Glaube.