1.Novalis hat geschrieben:Beantworte diese zwei Fragen: Wie kommt der Geist in die Materie und was ist der Mensch?
Ich fange mal mit „was ist der Mensch?“ an:
Ein aus zusammenwirkenden biologischen Zellen aufgebautes Objekt, das eigenständig handelt – ein Mensch ist ein aktiver Körper (und sonst nichts).
2.
Weiter geht es mit „Wie kommt der Geist in die Materie?“:
Ich sage „gar nicht“, wobei ich keine Ahnung habe, was in deiner Frage „Geist“ sein soll.
Dass ich dennoch antworte, liegt daran, dass ich von nichts weiterem ausgehe, als dem aktiven Körper. Da werden jetzt einige zustimmen, denen ich wiederum nicht zustimmen kann, denn meiner Ansicht nach bekommt der Körper durch seine Aktivität auch keine „existenziellen Geist- oder Bewusstseinseigenschaften“ (Betonung liegt auf „existenziell“).
Das, was du als „grobstofflich“ bezeichnest, würde ich als „den Zellorganismus“ bezeichnen.
Das, was du als „feinstofflich“ bezeichnest, würde ich als „Zusammenhänge in der Aktivität des Gehirnzellverbundes“ bezeichnen.
Das ist dir aber ja alles schon bekannt.
Du möchtest vielmehr wissen, wie es zu der Situation kommt, bei der „du, dich für ein Ich hältst und dabei verwirrt bist, was denn das Ich eigentlich ist“.
Stell dir mal „Geist“ als eine Existenz vor (ich verwende dazu jetzt einfach mal ein halbdurchsichtiges schwebendes Nachthemd

Wenn diese Existenz etwas wahrnehmen können soll, dann muss eine Reaktion, also eine Art „Veränderung“ ablaufen, wobei jedoch die Existenz selbst unbeeindruckt bleiben soll (quasi: das Nachthemd soll die ganze Zeit ein Nachthemd bleiben und beim Wahrnehmen nur irgendetwas tun).
An dieser Stelle muss ich mein Nachhemdchen, wie einen Ballon entfleuchen lassen, denn ich habe keine Ahnung wie ein Nachhemd ein Wahrnehmungsverhalten zustande bringen soll

Ich gehe mal davon aus, dass du das für „Geist“ auch nicht sagen kannst, also lass auch „ihn“ einfach mal ziehen.
Nun ist ein Wahrnehmungsverhalten eine besondere Art von Verhalten, soll heissen, es geht nicht um ein Materialverhalten, bei dem am Ende eine dauerhafte „Verformung“ vorliegt, sondern es geht um ein Verhalten, das die wahrnehmende Existenz ganz flexibel durchführen können muss, quasi „selbst nicht beeinflusst wird von den Vorgängen“, sondern nur eine Handlung durchführt und zwar eine reagierende Handlung.
Wahrnehmung kann man allgemein als „das Verstehen von Zusammenhängen“ beschreiben, d.h. es müssen Zusammenhänge erkannt und damit quasi „durchlaufen“ werden.
Wenn ich also eine Methode hätte, mit der „mein schwebendes Nachthemd“ Zusammenhänge durchlaufen können könnte und es vorab genügend gelernt hätte, dann könnte eine relativ gute (im Sinne von „umfassend“) Wahrnehmung ablaufen. Damit ist mein Nachthemd aber noch nicht bewusst, sondern würde wie ein automatisch reagierendes Nachthemd durch den Nachthimmel schweben.
Bewusst wird mein Stofffetzen dadurch, dass es (1.) die Zusammenhänge der Situationen derart umfassend durchläuft, dass die Handlungsfähigkeit des Nachthemds in Bezug zur Umwelt gesetzt wird und (2.) es innerhalb der Zusammenhänge zu einem ständig fortgesetzten „Überzeugungsverhalten“ kommt.
Zu 1.
Es geht hierbei sozusagen im einen einzelnen „Bewusstseinsschritt“, wobei dies alleine kein „Bewusstsein“ ist, sondern es geht „nur“ um das Durchlaufen der Zusammenhänge, die zu einem Zeitpunkt „X“ relevant sind, weil sie sich aus der aktuellen Situation ergeben.
Zu 2.
Mit „Überzeugungsverhalten“ meine ich hierbei ein Verhalten, das in festgelegten „Bahnen“ abläuft. Festgelegt durch die Zusammenhänge aus „der Handlungsfähigkeit des Nachthemds in Bezug zur Umwelt“.
Anders gesagt:
Beim Durchlaufen aus „zu 1.“ werden (zusätzlich zur Körper/Welt-Situation) auch noch die Verhaltensmöglichkeiten eines „Nachthemds in einer Umwelt“ berücksichtig, so dass sich ein Verlauf, also ein zeitlich fortgesetztes Verhalten „ergibt“. Dazu müsste es zu einer Berücksichtigung der Vergangenheit, also des bisherigen Ablaufes, kommen.
Wenn also aus dem Durchlaufen der Zusammenhänge eine Wahrnehmungsfunktion (sozusagen: das Nachthemd kann irgendetwas erkennen) entsteht, dann ist es immer aus der Perspektive „eines schwebenden Nachthemds in einer Umwelt“, denn diese Zusammenhänge sind immer dabei.
Insgesamt ergibt sich dadurch ein Verhalten, das sich nur um „Nachthemd in einer Umwelt“ drehen kann – es liegt eine Fixierung der Reaktion vor.
Wenn also mein Nachthemd über seine Situation etwas aussagen könnte, dann nur dass es ein Nachthemd in einer Umwelt ist. Das Nachthemd würde jedoch gar nicht wissen, wieso es zu diesem Schluss gekommen ist (der ja obendrein auch noch korrekt ist)

Auf Basis eines Zusammenhangsaufbaus auf festgelegten Bahnen (im Sinne der Situation des Nachthemds) und einer ständigen Aktivität also einem ständigen Durchlaufen, erscheinen (mir) die ersten „Bewusstseinsfunktionen“ möglich zu sein.
Interessant dabei ist, dass die Technik zum Aufbau der Zusammenhänge eigentlich keine Rolle spielt – es geht nur um das Durchlaufen der Zusammenhänge (und zwar mit systemlokaler Gültigkeit!).
Weg mit dem Nachthemd und her mit Körper und Gehirn.
Das Gehirn ist ein Reaktionssystem der Superklasse, also ein Zusammenhangsspezialist, der in seiner Strukturflexibilität prinzipiell alle möglichen Zusammenhänge aufbauen könnte. Z.B. den Verlauf einer mathematischen Funktion in Form von Ein- und Ausgaben. Das würde jedoch nicht zu einem „Bewusstsein“ führen, denn diese Zusammenhänge drehen sich nicht um den Standpunkt eines aktiven Körpers in Bezug zu einer Umwelt.
=> nicht jede x-beliebige Situation führt zu einer Gehirnreaktion mit einem „Überzeugungsverhalten“.
Wenn sich aber das Gehirn in einem eigenständigen Körper befindet, bereits mit den ersten Zellen zu arbeiten beginnt, sprich die Zusammenhänge der Körpersignale durchläuft, mit dem Körper heranwächst (bereits im Mutterleib) und immer nur Daten aus der Perspektive „Körper in einer Umwelt“ bekommt, dann ist das Durchlaufen irgendwann umfassend genug, dass es zu einem stimmig fortgesetzten Überzeugungsverhalten à la „Erleben“ kommt.
„Bewusstsein“ ist kein Etwas, keine Fähigkeit und kein Zustand, den ein Gehirn automatisch hat, sondern es ist das gewachsene/aufgebaute Überzeugungsverhalten auf Basis des aktiven Körpers in einer Umwelt.
Auch wenn das Gehirn „das Verhalten“ stattfinden läst, so gilt dennoch:
=> „Ich“ ist der Körper.
Das Wort „Geist“ ist nicht notwendig (das Nachthemdchen auch nicht

Das, was ich hier geschrieben habe, ist ein grober Abriss und es müssen immer noch enorme Probleme gelöst werden, aber es ist definitiv der Ansatz einer Möglichkeit, den man letztlich auch tatsächlich überprüfen, also falsifizieren könnte.
Mein Text enthält zahlreiche Behauptungen, die man angreifen kann oder auch gerne mit „Geist“ zu erklären versuchen kann – auf geht’s…