Alles Teufelszeug? VI

closs
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#231 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Mi 24. Mai 2017, 22:24

sven23 hat geschrieben:, wie ich schon 100 mal gesagt habe, hat nur die historisch-kritische Methode eine Existenzberechtigung in der historischen Jesusforschung.
Du hast die Frage nicht beantwortet, ob Du "historisch" als epistomologischen oder ontologischen Begriff verstehst - im ersten Fall könnte man Deinen Satz mit Hängen und Würgen stehen lassen.

sven23 hat geschrieben:Ich habe den Unterschied zwischen historisch-kritischer Methode und kanonischer Exegese oft genug zitiert, gerade weil ich ihn verstanden habe.
Du interpretierst den Unterschied im wesentlichen ideologisch, während ich beide sachlich unterscheide. - In einem sind wir uns einig: Es gibt wesentliche Unterschiede.

sven23 hat geschrieben:Der Antijudaismus hat seine Wurzeln bereits im Neuen Testament.
Kann man so sehen, wobei Du allerdings übersiehst, dass Jesus kein letztliches Heil sieht, wenn die Juden nicht am Ende im Boot sind. - Das sind theologische Fragen.

sven23 hat geschrieben:Er wäre aber sicher nicht so folgenschwer gewesen, wenn die Kirche die Glaubenspropagandaschriften nicht zu unantastbaren Worten Gottes erklärt hätte.
Von Deiner konnotativ schrägen Wortwahl abgesehen ist es auch sachlich nicht richtig. - Richtig wäre allerdings, dass die Kirche aus ihrer Theologie Handlungsweisen abgeleitet hat, die - zu Ende gedacht - satanisch waren. - Aber dafür kann die Theologie als solches nicht - würde sie etwas dazu können, wäre Einstein verantwortlich für Hiroshima.

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#232 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Mi 24. Mai 2017, 22:31

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Aber ich schaue gern noch mal nach, um Dir nachlesbare Quellen anzugeben (so ad hoc ist es mir nicht gelungen).
Hier z.B. http://scienceblogs.de/arte-fakten/2009 ... uralismus/
Bist Du sicher, dass closs DIESEN Naturalismus meint? Ich tippe mal darauf, dass er den onthologischen Naturalismus meint und dann hat er nämlich recht.
Er hätte nur dann recht, wenn die WISSENSCHAFT den ontologischen Naturalismus auf ihre Fahnen geschrieben hätte. Meines Wissens vertritt diese aber den methodologischen Naturalismus. Das dürfte unseren lieben Kurt nicht gefallen, da ihm nun ein wichtiges Feind-
bild abhanden gekommen ist.

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#233 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Mi 24. Mai 2017, 22:44

Münek hat geschrieben:Ich sprach ausdrücklich vom "METHODOLOGISCHEN" Naturalismus. Dieser schließt die Existenz transzendenter Wesen und Welten nicht aus - aber auch nicht ein.
Das ist doch Augenwischerei und vollständiges Schein-Geblubber. - Denn der methodologische Naturalismus behauptet, "dass letztlich nur die Naturwissenschaften zu wahren Beschreibungen der Welt führen und es keine von den Wissenschaften unabhängige, philosophische Methode gibt. Ein derart radikaler Naturalismus muss sich den Einwand der Widersprüchlichkeit gefallen lassen, da die Behauptungen des methodischen Naturalismus offenbar selbst keine naturwissenschaftlich begründbaren Aussagen sind" (wik). - Oder anders:

Wie will man etwas ausschließen, was man vorher bereits methodologisch ausgeschlossen hat (konkret: Wie willst Du per Naturwissenschaft Metaphysisches NICHT ausschließen? - Geht doch gar nicht, da es von vorne herein ausgeschlossen ist) - genau derselbe Punkt wie bei der HKM.

Münek hat geschrieben:die RKK verlangt vom Gläubigen vorbehaltslosen Glaubensgehorsam, keine Glaubensentscheidung.
:?: - Das, was Du "Glaubensgehorsam" nennst, ist Folge des "Glaubensentscheids". - Anders gesagt: Ohne den Vorbehalt/die Voraussetzung des Glaubensentscheids ist der Glaubensgehorsam nicht relevant und nicht existent.

Münek hat geschrieben:Nö - was da geliefert wurde, war nicht die Sahne.
Aus Deiner weltanschaulichen Sicht kann das so sein - möglicherweise ist es aber jenseits und unter Einschluss der HKM "die Sahne" - was man als reiner HKM-ler nicht beurteilen kann, weil es system-sprengend ist.

Münek hat geschrieben:er greift die Bibelwissenschaft, die sich der historisch-kritischen Auslegungsmethode bedient, ausnahmslos als ganze an
Trotzdem meint er damit nur den weltanschaulich-interpretativen Teil der HKM-ler. - Oder meinst Du, er will Wissenschaftler angreifen, die brav ihre Sachergebnisse bringen? - Nein, es geht hier um den weltanschaulich (aus seiner Sicht) kontaminierten Anteil der HKM-ler.

Münek hat geschrieben:Den Hang zur eisegetischen Textinterpretation habe ich nicht bei Ratzinger oder Berger, sondern bei DIR festgestellt.
Das kannst Du nicht trennen, so lange ich im wesentlichen großkirchlich-theologische Positionen vertrete - also alle oder keinen. - Was ist Dir lieber?

Münek hat geschrieben:Ich denke, ich habe mich klar genug darüber ausgedrückt, was unter dem Begriff EISEGESE zu verstehen ist.
Du hast Dich im wesentlichen weltanschaulich dazu geäußert - meine durchaus ernstgemeinte Frage zur Trinität war der Versuch, Deinen Umschlägen praktische und konkret-inhaltliche Kontur zukommen zu lassen.

Münek hat geschrieben:Es ist genau umgekehrt. Für Gläubige ist JEDES überlieferte Wort Jesu AUTHENTISCH
Davon abgesehen, dass ich hier in einem inner-theologischen Diskurs auch kritische Nachfragen hätte, muss hier auf grober Ebene zunächst einmal festgestellt werden: Mit "authentisch" ist "hermeneutische Deutung im Sinne Jesus (also des Originals)" gemeint - und eben NICHT des Textverfassers (selbst wenn dies meistens koinzidiert, wenn man "richtig" interpretiert.

Münek hat geschrieben:die neutestamentliche Forschung hingegen hat über viele Jahrzehnte festgestellt, dass viele Aussprüche Jesu nicht von ihm stammen (können), sondern ihm nachträglich von Tradenten und Rezipienten in den Mund gelegt worden sind.
Und dazu hast Du mehrfach gehört, dass die "Authentizität zu Jesus" nicht davon abhängt, ob die Bergpredigt später entstanden ist oder früher. - Es geht ausschließlich um inhaltliche/geistige Authentizität: "Ist das die geistige Handschrift Jesu?".

Eine solche Aussage ist natürlich ein Super-GAU für die HKM, weil sie genau solche geistigen Fragen von vorne bis hinten NICHT beurteilen kann - einfach weil es ihre Methodik nicht hergibt.

Münek hat geschrieben:Aus diesem Grund unterscheidet die Exegese zwischen (wahrscheinlich) echten und (wahrscheinlich) unechten Jesusworten.
Historisch-kritisch macht das Sinn, substantiell in Bezug auf die geistige Wirklichkeit Jesu ist es irrelevant.

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#234 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Mi 24. Mai 2017, 22:50

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nach meiner Erinnerung konnte man die laienhaften Gegenreden allesamt in der Pfeife rauchen.
Es liegt nicht am Futter, sondern an der Futterverwertung - an der weltanschaulichen Prädisposition des Lesers.
Das Futter entpuppte sich eigentlich immer als Zuckerwatte - nicht sehr gehaltvoll.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Definition des Begriffs "Eisegese" habe ich Dir aus gebotenem Anlass schon x-mal vor Augen führen müssen.
Auf Basis Deiner weltanschaulichen Ansiedlung. Das bringt nichts - das sind ausschließlich ideologische Kampfmittel.
In der Tat - eisegetische Textauslegungen können als ideologische Kampfmittel verwendet werden. Hat aber dann mit Ehrlichkeit nichts mehr zu tun. Man lügt sich in die Tasche.

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#235 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Mi 24. Mai 2017, 22:56

Münek hat geschrieben:Er hätte nur dann recht, wenn die WISSENSCHAFT den ontologischen Naturalismus auf ihre Fahnen geschrieben hätte. Meines Wissens vertritt diese aber den methodologischen Naturalismus.
Im Grunde heißt "ontologischer Naturalismus", dass das, was sein kann, nur pyhsikalischer Natur sein kann - also eine rein weltanschauliche Einengung des Seins-Begriffs. - "Methodologischer Naturalismus" ist eigentlich der Normalfall: Man versteht die Natur primär nicht als Seins-Größe, sondern als epistemologische Größe: "Nur das ist, was der Mensch erkennen kann".

Beide Fälle sind materialistisch bzw. kritisch-rationalistisch geleitete Abwandlungen der Ontologie im strengen Sinn des Wortes:
"Die Ontologie (altgriechisch ὄν ón ‚seiend‘, Partizip Präsens zu εἶναι eÄ©nai ‚sein‘, und -logie (aus λόγος lógos „Lehre“, „Wissenschaft“)) ist eine Disziplin der theoretischen Philosophie. Die Ontologie befasst sich mit einer Einteilung des Seienden und mit den Grundstrukturen der Wirklichkeit und der Möglichkeit. Dieser Gegenstandsbereich ist weitgehend deckungsgleich mit dem, was nach traditioneller Terminologie „allgemeine Metaphysik“ genannt wird. Dabei wird etwa eine Systematik grundlegender Typen von Entitäten (konkrete und abstrakte Gegenstände, Eigenschaften, Sachverhalte, Ereignisse, Prozesse) und ihrer strukturellen Beziehungen diskutiert. Spezielle Gegenstandsbereiche betreffende Fragen sind hingegen zum Beispiel „Was ist der Mensch?“, „Gibt es einen Gott?“ oder „Hat die Welt einen Anfang?“ (wik)

Wir sprechen hier von komplett unterschiedlichen Levels, auf denen das Wort "ontologisch" verwendet wird - nicht vergleichbar.

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#236 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Do 25. Mai 2017, 01:13

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich sprach ausdrücklich vom "METHODOLOGISCHEN" Naturalismus. Dieser schließt die Existenz transzendenter Wesen und Welten nicht aus - aber auch nicht ein.
Das ist doch Augenwischerei und vollständiges Schein-Geblubber.
Robert T. Pennock (siehe Plutos Link) unterscheidet den sog. "ontologischen Naturalismus" vom "methodologischen Naturalismus".
Während der ontologische Naturalismus definitive Aussagen darüber macht, was existiert und was nicht existiert (also Dein Feindbild), versteht sich der METHODOLOGISCHE Naturalismus nur als eine Methode zur Erforschung dessen, was wir über die Welt in Erfahrung bringen können.

DAS HEISST: Der methodologische Naturalist sagt NICHTS ABSCHLIESSENDES darüber, was in der Welt existiert und was nicht.
:thumbup: :thumbup:

Hast Du es jetzt verstanden?

closs hat geschrieben:Denn der methodologische Naturalismus behauptet, "dass letztlich nur die Naturwissenschaften zu wahren Beschreibungen der Welt führen und es keine von den Wissenschaften unabhängige, philosophische Methode gibt. Ein derart radikaler Naturalismus muss sich den Einwand der Widersprüchlichkeit gefallen lassen, da die Behauptungen des methodischen Naturalismus offenbar selbst keine naturwissenschaftlich begründbaren Aussagen sind" (wik).
Siehe oben.

closs hat geschrieben:Oder anders: Wie will man etwas ausschließen, was man vorher bereits methodologisch ausgeschlossen hat.
Wie oft denn noch: Der methodologische Naturalismus schließt ja gerade nichts aus. So macht es auch die HKM, der Du gern das Gegenteil unterstellst.

closs hat geschrieben: (konkret: Wie willst Du per Naturwissenschaft Metaphysisches NICHT ausschließen? - Geht doch gar nicht, da es von vorne herein ausgeschlossen ist) - genau derselbe Punkt wie bei der HKM.
Nein - siehe oben. Du hältst an etwas fest, was nicht stimmt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die RKK verlangt vom Gläubigen vorbehaltslosen Glaubensgehorsam, keine Glaubensentscheidung.
:?: - Das, was Du "Glaubensgehorsam" nennst, ist Folge des "Glaubensentscheids".
Wer sich für den Glauben entschieden hat, braucht nicht zum Glaubensgehorsam aufgefordert werden. Letzterer wird aber von der RKK von den Gläubigen ausdrücklich eingefordert.

closs hat geschrieben:Anders gesagt: Ohne den Vorbehalt/die Voraussetzung des Glaubensentscheids ist der Glaubensgehorsam nicht relevant und nicht existent.
Der Glaubensentscheid beinhaltet keinen Glaubensvorbehalt. Die RKK stellt die absolute Wahrheit ihrer Lehraussagen unter keinen Vorbehalt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nö - was da geliefert wurde, war nicht die Sahne.
Aus Deiner weltanschaulichen Sicht kann das so sein - möglicherweise ist es aber jenseits und unter Einschluss der HKM "die Sahne" - was man als reiner HKM-ler nicht beurteilen kann, weil es system-sprengend ist.
Jesu fehlgeschlagene Naherwartung ist in der Tat eine historische und damit weltanschauliche Feststellung und damit nicht "systemsprengend".

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:er greift die Bibelwissenschaft, die sich der historisch-kritischen Auslegungsmethode bedient, ausnahmslos als ganze an
Trotzdem meint er damit nur den weltanschaulich-interpretativen Teil der HKM-ler.
Was heißt "nur" - er meint ALLE Exegeten, die die HKM anwenden.

closs hat geschrieben:Oder meinst Du, er will Wissenschaftler angreifen, die brav ihre Sachergebnisse bringen?
Bingo! :thumbup: Genau so ist es.

closs hat geschrieben:Nein, es geht hier um den weltanschaulich (aus seiner Sicht) kontaminierten Anteil der HKM-ler.
Aus der verzerrten Sicht Bergers sind seine Exegese-Kollegen weltanschaulich kontaminiert, deshalb er nennt sie "Bibelfälscher".

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Den Hang zur eisegetischen Textinterpretation habe ich nicht bei Ratzinger oder Berger, sondern bei DIR festgestellt.
Das kannst Du nicht trennen, so lange ich im wesentlichen großkirchlich-theologische Positionen vertrete - also alle oder keinen. - Was ist Dir lieber?
Es kommt immer auf den Einzelfall, d.h. auf die jeweilige Bibelstelle an, die Du auslegst. Erst danach kann man die Entscheidung treffen: seriöse vertretbare Exegese oder subjektive willkürliche Eisegese.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich denke, ich habe mich klar genug darüber ausgedrückt, was unter dem Begriff EISEGESE zu verstehen ist.
Du hast Dich im wesentlichen weltanschaulich dazu geäußert
Mit mehr als der allgemeinen Begriffsdefinition kann ich nicht dienen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es ist genau umgekehrt. Für Gläubige ist JEDES überlieferte Wort Jesu AUTHENTISCH
Mit "authentisch" ist "hermeneutische Deutung im Sinne Jesus (also des Originals)" gemeint - und eben NICHT des Textverfassers (selbst wenn dies meistens koinzidiert, wenn man "richtig" interpretiert.
Mach es nicht so kompliziert: Für den Gläubigen und die Kirche ist jedes Jesuswort in den Evangelien ECHT. Für die neutestamentliche Forschung aus guten Gründen NICHT.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die neutestamentliche Forschung hingegen hat über viele Jahrzehnte festgestellt, dass viele Aussprüche Jesu nicht von ihm stammen (können), sondern ihm nachträglich von Tradenten und Rezipienten in den Mund gelegt worden sind.
Und dazu hast Du mehrfach gehört, dass die "Authentizität zu Jesus" nicht davon abhängt, ob die Bergpredigt später entstanden ist oder früher.- Es geht ausschließlich um inhaltliche/geistige Authentizität: "Ist das die geistige Handschrift Jesu?".
Richtig - es geht darum, ob Jesus die überlieferten Worte gesagt hat oder ob sie von einem Dritten erfunden wurden.

closs hat geschrieben:Eine solche Aussage ist natürlich ein Super-GAU für die HKM, weil sie genau solche geistigen Fragen von vorne bis hinten NICHT beurteilen kann - einfach weil es ihre Methodik nicht hergibt.
Wo Du hier einen Super-GAU siehst, ist mir ein Rätsel. Die Frage, ob "echt" oder "unecht" ist keine geistige, sondern eine historische Frage. Diese Frage bestmöglich zu beantworten, ist Aufgabe der neutestamentlichen Exegese.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Aus diesem Grund unterscheidet die Exegese zwischen (wahrscheinlich) echten und (wahrscheinlich) unechten Jesusworten.
Historisch-kritisch macht das Sinn, substantiell in Bezug auf die geistige Wirklichkeit Jesu ist es irrelevant.
Das magst Du als gläubiger Laie so sehen.

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#237 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Do 25. Mai 2017, 01:37

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Er hätte nur dann recht, wenn die WISSENSCHAFT den ontologischen Naturalismus auf ihre Fahnen geschrieben hätte. Meines Wissens vertritt diese aber den methodologischen Naturalismus.
Im Grunde heißt "ontologischer Naturalismus", dass das, was sein kann, nur pyhsikalischer Natur sein kann - also eine rein weltanschauliche Einengung des Seins-Begriffs. - "Methodologischer Naturalismus" ist eigentlich der Normalfall: Man versteht die Natur primär nicht als Seins-Größe, sondern als epistemologische Größe: "Nur das ist, was der Mensch erkennen kann".
Nein. Realitäten sind NICHT davon abhängig, ob der Mensch sie mit seinen fünf Sinnen wahrnehmen kann oder nicht.

closs hat geschrieben:Beide Fälle sind materialistisch bzw. kritisch-rationalistisch geleitete Abwandlungen der Ontologie im strengen Sinn des Wortes:
"Die Ontologie (altgriechisch ὄν ón ‚seiend‘, Partizip Präsens zu εἶναι eÄ©nai ‚sein‘, und -logie (aus λόγος lógos „Lehre“, „Wissenschaft“)) ist eine Disziplin der theoretischen Philosophie. Die Ontologie befasst sich mit einer Einteilung des Seienden und mit den Grundstrukturen der Wirklichkeit und der Möglichkeit. Dieser Gegenstandsbereich ist weitgehend deckungsgleich mit dem, was nach traditioneller Terminologie „allgemeine Metaphysik“ genannt wird. Dabei wird etwa eine Systematik grundlegender Typen von Entitäten (konkrete und abstrakte Gegenstände, Eigenschaften, Sachverhalte, Ereignisse, Prozesse) und ihrer strukturellen Beziehungen diskutiert. Spezielle Gegenstandsbereiche betreffende Fragen sind hingegen zum Beispiel „Was ist der Mensch?“, „Gibt es einen Gott?“ oder „Hat die Welt einen Anfang?“ (wik)

Wir sprechen hier von komplett unterschiedlichen Levels, auf denen das Wort "ontologisch" verwendet wird - nicht vergleichbar.
Nein - ich denke Du hast den Inhalt des Wiki-Zitats in Bezug auf den "methodologischen Naturalismus" nicht richtig verstanden.

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#238 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 25. Mai 2017, 02:20

Münek hat geschrieben:DAS HEISST: Der methodologische Naturalist sagt NICHTS ABSCHLIESSENDES darüber, was in der Welt existiert und was nicht.
Du verkennst, dass ein Naturalist (egal, welcher) nur im naturalistischen Bereich sucht - und DIESBEZÜGLICH sagt er nichts Abschließendes. - Da Gott aber KEINE naturalistische Größe ist, kann der Naturalist gar nicht danach suchen. - Somit ist Dein Ausflug ins Naturalistische nicht hilfreich für unsere Fragestellungen in diesem Thread.

Münek hat geschrieben: Der methodologische Naturalismus schließt ja gerade nichts aus. So macht es auch die HKM, der Du gern das Gegenteil unterstellst.
Man schließt nichts im Rahmen seines jeweiligen methodischen Systems aus, Du Witzbold. - Und was außerhalb dieses jeweiligen Systems ist, ist eh ausgeschlossen.

Du denkst in Kategorien "Ist etwas in meinem System ausgeschlossen?" - ich denke in Kategorien "Ist insgesamt etwas ausgeschlossen?". - Dein System-Denken lässt Dich (zu Recht) zu Ergebnis kommen: NEIN. - Mein ontologisches Denken ("ontologisch" im klassischen, system-übergreifenden Denken) zwingt mich zum Ergebnis : JA.

Münek hat geschrieben:Nein - siehe oben. Du hältst an etwas fest, was nicht stimmt.
Du vergleichst Äpfel mit Birnen. - Bei DEINER Fragestellung würde ich auch zu NEIN kommen - aber meine Fragestellung ist eine ganz andere.

Münek hat geschrieben:Wer sich für den Glauben entschieden hat, braucht nicht zum Glaubensgehorsam aufgefordert werden.
Das stimmt nicht ganz - es könnte ja Christen geben, die ihren Grundsatzentscheid nicht an den Regeln der RKK festmachen wollen - dafür habe ich großes Verständnis. - Allerdings muss man dann ziemlich gut sein, um sich nicht zu verheddern - allein mit "Ich meine mir meine Glaubensinhalte selber zusammen" ist es nicht getan.

Münek hat geschrieben:Jesu fehlgeschlagene Naherwartung ist in der Tat eine historische und damit weltanschauliche Feststellung
:?: Historisch-faktisch wäre gerade KEINE weltanschauliche Feststellung.

Münek hat geschrieben:Was heißt "nur" - er meint ALLE Exegeten, die die HKM anwenden.
Unterstellst Du, dass alle HKM-ler weltanschaulich-interpretativ sind?

Münek hat geschrieben:Aus der verzerrten Sicht Bergers sind seine Exegese-Kollegen weltanschaulich kontaminiert
Nein - nicht DIE Exegeten, sondern weltanschaulich-interpretative Exegeten - also diejenigen, die über saubere wissenschaftliche Arbeit hinaus Schlussfolgerungen in geistige Fragen hinein abliefern.

Münek hat geschrieben: Erst danach kann man die Entscheidung treffen: seriöse vertretbare Exegese oder subjektive willkürliche Eisegese.
WER entscheidet und auf welcher Basis?

Münek hat geschrieben:Für den Gläubigen und die Kirche ist jedes Jesuswort in den Evangelien ECHT. Für die neutestamentliche Forschung aus guten Gründen NICHT.
Das ist logisch unvermeidbar, weil geistige Authentizität und historisch-kritische Zuordnung zwei paar Stiefel sind. - Für die Theologie ist wichtig, ob ein Satz dem Geist Jesu entspricht.

Münek hat geschrieben: es geht darum, ob Jesus die überlieferten Worte gesagt hat oder ob sie von einem Dritten erfunden wurden.
Das ist das HKM-Narrativ. - Die Theologie fragt nach der geistigen Verbindung von Wort und "Original Jesus".

Münek hat geschrieben: Die Frage, ob "echt" oder "unecht" ist keine geistige, sondern eine historische Frage.
Das ist eine geistige Frage, die somit zur historischen Frage wird. - Denn jedes Wort, das nach Jesus zu Jesus authentisch ist ("So hat Jesus zu Lebzeiten gedacht und gemeint"), ist historisch in Bezug auf Jesus.

Was Du meinst, ist: Alles, was unmittelbar aus der Bibel Jesus zugeordnet werden kann, ist echt. - Stimmt - ist aber etwas ganz anderes. - Denn Dein Ansatz ist ein epistemologischer ("Was ergibt sich methodisch zu dieser Frage"), während der theologische Ansatz ontologisch ist ("Was hat Jesus historisch gedacht und gemeint"). - Aber ich gebe zu, dass eine solche Diskussion Richtung Oberseminar geht - das verstehen auch viele Theologen nicht.

Münek hat geschrieben:Das magst Du als gläubiger Laie so sehen.
Völlig unnötige Bemerkung - nicht alles, was der HKM-Logik nicht immer zustimmt, ist laienhaft.

Münek hat geschrieben:Realitäten sind NICHT davon abhängig, ob der Mensch sie mit seinen fünf Sinnen wahrnehmen kann oder nicht.
Ich sprach nicht von "5 Sinnen", sondern von "erkennen" - wir reden NICHT davon, dass es Röntgenstrahlen gibt, obwohl sie mit den 5 Sinnen nicht wahrnehmbar sind. - "Wahrnehmung" schließt wissenschaftliche Wahrnehmung über die 5 Sinne hinaus ein. - Meine Aussage ist also grundsätzlicher gemeint als auf die 5 Sinne bezogen.

Münek hat geschrieben:ich denke Du hast den Inhalt des Wiki-Zitats in Bezug auf den "methodologischen Naturalismus" nicht richtig verstanden.
Was ist für Dich der Unterschied zwischen naturalistischer Ontologie (also "Deine" Ontologie) und metaphysischer Ontologie (die klassisch-philosophische Ontologie)?

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#239 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Do 25. Mai 2017, 07:59

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:, wie ich schon 100 mal gesagt habe, hat nur die historisch-kritische Methode eine Existenzberechtigung in der historischen Jesusforschung.
Du hast die Frage nicht beantwortet, ob Du "historisch" als epistomologischen oder ontologischen Begriff verstehst - im ersten Fall könnte man Deinen Satz mit Hängen und Würgen stehen lassen.
So wird die historische Jesusforschung aber nun mal von den theologischen Profis betrieben.
Für Glaubensdogmatiker gilt: wir müssen draußen bleiben!

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich habe den Unterschied zwischen historisch-kritischer Methode und kanonischer Exegese oft genug zitiert, gerade weil ich ihn verstanden habe.
Du interpretierst den Unterschied im wesentlichen ideologisch, während ich beide sachlich unterscheide. - In einem sind wir uns einig: Es gibt wesentliche Unterschiede.
Das wäre dann ein wichtiger Erkenntnisfortschritt. :thumbup:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Antijudaismus hat seine Wurzeln bereits im Neuen Testament.
Kann man so sehen, wobei Du allerdings übersiehst, dass Jesus kein letztliches Heil sieht, wenn die Juden nicht am Ende im Boot sind. - Das sind theologische Fragen.
Der jüdische Endzeitprophet richtete sich sogar ausschließlich an das Volk, aus dem er stammte. Er vertrat einen jüdischen Nationalismus und religiösen Partikularismus. (Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel...)
Die Heidenmissionierung ist eine spätere Veränderung der Lehre.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Er wäre aber sicher nicht so folgenschwer gewesen, wenn die Kirche die Glaubenspropagandaschriften nicht zu unantastbaren Worten Gottes erklärt hätte.
Von Deiner konnotativ schrägen Wortwahl abgesehen ist es auch sachlich nicht richtig. - Richtig wäre allerdings, dass die Kirche aus ihrer Theologie Handlungsweisen abgeleitet hat, die - zu Ende gedacht - satanisch waren. - Aber dafür kann die Theologie als solches nicht - würde sie etwas dazu können, wäre Einstein verantwortlich für Hiroshima.
Die persönliche Verantwortung von Wissenschaftlern kann man nicht vom Tisch wischen. Das bereitete doch gerade so manchem Wissenschaftler Bauchschmerzen. Dürrenmatt verarbeitete das Thema in "Die Physiker".
Auch die Kirche kann man nicht von ihren Verbrechen frei sprechen, weder Einzeltäter, noch die Institution Kirche.
Die Basis dafür lieferte der Antijudaismus des NT.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#240 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Do 25. Mai 2017, 08:39

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Den Hang zur eisegetischen Textinterpretation habe ich nicht bei Ratzinger oder Berger, sondern bei DIR festgestellt.
Das kannst Du nicht trennen, so lange ich im wesentlichen großkirchlich-theologische Positionen vertrete - also alle oder keinen. - Was ist Dir lieber?
Du vertrittst ja nicht mal großkirchliche Positionen.
Die evangelische Position pro Naherwartung lehnst du ab, ebenso wie das Dogma 153 der katholischen Kirche, nach der es nur Heil innerhalb der Kirche geben kann. Im Grunde sitzt du zwischen allen theologischen und wissenschaftliche Stühlen.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die neutestamentliche Forschung hingegen hat über viele Jahrzehnte festgestellt, dass viele Aussprüche Jesu nicht von ihm stammen (können), sondern ihm nachträglich von Tradenten und Rezipienten in den Mund gelegt worden sind.
Und dazu hast Du mehrfach gehört, dass die "Authentizität zu Jesus" nicht davon abhängt, ob die Bergpredigt später entstanden ist oder früher. - Es geht ausschließlich um inhaltliche/geistige Authentizität: "Ist das die geistige Handschrift Jesu?".
Wahrscheinlich ist sie es nicht. Du machst den Fehler vieler Gläubigen. Sie setzen den nachträglich verklärten Jesus mit dem historischen gleich. Die Forschung hat aber nun mal aufgezeigt, dass es da eine große Diskrepanz gibt. Der Wanderprediger wurde schon damals großzügig als Projektionsfläche für alle möglichen Theologien mißbraucht. Und das hält, wie man sieht, bis heute an.

closs hat geschrieben: Eine solche Aussage ist natürlich ein Super-GAU für die HKM, weil sie genau solche geistigen Fragen von vorne bis hinten NICHT beurteilen kann - einfach weil es ihre Methodik nicht hergibt.
Da kommt wieder der kleine Dunning-Kruger durch.
Theißen und Co. sollen also "geistige" Fragen der Evangelientexte nicht beurteilen können. Das kann nur der Laie closs. :roll:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Aus diesem Grund unterscheidet die Exegese zwischen (wahrscheinlich) echten und (wahrscheinlich) unechten Jesusworten.
Historisch-kritisch macht das Sinn, substantiell in Bezug auf die geistige Wirklichkeit Jesu ist es irrelevant.
Das ist im Gegenteil substantiell entscheidend.
Das Ergebnis der Forschung ist nun mal, dass es eine große Diskrepanz zwischen dem historischen Jesus und dem verkärten und mythologisierten Jesus der Kirche gibt. Das wird sogar von Vertretern der Systematischen Theologie anerkannt.
Was Ratzinger nun fordert, man solle doch - weil sich ja die Forschung nicht immer einig über den historischen Jesus sei - einfach den Jesus der Evangelien als historisch betrachten, kann man vielleicht noch Kindern in der Grundschule erzählen, aber mit seriöser Forschung hat das nichts mehr zu tun.
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