Alles Teufelszeug? VI

Pluto
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#121 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Pluto » Do 11. Mai 2017, 12:54

closs hat geschrieben:Die Hermeneutik ist durch ihren gesetzten Ausgangspunkt definiert - egal ob dieser theologisch oder methodisch ist.
Meintest du vielleicht "theologisch oder wissenschaftlich"?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#122 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 11. Mai 2017, 13:17

Münek hat geschrieben:Die SETZUNG ist der Casus knacksus. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.
Stimmt - aber WER trennt die Spreu vom Weizen, wenn Setzungen nicht-falsifizierbar sind? - Die Wissenschaft kann es nicht, weil sie kritisch-rational denkt, also nur das zum Gegenstand nehmen kann, was falsifizierbar ist. - Geistig kann man es recht gut, allerdings nicht intersubjektiv darstellbar. - Da bleibt also eine Lücke, die immer offen sein wird.

Pluto hat geschrieben:Meintest du vielleicht "theologisch oder wissenschaftlich"?
Eigentlich hätte es heißen müssen "theologisch-hermeneutisch" oder "kritisch-rational-hermeneutisch".

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Münek
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#123 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Do 11. Mai 2017, 23:42

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die SETZUNG ist der Casus knacksus. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.
Stimmt - aber WER trennt die Spreu vom Weizen, wenn Setzungen nicht-falsifizierbar sind?
Das war hier nicht die Frage. Setzungen, die sich nicht falsifizieren lassen, liefern weder Erkenntnisse noch besitzen sie Aussagekraft. Sie sind insofern völlig wertlos. Aus diesem Dilemma hilft Dir auch die beste Hermeneutik nicht heraus.

closs
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#124 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Fr 12. Mai 2017, 00:02

Münek hat geschrieben: Setzungen, die sich nicht falsifizieren lassen, liefern weder Erkenntnisse noch besitzen sie Aussagekraft.
Du hast das grundlegende Problem nach wie vor nicht verstanden, dass es Setzungen deshalb gibt, WEIL sie nicht falsifizierbar sind. - Würde es sich um etwas Falsifizierbares handeln, wäre es eine These, die man bei einer Untersuchung falsifizieren könnte - dann bräuchte man keine Setzungen.

Dieses Setzungen äußern sich in hermeneutischen Positionen - in unserem Fall: "Wir untersuchen Jesus so,
a) als sei er nur Mensch,
b) als sei er auch göttlich"
BEIDES sind Setzungen, da nicht falsifizierbar. - a) kann nicht falsifizieren, dass Jesus nur Mensch war - b) kann nicht falsifizieren, dass Jesus auch göttlich war.

Solche hermeneutischen Positionierungen sind das normalste in der (geistes-) wissenschaftlichen Welt - guckst Du wiki unter "Hermeneutik". - Deine naive Vision, es gäbe eine nicht-hermeneutische Geschichts-Wissenschaft, ist unaufgeklärt. - Und Theißen weiß das - guckst Du sein Vorwort.

Gleichzeitig ist natürlich schon klar, was in Euren Köpfen abgeht: Ihr wollt Eure eigene Hermeneutik nicht als solche bezeichnet wissen, sondern als "Wissenschaft", um Euch und anderen vorzumachen, Ihr verträtet objektive Wissenschafts-Positionen, während die anderen subjektive Glaubens-Positionen verträten. - Dabei überseht Ihr, dass Euer Ansatz genauso glaubens-durchwirkt ist - und zwar per methodischem Ansatz.

Andere methodische Ansätze sind da nicht besser - darum geht es nicht. - Es geht darum, dass man "redlicherweise" als Intellektueller wissen müsste, dass man selber hermeneutisch vorgeht und was das konkret bedeutet. - Und da gehört Metzinger leider zu denen, die ihre gesamte Intelligenz und Bildung (er weiß wirklich viel!) einsetzen, um dies zu vertuschen. - Warum? Weil er als bekennender Atheist ein (schein-)objektives und somit ein (schein-aufgeklärtes) Gegengewicht zu denen vorgaukeln will, die sich ihrer Hermeneutik bewusst sind und dies aufgeklärterweise sagen.

Glaube mir: Seitens der theologischen bzw geistig-spirituellen Intellektuellen ist das alles längst durchschaut - Du musst nicht selber Christ werden, um es ebenfalls zu durchschauen.

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#125 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Fr 12. Mai 2017, 00:49

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Setzungen, die sich nicht falsifizieren lassen, liefern weder Erkenntnisse noch besitzen sie Aussagekraft.
Du hast das grundlegende Problem nach wie vor nicht verstanden, dass es Setzungen deshalb gibt, WEIL sie nicht falsifizierbar sind.
Mit Setzungen schafft man keine Realitäten. Nur das ist entscheidend.

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#126 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Hemul » Fr 12. Mai 2017, 00:54

Münek hat geschrieben: Mit Setzungen schafft man keine Realitäten. Nur das ist entscheidend.
Setzungen hin-her-vor oder zurück-alles ist und bleibt relativ werter Duisburger. ;) Es kommt immer auf den jeweiligen Standpunkt an. Und Du stehst leider z.Z. an der falschen Stelle. Aber was nicht ist kann ja noch werden-gelle? :wave:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#127 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Fr 12. Mai 2017, 07:36

Münek hat geschrieben:Mit Setzungen schafft man keine Realitäten. Nur das ist entscheidend.
1) Das ist eh klar.
2) Das gilt auch für methodische Setzungen der HKM.
Wenn das Deine einzige Sorge ist, sind wir uns einig.

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sven23
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#128 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Fr 12. Mai 2017, 12:43

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der historischen Forschung kann die Flagge nur eine wissenschaftliche sein.
Das sowieso - aber das war hier nicht die Frage.
Es ist sogar die entscheidende Frage. Es gibt nun mal den allgemeinen Konsens, dass Glaubensbekenntnisse, Dogmen und Heilige Geister nichts in historischen Wissenschaften zu suchen haben. Deshalb haben Kanoniker und Glaubensdogmatiker dort nichts zu suchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie soll die klassische Wissenschaft ein Erklärungsmodell für etwas liefern, was nicht funktioniert?
Es ging darum, dass jeder SEIN Modell erklärt - und selbstverständlich erklärt die klassische Wissenschaft ihr EIGENES Modell, warum Medizin funktioniert.

Du bist jetzt auf dem Thema, was die klassische Wissenschaft zur Homöopathie sagt. - Da gibt es zwei Richtungen:
1) Ist alles *.
2) "Wir haben das menschliche Immunsystem noch nicht einmal ansatzweise in seiner Komplexität kapiert" (frei nach einem klassischen Wissenschaftler in der vorletzten ZEIT).
Das ist Unsinn, denn die Medizin hat jede Menge Autoimmunerkrankungen identifiziert, die auch oft therapierbar sind.
Zur Homöopathie empfehle ich dir das Buch der Arztin und ehemaligen glühenden Verfechterin der Homöopathie Natalie Grams, die erst beim Schreiben bemerkte, dass für die Wirksamkeit jegliche Evidenzen fehlen. Nun könnte man ihr vorhalten, dass sie recht naiv war und die Studienlage eigentlich hätte kennen müssen. Trotzdem muss man ihr hoch anrechnen, dass sie die intellektuelle Redlichkeit besaß und die Konsequenzen zog. Sie hängte die Homöopathie an den Nagel (wo sie auch hingehört).
Immer dann, wenn Ideologie im Spiel ist, muss man auch mit Tritten unter die Gürtellinie rechnen. So wurde die Ärztin dann auch fast vorhersehbar von ihren ehemaligen Kollegen als Nestbeschmutzerin beschimpft.
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/20 ... alie-grams


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dein "Kerngedanke" basiert auf reinem Wunschdenken.
Das ist wieder mal Dein Horizont: "Was nicht in meinen hermeneutischen Ansatz passt, ist unredlich".
Astrolügie und Vodoo-Zauber passen auch nicht in meinen hermeneutischen Horizont. Und ehrlich gesagt: ich bin stolz drauf. :thumbup:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Fakt ist, dass Kanonik keine historische Forschung betreibt
Im direkten Sinne ist das richtig (die Kanonik ist nicht daran interessiert, wann Jesus mit wo in welchem Landstrich unterwegs war und wovon er sich ernährt hat).
Die Nicht-Historizität geht ja wesentlich weiter und erstreckt sich sogar auf Glaubensinhalte. Sehr, sehr vieles ist nun mal als unhistorisch entlarvt worden und paßt nicht zu dem Bild, das Bibelschreiber und Kirche überliefert haben. Das ist der entscheidende Punkt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, denn die Forschung ist ergebnisoffen.
Theologische Forschung ist es genauso. - Denn jeder hermeneutische Ansatz, der wissenschaftlich betrieben wird, ist innerhalb seiner Grenzen ergebnisoffen. - Absolut gesehen ist KEINE Hermeneutik ergebnisoffen - das gilt, wie oft nachgewiesen, auch für die HKM.
Klar, wenn man das Spaghettimonster nicht als reale Möglichkeit in Betracht zieht, ist man nicht ergebnisoffen. :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Übertragen auf die Theologie würde es bedeuten, dass kunsthistorische Hermeneutiker immer noch auf diesem falschen Ansatz herumreiten würden.
Stimmt nicht. - Das Problem der Theologie ist nicht, dass sie auf dem falschen Ansatz rumreitet, sondern dass ihr Ansatz in historisch-kritischer Hermeneutik nicht erfasst werden kann und deshalb diskriminiert wird.
Das Problem ist, dass Theologie, besonders die katholische, auf Historizität bestehen, wo sie längst widerlegt ist. Es wäre so, als wenn Kunsthistoriker darauf bestehen, dass Rembrandt mystisch-dunkel gemalt hat, obwohl längst das Gegenteil bewiesen ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wer unterschätzt denn die Forschung? Die Parusieverzögerung ist ganz klar dokumentiert.
So ist es - das haben wir schon vor 30 Jahren gelernt - das ist fester Bestandteil auch in der katholischen Theologie.
Hättest du vor 30 Jahren die Forschungsergebnisse schon gekannt, dann hättest du nicht 26000 Beiträge benötigt, um zu verstehen, was der jüdische Wanderprediger unter Naherwartung verstand. :roll:
Jedenfalls nicht das, was Paulus und andere daraus gemacht haben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jesu Naherwartung hat sich nicht erfüllt, ebensowenig wie die Umdeutung seiner Naherwartung auf ihn selbst. (Der Verkünder wurde zum Verkündeten)
Und das sind eben keine theologisch-hermeneutische, sondern historisch-kritisch-hermeneutische Schlussfolgerungen. - Das hat nichts mit "Wissenschaft" oder "Nicht-Wissenschaft" zu tun, sondern nur mit hermeneutischen Perspektiven.
Ähm, eigentlich schon. Aus wissenschaftlicher "Hermeneutik" hatte Jesus eine Naherwartung, weil man sich hier auf die Quellenlage stützt, incl. aller Veränderungen und Fälschungen. Aus glaubensdogmatisch kontaminierter Perspektive natürlich nicht, denn hier wird das Ergebnis präjudiziert.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht nicht nur um Theißen, sondern um die Forschung insgesamt. Und die arbeitet nun mal wissenschafltich, also diametral entgegengesetzt zur Kanonik.
Man kann Dich nicht oft genug korrigieren: BEIDE arbeiten wissenschaftlich. - Richtig ist (wie ebenfalls mehrfachst ausgeführt), dass beide sehr unterschiedliche Hermeneutiken haben.
Na und? Man kann die Figuren Tolkiens auch wissenschaftlich untersuchen. Sind sie deshalb realer geworden? :roll:
Wir sprechen hier von historischen Wissenschaften, und da hat Kanonik nichts verloren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nur, wenn neue Quellen auftauchen würden.
Sekundär. - Das Problem liegt woanders.
Das Problem liegt in den Quellen selber. Was anderes haben wir nicht. Ideologisches Wunschdenken und Glaubensbekenntnisse haben in der Forschung nichts zu suchen. Deshalb betont Theißen immer wieder, dass er der Forschungsstand auf Basis der uns heute zur Verfügung stehenden Quellen und Kenntnisse darüber darstellt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Lukas und Matthäus verwenden gleiches Quellenmaterial, erfinden aber auch viel eigenes hinzu.
Damit wäre diese Frage befriedigend beantwortet. :lol:
Hatten wir zwar alles schon x-mal, aber deinem schlechten Kurzzeitgedächnits sei noch mal auf die Sprünge geholgen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Logienquelle_Q
Lukas und Matthäus müssen also neben der Markusvorlage noch die sog. Quelle "Q" vorgelegen haben, die leider verschollen ist. Daneben gibt es das mätthäische und lukanische "Sondergut", was man auch auf Deutsch als Eigenkomposition oder Erfindung bezeichnen könnte. Die Bergpredigt z. B. gilt als Erfindung von Matthäus.
Stark unterschiedlich zu den Synoptikern muss das sog. Johannesevangelium gesehen werden, das als komplette Erfindung eines unbekannten Schreibers gilt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#129 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Fr 12. Mai 2017, 15:16

sven23 hat geschrieben: Es gibt nun mal den allgemeinen Konsens, dass Glaubensbekenntnisse, Dogmen und Heilige Geister nichts in historischen Wissenschaften zu suchen haben.
Du bist aus der Spur - das ist doch gar nicht das Thema. - Das Thema ist, dass auch historische Wissenschaften HERMENEUTISCHE Wissenschaften sind, also auf Basis einer Setzung/Methodik/Positionierung agieren.

Das ist NICHT so gemeint, dass man reine Sachergebnisse ("Caesar lebte von ... bis ...") hermeneutisch versteht - darin sind sich alle geschichtlichen Hermeneutiken einig. - Es ist so gemeint, dass jegliche Interpretation ("Wie ist De Bello Gallico von Caesar zu verstehen?") hermeneutisch ist - also etwas mit der persönlichen/weltanschaulichen Positionierung des Interpretierenden zu tun hat.

sven23 hat geschrieben:Das ist Unsinn, denn die Medizin hat jede Menge Autoimmunerkrankungen identifiziert, die auch oft therapierbar sind.
Wer bestreitet das?

sven23 hat geschrieben:Immer dann, wenn Ideologie im Spiel ist, muss man auch mit Tritten unter die Gürtellinie rechnen.
Das gilt in beide Richtungen - deshalb wäre beidseitige Redlichkeit ("Ich möchte jenseits von Weltanschauungen WIRKLICH wissen, was los ist") angemessen.

sven23 hat geschrieben:Astrolügie und Vodoo-Zauber passen auch nicht in meinen hermeneutischen Horizont.
Entspricht auch nicht meiner Hermeneutik. - Dazu kommt: Unzureichende Hermeneutiken entlarven sich in der Regel durch den hermeneutischen Zirkel - je weiter man geht, desto eher verdichtet sich oder entkräftet sich der ursprüngliche hermeneutische Ansatz.

sven23 hat geschrieben:Sehr, sehr vieles ist nun mal als unhistorisch entlarvt worden und paßt nicht zu dem Bild, das Bibelschreiber und Kirche überliefert haben.
Das KANN im Einzelfall sein - da müssten sich ein fitter HKM-ler mit einem fitten Theologen unterhalten. - Aber oft handelt es sich um Schein--Entlarvungen - und zwar dann, wenn eine ungeeignete Hermeneutik Fragen interpretiert, die sie nicht interpretieren kann.

sven23 hat geschrieben:Klar, wenn man das Spaghettimonster nicht als reale Möglichkeit in Betracht zieht, ist man nicht ergebnisoffen.
Wenn man WIRKLICH ergebnisoffen sein will, hat man vor solchen Szenarien keine Angst - sie werden nicht vorkommen.

Wenn man allerdings die eigentliche Grundlage der Bibel ("Jesus ist göttlich") mit einem Spaghetti-Monster vergleicht, hat man ein großes Problem - intellektuell und auch in Sachen Redlichkeit ("Ich untersuche ein Buch unter der Bedingung, dass dessen Grundlagen bescheuert sind").

sven23 hat geschrieben:Das Problem ist, dass Theologie, besonders die katholische, auf Historizität bestehen, wo sie längst widerlegt ist.
Meines Wissens gilt dies ausschließlich für die Kernaussagen der Bibel und nicht für Details - von metaphorischen Wendungen ganz abgesehen. - Auch hier müssten wir hier einen fitten HKM-ler und einen fitten Theologen an Bord haben - irgendwelche Einzel-Zitate nützen hier nichts.

sven23 hat geschrieben:Hättest du vor 30 Jahren die Forschungsergebnisse schon gekannt, dann hättest du nicht 26000 Beiträge benötigt, um zu verstehen, was der jüdische Wanderprediger unter Naherwartung verstand.
Daneben. - Die Forschungsergebnisse damals waren, dass einzelne Textverfasser eine Naherwartung (in Deinem Sinne) zeitweise hatten und folgerichtig deren Ausbleiben als Verzögerung verstanden haben. - Aber deren Mißverstehen von Jesu eigentlichem Anliegen darf man doch nicht gleichsetzen mit Jesu Auffassung selbst.

Meine 26.000 Beiträge (bei denen ich übrigens viel über heutige Denkweisen gelernt habe - deswegen mache ich es ja) würden bei einem Zehntel stehen, wenn das heutige Denken nicht vorwiegend derart schräg wäre, dass man allein 10.000 Beiträge braucht, um überhaupt draufzukommen, was da abgeht. - Nach wie vor: Die HKM-Hermeneutik ist geistig komplett unzureichend - HKM kann sammeln und beschreiben, aber nicht geistig interpretieren - dazu fehlt ihr (im Sinne der EIGENEN Methodik!!! - das ist keine Beschneidung von außen) die methodische Grundlage.

sven23 hat geschrieben:Aus wissenschaftlicher "Hermeneutik" hatte Jesus eine Naherwartung, weil man sich hier auf die Quellenlage stützt, incl. aller Veränderungen und Fälschungen.
Würde man aus wissenschaftlicher Hermeneutik nicht nur die Quellenlage, sondern auch die Erkenntnis-Entwicklung der Rezeptionen beachten, würde man zum ERgebnis kommen, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte.

sven23 hat geschrieben:Wir sprechen hier von historischen Wissenschaften, und da hat Kanonik nichts verloren.
Im engeren Sinne WILL die Kanonik damit gar nichts zu tun haben: Wann Jesus wo war, wer ihn begleitet hat - welche politischen Umstände in Korinth waren, als Paulus seine Briefe an die Korinther schrieb - was die Menschen damals glaubten - etc. ist in der Tat Sache der historischen Wissenschaften. - Wenn es aber um die Wirklichkeit Jesu geht (die ja ebenfalls historisch ist), hat die HKM nur sehr bedingt mitzumischen - das kann sie nicht.

sven23 hat geschrieben:Deshalb betont Theißen immer wieder, dass er der Forschungsstand auf Basis der uns heute zur Verfügung stehenden Quellen und Kenntnisse darüber darstellt.
Das ist kalter Kaffee - das ist IMMER so - dafür hätte er kein Vorwort schreiben müssen. - Seine Aussage ist ein ganz andere (ich pointiere):
"Selbst wenn wir den idealen Quellenstatus hätten, wären unsere Ergebnisse immer nur methodische Ergebnisse - also Ergebnisse auf Basis der von uns gewählten Hermeneutik (der Kritische Rationalismus spielt hier eine große Rolle!!). - Also selbst in diesem Ideal-Fall gäbe es den Streit zwischen HKM-Hermeneutik und theologischer Hermeneutik, weil beide unterschiedliche methodische Ergebnisse zu Tage bringen würden"

Verstanden? - Das sagt Theißen in seinem Vorwort, wenn man es ernst nimmt.

sven23 hat geschrieben:Hatten wir zwar alles schon x-mal, aber deinem schlechten Kurzzeitgedächnits sei noch mal auf die Sprünge geholgen.
Das hat nichts mit meinem Gedächtnis zu tun, sondern damit, dass Du Schein-Lösungen präsentierst.

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#130 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Fr 12. Mai 2017, 16:43

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es gibt nun mal den allgemeinen Konsens, dass Glaubensbekenntnisse, Dogmen und Heilige Geister nichts in historischen Wissenschaften zu suchen haben.
Du bist aus der Spur - das ist doch gar nicht das Thema. - Das Thema ist, dass auch historische Wissenschaften HERMENEUTISCHE Wissenschaften sind, also auf Basis einer Setzung/Methodik/Positionierung agieren.

Das ist NICHT so gemeint, dass man reine Sachergebnisse ("Caesar lebte von ... bis ...") hermeneutisch versteht - darin sind sich alle geschichtlichen Hermeneutiken einig. - Es ist so gemeint, dass jegliche Interpretation ("Wie ist De Bello Gallico von Caesar zu verstehen?") hermeneutisch ist - also etwas mit der persönlichen/weltanschaulichen Positionierung des Interpretierenden zu tun hat.
Eben, sobald Ideologie ins Spiel kommt, verläßt man den wissenschaftlichen Boden. Deshalb bleibt die Forschung bei wissenschaftlicher Hermeneutik.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist Unsinn, denn die Medizin hat jede Menge Autoimmunerkrankungen identifiziert, die auch oft therapierbar sind.
Wer bestreitet das?
Du, indem du behauptest, die Medizin hätte "nicht mal ansatzweise" das menschliche Immunsystem verstanden. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Immer dann, wenn Ideologie im Spiel ist, muss man auch mit Tritten unter die Gürtellinie rechnen.
Das gilt in beide Richtungen - deshalb wäre beidseitige Redlichkeit ("Ich möchte jenseits von Weltanschauungen WIRKLICH wissen, was los ist") angemessen.
Dann nimm dir mal in puncto Redlichkeit ein Beispiel an der genannten Ärztin. Die wollte auch wissen, "was der Fall ist", und mußte Erschreckendes feststellen. Erschreckend für mich war, dass dies für eine Ärztin neu war.
Die internationale Studienlage ist nun wirklich kein Geheimnis. :roll:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sehr, sehr vieles ist nun mal als unhistorisch entlarvt worden und paßt nicht zu dem Bild, das Bibelschreiber und Kirche überliefert haben.
Das KANN im Einzelfall sein - da müssten sich ein fitter HKM-ler mit einem fitten Theologen unterhalten. - Aber oft handelt es sich um Schein--Entlarvungen - und zwar dann, wenn eine ungeeignete Hermeneutik Fragen interpretiert, die sie nicht interpretieren kann.
Du darfst getrost davon ausgehen, dass in der Forschung Theologen arbeiten, denen du nicht mal ansatzweise in puncto Fitheit das Wasser reichen kannst. Da liegt nicht das Problem, sondern an der intellektuellen Redlichkeit. Siehe Lindemann und die schizophrene Situation zwischen Forschung und Glaubensdogmatik.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Klar, wenn man das Spaghettimonster nicht als reale Möglichkeit in Betracht zieht, ist man nicht ergebnisoffen.
Wenn man WIRKLICH ergebnisoffen sein will, hat man vor solchen Szenarien keine Angst - sie werden nicht vorkommen.

Wenn man allerdings die eigentliche Grundlage der Bibel ("Jesus ist göttlich") mit einem Spaghetti-Monster vergleicht, hat man ein großes Problem - intellektuell und auch in Sachen Redlichkeit ("Ich untersuche ein Buch unter der Bedingung, dass dessen Grundlagen bescheuert sind").
Das Spaghettimonster steht doch nur pars pro totum für alle je erdachten Götter, die sich oft genug gegenseitig ausschließen. Also mit entprechender clossscher Hermeneutik ließen sich alle Götter inclusive des Spaghettimonsters "beweisen". Das führt zu nichts.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das Problem ist, dass Theologie, besonders die katholische, auf Historizität bestehen, wo sie längst widerlegt ist.
Meines Wissens gilt dies ausschließlich für die Kernaussagen der Bibel und nicht für Details - von metaphorischen Wendungen ganz abgesehen. - Auch hier müssten wir hier einen fitten HKM-ler und einen fitten Theologen an Bord haben - irgendwelche Einzel-Zitate nützen hier nichts.
Theißen/Merz sind sehr fit, deshalb kommt Theißen doch zu folgendem Urteil und befindet sich damit im Konsens mit der historischen Jesusforschung:

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hättest du vor 30 Jahren die Forschungsergebnisse schon gekannt, dann hättest du nicht 26000 Beiträge benötigt, um zu verstehen, was der jüdische Wanderprediger unter Naherwartung verstand.
Daneben. - Die Forschungsergebnisse damals waren, dass einzelne Textverfasser eine Naherwartung (in Deinem Sinne) zeitweise hatten und folgerichtig deren Ausbleiben als Verzögerung verstanden haben. - Aber deren Mißverstehen von Jesu eigentlichem Anliegen darf man doch nicht gleichsetzen mit Jesu Auffassung selbst.
Du hast es immer noch nicht kapiert. Die "Königsherrschaft" Gottes auf Erden ist damals wie heute fester Bestandteil des jüdischen Glaubens. Jesus und Johannes der Täufer glaubten - wie Endzeitpropheten das nun mal tun - an das baldige Eintreten dieses Ereignisses. Deshalb mahnten sie zur Umkehr.
Übrigens war das vor 30 Jahren genau so bekannt wie heute. Conzelmann war damals aktuell und ist es heute noch.

closs hat geschrieben: Meine 26.000 Beiträge (bei denen ich übrigens viel über heutige Denkweisen gelernt habe - deswegen mache ich es ja) würden bei einem Zehntel stehen, wenn das heutige Denken nicht vorwiegend derart schräg wäre, dass man allein 10.000 Beiträge braucht, um überhaupt draufzukommen, was da abgeht.
Auch hier wieder selbst verschuldete Unmündigkeit, wenn man sich konsquent jeglicher Literatur über die historische Jesusforschung verweigert. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aus wissenschaftlicher "Hermeneutik" hatte Jesus eine Naherwartung, weil man sich hier auf die Quellenlage stützt, incl. aller Veränderungen und Fälschungen.
Würde man aus wissenschaftlicher Hermeneutik nicht nur die Quellenlage, sondern auch die Erkenntnis-Entwicklung der Rezeptionen beachten, würde man zum ERgebnis kommen, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte.
"Erkenntnis-Entwicklung der Rezeption" ist ein Euphemismus für weitere Verfälschung. Genau entgegengesetzt arbeitet die Forschung

"Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus."
Schart, Aaron: Einführung in die historisch-kritische Methode der Textinterpretation

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wir sprechen hier von historischen Wissenschaften, und da hat Kanonik nichts verloren.
Im engeren Sinne WILL die Kanonik damit gar nichts zu tun haben:
Und deshalb kann sie keine Aussagen über den historischen Jesus machen. Sei so gut und begreife das.
Die Kanonik macht Aussagen über den verkündeten, mythologisierten und legendenhaft verklärten Jesus. Dieser hat nur wenig bis nichts mit dem historischen zu tun.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb betont Theißen immer wieder, dass er der Forschungsstand auf Basis der uns heute zur Verfügung stehenden Quellen und Kenntnisse darüber darstellt.
Das ist kalter Kaffee - das ist IMMER so - dafür hätte er kein Vorwort schreiben müssen. - Seine Aussage ist ein ganz andere (ich pointiere):
"Selbst wenn wir den idealen Quellenstatus hätten, wären unsere Ergebnisse immer nur methodische Ergebnisse - also Ergebnisse auf Basis der von uns gewählten Hermeneutik (der Kritische Rationalismus spielt hier eine große Rolle!!). - Also selbst in diesem Ideal-Fall gäbe es den Streit zwischen HKM-Hermeneutik und theologischer Hermeneutik, weil beide unterschiedliche methodische Ergebnisse zu Tage bringen würden"
Verstanden? - Das sagt Theißen in seinem Vorwort, wenn man es ernst nimmt.
Nein, das ist kein kalter Kaffee, deshalb legt Theißen großen Wert darauf.

"Das Jesusbild des Neuen Testaments ist durch den Glauben der ersten Gemeinden gefärbt. Aber heute würde man zweierlei ergänzen.
Einmal: Das biblische Bild von Jesus passt erstaunlich gut in den historischen Kontext Palästinas im l. Jahrhundert.
Über diesen Kontext wissen wir heute mehr als etwa vor einem halben Jahrhundert."


Die Ergebnisse der historischen Jesusforschung lassen sich also durch neue Erkenntnisse über diese Zeit noch besser im jüdischen Kontext der damaligen Zeit verstehen. Die Ergebnisse werden nicht in Frage gestellt, sondern bestätigt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hatten wir zwar alles schon x-mal, aber deinem schlechten Kurzzeitgedächnits sei noch mal auf die Sprünge geholgen.
Das hat nichts mit meinem Gedächtnis zu tun, sondern damit, dass Du Schein-Lösungen präsentierst.
Wenn du die historische Jesusforschung als Scheinlösung ansiehst, was ist dann deine Glaubensideologie, die sich auf zweifelhafte Mythen und Märchen stützt? :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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