Alles Teufelszeug? V

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Münek
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#1431 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mo 10. Apr 2017, 01:30

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es gibt allerdings keine Methode, mit der man feststellen könnte, der historische Jesus sei ein Gott gewesen.
Genau das ist der Punkt. - Und weil es nicht möglich ist, muss man hermeneutisch setzen:
Man muss überhaupt NICHTS setzen. Das "Setzen" scheint eine Manie von Dir zu sein. War Dein Vater "Setzer" von Beruf? :D

closs hat geschrieben:1) Jesus ist nur Mensch - oder 2) Jesus ist göttlich. Je nach 1) oder 2) ist die Bibel-Exegese unterschiedlich.
Die historisch-kritische Bibelexegese setzt nichts.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Was sich feststellen lässt, ist der Glaube der Urchristen an die Gottessohnschaft Jesu.
So ist es. - Und selbst das beantwortet nicht die Frage, ob Jesus "Gottessohn" ist oder nicht
Diese Frage lässt sich bekanntlich von niemanden beantworten. ;)

closs hat geschrieben:Theologische Exegese jedoch fragt nach dem Original Jesu selbst (also nicht der Texte ZU Jesus). - Das geht nur mit einer geistigen Hermeneutik.
"Geistige" Hermeneutik hängt im luftleeren Raum. Wenn die "theologische" (?) Exegese die Bibeltexte nicht befragt, wen oder was befragt sie dann? Das Orakel von Delphi?

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#1432 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 10. Apr 2017, 09:01

Münek hat geschrieben:Deine Auffassung ändert nichts an der Tatsache, dass innerhalb der Theologie nur die EXEGESE für die Interpretation der Bibel zuständig ist. Du aber sprichst fälschlicherweise der Exegese gerade diese Zuständigkeit und Kompetenz rundherum ab. Vollkommen daneben.
Das wäre in der Tat daneben - Du übersiehst eines: Wir sprechen hier nicht von "DER" Exegese, sondern darüber, was HKM kann und was nicht. - Und dann sprechen wir über das Verhältnis von Exegese und Hermeneutik - und da muss ich gestehen, dass mir selber noch nicht klar ist, was Grundlage von was ist. - Es ist wahrscheinlich, wie Halman meint, als Kreislauf zu verstehen - das würde auch zum Begriff "hermeneutischer Zirkel" passen.

Die Aussage ist, dass Exegese beeinflusst ist von der jeweiligen Hermeneutik, die ihr zugrunde liegt.

Münek hat geschrieben:Kant glaubte nicht an die Existenz eines persönlichen Gottes. Descartes "Gottesbeweise", sollte er sie ernst genommen haben, sind alles andere als überzeugend. Stelle einfach mal Deine Wunschvorstellung zur Seite und gebrauche Deine eigene Vernunft.
Es gibt kaum "vernünftigere" Philosophen als Descartes und Kant - "Vernunft" ist mehr als Materialismus/Naturalismus.

Münek hat geschrieben:Nö - es gibt keine unterschiedliche Interpretationen (siehe Konsens).
In reinen Sachfragen ist das richtig - aber Du sprichst von "Interpretationen" - da ist es falsch. - Dein Problem: Du verstehst unter "Exegese" ausschließlich "historisch-kritische Exegese" (und auch da nur die sehr säkular orientierte Variante) - das ist so, als würde man unter "Auto" nur Audi Quattros verstehen. - Erinnere Dich an die Liste von um die 10 verschiedenen Exegese-Formen, die ich Dir mal reingestellt habe.

Münek hat geschrieben:Für die WISSENSCHAFT gilt das definitiv nicht.
Doch - auch hier: Du meinst fälschlicherweise, nur HKM sei "Wissenschaft". - In der HKM gilt es in der Tat NICHT, weil die HKM methodisch darauf verzichtet - das ist ihr spezieller hermeneutischer Ansatz.

Münek hat geschrieben:Doch - nur darum geht es.
Nein - es geht darum, dass HKM die Bibel nicht so auslegen kann, als sei Jesus göttlich, weil die Göttlichkeit Jesu per methodischer Setzung ausgeschlossen ist.

Münek hat geschrieben:Exegeten betrachten es nicht als ihre Aufgabe festzustellen, ob Jesus aus Nazareth ein Gott war oder nicht.
Das erwartet die Theologie auch nicht von der HKM - aber auch: Interpretationen sind nicht erwünscht. - Denn wie soll man die Bibel inhaltlich deuten, wenn man den Grund, warum es sie gibt, ausschließt?

Münek hat geschrieben:Nein - denn für die INTERPRETATION der Bibeltexte ist nach offizieller Verlautbarung der Katholischen Kirche allein die Exegese zuständig.
Ja - eine theologisch-hermeneutisch hinterlegte Exegese.

Münek hat geschrieben:Man muss überhaupt NICHTS setzen.
Man kann sich nicht durch Bewusstlosigkeit der Notwendigkeit der Setzungen entziehen - dann setzt es sich eben selbst.

Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Bibelexegese setzt nichts.
Doch - und wie. - Und das ist mein einziger echter Vorwurf: Dass einzelne Vertreter der HKM (ich hoffe inständig, dass es nicht alle sind) ihre hermeneutischen Grundlagen/Setzungen nicht erkennen und aus diesem Mangel einen Triumph für sich rekrutieren im Sinne von: "Wir sind ohne Setzung und deshalb Wissenschaft - und Ihr nicht". - Das ist wirklich das einzige, was ich an dieser Diskussion unredlich finde: Die Mischung aus intellektueller Selbstbeschränkung, die die Voraussetzung dafür ist, sich überlegen zu fühlen.

Münek hat geschrieben:Wenn die "theologische" (?) Exegese die Bibeltexte nicht befragt, wen oder was befragt sie dann?
Die BIBEL befragt sie - und interpretiert aus anderen hermeneutischen Grundlagen in einigen Fällen anders.

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#1433 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mo 10. Apr 2017, 14:34

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Deine Auffassung ändert nichts an der Tatsache, dass innerhalb der Theologie nur die EXEGESE für die Interpretation der Bibel zuständig ist. Du aber sprichst fälschlicherweise der Exegese gerade diese Zuständigkeit und Kompetenz rundherum ab. Vollkommen daneben.
Das wäre in der Tat daneben - Du übersiehst eines: Wir sprechen hier nicht von "DER" Exegese, sondern darüber, was HKM kann und was nicht.
Nein - Du sprichst in einer Tour der EXEGESE die Zuständigkeit für Bibelinterpretationen ab, während die Katholische Kirche offiziell das Gegenteil festgelegt hat. Das ist doch der Punkt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Kant glaubte nicht an die Existenz eines persönlichen Gottes. Descartes "Gottesbeweise", sollte er sie ernst genommen haben, sind alles andere als überzeugend. Stelle einfach mal Deine Wunschvorstellung zur Seite und gebrauche Deine eigene Vernunft.
Es gibt kaum "vernünftigere" Philosophen als Descartes und Kant.
Klar - deshalb waren sie besonders tiefgläubige Christen... :lol:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nö - es gibt keine unterschiedliche Interpretationen (siehe Konsens).
In reinen Sachfragen ist das richtig - aber Du sprichst von "Interpretationen" - da ist es falsch.
Die neutestamentliche Forschung kam NATÜRLICH durch die INTERPRETATION der Evangelientexte einvernehmlich zu dem Ergebnis, dass sich Jesus in einer wichtigen Aussage geirrt hat. Was denn sonst?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Für die WISSENSCHAFT gilt das definitiv nicht.
Doch - auch hier: Du meinst fälschlicherweise, nur HKM sei "Wissenschaft". - In der HKM gilt es in der Tat NICHT, weil die HKM methodisch darauf verzichtet.
Es gibt KEINE Methode, mit der man feststellen könnte, der historische Jesus sei ein Gott gewesen. KEINE. Da hilft Dir auch keine Setzung weiter. Denn mit Glauben kann man keine Realitäten schaffen. Das müsstest Du mittlerweile kapiert haben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Doch - nur darum geht es.
Nein - es geht darum, dass HKM die Bibel nicht so auslegen kann, als sei Jesus göttlich, weil die Göttlichkeit Jesu per methodischer Setzung ausgeschlossen ist.
Die Exegese schließt gar nichts aus.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Exegeten betrachten es nicht als ihre Aufgabe festzustellen, ob Jesus aus Nazareth ein Gott war oder nicht.
Das erwartet die Theologie auch nicht von der HKM - aber auch: Interpretationen sind nicht erwünscht.
Nein - die Bibelinterpretation wurde von der RKK ausdrücklich der Exegese und NUR der Exegese aus deren Aufgabe zugeschrieben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - denn für die INTERPRETATION der Bibeltexte ist nach offizieller Verlautbarung der Katholischen Kirche allein die Exegese zuständig.
Ja - eine theologisch-hermeneutisch hinterlegte Exegese.
Nein - eine solche Einschränkung enthält die offizielle Verlautbarung der RKK NICHT.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Man muss überhaupt NICHTS setzen.
Man kann sich nicht durch Bewusstlosigkeit der Notwendigkeit der Setzungen entziehen - dann setzt es sich eben selbst.
Nö - die Exegese setzt nicht, dass Jesus kein Gott war. Sie befasst sich mit dieser Frage nur nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Bibelexegese setzt nichts.
Doch - und wie.
Siehe oben.

closs hat geschrieben:Und das ist mein einziger echter Vorwurf: Dass einzelne Vertreter der HKM (ich hoffe inständig, dass es nicht alle sind) ihre hermeneutischen Grundlagen/Setzungen nicht erkennen und aus diesem Mangel einen Triumph für sich rekrutieren im Sinne von: "Wir sind ohne Setzung und deshalb Wissenschaft - und Ihr nicht".
Ich gehe davon aus, dass sich kein Vertreter der HKM angesprochen fühlen würde, würde er Deine Kritik lesen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn die "theologische" (?) Exegese die Bibeltexte nicht befragt, wen oder was befragt sie dann?
Die BIBEL befragt sie - und interpretiert aus anderen hermeneutischen Grundlagen in einigen Fällen anders.
Also befragt sie die biblischen Texte DOCH. Du hast zuvor das Gegenteil behauptet. Übrigens: Eine "theologische" Exegese ist mir als praktizierte Exegese nicht bekannt; früher hast Du immer von "geistiger" Exegese gesprochen, die ebenfalls an den theologischen Fakultäten nicht angewendet wird.

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#1434 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 10. Apr 2017, 22:18

Münek hat geschrieben:- Du sprichst in einer Tour der EXEGESE die Zuständigkeit für Bibelinterpretationen ab, während die Katholische Kirche offiziell das Gegenteil festgelegt hat. Das ist doch der Punkt.
Die RKK versteht etwas anderes darunter als Kubitza - um es pointiert darzustellen.

Reine Sach-Auslegung spricht niemand der Exegese ab - es geht um die interpretative Exegese in Bezug auf geistige Zusammenhänge - und dazu ist die HKM NICHT geeignet, es sei denn, sie ruht auf einer Hermeneutik, die geistigen Fragen gegenüber offen ist. - Und das meint die RKK sicherlich genauso.

Münek hat geschrieben:deshalb waren sie besonders tiefgläubige Christen...
Descartes war es - Kant war es in Bezug auf das gelebte Christentum seiner Zeit NICHT, kannte jedoch den Begriff des Göttlichen und kannte vor allem das "Ding an sich" (also das, was per Vernunft NICHT herleitbar, sondern "da" ist).

Münek hat geschrieben:Die neutestamentliche Forschung kam NATÜRLICH durch die INTERPRETATION der Evangelientexte einvernehmlich zu dem Ergebnis, dass sich Jesus in einer wichtigen Aussage geirrt hat. Was denn sonst?
Aber da täuscht sie sich mit einiger Wahrscheinlichkeit historisch, wie andere Interpretationen, die geistigen Argumenten offen sind, zeigen.

Im übrigen hat keiner etwas gegen eine hermeneutisch sauber aufgestellte Exegese, die dann interpretiert. - Nur sollte man nicht den Eindruck erwecken, eine säkular-orientierte HKM sei die einzige gewichtige Exegese - es ist EINE Form der Exegese.

Münek hat geschrieben:Es gibt KEINE Methode, mit der man feststellen könnte, der historische Jesus sei ein Gott gewesen. KEINE. Da hilft Dir auch keine Setzung weiter.
Gerade WEIL nicht objektiv feststellbar ist, ob der historische Jesus nur Mensch oder göttlich war, ist eine Setzung notwendig (was man rausfinden kann, braucht man nicht zu setzen!!). - Dementsprechend kann man die Bibel auslegen bei der Setzung
1) Jesus ist nur Mensch - oder
2) Jesus ist auch göttlich.
Die HKM legt aus per Setzung 1) - christliche Auslegung basiert auf Setzung 2).

Münek hat geschrieben:Die Exegese schließt gar nichts aus.
Doch - die säkular-hermeneutisch eingestielte HKM schließt "Jesus ist göttlich" methodisch aus und kann ihn deshalb nicht unter dieser historisch möglichen Bedingung untersuchen.

Münek hat geschrieben:die Bibelinterpretation wurde von der RKK ausdrücklich der Exegese und NUR der Exegese aus deren Aufgabe zugeschrieben.
Aber doch nur im Sachbereich bzw. unter christlich-hermeneutischen Voraussetzungen. - Wie willst Du die Bibel auslegen, wenn Du vorher den eigentlichen Sinn der Bibel ausschließt?

Münek hat geschrieben:Nein - eine solche Einschränkung enthält die offizielle Verlautbarung der RKK NICHT.
Dann meint es die RKK entweder rein technisch-sachlich oder setzt für eine inhaltliche Interpretation eine christliche Hermeneutik voraus ("Wir legen unter der Bedingung aus, dass die Bibel nicht von vorneherein eine große Lüge ist").

Münek hat geschrieben:Ich gehe davon aus, dass sich kein Vertreter der HKM angesprochen fühlen würde, würde er Deine Kritik lesen.
Das könnte exakt das Problem sein.

Münek hat geschrieben:Also befragt sie die biblischen Texte DOCH. Du hast zuvor das Gegenteil behauptet.
Bestimmt nicht. :lol:

Münek hat geschrieben: Übrigens: Eine "theologische" Exegese ist mir als praktizierte Exegese nicht bekannt; früher hast Du immer von "geistiger" Exegese gesprochen, die ebenfalls an den theologischen Fakultäten nicht angewendet wird.
"Theologische Exegese" ist das, was ein Theologe unter Exegese versteht - nämlich: Dass die Voraussetzungen, die Bibel theologisch näher anzugucken, überhaupt gegeben sind. - Genau das wird von vielen, zumindestens den lauten HKM-lern genau in Frage gestellt.

Wenn Ratzinger von "Exegese" spricht, dann meint er damit die Wissenschaft, die hermeneutisch nicht als "Antichrist" innerhalb der Theologie angesiedelt ist. - Versteh doch: Eine atheistisch ausgelegte (inhaltlich gemeint) Exegese kommt bei identischen Texten zu anderen Ergebnissen als eine theologisch ausgelegte Exegese - einfach deshalb, weil JEDE Exegese hermeneutisch hinterlegt ist. - Kubitza hat ein anderes Weltbild als Ratzinger - bei Interpretationen bricht das durch. - Es gibt keine wissenschaftlich neutrale Exegese.

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#1435 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mi 12. Apr 2017, 00:19

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:- Du sprichst in einer Tour der EXEGESE die Zuständigkeit für Bibelinterpretationen ab, während die Katholische Kirche offiziell das Gegenteil festgelegt hat. Das ist doch der Punkt.
Die RKK versteht etwas anderes darunter als Kubitza - um es pointiert darzustellen.
Um Kubitza geht es hier nicht. Er ist kein Exeget, sondern gibt lediglich den Stand der alt- und neutestamentlichen Forschung wieder. Halten wir fest, dass nach Deiner Meinung die Exegeten die Bibel NICHT inhaltlich interpretieren dürfen.

closs hat geschrieben:Reine Sach-Auslegung spricht niemand der Exegese ab - es geht um die interpretative Exegese in Bezug auf geistige Zusammenhänge - und dazu ist die HKM NICHT geeignet, es sei denn, sie ruht auf einer Hermeneutik, die geistigen Fragen gegenüber offen ist. - Und das meint die RKK sicherlich genauso.
Nein - das ist mit Sicherheit nicht so. Ich habe das offizielle Dokument der RKK kürzlich gelesen. Der Exegese werden keine Bedingungen gestellt und der Dogmatik wird eine Zuständigkeit für die Bibelauslegung ausdrücklich abgesprochen. Jetzt klar?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:deshalb waren sie besonders tiefgläubige Christen...
Descartes war es - Kant war es in Bezug auf das gelebte Christentum seiner Zeit NICHT, kannte jedoch den Begriff des Göttlichen und kannte vor allem das "Ding an sich" (also das, was per Vernunft NICHT herleitbar, sondern "da" ist).
Kants Vernunft (!) vermochte es nicht, ihn dazu zu bringen, an die Existenz des personalen christlichen Gottes zu glauben. Was Descartes Christsein und Gottesbeweis betrifft: Während Anselm von Canterbury ein gläubiger und religiöser Mensch war und an der Existenz Gottes sicherlich nicht zweifelte, hat der Gottesbeweis bei Descartes ausschließlich einen philosophischen und nicht religiösen Charakter. Descartes verwendet den Begriff Gott für ein Absolutes, es geht ihm nicht um den Gott, an den der Christ glaubt, während Anselm das, was er als Christ glaubt, zu rationalisieren versucht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die neutestamentliche Forschung kam NATÜRLICH durch die INTERPRETATION der Evangelientexte einvernehmlich zu dem Ergebnis, dass sich Jesus in einer wichtigen Aussage geirrt hat. Was denn sonst?
Aber da täuscht sie sich mit einiger Wahrscheinlichkeit historisch, wie andere Interpretationen, die geistigen Argumenten offen sind, zeigen.
Wer sich hier täuscht, bist Du.

closs hat geschrieben:Im übrigen hat keiner etwas gegen eine hermeneutisch sauber aufgestellte Exegese, die dann interpretiert. - Nur sollte man nicht den Eindruck erwecken, eine säkular-orientierte HKM sei die einzige gewichtige Exegese - es ist EINE Form der Exegese.
Sie ist DIE Leit- und Standardexegese an den theologischen Fakultäten. Das genügt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es gibt KEINE Methode, mit der man feststellen könnte, der historische Jesus sei ein Gott gewesen. KEINE. Da hilft Dir auch keine Setzung weiter.
Gerade WEIL nicht objektiv feststellbar ist, ob der historische Jesus nur Mensch oder göttlich war, ist eine Setzung notwendig.
BEIM TEUTATES. Das fehlte gerade noch! :shock: Mit Setzungen schafft man keine Realitäten. Das geht nur bei Pippi Langstrumpf...

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Exegese schließt gar nichts aus.
Doch - die säkular-hermeneutisch eingestielte HKM schließt "Jesus ist göttlich" methodisch aus und kann ihn deshalb nicht unter dieser historisch möglichen Bedingung untersuchen.
Historisch mögliche Bedingung? :o

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die Bibelinterpretation wurde von der RKK ausdrücklich der Exegese und NUR der Exegese aus deren Aufgabe zugeschrieben.
Aber doch nur im Sachbereich bzw. unter christlich-hermeneutischen Voraussetzungen. - Wie willst Du die Bibel auslegen, wenn Du vorher den eigentlichen Sinn der Bibel ausschließt?
Du vergisst mal wieder die verbindliche katholische Glaubenslehre (Dogmen), um die sich die Exegese als wissenschaftliche Diziplin nicht kümmert.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - eine solche Einschränkung enthält die offizielle Verlautbarung der RKK NICHT.
Dann meint es die RKK entweder rein technisch-sachlich oder setzt für eine inhaltliche Interpretation eine christliche Hermeneutik voraus.
Reine Spekulation ohne Boden.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich gehe davon aus, dass sich kein Vertreter der HKM angesprochen fühlen würde, würde er Deine Kritik lesen.
Das könnte exakt das Problem sein.
Problem vielleicht - aber sicher nicht für die Exegeten...

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Übrigens: Eine "theologische" Exegese ist mir als praktizierte Exegese nicht bekannt; früher hast Du immer von "geistiger" Exegese gesprochen, die ebenfalls an den theologischen Fakultäten nicht angewendet wird.
"Theologische Exegese" ist das, was ein Theologe unter Exegese versteht - nämlich: Dass die Voraussetzungen, die Bibel theologisch näher anzugucken, überhaupt gegeben sind. - Genau das wird von vielen, zumindestens den lauten HKM-lern genau in Frage gestellt.
Meines Wissens wird eine "theologische Exegese" in den Fakultäten nicht praktiziert - wahrscheinlich wegen fehlender Wissenschaftlichkeit.

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#1436 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mi 12. Apr 2017, 09:03

Münek hat geschrieben: Halten wir fest, dass nach Deiner Meinung die Exegeten die Bibel NICHT inhaltlich interpretieren dürfen.
Stopp - dass es nicht ohne Offenlegung ihrer posititionellen Setzungen tun dürfen.

Demnach MUSS ein HKM-Interpret sagen: "Ich muss aufgrund meiner Methodik so interpretieren, als sei Jesus nur Mensch und Gott keine Entität, sondern Glaubens-Vorstellung".
Demnach muss ein theologischer Interpret sagen: "Wenn es Gott NICHT gibt und Jesus NUR Mensch ist, ist meine Exegese für die Katz".

Dann können beide munter interpretieren - man kennt ja dann ihre Voraussetzungen.

Münek hat geschrieben:Der Exegese werden keine Bedingungen gestellt und der Dogmatik wird eine Zuständigkeit für die Bibelauslegung ausdrücklich abgesprochen.
1) "Keine Bedingung" heisst entweder
a)"Ihr sollt auf Gott-Entität-Ebene ergebnisoffen arbeiten" oder
b)"Ihr sollt nur rein sachlich arbeiten (also ohne inhaltliche Interpretation).
Da wäre es gut, wenn Du den RKK-Text mal im Kontext einstellst.

2) Dogmatik macht keine Basis-Exegese - aber sie interpretiert hermeneutisch, was die Exegese abliefert. - Genauso wie Vettel auf den Ring geht, nachdem die Mechaniker ein gescheites Auto hingestellt haben.

Münek hat geschrieben:Kants Vernunft (!) vermochte es nicht, ihn dazu zu bringen, an die Existenz des personalen christlichen Gottes zu glauben.
Moment: Weil eben diese Vernunft ihm gesagt hat, dass es etwas über der Vernunft gibt - dies nennt man "Aufklärung".

Münek hat geschrieben: Descartes verwendet den Begriff Gott für ein Absolutes, es geht ihm nicht um den Gott, an den der Christ glaubt, während Anselm das, was er als Christ glaubt, zu rationalisieren versucht.
Descartes war gläubig - er MUSS auf den "wohlwollenden Gott" als Voraussetzung pochen, damit er überhaupt seine Philosophie aufbauen kann. - Seine Philosophie selber ist NICHT christlich, aber die Grundlage dafür ist christlich. - Nach heutigem materialistischen Verständnis hätte Descartes aufhören müssen, bevor er anfängt.

Münek hat geschrieben:Sie ist DIE Leit- und Standardexegese an den theologischen Fakultäten. Das genügt.
Das kann nur dann stimmen, wenn sie anders definiert ist, als Du es hier darstellst. - Oder glaubst Du ernsthaft, die Theologie würde eine Exegese akzeptieren, die in sich als diametral anti-theologisch versteht?

Münek hat geschrieben:Historisch mögliche Bedingung?
Noch mal im Zusammenhang? - Es kann historisch sein, dass Jesus nur Mensch ist oder auch göttlich ist. - Da diese beiden historischen Möglichkeiten nicht verifizierbar sind, muss man entweder beide oder mindestens eine davon als Bedingung der weiteren Untersuchung setzen. - Die HKM geht von der Bedinung "nur Mensch", die Theologie von der Bedingung "göttlich" aus.

Münek hat geschrieben:Du vergisst mal wieder die verbindliche katholische Glaubenslehre (Dogmen), um die sich die Exegese als wissenschaftliche Diziplin nicht kümmert.
Muss sie ja nicht - sie soll sich auf das beschränken, was sie kann.

Münek hat geschrieben:Reine Spekulation ohne Boden.
Schon mit logischem Boden - aber mir fehlen hier genaue Texte, wie es die RKK formuliert.

Münek hat geschrieben:Problem vielleicht - aber sicher nicht für die Exegeten...
Objektiv schon - aber nicht, wenn man nach dem Motto verfährt "Was ist nicht weiß, macht mich nicht heiß".

Münek hat geschrieben:Meines Wissens wird eine "theologische Exegese" in den Fakultäten nicht praktiziert - wahrscheinlich wegen fehlender Wissenschaftlichkeit.
Beides falsch. - Man kann theologische Exegese sehr wohl mit theologischem Hintergrund betreiben (das man das überhaupt betonen muss). - "Wissenschaftlich" ist das sowieso - dies in Frage zu stellen, ist allein dem materialistischen Versuch geschuldet, sich auch den Begriff "Wissenschaft" exklusiv unter den Nagel zu reißen.

Überhaupt: Wir sprechen hier insgesamt nicht von Wissenschaft, sondern von einem Kulturkampf zwischen Theismus und Atheismus.

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#1437 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mi 12. Apr 2017, 19:09

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Also befragt sie die biblischen Texte DOCH. Du hast zuvor das Gegenteil behauptet.
Bestimmt nicht. :lol:
Bestimmt doch. Schon wieder vergessen?

Du hattest geschrieben - Zitat: "Theologische Exegese fragt nach dem Original Jesu selbst (also nicht der Texte ZU Jesus)." Meine Replik war: "Wenn die "theologische"(?) Exegese die Bibeltexte nicht befragt, wen oder was befragt sie dann? Das Orakel von Delphi?

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#1438 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mi 12. Apr 2017, 20:46

Münek hat geschrieben:Du hattest geschrieben - Zitat: "Theologische Exegese fragt nach dem Original Jesu selbst (also nicht der Texte ZU Jesus)."
So ist es - aber Du hast das wieder mal falsch verstanden. - Also eine Erklärung:

Theologische Exegese fragt nach dem Original Jesu über die Bibel-Texte - aber sie macht nicht die Texte selbst zum Original, sondern zum vorrangigen Hilfsmittel zum Original Jesu hin.

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#1439 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mi 12. Apr 2017, 22:33

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Halten wir fest, dass nach Deiner Meinung die Exegeten die Bibel NICHT inhaltlich interpretieren dürfen.
Stopp - dass es nicht ohne Offenlegung ihrer posititionellen Setzungen tun dürfen.
Nein, nein - Deine Behauptung war, die Exegese könne nur "technisch", niemals aber "inhaltlich" die Bibel interpretieren.

Deine Unkenntnis ist manchmal erschreckend. Du glaubst doch nicht ernsthaft, die Alt- und Neutestamentler würden ihre Methode (= die historisch-kritische Auslegungsmethode) NICHT offenlegen. So umfasst beispielsweise im "Arbeitsbuch zum Neuen Testament" von Conzelmann/Lindemann (14. Auflage, gedruckt ca. 100.000 Exemplare) allein die "METHODENLEHRE" knapp 150 Seiten.


Die angewandte Auslegungsmethode wird über knapp 150 Seiten referiert...und Du forderst von dieser Diziplin die "Offenlegung ihrer Methode". Absurder geht es nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Exegese werden keine Bedingungen gestellt und der Dogmatik wird eine Zuständigkeit für die Bibelauslegung ausdrücklich abgesprochen.
1) "Keine Bedingung" heisst entweder
a)"Ihr sollt auf Gott-Entität-Ebene ergebnisoffen arbeiten" oder
b)"Ihr sollt nur rein sachlich arbeiten (also ohne inhaltliche Interpretation).
Da wäre es gut, wenn Du den RKK-Text mal im Kontext einstellst.
Auch wenn es Dir nicht in den Kram passt. Ein "ihr sollt" gibt es nicht. Nimm es einfach zur Kenntnis.

closs hat geschrieben:Dogmatik macht keine Basis-Exegese - aber sie interpretiert hermeneutisch, was die Exegese abliefert.
Solange sie die Ergebnisse der Exegese nicht verfälscht oder gar in ihr Gegenteil verkehrt, darf die Dogmatik hermeneutische Pirouetten drehen, wie der Tag lang ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Kants Vernunft (!) vermochte es nicht, ihn dazu zu bringen, an die Existenz des personalen christlichen Gottes zu glauben.
Moment: Weil eben diese Vernunft ihm gesagt hat, dass es etwas über der Vernunft gibt - dies nennt man "Aufklärung".
Geschwurbel! Er glaubte nicht an die Existenz des persönlichen Christengottes oder anders ausgedrückt: Seine VERNUNFT ließ es nicht zu, ein "tiefgläubiger Christ" zu sein. Punkt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Descartes verwendet den Begriff Gott für ein Absolutes, es geht ihm nicht um den Gott, an den der Christ glaubt, während Anselm das, was er als Christ glaubt, zu rationalisieren versucht.
Descartes war gläubig.
Aber nicht gläubig im Sinne des Glaubens an die Existenz des christlich postulierten Vatergottes. Und nur darum geht es hier. Seine VERNUNFT ließ ihn vor einer solchen Vorstellung zurückschrecken.

closs hat geschrieben:er MUSS auf den "wohlwollenden Gott" als Voraussetzung pochen, damit er überhaupt seine Philosophie aufbauen kann. - Seine Philosophie selber ist NICHT christlich, aber die Grundlage dafür ist christlich.
Er musste Konzessionen an die allmächtige und strafende katholische Kirche machen. Deshalb versuchte er hartnäckig, mit seiner Philosophie im Rahmen dessen zu bleiben, was für die RKK akzeptabel war (siehe seine philosophischen Gottesbeweise). Es verwundert nicht, dass Descartes seine philosophischen Lehren in den Niederlanden ausarbeitete - denn hier war der Einfluss der Kirche geringer und die Toleranz neuen Ideen gegenüber größer.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Sie ist DIE Leit- und Standardexegese an den theologischen Fakultäten. Das genügt.
Das kann nur dann stimmen, wenn sie anders definiert ist, als Du es hier darstellst.
Dass die historisch-kritische Auslegungsmethode keim Mauer-Blümchen-Dasein führt, sondern in der Tat an den Universitäten DIE Standardexegese ist, ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Es liegt mir fern, diese Methode zu "definieren". Das machen ihre Ver-
treter schon selbst.


closs hat geschrieben:Oder glaubst Du ernsthaft, die Theologie würde eine Exegese akzeptieren, die in sich als diametral anti-theologisch versteht?
Die historisch-kritische Forschung versteht sich überhaupt nicht als "anti-theologisch". Eine solche Aussage von Dir beweist mir einmal mehr, dass Deine Kenntnisse über diese Auslegungsmethode allenfalls rudimentär sind. Du redest hier über etwas, von dem Du im Grunde genommen nicht viel Ahnung hast.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Historisch mögliche Bedingung?
Noch mal im Zusammenhang? - Es kann historisch sein, dass Jesus nur Mensch ist oder auch göttlich ist.
Nö - die von Dir angedeutete oder besser: unterstellte PARI-SITUATION existiert in Wirklichkeit nicht. Der normal denkender Historiker hat keinen vernünftigen Grund, von dem Eingreifen einer übernatürlichen geistigen Allmacht auszugehen, die seinen Mensch gewordenen Sohn blutig dem Kreuzestod opfern muss, um die gefallene Menschheit heilsgeschichtlich von ihren Sünden zu erlösen und in die ewige Seligkeit zu führen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Meines Wissens wird eine "theologische Exegese" in den Fakultäten nicht praktiziert - wahrscheinlich wegen fehlender Wissenschaftlichkeit.
Beides falsch. - Man kann theologische Exegese sehr wohl mit theologischem Hintergrund betreiben.
Gewiss - man könnte es. Aber sie findet aus gutem Grunde in der Realität nicht statt. Redliche Exegese ist der historischen Wahrheit, nicht ideologisch erhobenen Wahrheitsansprüchen verpflichtet.

Überhaupt: Wir sprechen hier insgesamt nicht von Wissenschaft, sondern von einem Kulturkampf zwischen Theismus und Atheismus.
Achwas - einen solchen Kampf hat der "Atheismus" nicht nötig. Das Christentum erledigt sich allein. Sieh Dich um in Westeuropa.

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#1440 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mi 12. Apr 2017, 23:11

Münek hat geschrieben: Deine Behauptung war, die Exegese könne nur "technisch", niemals aber "inhaltlich" die Bibel interpretieren.
Das bezog sich auf die historisch-kritische Exegese in kritisch-rationaler Ausrichtung (= "Jesus ist nur Mensch").

Münek hat geschrieben:Die angewandte Auslegungsmethode wird über knapp 150 Seiten offengelegt...und Du forderst von dieser Diziplin "Offenlegung ihrer Methode".
Dann muss man die Konsequenzen darausziehen und selber draufkommen, dass man damit nur technisch auslegen kann. - Altes Thema: Gleichzeitig duschen und nicht naß werden geht nicht.

Münek hat geschrieben:Auch wenn es Dir nicht in den Kram passt. Ein "ihr sollt" gibt es nicht.
Dann nenne es halt "Ihr müsst". - Die HKM "muss" methodisch auf der Ebene arbeiten, dass Jesus nur Mensch ist. - Ist das jetzt besser ausgedrückt?

In jedem Fall kommt raus, dass es "bedingungslos" nur innerhalb eines vorgefügten Rahmens gibt - egal ob es bei den Theologen oder bei den HKM-lern ist.

Münek hat geschrieben:Solange sie die Ergebnisse der Exegese nicht verfälscht oder gar in ihr Gegenteil verkehrt, darf die Dogmatik hermeneutische Pirouetten drehen, wie der Tag lang ist.
Dann müsste die theologische Hermeneutik auf der Ebene auslegen, dass Jesus eine Naherwartung in Deinem Sinne hätte. - Meinst Du ernsthaft, das würde einem ernsthaften Theologen einfallen?

Münek hat geschrieben: Seine VERNUNFT ließ es nicht zu, ein "tiefgläubiger Christ" zu sein.
Das ist etwas ganz anderes. - Aber wir reden hier nicht von gelebtem Christentum in einer vorgefundenen Kirche, sondern von "Gott". - Und das, was mit "Gott" abgedeckt ist, konnte auch Kant nicht weg-rationalisieren - das fängt beim "Ding an sich" an.

Münek hat geschrieben:Aber nicht gläubig im Sinne des Glaubens an die Existenz des christlich postulierten Vatergottes.
Wie denn sonst? - Was meint er nach Deiner Auffassung, wenn er sagt, dass seine ganze Aufklärung überhaupt nur dann eine Grundlage hat, wenn er einen "wohlmeinenden Gott" setzt?

Münek hat geschrieben:Er musste Konzessionen an die allmächtige und strafende katholische Kirche machen. Deshalb versuchte er hartnäckig, mit seiner Philosophie im Rahmen dessen zu bleiben, was für die RKK akzeptabel war. Es verwundert nicht, dass Descartes seine philosophischen Lehren in den Niederlanden ausarbeitete - denn hier war der Einfluss der Kirche geringer und die Toleranz neuen Ideen gegenüber größer.
Lehrt man heute so, was Descartes war? - Das ist Geschichtsklitterei - ein Abgrund an Verschwörungstheorien.

Descartes musste aus philosophischen Gründen an Gott festhalten - und wollte es auch. - Warum sollte er ausgerechnet in den protestantischen Niederlanden Schiß vor der RKK haben?

Münek hat geschrieben:Dass die historisch-kritische Auslegungsmethode keim Mauer-Blümchen-Dasein führt, sondern in der Tat an den Universitäten DIE Standardexegese ist, ist nicht auf meinem Mist gewachsen.
Das entspricht durchaus meinen Erkenntnissen - allerdings mit dem Unterschied, dass die HKM-ler sich nicht als geistige Ausleger verstehen, sondern als methodisch-technische Ausleger, die ihre Sach-Erkenntnisse an die Hemeneutiker weitergeben, die sie dann geistig deuten. - Nach meinen (allerdings diesbezüglich nicht sehr ausgeprägten) Erkenntnissen aufgrund von Schilderungen von Theologen gibt es KEINEN Streit zwischen HKM und Hermeneutik, weil offenbar die Rollenverteilung klar zu sein scheint.

Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Forschung versteht sich überhaupt nicht als "anti-theologisch".
In der mir bekannten Praxis stimme ich Dir zu - die hier auf dem Forum dargebotene Form erscheint dagegen sehr anti-theologisch - oder zumindestens a-theologisch: "Wie deuten wir die Bibel unter konsequenter Vermeidung geistiger Kontexte" - so kommt es rüber.

Münek hat geschrieben:Der Historiker hat keinen vernünftigen Grund, von dem erd- und menschengeschichtlichen Eingreifen einer übernatürlichen geistigen Allmacht auszugehen.
Wobei wir mindestens bei "a-theologisch" wären. - Wir halten also fest:
Exegese ist aus Deiner Sicht nur dann wissenschaftlich und ergebnisoffen, wenn sie konsequent die historische Möglichkeit der Göttlichkeit Jesu ignoriert oder negiert. - Biblische Exegese ist also nur dann akzeptabel, wenn der Grund, warum es die Bibel gibt, Blödsinn ist. - Und vor diesem Hintergrund sagst Du dann: "Die historisch-kritische Forschung versteht sich überhaupt nicht als anti-theologisch" :lol: - das geht, aber wirklich nur dann, wenn man gar nichts verstanden hat.

Und hier kommt immer wieder spätestens der Punkt, an dem ich sagen muss: Das hat die HKM nicht verdient. - Ich behaupte nach wie vor, dass es HKM-Vertreter gibt, die wissen, was HKM ist und was HKM NICHT ist - und die ebenfalls wissen, dass sie ihre Sachergebnisse an Hermeneutiken weitergeben, die die eigentliche inhaltliche Deutung machen - ODER an ihre eigene Hermeneutik weitergeben und es intern selber machen - aber eben hermeneutisch, weil es nicht anders geht.

Und wenn Ratzinger sagt ...
1) HKM ist eine wichtige Grundlage der Theologie
2) HKM ist der Antichrist innerhalb der Theologie
... dann müsste dieser scharfe Gegensatz zum Nachdenken und zur Frage anregen: Was meint er damit, damit es KEIN Gegensatz ist? - Und die Antwort ist ziemlich einfach - aber vorher: Wie erklärst DU es DIr, dass Ratzinger einmal das und dann jenes sagt? - Kleiner Hinweis: Sichterlich nicht aus Vergeßlichkeit.

Münek hat geschrieben:Redliche Exegese ist der historischen Wahrheit, nicht ideologisch erhobenen Wahrheitsansprüchen verpflichtet.
Sie ist ausschließlich DER historischen Wahrheit verpflichtet, die nach dem methodischen Sieb noch übrigbleibt. - Auch dieses Sieb ist ein " ideologisch erhobener Wahrheitsanspruch".

Münek hat geschrieben:Achwas - einen solchen Kampf hat der "Atheismus" nicht nötig. Das Christentum erledigt sich allein.
Ein ziemlich entlarvendes Schlusswort.

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