Genau da habe ich Dir doch zugestimmt - in meinen Worten: Eine wissenschaftliche Disziplin ist innerhalb ihres methodischen Korridors ergebnisoffen. - Aber das gilt doch für die kanonische Exegese auch - sie hat nur einen ganz anderen Korridor.Stromberg hat geschrieben:Weshalb Glaubensannahmen "universal" NICHT in seriöser Wissenschaft vorkommt, nicht vorkommen kann und auch nicht vorkommen darf und das, ohne dabei an ihrer Ergebnisoffenheit einzubüßen
Verkenne ich doch nicht. - Genau deshalb gibt es die Rezeptions-Analyse - konkret: Wie haben die Rezeptionisten der Worte Jesu, nämlich die Textverfasser, Jesus erfasst. - Und da wird man feststellen, dass sie gelegentlich "wackeln" - konkretes Beispiel: Paulus versteht Jesus anscheinend für eine gewisse Zeit im Sinne einer zeitlichen Naherwartung, um dann später umzuschwenken - dies herauszufinden ist klassische HKM-Arbeit.Stromberg hat geschrieben:Du verkennst hier aber den Umstand, dass es ein materielles Buch ist geschrieben von Menschen.
Jetzt aber ist die Frage, wie dies zu interpretieren sei. - Und da sagt die HKM in ihrer säkularen Ausrichtung (grob zusammengefasst): "Paulus hat seine Meinung verändert, weil er eine Alternative brauchte, nachdem Jesus nach einigen Jahrzehnten immer noch nicht erschienen war. - DIe theologische Interpretation ist: "Paulus hat Zeit gebraucht, bis bei ihm der Groschen gefallen ist". - Beides ist in sich richtig - was WIRKLICH richtig ist in Bezug auf das, was der Fall war, ist in beiden Fällen Glaubenssache.
Ich kann Dir keinen wissenschaftlichen Vortrag halten - nimm zunächst das Ergebnis zur Erkenntnis - das nächste wäre dann eine Auswahl von geeigneter Sekundärliteratur, die Du Dir zuführen kannst.Stromberg hat geschrieben:Ich bitte erneut, dieses mal aber nachfordernd um eine detailierte Beschreibung einer solchen Methode
Das bzw. EINE Ergebnis lautet "Hermeneutik" bzw. "Hermeneutischer Zirkel" (den ich hier schon x-maö erklärt habe) - verkürzt gesagt: Es gibt ein "Vorwissen" (bspw. "Stromberg ist intelligent und scheint agnostisch oder atheistisch zu sein"). - Im nächsten Schritt versucht man, dieses "Vorwissen" zu erhärten oder zu falsifizieren. - "Ich besuche Stromberg. Er sitzt in seiner Privat-Bibliothek und ist von Beruf Professor für Altgriechisch" = Erhärtung Intelligenz" - "Ich besuche Stromberg. Er arbeitet am Band bei VW - Seine Frau nimmt in dieser Zeit am Forum teil = ganz neue Situation".
Und so robbt man sich stückchenweise vorwärts. - Auch DAS gilt als "Wissenschaft", obwohl es keine kritisch-rationale (Natur-) Wissenschaft ist - so arbeitet man in der Regel in der Geisteswissenschaft. - Ein weiterer Punkt in der Geisteswissenschaft ist, dass man nicht ohne eigene Weltanschauung auskommt, will man über das rein Beobachtende ("Goethe war am 12.11.1789 in seinem Gartenhaus in Ilmenau) hinausgehen will.
Diese Weltanschauung ist in der HKM eine andere als in der Kanonik. - "Wir interpretieren die Bibel so, als gäbe es keinen Gott" bringt ganz andere plausible Ergebnisse als "Wir interpretieren die Bibel so, als gäbe es Gott". - Beides plausibel - beides vor dem Hintergrund einer "Was-wäre-wenn"-Frage.
Da musst Du nur in ca. 1.000km Bücherwand der theologischen Literatur der letzten 2000 Jahre nachgucken. - Dazu würden AUCH die literarischen/philosophischen Werke von Hegel und Heidegger gehören - auch von Platon. - Du wirst hier locker etwas finden, wenn Du wirklich Interesse hast - das kann ich Dir nicht abnehmen.Stromberg hat geschrieben:Zum einen: Kannst du mir eine geisteswissenschaftliche Arbeit vorlegen, die das tut?
"Jesus ist Gott" ebenfalls. - Das hat etwas mit der gesetzten Weltanschauung zu tun, die sich damit erfüllt. - Wenn man nachweisen will, warum Jesus NICHT göttliche Person ist, wird man Perspektiven finden, aus denen es tatsächlich so erscheint - EINE Perspektive ist die HKM. - Insofern spreche ich der HKM nicht ihre Authentizität ab - aber eben nur im Sinne ihrer methodischen Präjudizierung.Stromberg hat geschrieben:Die Annahme "Jesus ist NICHT Gott" ist aber geisteswissenschaftlich nachhaltig begründet.
So gesehen, kommt niemand weiter. - Man kann immer nur ein persönliches "Vorwissen" hermeneutisch erhärten - wobei man diese möglichst selbst-kritisch tun sollte. - Das Entscheidende ist nicht, ob dies dann begründbar ist (das funktioniert in den meisten Fällen), sondern ob es ontologisch zu dem authentisch ist, was der Fall ist. - Mit anderen Worten: Es ist nicht damit getan, dass man seiner Weltanschauung und seiner Methodik gerecht wird, sondern man sollte auch "das, was WIRKLICH der Fall ist/war" im Auge behalten. - Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht.Stromberg hat geschrieben:So glaube mir, auf diesem "Argumentations"-Weg kommst du wirklich nicht weiter.
WAS aber der Fall war, ist umgekehrt nur im Rahmen der jeweiligen methodischen Vorgaben ermittelbar. - Konkret: Die HKM kann ermitteln, dass der Satz "Das Reich Gottes ist nah" relevant ist, aber sie kann diesen Satz nur im Rahmen ihres eigenen methodischen Verständnisses interpretieren -mit anderen Worten: Es kann historisch ganz anders gewesen sein, als die HKM denkt.
Dort steht, wie man es aus Sicht Hitlers zu verstehen hat. - Die Rabbis sehen und interpretieren es aus einer ganz anderen Perspektive - das eine hat mit dem anderen ÜBERHAUPT nichts zu tun.Stromberg hat geschrieben:Das steht alles in "Mein Kampf", das zu Verstehen dazu benötigte es Psychologen usw. und keine geistige Exegese.
Natürlich nicht: Es ist EIN Ansatz mit entsprechenden Setzungen - daneben gibt es andere Ansätze mit anderen entsprechenden Setzungen, seien dies jüdische Theologie oder HKM.Stromberg hat geschrieben:Die kirchliche Theologie ist nicht das Maß der Dinge
Es geht primär nicht um MEIN persönliches Erschließen, sondern an das Erschließen der Geisteswissenschaften/der Theologie. - Aber richtig ist: Letztlich kommt man dabei selber nicht ungeschoren davon: Man muss eine persönliche Einbindung mit persönlichen Überzeugungen und Erkenntnissen haben, will man theologisch weiterkommen. - Mit distanzierten Vergleichen im Sinne von "DieserWissenschaftler meint dieses und jener meint jenes ist es nicht getan. - Man kann Theologie nicht hoch-puzzeln, sondern muss mit einem geistig-spirituellen Vorwissen arbeiten, wenn man über das Beobachtende und Beschreibende ins Interpretative kommen will.Stromberg hat geschrieben:Keinesfalls, an deiner geistigen persönlichen Erschließung lässt sich überhaupt >>gar nichts<< bemessen
Das ist in der Tat ein Problem - man kann bei mangelnder eigener Substanz in der Hermeneutik vollkommen entgrenzen. - Diese Gefahr besteht bei der HKM in der Tat nicht - nur: Sie kommt nie auch nur annähernd zum Kern.Stromberg hat geschrieben:Doch der Spielraum ist einfach enorm