Tyrion hat geschrieben:Was den Wert der Textsammlung Bibel deutlich mindert, denn solch kindlichen "mein Jahwe, dein Baal"-Zänkereien sind nicht wirklich göttlich.
Es sind Zänkereien der Menschen.
Tyrion hat geschrieben:Wobei hier selbst die Qualitäten der zu vergleichenden Systeme nicht per se als besser oder schlechter zu bewerten sind, sondern erstmal nur als "anders".
Schon richtig - allerdings gibt es bspw. objektive philosophische Gründe, warum bspw. Monotheismus "weiter" ist als Polytheismus.
Tyrion hat geschrieben:Und selbst hinsichtlich dieser Definition gibt es Indizien, die auch bei Orcas (als Beispiel) eine Spiritualität denkbar erscheinen lassen.
"Erscheinen lassen" ist nicht dasselbe wie "haben". - Wie meinst DU es?
Tyrion hat geschrieben:Ich denke eher, dass es Chiffren sind vom Übergang Jäger/Sammler (unschuldig, die Natur als Nahrungsquelle verwendend) zum Viehzüchter (die Natur selbst ändern, sich gottgleich fühlen), was hindichtlich der Datierung der zunächst mündlichen Tradierung solcher Mythen eher entspricht.
Interessanter Gedanke - aber dann wäre es keine philosophische/theologische Chiffre. - Hier geht es aber um ein spirituelle Texte und nicht um anthropologische.
Tyrion hat geschrieben: Irgendwas "göttliches" findet man in jeder Sammlung von Weisheiten.
Stimmt. - Ich bin sogar dafür, dass man schriftliche Weisheiten ohne Absender des Verfassers unters Volk bringt, damit keiner auf die Idee kommt, automatisch zu folgen oder automatisch abzulehnen.
Tyrion hat geschrieben:Woraus folgt, dass die Bibel einerseits nicht heilig ist
Was mit "heilig" gemeint ist, ist eh eine eigene Frage. - Unabhängig davon sollte man Bibel-Sprüchen nicht folgen, weil sie "heilig" sind, sondern wann man ihre Bedeutung SELBER versteht oder zumindest erahnt. - Und so stehen sich drei Parteien gegenüber:
a) Die Mitläufer, die "heilig" brüllen, wenn etwas nur aus der Bibel ist.
b) Die Gegenläufer, die lesen und nicht verstehen.
c) Diejenigen, die von innen raus verstehen oder zumindest ahnen.
Wenn es nach mir ginge, sollte sich jeder prüfen, ob er zu c) gehört. - Falls nein sollte man d) die Klappe halten.´- Das ist nicht Dir gegenüber persönlich gemeint, sondern soll ein Seitenhieb auf maßgebliche Kräfte in unserer Meinungs-Gesellschaft sein, die meint, man könne "substantielles Verständnis" durch "ignorante Ablehnung" ersetzen.
Tyrion hat geschrieben:Wenn zig Autoren irgendwas über einen fiktiven Gott schreiben, wirst du immer irgendwelche "göttlichen Essenzen" darin finden. Zudem ist die Frage, was wahr ist.
Stimmt. - Anders gesagt: Die Menschen brauchen in unterschiedlichen Kulturen unterschiedliche Muster, um Göttliches zu verstehen. - Theologie bzw. Theologie-Wissenschaft wäre die Disziplin u.a. zu prüfen, welches Muster philosophisch am belastbarsten ist.
Tyrion hat geschrieben:Aberglaube gemischt mit Geschichtsfälschung.
Da ist alles drin. - Aber da sind eben auch grundlegende Sachen drin, die man heraus-erkennt oder nicht. - Und immer wieder: Das AT sollte man nicht lesen, bevor man nicht das NT verstanden hat. - Eigentlich ist es ein Witz, dass eine literarisch so anspruchsvolle Literatur von Hinz und Kunz beurteilend gelesen wird.
Tyrion hat geschrieben:. Ob das dann Blasphemie ist, bleibt offen. Wer kann das beurteilen? Dann doch wieder nur Gott?
Genau so ist es. - Der Mensch kann sich nur Systeme (egal ob religiös oder säkular) schaffen, die er als Mensch als "gut" definiert. - Entweder solche Systeme sind authentisch zu Gott oder das Gegenteil - mit menschlichen Mitteln nicht falsifizierbar. - Es ist genauso einfach wie schwierig: Entweder man trifft's mit seinem eigenen Verständnis oder nicht - entscheiden, DASS man trifft, kann man nicht.
Tyrion hat geschrieben:Folglich ist die Bibel irrelevant?!
Sie ist sehr relevant, weil sie meines Wissens die einzige Schriftsammlung ist, die von der dialektischen Trennung/Spaltung von Gott und Mensch/Theozentrik und Anthropozentrik bis zur Auflösung dieser Dialektik in eine letzte Synthese alles zu bieten hat.
Allerdings ist dies eher eine Bemerkung zur Philosophie und Theologie hin, die diese Bemerkung je nach weltanschaulicher Ausrichtung vollkommen unterschiedlich bewerten - oder anders gesagt: Auch hier stinkt der Fisch vom Kopf her. - Noch deutlicher: Unsere spät-/nach-aufklärerische Zeit ist in der Regel gar nicht in der Lage, die Bibel substantiell zu verstehen, weil da zuviele Bewusstseins-Voraussetzungen gehören (ich meine damit NICHT intelellektuelle Voraussetzungen), die heute verloren oder, weniger wertend, nicht "in" sind. - Wir sind in der Spätphase einer Epoche - vergleiche es mal mit der Spätantike meinetwegen im 4.Jh. n.Chr.