Kaum vergeht eine Woche, muss ich Deine Antwort schon wie ein Archäologe "ausgraben", lieber Andreas.
Andreas hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Darf ich mich einklinken?
Na klar, Herr "Aber was weiß ich denn schon."
Ich habe ja auch versucht, beide Aspekte miteinander zu vereinen:
Andreas hat geschrieben:Nun könnte es ja sein, dass Jesus diejenigen auf die rechte Seite stellen wird, die an ihn glauben - wie es bei Johannes steht - und die anderen auf die linke Seite - aber dann ist diese begründende Aufzählerei Jesu die ja eben nicht begründet warum der eine rechts und der andere links steht, der blanke Hohn und ziemlich sarkastisch - angesichts der ewigen Strafe, die manche erwartet.
Aber dieser Jesus Christus schlägt mir dann doch etwas zu sehr aus der Art. Findest du nicht, dass diese "Begründungen" mit den Taten dann fehl am Platz ist?
Nein, das denke ich nicht. Die Notwendigkeit von Glaubenswerken muss nicht im Widerspruch zur Rechtfertigungslehre durch Glauben stehen, denn gem. Jakobus ist nur ein ausgeübter Glaube durch Werke lebendig. So war es bei Jesus, so war es den seinen Jüngern und Jüngerinnen und so war es bei Paulus.
Mag sein, dass der Evangelist "Matthäus" ähnlich wie Jakobus die Taten in Form von Glaubenswerken im Fokus hatte. Falls es sich hierei um den Zöllner Matthäus Levi, Sohn des Alphäus (Mattithja Levi ben Chalfai) handelt, wäre es für mich verständlich.
Dass Matthäusevangelium führt uns vor Augen, dass es nicht genügt, einfach nur theoretisch zu glauben. Man muss seinen Glauben auch leben. Nicht mit dem Gedanken, durch Werke gerecht zu sein, denn das ist uns unmöglich. Aber ein Glaube, der nicht gelebt wird, ist ein toter Glaube.
Andreas hat geschrieben:Gläubige Christen werden erfahrungsgemäß nicht zu Schafen, wenn sie an Jesus glauben. Hier im Forum könnte man sogar den Eindruck gewinnen, dass sie um so garstiger werden, je stärker ihr Glaube ist und die dicksten Böcke schießen. Es gibt gläubige Verbrecher aller Art und viele Verbrechen wurden wirklich in gutem Glauben begangen, dass es der Wille des Herrn sei. So simpel liegen die Dinge leider nicht, wenn man die Schrift an der Realität misst. Das gefällt mir auch nicht, das kannst du mir glauben.
Von Logan5 habe ich gelernt, dass sich jede Textinterpretation am zugrundeliegenden Text messen lassen muss. Gleicht man den "Früchte" dieser garstigen Personen mit Jesu Bergpredigt ab, offenbart sich, was '"faule -" und was "gute Früchte" sind.
Ich überspitze mal drastisch: Es werden Bibelverse wie Geschosse auf den Gegner abgeschossen. Es wird gemessen, wer tiefer glaubt und der Beste ist der mit der flachen Erde auf vier Säulen. (:IRONIE:)
Bei allen Glauben und aller Bibelkunde vergessen manche die christlichen Werte, die durch einen christlichen Wandel zutage treten sollten. Beim Gleichnis vom barmherzigen Samarither ging es um Erste Hilfe und nicht um theologische Fragen, abgesehen von der Frage, wer denn mein Nächster sei.
Zum Christsein gehört eben nicht nur die Bibel, sondern auch, seinen Lebensentwurf nach der jesuanischen Ethik auszurichten. Zu den Früchten des Heiligen Geistes zählen Freundlichkeit, Güte, Demut, Milde und Sanftmut, aber keine Streitlust, kein Hochmut und keine Aggresivität.
Wer gar Verbrechen im Namen Jesu begeht, beruft sich zu unrecht auf Christus. Das wäre in etwa so, als würde man im Namen Buddhas Leid vermehren.
Andreas hat geschrieben:Außerdem fand ich schon immer merkwürdig, dass nirgendwo in der Bibel wirklich ersichtlich ist, wo auch nur ungefähr die Grenze verläuft zwischen den Gerechten und Ungerechten. Denn wie man sieht, ist auch das Maß des Glaubens undefinierbar. Der eigene Glaube genügt immer, der von den Geschwistern nur so lange sie "meiner" Meinung sind und so glauben wie ich oder meine Glaubensgemeinschaft. Das dürfte dir auch bekannt vorkommen.
Ja, leider. Dabei mahnte Jesus, nicht zu richten. Es ist nicht unsere Sache über andere zu richten. Vielmehr sollten wir auf uns selbst achten, auf dem rechten Pfad zu wandeln und dem Nächsten helfen.
Die genaue Grenze zwischen Gerechten und Ungerechten zu makieren ist knifflig. Vielleicht ist es auch eine Sache der Zeit. In der Vergangenheit waren Eltern, die ihre Kinder mit der Rute erzogen,
"gerecht" in ihrer Zeit. So mögen auch Noah und Moses Gerechte zu ihrer Zeit gewesen sein.
Gäbe es eine solche Grenze in der Bibel, könnte man immer anklagen und gerechtsprechen. Vielleicht sollen wir dies gar nicht und deshalb steht dort keine genaue Grenze.
Die Bibel stellt die Extremen von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit gegenüber, also wo Konsens besteht, dass dies "weiß" und jenes "schwarz" ist. Die Grautöne dazwischen sind unserem Gewissen überlassen, so mein bescheidenes Grundverständnis.
Andreas hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Die Bibel verkündet KEINE Allversöhnung, sondern Rettung für die Gerechten (die aus Gande gerechtgesprochen werden) und Gericht für jene, welche die Gnade abweisen.
Die Bibel verkündigt immer genau das, was die jeweilige Glaubensgemeinschaft gerne hätte. Machen wir uns doch nichts vor. Die Bibel verkündigt, was die Zeugen Jehovas lehren und das, was die RKK lehrt. Hemul und Rembremerding werden mir das sicher bestätigen - oh, Helmuth darf ich da nicht ausschließen, denn er bezeugt ja auch, was die Bibel verkündigt. Was lerne ich daraus? Dass alle die Bibel mit menschlichem Maß und menschlicher Theologie messen aber vorgeben unter der Autorität von Gottes Wort zu stehen und alle sich dabei über Gottes Wort stellen - im Gebet und mit Hilfe des Heiligen Geistes, den jeder für sich in Anspruch nimmt.
Das ist Jesus damals auch schon unangenehm aufgefallen.
Dann falle ich wohl nicht unter "jeder", denn ich nehme den Heiligen Geist nicht selbstverständlich für mich in Anspruch.
Ich lese die Bibel nach dem Logan5-Grundsatz: Jede Bibelinterpretation muss sich um zugrundeliegenden Bibeltext messen lassen! Dabei darf sich der Rezipient nicht über die Bibel stellen, da sich so das "Wort Gottes" nicht entfalten kann, sondern "erstickt" wird. Will man die Bibel sprechen lassen, muss man sich als Leser zurücknehmen und die Fremheit der Bibel aushalten.
Andreas hat geschrieben:Weil ich nicht bereit bin, jedem "die Wahrheit" nachzuplappern, bleibt mir nur eines: Ich frage nach Gott.
Aber was weiß ich denn schon.

