Ich könnte "meine Vorstellung" vom Sinn des Lebens auf keinen der Punkte einengen, das sind alles einzelne "Aspekte".
Punkt 3 wird ja sehr oft als unvereinbar mit dem christlichen Glauben angesehen, und stattdessen "Selbstverleugnung" und "Verzicht" betont. Hinter dieser Unvereinbarkeit steht aber eine völlig andere Vorstellung vom "wahren" Selbst, daher sieht die "Verwirklichung dessen" natürlich auch entsprechend anders aus und bedeutet letztendlich gerade den Verzicht auf die "weltliche Art der Selbstverwirklichung", um das "wahre Selbst" zu finden und zu verwirklichen.
Über "Selbstverwirklichung" habe ich ja schon einiges geschrieben und für mich steht "Selbstverwirklichung" in einem gewissen Widerspruch zu "gesteckten Zielen" - denn von diesen Zielen wird die "Selbstverwirklichung" abhängig gemacht, das "Selbst" quasi mit den Zielen "identifiziert". Also verwirklicht man eigentlich nicht wirklich das Selbst, sondern die Ziele. Und macht sich abhängig von der Realisierung dieser Ziele, dh im "Erfolgsfall fühlt man sich glücklich und empfindet sein Tun als "sinnvoll", wenn etwas schief geht - zB durch Umstände, die man nicht in der Hand hat oder durch das Einwirken von anderen Menschen - war alles "umsonst", "sinnlos". Also muss man alles daran setzen, seine Ziele zum Erfolg zu bringen, dh möglicherweise gegen die Interessen anderer durchsetzen und die "Umstände" so gut wie möglich unter Kontrolle halten....
Wenn man dann ein Ziel wirklich erreicht hat, ist man erst einmal glücklich und zufrieden, das wird aber sehr schnell "schal" und nutzt sich ab, ist nur eine flüchtige Erfüllung. Und man braucht ein neues Ziel, das "Sinn" gibt...und auf Dauer kommt einem (zumindest mir) das eher vor wie ein "Haschen nach dem Wind", irgendwie bleiben die Hände immer leer dabei. Das, was man erreicht hat, ist gleich auch schon wieder Vergangenheit, kann als "Erinnerung" wieder aufgewärmt werden, ist aber nicht mehr verfügbar.
Eine andere Art der Selbstverwirklichung, die für mich schon näher an den "Sinn" kommt, ist die eines Künstlers. Indem nicht ein bestimmtes Ziel über "Sinn" oder Sinnlosigkeit und über Glück und Zufriedenheit entscheiden. Sondern der Künstler verwirklicht eine "Idee", die in ihm ist, gibt ihr eine konkrete, "äusserliche" Form, gestaltet ihm zur Verfügung stehendes Material so um, dass die Idee darin Gestalt annimmt.
Daher ist ein Künstler viel unabhängiger von "Äusserlichkeiten", es kommt nur darauf an, dass er sein "Genie" umsetzen kann, also auf sein Können, die Beherrschung seiner Kunst, auf ihn selber.
Für mich als Christ sehe ich die "Selbstverwirklichung" ähnlich wie bei einem Künstler unabhängig von den konkreten äusseren Umständen - die sind eher "Material" in denen ich mein "Selbst" verwirkliche - mein "Selbst", das ich aber nicht als "künstlerisches Genie" sehe, sondern als das, was Gott als Schöpfer und "Künstler" in mir angelegt hat. Indem ich mich auf ihn einlasse und den Sinn meines Lebens in ihm suche, entdecke ich überhaupt erst mein wahres Selbst und verwirkliche es unabhängig von äusseren Umständen und sogar unabhängig von meiner eigenen "künstlerischen Perfektion", weil es Gott als Schöpfer des Kunstwerks ist, der es wirkt und die Perfektion zustande bringt, so wie er es in seinem Schöpfungspan angelegt hat. Das erfüllt mein Leben mit einem "Sinn", der nicht verloren gehen kann, weil er nur von Gott abhängig ist und lässt mich "Erfüllung", Glück und Zufriedenheit in allem erfahren, was ich in diesem Dialog erlebe.
Die "Vollendung des Kunstwerks" findet erst in der Ewigkeit statt, daher ist natürlich das irdische Leben eine Vorbereitung darauf.
Punkt 2 ist davon auch betroffen, denn die christliche Selbstverwirklichung äussert sich in Nächstenliebe, die dem nächsten natürlich nicht das beste vorenthält, das in diesem Leben erreicht werden kann.
Punkt 3 hab ich ja schon ausführlich beschrieben.
Natürlich setze ich mir auch Ziele und arbeite darauf hin. Aber ich suche nicht darin meine Selbstverwirklichung, ordne nicht ihnen alles unter und mache meine Zufriedenheit und mein Glück davon abhängig, in welchem Masse ich das realisieren kann, sondern erlebe immer deutlicher, wie Paulus so schön sagt, dass "mir alle Dinge zum Besten dienen."
Langes Geschwafel, kurzer Sinn, bei mir passt nichts so richtig, ich brate eine Extrawurst.
