Helmuth hat geschrieben:So auch hier in etlichen Diskussionen. Ich meine den gewaltigen Vorteil zu haben, nie von theologischen Prämissen beeinflusst worden zu sein. Mir waren z.B. Lehren der kath. Kirche oder anderer Großkirchen zunächst Powidl. Ich war nie dabei, außer per Taufschein, das wertloseste Stück Papier, das ich je in meinen Hände hielt. Ich ging später daher an die Bibel sehr unvoreingenommen heran. Ohne eine Prämisse, das muss aber so und so sein, denn so und so wurde es uns ja gelehrt.
Da hast du wirklich einen großen Vorteil, weil es viel schwieriger und leidvoller ist, mühsam gelerntes wieder über Bord zu werfen.
Helmuth hat geschrieben:Ein für mich sehr deutliches Beispiel war mein ehemaliger Schwiegervater:
Er war Moslem und näherte sich unserem Glauben an. Aber es blieb bei der Annäherung. Er konnte in meinen früheren Hauskreisversammlungen nie sein Denken ablegen. Er betete sogar mit uns, aber ständig erklärte er uns seine Gebets- und Waschrituale aus seiner Sicht. Starre Prämissen. Ich fürchte auch er bekehrte sich nie, so sehr wir ihn in Liebe ertrugen und mit dem Evangelium nährten. Unsere Liebe hielt ihn zwar beständig bei uns aber im Grunde genommen gab er seinen alten Glauben nie auf. Starre Prämissen.
Ein sehr anschauliches Beispiel! Uns Christen geht es genau so. Was Hänschen gelernt hat, verlernt Hans nur schwer. Der Mensch ist ganz besonders in seiner Kindheit sehr suggestibel. Er lernt viel mehr, wie die Eltern sind, als was sie sagen, weil Bilder sehr viel tiefer ins Unterbewusstsein eindringen als Worte. In der Pubertät meint man vieles zu sortieren, aber erst viel später erkennen einige, dass sie das geworden sind, was sie an ihren Eltern gehasst haben und selbst wenn sie das erkannt haben schaffen es die aller wenigsten das dann auch bei sich abzustellen. Jeder ist indoktriniert, weil so lernen nun mal funktioniert. Völlig Wurscht, ob die Eltern, Lehrer, das Umfeld oder die Medien es gut meinen oder nicht, völlig egal ob das Ziel ist Menschen fertig zu machen, auszubeuten oder zu heiligen. Hier geht's um das Phänomen. Die Bibel ist zu allen Zeiten Propaganda zum Bösen wie zum Guten.
1.Sam 8,4-7 hat geschrieben:Deshalb versammelten sich alle Ältesten Israels und gingen zu Samuel nach Rama. Sie sagten zu ihm: Du bist nun alt und deine Söhne gehen nicht auf deinen Wegen. Darum setze jetzt einen König bei uns ein, der uns regieren soll, wie es bei allen Völkern der Fall ist. Aber Samuel missfiel es, dass sie sagten: Gib uns einen König, der uns regieren soll. Samuel betete deshalb zum Herrn, und der Herr sagte zu Samuel: Hör auf die Stimme des Volkes in allem, was sie zu dir sagen. Denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen: Ich soll nicht mehr ihr König sein.
JHWH sieht sich selbst als König seines Volkes. Ein irdischer König an seiner statt, kommt dem Verwerfen Gottes gleich.
Das ist der wahre, in Gen 3 fälschlicherweise hineininterpretierte „Sündenfall“. Hier steht er widerspruchsfrei und in aller Klarheit. Gott wird verworfen – weil der israelische Mensch über sich selbst herrschen und damit wie Gott sein will.
Eigenartig, dass diese Bibelstelle so aus dem Bewusstsein verdrängt wird. Hier geht es nämlich um das weltliche Königtum an sich, nicht um gute, fromme oder schlechte, götzenanbetende Könige. Hier geht es ums Prinzip.
Die Formel „Und Gott sprach ...“ wird oft zu einem „Im Namen des Volkes ...“ – und dahinter verbirgt sich letztlich ein von den machtpolitischen und priesterlichen Eliten zu ihrem eigenen Nutzen in die Welt gesetztes „Mit Gott für König und Vaterland“. Dieses Phänomen der Instrumentalisierung der Religion zum Nutzen der politischer Macht zieht sich bis zum heutigen Tag durch die Geschichte der Menschheit.
In der Folge wird David zum Idealbild eines angeblich von Gott gewollten Königs über Israel. David wird sogar zum Ur-Vater des künftigen Messias – dem Sohn Davids. Dass – ein gesalbter König – einerseits der Grund für die Verwerfung Gottes ist, aber – ein gesalbter König – andererseits der Grund für das Heil Israels sein sollte, ist völlig absurd – jedenfalls wenn der Wille Gottes dabei noch irgendeine Rolle spielen sollte.
In den Büchern Samuel, Könige und der Chronik ist lang und breit nachzulesen, dass das monarchische Staatssystem nie dauerhaft funktioniert hat. Gott war und ist zu keiner Zeit als „König“ qualitativ ersetzbar – weder durch David noch durch einen der vielen Könige Israels und Judäas und selbstverständlich auch nicht durch „den Messias“, selbst wenn er ein Sohn Davids wäre. Das wäre nur die Wiederholung eines Experimentes das von Anfang an zum Scheitern verurteilt war und ist, weil Gott seltsamerweise nach eigenem Bekunden König seines Volkes sein will.
Seltsamerweise, weil „Gott“ größer und qualitativ anders ist als „König“. In diesem Sinne macht selbst der Begriff „Königsherrschaft im Reich Gottes“ wenig Sinn. Es kann nur einen geben. Welche Macht bliebe denn einem König auf dem Thron zur Rechten des Allmächtigen im Reiche Gottes? Oder anders herum: Gott wäre nicht mehr Gott, wenn er alle Macht an seinen (?) König abgäbe. Dann wäre der König Gott – aber was wäre dann aus Gott geworden? Die Übergabe hierarchischer „Ämter“ funktioniert nur im zeitlich eng begrenzten geistigen Horizont Sterblicher. Aus diesem Dilemma hilft weder ein Sohn Davids noch ein Sohn Gottes, wenn der Vater unsterblich und sein Reich ewig ist.
Schon lange "bevor" das Volk auch nur das Verlangen nach einem König hatte, sagt Moses:
Dtn 28,36 hat geschrieben:Der Herr bringt dich und den König, den du über dich eingesetzt hast, zu einem Volk, das du und deine Väter früher nicht einmal gekannt haben, und dort musst du anderen Göttern dienen, Göttern aus Holz und Stein.
1 Sam 8,18 hat geschrieben:An jenem Tag werdet ihr wegen des Königs, den ihr euch erwählt habt, um Hilfe schreien, aber der Herr wird euch an jenem Tag nicht antworten.
Daran kann man erkennen, dass in den Schriften von späteren Autoren viel in frühere Schriften redigiert wurde oder diese vermeintlichen Schriften erst viel später geschrieben wurden und nicht aus den Zeiten der beschriebenen Handlung "überliefert" wurden. Da braucht man keine historisch-kritische Wissenschaft dazu, wie ich meine.