Alles Teufelszeug? V

Pluto
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#361 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Pluto » So 8. Jan 2017, 13:34

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Man kann es nicht nur nicht naturalistisch erkenen; man kann es überhaupt nicht beobachten.
Was verstehst Du unter "Beobachten", wenn nicht naturalistisch?
Erkennen...

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es ist keine Interpretation sondern Evidenz basierte Erkenntnis.
Aber das gibt doch nur dann, wenn man "Realität" als inner-methodische Größe versteht.
Dann verstehst du es eben falsch. Praktisch gibt es keinen Unterschied.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Vor 20 Millionen Jahren waren die Wale und Delfine die intelligentesten Lebenwesen auf dem Planeten, und diese kamen ohne Theologie sehr gut zurecht, sogar besser als heute, wo es die Theologie gibt.
Da ist was dran: Wenn man Wahrnehmung auf "naturalistische Lebensnotdurft" beschränkt, geht es einfacher. - Aber es nicht dabei zu belassen, ist (christlich gesprochen) ein Unterscheidungsmerkmal zwischen tierischem und menschlichem Bewusstsein.
Der Mensch meint mehr als die Evidenz zu erkennen. Das ist der wirkliche Unterschied.
Da ist mMn in der Entwicklung etwas falsch gelaufen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#362 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 8. Jan 2017, 13:38

Münek hat geschrieben:Sie sind von NIEMANDEM feststellbar - auch nicht von Gläubigen.
Unter kritisch-rationalen Gesichtspunkten ist das korrekt - nur: Was ändert das an dem, was der Fall ist/sein könnte?

Münek hat geschrieben:Man sollte die Vernunft um des lieben Glaubens willen nicht ganz ausschalten.
Wobei wir wieder bei der Frage wären, was "Vernunft"/"Aufklärung" ist. - Auch da gibt es inner-methodische und universale Ansichten.

Münek hat geschrieben:Glaube erschafft jedoch - leider, leider, leider - keine Realitäten.
Das "leider" kannst Du Dir sparen, weil der Satz auch ohne "leider" korrekt ist. - KEINE Weltanschauung/KEIN Wahrnehmungs-System erschafft das, was der Fall ist.

Münek hat geschrieben:Die Naherwartungsfrage ist schließlich eine historische Frage, keine Glaubensfrage.
Es ist eine historische, aber nur bedingt eine historisch-kritische Frage. - Dass Jesus KEINE Naherwartung hatte, ist bei entsprechender Begründung eine wahrscheinliche historische Größe.

Münek hat geschrieben:Abstruse These, die auch durch ständige Wiederholung nichts von ihrer Absurdität verliert. Jesus einen solchen Nonsens zu unterstellen, ist schon grotesk.
Dann lies die Bibel im Kontext - unter gesamt-kanonischen Gesichtspunkten liegt es auf der Hand. - Auf Thaddäus' um die 10 wörtlichen Zitate dazu habe ich mehrfach hingewiesen.

Münek hat geschrieben:Historie (Geschichte) ist mit Sicherheit NICHT das, was Wirklichkeit (tatsächliche Vergangenheit) ist.
Meinst Du jetzt mit "Historie" eine wissenschaftliche Sichtweise oder "das, was der Fall war"? - Ich meine letzteres.

Münek hat geschrieben:Nein - eine Setzung wäre es, wenn Wissenschaft das supranaturale Eingreifen eines Gottes absolut ausschlösse.
Tut sie doch methodisch, weil sie nicht beachten kann, was nicht inner-naturalistisch falsifizierbar ist.

Münek hat geschrieben:Sie ist geschichts-wissenschaftliche Interpretation antiker Texte
Ja - das ist die Annahme der "Naherwartung" in der Tat. - Eine in sich schlüssige Darstellung auf Basis einer bestimmten Wahrnehmungs-Systematik.

Münek hat geschrieben:die Glaubensdogmen der katholischen Kirche werden als ewig-gültige, absolute Wahrheiten postuliert.
Für "Glaubens-Entscheidler" - ja.

Münek hat geschrieben:Was schert es den Mond, wenn ihn der Hund anbellt?
Meine Rede seit 1848.

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#363 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 8. Jan 2017, 13:41

Pluto hat geschrieben: Man kann es nicht nur nicht naturalistisch erkenen; man kann es überhaupt nicht beobachten.

Was verstehst Du unter "Beobachten", wenn nicht naturalistisch?

Erkennen... )
Was ist für Dich "erkennen", wenn nicht naturalistisch? - Es gibt genug Menschen, die Gott erkennen - aber die meinst Du doch nicht, oder?

Pluto hat geschrieben:Der Mensch meint mehr als die Evidenz zu erkennen. Das ist der wirkliche Unterschied.
Auch hier: Du verstehst unter "Evidenz" ausschließlich naturalistische Evidenz, nicht wahr?

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sven23
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#364 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 8. Jan 2017, 15:31

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Fazit: Seit es Theologen gibt, und sie ihr Weltbild verbreiten ist die Welt komplizierter geworden.
Andersrum: Seit es MENSCHLICHES Bewusstsein gibt, gibt es Theologen.
Stimmt, es ist ein Kolateralschaden menschlicher Fantasy. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das wäre aber der erste Schritt in die richtige Richtung. Aber viele sind ja nicht mal bereit zu diesem ersten Schritt.
Da gibt es Denominationen, die so sind - aber es gilt nicht für die großen Kirchen. - Im Gegenteil: Sie verstehen die HKM als wertvollen Informations-Träger.
Das hört sich bei Ratzinger und Berger aber anderes an. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist grober Unfug. Die historische Jesusforschung ist die einzige, die sich für den historischen Jesus interessiert.
Falsch. - Der kerygmatische Jesus macht keinen Sinn, wenn er sich nicht auf das bezieht, was Jesus historisch gewollt hat.
Eben nicht. Bultmann arbeitete doch den Unterschied zum historischen Jesus heraus, weshalb er ja richtigerweise sagen kann:

„Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“
(Rudolf Bultmann, Das Urchristentum, S. 22)

Der kerygmatische Jesus ist der Jesus, der mittels der Legenden der Evangelien in die Verkündigung der Kirche auferstanden ist. Er hat nicht viel mit dem historischen gemeinsam. Das ist doch der Gag an der Sache. Auch die Lindemänner der evangelischen Kirche gehen in diese Richtung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit Sicherheit nicht. Beide wollen doch Fiktion und Wunschdenken als historische Tatsachen verkaufen.
Auch falsch. - Beide suchen den geistig-authentischen Jesus, der vor 2000 Jahren historisch gelebt hat.
Den sie mittels glaubensdogmatischer Fiktion "feststellen". Die Basis dafür sind die Legenden der Evangelisten, die aber als historiche Zeugnisse höchst unzuverlässig sind.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Zunächst mal gab es keine Christen, sondern jüdische Sektierer, wie auch Jesus einer war.
Natürlich richtig - aber diese Sektierer haben sich halt irgendwann den Namen "Christen" gegeben.
Eben, nachdem sie sich gehörig von der Glaubenswelt des galiläischen Sektierers entfernt hatten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Laut Detering vernachlässigen Theißen/Merz zu sehr den hellenistischen und heidnischen Einfluss.
Gut möglich (kann ich nicht beurteilen) . - Aber auch Deterins Ansatz scheint den Begriff heilsgeschichtlicher Entwicklung zu kennen - er macht den Eindruck auf mich (ohne Gewähr), dass auch er "historisch-kritisch" und "historisch" durcheinander wirft.
Die historische Jesusforschung will sich dem historischen Jesus nähern, was sonst? :roll:
Der einzige, der immer noch nicht weiß, was historisch-kritisch eigentlich bedeutet, (obwohl es oft genug geschrieben wurde), scheint ein gewisser closs zu sein.

"Kritisch, also unterscheidend, ist die Methode, weil ein großer Unterschied zwischen den ursprünglichen Ereignissen und den biblischen Berichten vermutet wird, und weil der Betrachter beim Ermitteln der Vorstufen des biblischen Textes enorme Fähigkeiten des Unterscheidens (was ist ursprünglich, und was wurde - aufgrund welcher Theologie - verändert?) benötigt."
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#365 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » So 8. Jan 2017, 15:31

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Sie sind von NIEMANDEM feststellbar - auch nicht von Gläubigen.
Unter kritisch-rationalen Gesichtspunkten ist das korrekt - nur: Was ändert das an dem, was der Fall ist/sein könnte?
Deine Behauptung war, Wunder seien "naturalistisch" nicht feststellbar. Das impliziert, sie seien "übernaturalistisch" feststellbar. Gläubige besitzen da aber kein Erkenntnisprivileg und verfügen auch nicht über ein besonderes Sensorium.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Man sollte die Vernunft um des lieben Glaubens willen nicht ganz ausschalten.
Wobei wir wieder bei der Frage wären, was "Vernunft"/"Aufklärung" ist.
Die Annahme, es gäbe göttlich bewirkte Wunder, scheint mir nicht von der Vernunft, sondern von purem Wunderglauben getragen zu sein. Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind (Goethe, Faust).

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Glaube erschafft jedoch - leider, leider, leider - keine Realitäten.
Das "leider" kannst Du Dir sparen, weil der Satz auch ohne "leider" korrekt ist. - KEINE Weltanschauung/KEIN Wahrnehmungs-System erschafft das, was der Fall ist.
So ist es. Auch der innigste Gottesglaube ist nicht imstande, historische Wirklichkeiten zu schaffen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Naherwartungsfrage ist schließlich eine historische Frage, keine Glaubensfrage.
Es ist eine historische, aber nur bedingt eine historisch-kritische Frage. - Dass Jesus KEINE Naherwartung hatte, ist bei entsprechender Begründung eine wahrscheinliche historische Größe.
Es kommt auf die Qualität der Begründung an. Nicht ohne guten Grund besteht innerhalb der historisch-kritischen Forschung der Konsens, dass sich Jesus in seiner Naherwartung geirrt hat. Da hilft es gar nichts, aus rein apologetischen Glaubensgründen zu sagen: "Jesus kann sich nicht geirrt haben."

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Abstruse These, die auch durch ständige Wiederholung nichts von ihrer Absurdität verliert. Jesus einen solchen Nonsens zu unterstellen, ist schon grotesk.
Dann lies die Bibel im Kontext - unter gesamt-kanonischen Gesichtspunkten liegt es auf der Hand.
Ganz sicher nicht. Wer vertritt denn außer Dir noch diese Auffassung? Ich wette, da kommt nichts.

closs hat geschrieben:Auf Thaddäus' um die 10 wörtlichen Zitate dazu habe ich mehrfach hingewiesen.
Das nehme ich Dir nicht ab. Höchstwahrscheinlich hast Du Thaddäus völlig missverstanden.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Historie (Geschichte) ist mit Sicherheit NICHT das, was Wirklichkeit (tatsächliche Vergangenheit) ist.
Meinst Du jetzt mit "Historie" eine wissenschaftliche Sichtweise oder "das, was der Fall war"? - Ich meine letzteres.
Du sprachst von "Historie". Damit ist nicht die tatsächliche Vergangenheit gemeint. Das was der Fall ist, weiß ohnehin niemand, soweit etwas über unsere Wahrnehmung hinaus gehen sollte.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - eine Setzung wäre es, wenn Wissenschaft das supranaturale Eingreifen eines Gottes absolut ausschlösse.
Tut sie doch methodisch, weil sie nicht beachten kann, was nicht inner-naturalistisch falsifizierbar ist.
Etwas nicht beachten können, ist keine Setzung. Etwas nicht beachten wollen, ist eine Setzung.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Sie ist geschichts-wissenschaftliche Interpretation antiker Texte
Ja - das ist die Annahme der "Naherwartung" in der Tat. - Eine in sich schlüssige Darstellung auf Basis einer bestimmten Wahrnehmungs-Systematik.
Der einzig möglichen "Wahrnehmungs-Systematik" auf wissenschaftlichem Fundament.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die Glaubensdogmen der katholischen Kirche werden als ewig-gültige, absolute Wahrheiten postuliert.
Für "Glaubens-Entscheidler" - ja.
Nee - für die katholische Kirche und ihre Glaubenslehre.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was schert es den Mond, wenn ihn der Hund anbellt?
Meine Rede seit 1848.
Dann solltest Du aber langsam mal Dein Gekläffe in Richtung HKM-Exegese einstellen. Mir tun schon die Ohren weh.
Zuletzt geändert von Münek am So 8. Jan 2017, 16:00, insgesamt 1-mal geändert.

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#366 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Pluto » So 8. Jan 2017, 15:44

closs hat geschrieben:Was ist für Dich "erkennen", wenn nicht naturalistisch?
Es gibt kein naturalistisches oder nicht-nturalistisches Erkennen. Das sind konstruierte Beispiele, oder wie Münek sagt, ein imaginäres Privileg, für den es keinerlei Belege gibt.

closs hat geschrieben:Es gibt genug Menschen, die Gott erkennen - aber die meinst Du doch nicht, oder?
Diese Art von Erkenntnis ist von Illusion nicht zu unterscheiden, weil jeder meint auf seine Art Gott zu erkennen.

closs hat geschrieben:Auch hier: Du verstehst unter "Evidenz" ausschließlich naturalistische Evidenz, nicht wahr?
Gibt es denn etwas anderes, was man als wirkliche Erkenntnis definieren kann, und sich von Illusion unterscheiden lässt?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#367 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » So 8. Jan 2017, 15:50

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Man kann es nicht nur nicht naturalistisch erkenen; man kann es überhaupt nicht beobachten. Was verstehst Du unter "Beobachten", wenn nicht naturalistisch? Erkennen... )
Was ist für Dich "erkennen", wenn nicht naturalistisch? - Es gibt genug Menschen, die Gott erkennen - aber die meinst Du doch nicht, oder?
Es geht hier um irdische Wunder - nicht um imaginäre transzendente Wesen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Mensch meint mehr als die Evidenz zu erkennen. Das ist der wirkliche Unterschied.
Auch hier: Du verstehst unter "Evidenz" ausschließlich naturalistische Evidenz, nicht wahr?
Kennst Du noch eine andere Evidenz? Und wenn ja, erkläre uns bitte, worin Du diese Evidenz siehst.

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#368 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 8. Jan 2017, 16:11

sven23 hat geschrieben:Das hört sich bei Ratzinger und Berger aber anderes an.
Dann verstehst Du sie nicht: Beide verstehen und nutzen die HKM als wertvollen Lieferanten für Sachinformationen - aber eben nicht für Interpretationen, die darüber hinaus gehen.

sven23 hat geschrieben:Eben nicht. Bultmann arbeitete doch den Unterschied zum historischen Jesus heraus, weshalb er ja richtigerweise sagen kann:

„Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“
Ratzinger und Berger würden genauso "richtigerweise" sagen: "Unser Zugang zum wirklichen, historischen Jesus ist nicht in letzter Instanz der historisch-kritische Jesus, weshalb wir sagen: "„Es bedarf keines Wortes, daß Jesus keine Erwartung eines nahen, apoklayptischen Weltendes hatte.“

sven23 hat geschrieben:Der kerygmatische Jesus ist der Jesus, der mittels der Legenden der Evangelien in die Verkündigung der Kirche auferstanden ist. Er hat nicht viel mit dem historischen gemeinsam. Das ist doch der Gag an der Sache.
Nein - der Gag an der Sache ist, dass der wirkliche, historische Jesus (aus christlicher Sicht) aus der heilsgeschichtlichen Entwicklung der Rezeptionsgeschichte sichtbar wird. - Der kerygmatische Jesus ist natürlich nicht der historisch-kritische Jesus, aber möglicherweise der historisch wahrere Jesus.

sven23 hat geschrieben:Eben, nachdem sie sich gehörig von der Glaubenswelt des galiläischen Sektierers entfernt hatten.
Nicht aus Sicht der kirchlichen Theologie - für die kirchliche Theologie ist Paulus die logische Folge und intellektuelle Erklärung von Jesus.

sven23 hat geschrieben:Die historische Jesusforschung will sich dem historischen Jesus nähern, was sonst?
Natürlich will sie was - und die HKM ist für sie die Methodik, die sie vorzieht. - Aber das sagt nichts darüber aus, wann der historische Jesus (also wie er WIRKLICH der Fall war) amit getroffen wird und wann nicht.

sven23 hat geschrieben:"Kritisch, also unterscheidend, ist die Methode, weil ein großer Unterschied zwischen den ursprünglichen Ereignissen und den biblischen Berichten vermutet wird, und weil der Betrachter beim Ermitteln der Vorstufen des biblischen Textes enorme Fähigkeiten des Unterscheidens (was ist ursprünglich, und was wurde - aufgrund welcher Theologie - verändert?) benötigt."
Ja - so sieht sich die HKM. - Andere sehen das Kritische darin, dass sie neben die reine Rezeptions-Forschung geistige Momente einfließen lassen, die im Bedarfsfall über die HKM-Logik gestellt wird.

Münek hat geschrieben:Gläubige besitzen da aber kein Erkenntnisprivileg und verfügen auch nicht über ein besonderes Sensorium.
Wenn ich Dich so höre, möglicherweise schon.

Münek hat geschrieben:Die Annahme, es gäbe göttlich bewirkte Wunder, scheint mir nicht von der Vernunft, sondern von purem Wunderglauben getragen zu sein.
Wenn es sie gibt, sind sie vernunftgetragen.

Münek hat geschrieben:Auch der innigste Gottesglaube ist nicht imstande, historische Wirklichkeiten zu schaffen.
Absolut richtig - genau dasselbe gilt für welche Wahrnehmungs-Methodik auch immer.

Münek hat geschrieben: Dass Jesus KEINE Naherwartung hatte, ist bei entsprechender Begründung eine wahrscheinliche historische Größe.


So ist es.
:?:

Münek hat geschrieben:Ganz sicher nicht. Wer vertritt denn außer Dir noch diese Auffassung? Ich wette, da kommt nichts.
Oh Mann - ich vertrete damit im Wesentlichen die kirchlichen Theologien. - Aber das rollen wir nicht noch mal auf.

Du kannst behaupten, dass sich die kirchlichen Theologien irren - aber nicht, dass diese HKM-Hypothese innerhalb der Theologie mehrheitsfähig ist.

Münek hat geschrieben:Das nehme ich Dir nicht ab. Höchstwahrscheinlich hast Du Thaddäus völlig missverstanden.
Nee - bestimmt nicht. - Allerdings hat sie ihre vielen Zitate nicht dafür verwendet, sie im Kontext der Naherwartung zu verwenden - sie hat damals einfach nur gezeigt, wie fit sie bei Zitatenfindung ist.

Münek hat geschrieben:Du sprachst von "Historie". Damit ist nicht die tatsächliche Vergangenheit gemeint. Das was der Fall ist, weiß ohnehin niemand, soweit etwas über unsere Wahrnehmung hinaus gehen sollte.
Stimmt - und es ist irreführend. - Denn hier wird "Historie" immer so verwendet, als sei es eine Fakten-Größe (bspw.: Jesus hatte historisch (also tatsächlich) eine Naherwartung.

Ich versuche diese Irreführung dadurch zu umgehen, dass ich es "historisch-kritisch" nenne - denn dann ist ersichtlich, dass es sich um eine methodische Größe handelt. - Das scheinst Du jetzt ebenfalls zu meinen, aber es wird so nicht verstanden. - Also: Bitte offenes Visier.

Münek hat geschrieben:Etwas nicht beachten können, ist keine Setzung.
Doch: "Ich beachte nicht, was an realen Möglichkeiten über meine methodische ERfassung hinausgeht" ist eine Setzung.

Münek hat geschrieben:Der einzig möglichen "Wahrnehmungs-Systematik" auf wissenschaftlichem Fundament.
Wenn man "Wissenschaft" so definiert, stimmt das. - Definiert man aber Wissenschaft so, geht dies nur um den Preis, dass man manches, was wirklich sein könnte, nicht erfasst. - Man hat die Wahl.

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#369 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 8. Jan 2017, 16:18

Pluto hat geschrieben:Es gibt kein naturalistisches oder nicht-nturalistisches Erkennen.
Wie das? - "Erkennen" wäre also von vorgeschobenen Weltanschauungen abhängig?

Pluto hat geschrieben:Diese Art von Erkenntnis ist von Illusion nicht zu unterscheiden
Die Frage ist nicht, wer etwas wie unterscheiden kann, sondern ob es wirklich Erkennen "ist".

Pluto hat geschrieben:Gibt es denn etwas anderes, was man als wirkliche Erkenntnis definieren kann, und sich von Illusion unterscheiden lässt?
Wie immer: Du gehst von Deiner Weltanschauung aus und stellst von dieser Warte aus Fragen. - Dass sich diese Fragen aus dieser Warte nur in Deinem Sinn beantworten lassen, ist absolut richtig - aber es ändert nichts an dem, was unabhängig davon trotzdem der Fall ist.

Münek hat geschrieben:Es geht hier um irdische Wunder - nicht um imaginäre transzendente Wesen.
Wunder finden im Irdischen statt und insofern irdisch - das ist der Gag von Offenbarungen. - Ich weiß nicht, auf was Du raus willst.

Münek hat geschrieben: Und wenn ja, erkläre uns bitte, worin Du diese Evidenz siehst.
Aus meiner Sicht ist alles evident, was der Fall ist - also eine ontologische Größe.

Natürlich sieht man "Evidenz" heute eher wahrnehmungs-bezogen:
"Evidenz bezeichnet das dem Augenschein nach unbezweifelbar Erkennbare oder die unmittelbare, mit besonderem Wahrheitsanspruch auftretende vollständige Einsicht". (wik)
Aber das führt nicht weiter, da je nach methodischer Perspektive ganz Unterschiedliches "unzweifelhaft erkennbar" sein kann.

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#370 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 8. Jan 2017, 16:23

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das hört sich bei Ratzinger und Berger aber anderes an.
Dann verstehst Du sie nicht: Beide verstehen und nutzen die HKM als wertvollen Lieferanten für Sachinformationen - aber eben nicht für Interpretationen, die darüber hinaus gehen.
Die Glaubenswelt des Wanderpredigers ist eine Sachinformation, Übersetzungsfehler sind Sachinformationen, unhistorische Behauptungen sind Sachinformationen. Sie werden nur immer dann zum Problem, wenn sie am Lack des Glaubenskonstrukts kratzen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben nicht. Bultmann arbeitete doch den Unterschied zum historischen Jesus heraus, weshalb er ja richtigerweise sagen kann:

„Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“
Ratzinger und Berger würden genauso "richtigerweise" sagen: "Unser Zugang zum wirklichen, historischen Jesus ist nicht in letzter Instanz der historisch-kritische Jesus, weshalb wir sagen: "„Es bedarf keines Wortes, daß Jesus keine Erwartung eines nahen, apoklayptischen Weltendes hatte.“
Nur mit dem Unterschied, dass Bultmann es wissenschaftlich begründen kann, während Ratzinger und Co auf Glaubensentscheide angewiesen sind.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der kerygmatische Jesus ist der Jesus, der mittels der Legenden der Evangelien in die Verkündigung der Kirche auferstanden ist. Er hat nicht viel mit dem historischen gemeinsam. Das ist doch der Gag an der Sache.
Nein - der Gag an der Sache ist, dass der wirkliche, historische Jesus (aus christlicher Sicht) aus der heilsgeschichtlichen Entwicklung der Rezeptionsgeschichte sichtbar wird. - Der kerygmatische Jesus ist natürlich nicht der historisch-kritische Jesus, aber möglicherweise der historisch wahrere Jesus.
Nee, nach allem, was die Forschung zu Tage gebracht hat, kann man das knicken.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, nachdem sie sich gehörig von der Glaubenswelt des galiläischen Sektierers entfernt hatten.
Nicht aus Sicht der kirchlichen Theologie - für die kirchliche Theologie ist Paulus die logische Folge und intellektuelle Erklärung von Jesus.
Paulus nimmt den größten Teil des NT ein, das ist wohl wahr, wobei nur die Hälfte der Paulusbriefe von Paulus stammen. Weshalb man auch eigentich vom Paulinismus sprechen müßte, statt vom Christentum. Vor allem seine Theologie hat sich durchgesetzt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die historische Jesusforschung will sich dem historischen Jesus nähern, was sonst?
Natürlich will sie was - und die HKM ist für sie die Methodik, die sie vorzieht. - Aber das sagt nichts darüber aus, wann der historische Jesus (also wie er WIRKLICH der Fall war) amit getroffen wird und wann nicht.
Das ist eben der große Irrtum. Historie kann man sich nur mit wissenschaftlicher Methodik nähern und nicht mit Legenden und glaubensdogmatischen Phantasien.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Kritisch, also unterscheidend, ist die Methode, weil ein großer Unterschied zwischen den ursprünglichen Ereignissen und den biblischen Berichten vermutet wird, und weil der Betrachter beim Ermitteln der Vorstufen des biblischen Textes enorme Fähigkeiten des Unterscheidens (was ist ursprünglich, und was wurde - aufgrund welcher Theologie - verändert?) benötigt."
Ja - so sieht sich die HKM. - Andere sehen das Kritische darin, dass sie neben die reine Rezeptions-Forschung geistige Momente einfließen lassen, die im Bedarfsfall über die HKM-Logik gestellt wird.
Das sind nur Ausweichmanöver, weil die Ergebnisse so gar nicht ins glaubensdogmatische Konzept passen. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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