Pluto hat geschrieben:Ich glaube nicht an die Erbschuld des Einzelnen, und auch nicht an die Kollektivschuld der Menschheit.
Ehrlich gesagt bin ich auch immer am Tüfteln was denn nun "Erbschuld" sein soll. Ich denke, die meisten, die den Begriff verwenden wissen es nicht und die, die zu wissen glauben, sagen alle was anderes.
Schuld heißt, ein anderer hat mir etwas gegeben, aber so, dass ich es ihm zurückgeben soll. Schuld kann auch heißen, ich habe einem anderen etwas weggenommen, dass nicht mir gehört oder einen anderen geschädigt und schulde es ihm nun.
So oder so: Schuld heißt, ich bin verpflichtet einem anderen etwas zu geben (einen Gegenstand, Schmerzensausgleich, moralische Verpflichtung, meine Zeit, usw.)
Erbschuld hieße nun, einer meiner Vorfahren war verpflichtet und diese Verpflichtung wanderte zu mir dank Abstammung.
Hier habe ich einen Begriff von Schuld (A), der sich an einer Verpflichtung orientiert.
Die Vorstellung Schuld kann sich aber auch daran orientieren, dass jemand Unangenehmes bewirkt hat als Verursacher.
Also wertend: Du bist schuld! Du hättest anders können, aber weil Du es falsch gemacht hast, hast Du Schuld.
Hier ist ein Begriff von Schuld (B), der sich am Falschhandeln wertend orientiert.
Da sich aus einem Falschhandeln oft eine Verpflichtung ergibt, werden beide Begriffe im Wort Schuld schnell zusammengefasst.
Schuld sei beides.
Bei "Erbschuld", eigentlich ein nicht biblischer Begriff, kommt man im Christentum automatisch auf Adam und Eva (wenn als historische Tatsächlichkeit und nicht als Gleichnis für den Menschen allgemein verstanden wird).
Im Sinne von B kann ich kaum (deliktartig) Schuld daran sein, dass Adam und Eva die Sache mit dem Baum vergeigt haben.
Im Sinne von A könnte ich aber die konkrete Verpflichtung nicht benennen, die ich geerbt haben soll.
Für mich geht da beides nicht auf.
Der Theologe Ratzinger, jetziger Papst i.R., proklamierte mal, dass Erbschuld nicht genetisch zu verstehen sei, sondern soziologisch. Also die Schuld blubbert nicht durch unser geerbtes Blut, sondern wir werden in die Schuld (schuldhafte Welt) hineingeboren und "erben" es insofern.
Mal abgesehen davon, dass die kath. Kirche dies Jahrhunderte hat ganz anders klingen lassen, kann man sich dann schon fragen, ob man noch von "Schuld" sprechen kann. Oder von "Erb-". Denn beide Begriffe geben auf einmal nicht viel her bei präziser Betrachtung.
Oder habe ich was übersehen? Vielleicht eine Schuld an der ich nicht Schuld habe?
Ich glaube aber an die Verantwortung jedes Einzelnen für sein Handeln, und so für seine Taten. Wenn man es so sehen will, dann gibt es sowohl Deliktfähigkeit als Schuld im Sinne von Verantwortung, aber nicht im Sinne von einer Kollektivschuld von Geburt an!
Sehe ich auch so, wobei es eine Kollektivschuld gibt. Wenn ein Mann auf offener Straße zusammengehauen wird und zwanzig Leute sehen zu, sehe ich diese zwanzig in der Kollektivschuld zusammen mit dem oder den Tätern. Sie hätten diese brutale Aktion verhindern können.
Wobei die Realität noch brutaler und makaberer sein kann: Vor etwa zwei Jahrzehnten ist in einem Teich im Olympiapark München, der (nicht sichtbar) nur einen guten Meter tief war, ein ca 8jähriger Junge auf dem Eis eingebrochen, kämpfte ums Überleben und starb schließlich durch Ertrinken unterm Eis. Mindestens 50 Menschen schauten zu. 200 Meter weiter war sogar ein Kongress von Feuerwehrleuten (die davon nichts mitbekommen konnten).
Meine Fragen in die Runde: Was kann ich denn dafür, dass ich auf der Welt bin?
Nur ein paar Jahrzehnte hier und schon beschweren?
Was ist der Sinn des Lebens?
Ich habe noch nie eine Antwort gefunden, die nicht eine weitere Frage bewirkt hätte.
Also ich gehe davon aus, unser Sinn ist es seelisch zu wachsen. Also nicht jeder für sich, sondern wir (Menschheit) zusammen in Verantwortung füreinander. Leute, die sich hier als Fremdkörper fühlen und meinen sich selbst in den Himmel retten zu wollen finde ich nicht so toll.
Ist es wirklich so, dass es darin besteht, von der Wiege bis zum Grab, eine Schuld zu sühnen, für die ich nicht verantwortlich bin.
Leben als Sühne? So schlimm? - Wir können aber dafür sorgen, dass es für alle leichter wird. Wir sind hier alle aufeinander angewiesen. Gutes zu tun. NIcht ständig anderen Schuld vorhalten.