Alles Teufelszeug? V

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NIS
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#241 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von NIS » Di 27. Dez 2016, 13:23

sven23 hat geschrieben:Und Juden und Moslems können dir "geistig" begründen, warum die Beschneidung unbedingt notwendig ist.
Die Beschneidung in der Liebe ist die männliche Treue Gottes.
Amen
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Münek
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#242 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 13:54

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:So schnell ändert sich in der theologischen EXEGESE nichts.
Eben - genau das macht den radikal-säkularen Ansatz mit der Zeit zum Außenseiter.
Äußerst unwahrscheinlich. Da ist mal wieder der Wunsch der Vater des Gedankens. Wie schrieb Ratzinger in seinem Jesusbuch: "Der biblische Glaube muss sich der historisch-kritischen Methode stellen". Die HKM ist und bleibt die Anwältin der Schrift. Da beißt keine dogmatische Maus einen Faden ab.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Exeget Lindemann ist ein tiefgläubiger Exeget. (Das SPIEGEL-Interview mit ihm habe ich hier in einem Thread auszugsweise wiedergegeben. Lies es einfach nach und korrigiere Deine falsche Ansicht.)
Da hast Du tatsächlich recht - ich habe ihn mit Lüdemann verwechselt.
Kann passieren. :)

closs hat geschrieben:Nur ist Dir dann bekannt, dass es Lindemann war, der ausdrücklich auf die Differenz zwischen wissenschaftlicher Disziplin und eigenem Glauben hingewiesen hat. - Mit anderen Worten: Er arbeitet als Wissenschaftler unter der Maxime "Was kann unter einem säkularen HKM-Ansatz rauskommen?" und stellt dem das gegenüber, was er selber geistig-spirituell glaubt - und zieht letzteres als Realitäts-Grundlage vor.
Der Theologe Lindemann ist u.a. der Auffassung, dass sich Jesus weder für den Messias noch für den Sohn Gottes gehalten hat. An den Ergebnissen der historisch-kritischen Forschungen hält er eisern fest. Sein Glauben an Gott wird dadurch nicht berührt.

closs hat geschrieben:Wie kann das sein? Es kann deshalb sein, weil Lindemann seine Wissenschaft als "Was-wäre,-wenn-die-HKM-Maßstab-wäre" versteht, diesen Maßstab aber nicht anerkennt, wenn es ums Eingemachte geht. - Lies mal das Interview und beachte die Passage, in der er über den Gegensatz zwischen System-Wissen und Glauben spricht.
Die Ergebnisse der historisch-kritischen Bibelforschung werden von Lindemann nicht an einer Stelle in Frage gestellt. Auch renommierte Theologen wie Bultmann, Rahner, Kasper, Küng u.a., die von einem Irrtum Jesu in der Naherwartungsfrage ausgehen, haben ihren Glau-
ben dadurch nicht verloren.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wie solltest Du als theologischer Laie dies auch tun können?
Genau deshalb tue ich es ja nicht. - Außerdem muss Du uns nicht ständig runtermachen als "Laien". - Nur ganz wenige Menschen sind NICHT Laien eines Fachs bzw. einer Spezialfrage eines Faches.
Genau deshalb sollten sich Laien mit ihren vorlauten Kritiken an Expertenmeinungen zurückhalten.

closs hat geschrieben:Unsere Aufgabe ist es, intellektuell aufgeklärt den Überblick zu haben, statt Wissenschaftlern in den Arsch zu kriechen. - Von Wissenschaftlern darf man erwarten, dass sie INNERHALB ihres Systems methodisch genau arbeiten - mehr nicht.
Nichts anderes macht die wissenschaftlich arbeitende Bibelforschung. Deshalb nervt Deine ständige völlig überflüssige laienhafte Mahnung, sie solle nicht übergriffig werden, obwohl dies das letzte wäre, was sie machen würde.

closs hat geschrieben:Man darf NICHT von ihnen erwarten, dass sie über Maßstäblichkeit oder Nicht-Maßstäblichkeit ihres Systems Verbindliches sagen können - dazu ist die Philosophie oder die Theologie zuständig.
Die Philosophie ist Gottseidank schon lange nicht mehr die Magd der dogmatischen Theologie. Letztere darf zusammen mit der Esoterik ihre Zuständigkeit für transzendente Spekulationen für sich reklamieren.

Münek hat geschrieben:Jedermann darf die Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung interpretieren, wie er es will.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Finde Dich damit ab, dass Exegeten kompetent über die Theologien der neutestamentlichen Autoren reflektieren.
DAS wiederum können sie. - Sie lesen etwas, ordnen es in ihr System ein, kommentieren es. - Aber sie können per Wissenschaft nicht entscheiden, was davon geistig-spirituell wahr ist oder nicht.
Das tun sie ja gerade nicht. Deshalb mein ständiger Vorwurf: Solange Du ihre Kommentare nicht gelesen hast, fehlt Dir jegliche Kompetenz, ein sachgerechtes Urteil abzugeben.

closs hat geschrieben:Man kann die Berichte über Naherwartung Jesu und Auferstehung Jesu im Sinne des eigenen methodischen Systems einordnen und kommentieren - aber man kann nicht beurteilen, ob Jesus eine Naherwartung hatte und auferstanden ist.
Langsam, langsam - ob Jesus von den Toten auferstanden ist, lässt sich historisch nicht feststellen. Deshalb ist diese überlieferte Wundergeschichte nicht Gegenstand historischer Forschung. Dass Jesus den unmittelbar bevorstehenden Anbruch der Herrschaft Gottes auf Erden erwartete und dem Volk verkündigte, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Die Nähe des Gottesreiches stand im Zentrum seiner Predigt; auf gar keinen Fall sein Erlösungstod und seine Auferstehung. Diesbezüglich unterliegst Du einem Riesenirrtum.

closs hat geschrieben:Das tut die Theologie aufgrund IHRES Systems, das auf der nicht falsifizierbaren Annahme ("Glaubensentscheid") beruht, dass es Gott gibt - und dann können ganz andere Ergebnisse rauskommen. - Ober schlägt Unter.
Spekulieren, setzen, glauben kann man den größten Blödsinn. Was ist damit gewonnen? Wem ist damit geholfen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die "säkulare HKM" äußert sich zur Realität der Auferstehung Jesu überhaupt nicht.
Doch - sie wird ständig so dargestellt, als sei sie "ein Mythos", also unhistorisch.
Das ist eine dreiste Lüge.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du und Deine Bibelkenntnisse...Schauderhaft.
Auch wieder so ein naßforsches Halbzeug. - Heidenmission und Beschneidung stehen durchaus in einem historisch-kritischen Kontext - insofern hast Du recht. --- Die gesamtkanonische und spirituelle Bedeutung von Beschneidung/NIcht-Beschneidung lässt sich nicht auf eine solche Episode beschränken.
Paulus hat sich sehr abfällig über den jüdischen Brauch der Beschneidung geäußert. Bitte nachlesen.

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#243 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 27. Dez 2016, 14:34

sven23 hat geschrieben:Allerdings zeigt sich auch an dem Beispiel Lindemanns, wie schwer sich Theologen damit tun, ihre Glaubenskonstrukte zu rechtfertigen, angesichts der Ergebnisse der Forschung. Auch Lindemann macht in dem Interview Aussagen, die schwer nachzuvollziehen sind.
Lindemann ist deshalb für manche schwer nachvollziehbar, weil er seine Wissenschaft nicht für den Nabel der Welt hält.

In diesem Sinne relativiert er das Historisch-Kritische (nicht das Historische - denn das Historische ist nicht die Folge von Erkenntnis, sondern das, was unabhängig davon der Fall ist).

sven23 hat geschrieben:So wird Forschung zu einer nutzlosen Beschäftigungstherapie und Alibiveranstaltung degradiert. Und die Ausgangsfrage war: Wenn sich nahezu alles, was über Jesus in der Bibel steht, als unhistorisch erwiese...
Nein - die Forschung wird zu dem gemacht, was sie ist: Eine Wahrnehmungs-Größe und keine ontologische Größe.

Des weiteren ist hier etwas unsauber formuliert: Denn das Wesentliche des christlichen Glaubens KANN sich gar nicht als unhistorisch (also als historisch faktisch nicht stattgefunden habend erweisen) - das gilt weder für Jungfrauengeburt (egal, was man davon hält) noch für Auferstehung. - Es gilt auch nicht für Sachen wie Naherwartung.

Also eigentlich hätte es heißen müssen: "Wenn sich nahezu alles ... als unhistorisch aus Sicht der HKM erwiese". - Denn ob es stattgefunden hat, weiss auch die HKM nicht - und die Wahrscheinlichkeit, ob etwas stattgefunden hat, bemisst sich allein nach IHRER Methodik.

sven23 hat geschrieben:Historizität spielt also für ihn keine Rolle. Das steht in krassem Gegensatz zu Ratzinger, der alles auf Historität baut
Nein - beide gehen davon aus, dass das Wesentliche WIRKLICH stattgefunden hat. Beide unterstreichen, dass diese begründbare Annahme nicht abhängig ist von innerhalb der HKM logischen Ergebnissen.

sven23 hat geschrieben:In einer "Handreichung" des Vatikans zum so genannten Heiligen Jahr 2000 wird behauptet, "dass es sich bei den Evangelien um Lebensbeschreibungen Jesu handelt".
Würde ich auch nicht unterschreiben.

sven23 hat geschrieben:auch die liberaleren Theologen kommen um einen Eiertanz nicht herum und Ratzinger scheint ein exegetischer Exot zu sein.
Anders: Wenn man ideologisch nicht betoniert ist, fällt einem die Differenz zwischen historisch-kritisch postulierter und geistig erschlossener Realität/Historizität auf - das ehrt Lindemann. - Bei Ratzinger bin ich mir nicht so sicher, was er genau meint: Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder er ist wirklich daneben oder er wird nicht genau genug im Kontext gelesen - letzteres ist nicht unüblich.

sven23 hat geschrieben: Egal, was die Forschung findet, der Glaube darf nicht berührt werden.
Korrekt - denn Wissenschaft berührt nicht die eigentlichen Kernpunkte des GLaubens. - Nimm das "leere Grab".

Lindemann sagt zurecht, dass die Auferstehung unabhängig von dieser Frage stattgefunden haben kann - das weist ihn als spirituell starken Menschen aus. - Insofern könnte "das leere Grab" tatsächlich eine "Erfindung" von SChreibern sein, um den eigentlichen Gedanken, nämlich die Auferstehung, zu unterstreichen.

Würde dies die HKM WIRKLICH aufdecken können, wäre es mir gar nicht unrecht, denn: Eine leibliche Auferstehung nicht im geistleiblichen Sinn, sondern in Abhängig vom Fleisch zu sehen, ist aus meiner Sicht Fehlglaube. - Diesen könnte man dadurch korrigieren durch den Nachweis, dass das Grab NICHT leer war - an der Sache selbst wiederum kann die HKM NICHTS ändern. - Wenn Jesus leiblich auferstanden ist, dann mit oder ohne HKM.

NIS hat geschrieben:Die nicht-Beschneidung war in erster Linie eine glaubenspolitische Entscheidung, um die Heidenmission vorantreiben zu können.
Bis auf das "in erster Linie" würde ich Dir zustimmen. - Ob gesamt-kanonische oder historisch-kritische Parameter in Bezug auf die Realität entscheidend sind, kann die HKM nicht entscheiden.

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#244 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 27. Dez 2016, 14:53

Münek hat geschrieben: Wie schrieb Ratzinger in seinem Jesusbuch: "Der biblische Glaube muss sich der historisch-kritischen Methode stellen".
Das wird sie auch zukünftig tun - aber die Theologie wird sich nicht das Ruder aus der Hand nehmen lassen.

Münek hat geschrieben:Der Theologe Lindemann ist u.a. der Auffassung, dass sich Jesus weder für den Messias noch für den Sohn Gottes gehalten hat.
Möglicherweise ist dies sein Ergebnis als historisch-kritischer Hermeneut - "möglicherweise" deshalb, weil man seine diesbezüglichen Texte genau anschauen müsste (sein SPIEGEL-Interview wird ja auch anders interpretiert, als er es meint).

Wie auch immer: Als nächstes müsste man ihn fragen, was er persönlich für realistisch hält: Hat sich Jesus als göttlich verstanden oder nicht?

Münek hat geschrieben:Nichts anderes macht die wissenschaftlich arbeitende Bibelforschung.
Es kommt hier auf breiter Front anders rüber.

Münek hat geschrieben:Die Philosophie ist Gottseidank schon lange nicht mehr die Magd der dogmatischen Theologie.
Das war sie nie - wenn überhaupt, dann eher andersrum: Dogmatische Lehrsätze haben sich auf philosophisch-ontologische Grundlagen gestützt.

Münek hat geschrieben:Das tun sie ja gerade nicht.
Doch. - Wenn man eine persönliche Naherwartung Jesu als faktisch ansieht und eine leibliche Auferstehung Jesu als Mythos (also nicht historisch), sind das gute Beispiele dafür.

Münek hat geschrieben: Dass Jesus den unmittelbar bevorstehenden Anbruch der Herrschaft Gottes auf Erden erwartete und dem Volk verkündigte, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden.
Aber man hat Gründe, die daraus folgende (weltanschauliche) Interpretation als übergriffig zu verstehen.

Münek hat geschrieben:Spekulieren, setzen, glauben kann man den größten Blödsinn. Was ist damit gewonnen? Wem ist damit geholfen?
Es gibt genug wissenschaftliche Möglichkeiten, unsinnige Setzungen zu entlarven - dazu gibt es Hermeneutik und Systematische Theologie.

Geholfen ist denen, die über Puzzle-Wahrheiten der HKM hinaus große Entwürfe zu untersuchen. - Deshalb nochmals: Die HKM ist als kritisch-rationale Wissenschaft der perfekte Puzzle-Lieferant - aber sie hat nicht den geistigen Entwurf, ein Bild daraus zu machen. - Das müssen andere tun.

Münek hat geschrieben:Paulus hat sich sehr abfällig über den jüdischen Brauch der Beschneidung geäußert.
Das passt doch - wäre es nicht ein Hinweis darauf, dass er die Äußerlichkeit alttestamentarischer Sichtweise zugunsten neutestamentarischen Denkens ("innere Beschneidung") loswerden wollte?

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sven23
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#245 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Di 27. Dez 2016, 17:35

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Allerdings zeigt sich auch an dem Beispiel Lindemanns, wie schwer sich Theologen damit tun, ihre Glaubenskonstrukte zu rechtfertigen, angesichts der Ergebnisse der Forschung. Auch Lindemann macht in dem Interview Aussagen, die schwer nachzuvollziehen sind.
Lindemann ist deshalb für manche schwer nachvollziehbar, weil er seine Wissenschaft nicht für den Nabel der Welt hält.
In diesem Sinne relativiert er das Historisch-Kritische (nicht das Historische - denn das Historische ist nicht die Folge von Erkenntnis, sondern das, was unabhängig davon der Fall ist).
Die Unterscheidung ist unsinnig und wird auch so nicht praktikziert. Historisch-kritisch heißt lediglich, dass es eine Diskrepanz zwischen Berichten und Historie gibt. Und die Ausgangsfrage war:

Wenn sich nahezu alles, was über Jesus in der Bibel steht, als unhistorisch erwiese, könnte es Ihren Glauben erschüttern?

Lindemann sagt: es ist mir egal, ob das alles so stattgefunden hat, ich glaube, weil ich glauben will. Wenn aber alles über Jesus nur Erfindungen der Schreiber sind, dann handelt es sich wohlwollend um einen Mythos, kritisch betrachtet um ein Lügengebäude. Wenn das keine Rolle spielen soll, dann weiß ich nicht, was überhaupt noch Bedeutung haben soll.

closs hat geschrieben: Des weiteren ist hier etwas unsauber formuliert: Denn das Wesentliche des christlichen Glaubens KANN sich gar nicht als unhistorisch (also als historisch faktisch nicht stattgefunden habend erweisen) - das gilt weder für Jungfrauengeburt (egal, was man davon hält) noch für Auferstehung. - Es gilt auch nicht für Sachen wie Naherwartung.
- Die Naherwartung ergibt sich aus den Textquellen, deshalb ja auch der breite Konsens innerhalb der Forschung.
- Zur Auferstehung:
Die "Überlieferung vom leeren Grab und seinem Auffinden durch Frauen und Jünger, die unterschiedlichen Schilderungen der Begegnungen mit dem Auferstandenen und natürlich auch die Himmelfahrt" hält Lindemann für Legende und ist damit in Übereinstimmung mit der Forschung.
- zur Jungfrauengeburt:

SPIEGEL: Dass die Jungfrauengeburt nicht historisch ist, ist feste protestantische Überzeugung. Wie äußern sich dazu heutzutage die katholischen Exegeten?

Lindemann: Nach meinem Eindruck halten nur wenige katholische Neutestamentler daran noch fest. Aber auch die anderen katholischen Kollegen tun sich hier schwer, denn es geht offenbar um ein zentrales Dogma ihrer Kirche. Deshalb breiten sie zwar alle Argumente aus, meiden aber ein klares Ja oder Nein, und einige schweigen sich in ihren populären Büchern zu diesem Thema aus. So gehen sie einem Konflikt mit Rom aus dem Wege und brauchen sich doch nicht wider besseres Wissen zu äußern.


Trotzdem wird an der Jungfrauengeburt dogmatisch festgehalten, auch von Ratzinger, warum eigentlich, wider besserem Wissen?


closs hat geschrieben: Also eigentlich hätte es heißen müssen: "Wenn sich nahezu alles ... als unhistorisch aus Sicht der HKM erwiese".
Jetzt mußt du dem Fragesteller auch noch seinen Text verdrehen. :roll: Es war eine hypothetische Frage zur Historizität und die Antwort war bezeichnend für viele Theologen.
Manchmal hat man den Eindruck, Exegeten sind professionelle Ausredenschreiber. :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Historizität spielt also für ihn keine Rolle. Das steht in krassem Gegensatz zu Ratzinger, der alles auf Historität baut
Nein - beide gehen davon aus, dass das Wesentliche WIRKLICH stattgefunden hat. Beide unterstreichen, dass diese begründbare Annahme nicht abhängig ist von innerhalb der HKM logischen Ergebnissen.
Dann lies doch einfach mal die Aussagen dazu. Die Unterschiede sind gravierend. Wo sich beide einig sind ist: es darf nichts den Glauben erschüttern, schon gar nicht die Historie.
Der Spiegeltitel ist schon richtig gewählt: Ist Jesus dem Glauben im Weg?
Für den historischen Jesus trifft das auf jeden Fall zu, deshalb reduzieren ihn die Gläubigen ja so gerne auf den verkündeten, mythologisierten der Evangelien. Lindemann stimmt dem übrigens zu, nur Konsequenzen zieht er nicht daraus. Es gibt halt wenige Theologen, die so ehrlich und konsequent sind wie ein Gerd Lüdemann.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In einer "Handreichung" des Vatikans zum so genannten Heiligen Jahr 2000 wird behauptet, "dass es sich bei den Evangelien um Lebensbeschreibungen Jesu handelt".
Würde ich auch nicht unterschreiben.
Warum nicht? Ratzinger postuliert doch die Historizität der Evangelien, und zwar aller Evangelien.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Egal, was die Forschung findet, der Glaube darf nicht berührt werden.
Korrekt - denn Wissenschaft berührt nicht die eigentlichen Kernpunkte des GLaubens.
So kann man sich wunderbar gegen alles immunisieren.


closs hat geschrieben:
NIS hat geschrieben:Die nicht-Beschneidung war in erster Linie eine glaubenspolitische Entscheidung, um die Heidenmission vorantreiben zu können.
Bis auf das "in erster Linie" würde ich Dir zustimmen. - Ob gesamt-kanonische oder historisch-kritische Parameter in Bezug auf die Realität entscheidend sind, kann die HKM nicht entscheiden.
Weder das eine noch das andere war Paulus bekannt oder für ihn relevant. Es war ganz einfach eine pragmatische Entscheidung, gegen den Widerstand von Petrus, dem Begleiter des Jesus. Und der war in erster Linie Jude und hat sich nie gegen die Beschneidung ausgesprochen. Er hat die Gesetzesvorschriften teilweise anders ausgelegt, aber seine Religion, das Judentum selbst nie in Frage gestellt. Auch das ist Konsens in der Forschung.
Übrigens war der Text von mir und nicht von NIS.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#246 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 27. Dez 2016, 18:50

sven23 hat geschrieben:Die Unterscheidung ist unsinnig und wird auch so nicht praktikziert.
Diese Unterscheidung müsste Grundlage des 1. Semesters sein - falls es nicht so verstanden wird, haben wir ratz-fatz eine Ideologie.

sven23 hat geschrieben: Historisch-kritisch heißt lediglich, dass es eine Diskrepanz zwischen Berichten und Historie gibt.
Schon - aber das wusste man vor der HKM auch schon.

sven23 hat geschrieben:Lindemann sagt: es ist mir egal, ob das alles so stattgefunden hat, ich glaube, weil ich glauben will.
Nein - er sagt, dass historisch-kritische Kenntnisstände Momentaufnahmen sind. - Dazu kommt - bitte nie vergessen -, dass die meisten Eckpunkte des Glaubens historisch-kritisch überhaupt nicht verwerfbar sind.

Wir können nochmal durchgehen, ob es Dogmen gibt, deren historische Grundlage widerlegt ist - bisher habe ich nichts Hartes, sondern nur Interpretationen gehört.

sven23 hat geschrieben:Wenn aber alles über Jesus nur Erfindungen der Schreiber sind, dann handelt es sich wohlwollend um einen Mythos,
Wenn wir sauber denken wollen:
Wenn ein Schreiber etwas sagt, was historisch nicht richtig ist, sagt es etwas über den Schreiber aus. - Wenn also von der Geburt Jesu in Bethlehem die Rede ist UND dies nicht nur historisch-kritisch (also methodisch) falsch, sondern auch tatsächlich (ontologisch) unrichtig ist, ist Jesus trotzdem irgendwo geboren - es ändert nichts an der Substanz.

sven23 hat geschrieben: Die Naherwartung ergibt sich aus den Textquellen, deshalb ja auch der breite Konsens innerhalb der Forschung.
Sie ist unter historisch-kritisch-methodischen Gesichtspunkten nachvollziehbar, ist aber unter "wirklichen" Gesichtspunkten so gut wie auszuschließen. Mit anderen Worten: Aus der Logik der HKM und einem naturalistisch-säkularen Denken scheint es naheliegend zu sein - aus gesamt-kanonischer Sicht und dieselben (!) Texte ganz anders interpretierendem geistig-spirituellem Denken ist sie HISTORISCH sehr unwahrscheinlich.

sven23 hat geschrieben:Trotzdem wird an der Jungfrauengeburt dogmatisch festgehalten, auch von Ratzinger, warum eigentlich, wider besserem Wissen
SChnellschuß - der Reihe nach:

Die Jungfrauengeburt ist historisch-kritisch prinzipiell schwer vermittelbar. Das gilt auch für den Fall, wenn überall in der Bibel "Jungfrauengeburt - Jungfrauengeburt - Jungfrauengeburt" stünde. - Es ist also primär KEINE Quellenfrage, sondern auch dann ein Problem für die HKM, wenn sie historisch richtig wäre.

Insofern zieht man als HKM-ler immer die Arschkarte, wenn man sich damit beschäftigt. - Entweder man verwirft sie dumpf, weil man dumpf-atheistisches Schein-Aufgeklärtes los werden will - dann wird man mit der Zeit nicht für seriös gehalten. - Wenn man zu ihr steht, hat man größte Probleme, sie wissenschaftlich zu vertreten, selbst wenn sie historisch zutreffend ist. - Also lässt man dieses Thema gerne aus.

Warum die RKK daran festhält, ist geistig gut erklärbar, aber aus meiner Sicht nicht nötig. - Aber es ist historisch MÖGLICH - UND: Es ist nicht falsifizierbar. - Insofern hat hier der Begriff "wider besserem Wissens" nichts zu suchen - die HKM weiß es doch genauso wenig.

sven23 hat geschrieben:Ist Jesus dem Glauben im Weg? Für den historischen Jesus trifft das auf jeden Fall zu
Klares nein - bzw.: nicht beantwortbar. - Du meinst wahrscheinlich den ERgebnis-Jesus der säkularen HKM - dafür trifft es zu. - WIrd Dir langsam klar, wie wichtig es ist, zwischen "historisch-kritisch" (= methodisch = Wahrnehmung) und "historisch" (= wirklich = Realität) zu unterscheiden? - Du vermixt beides nach wie vor ungerührt.

sven23 hat geschrieben:Es gibt halt wenige Theologen, die so ehrlich und konsequent sind wie ein Gerd Lüdemann.
Du seist darauf hingewiesen, dass es höchst ideologisch und sektenhaft rüberkommt, wenn man Vertretern EINER Exegeseform und innerhalb dieser EINER weltanschaulichen Richtung die Atrribute "ehrlich" und "redlich" zuspricht und anderen damit die Attribute "unehrlich" und "unredlich". - Mir geht es gar nicht um das Beleidigende dabei, sondern um die Selbstentlarvung.

sven23 hat geschrieben:Warum nicht? Ratzinger postuliert doch die Historizität der Evangelien, und zwar aller Evangelien.
Auch da muss man seriös nachfragen - Halman hat mal einen Vortrag eines Prof Tiedje (???) eingestellt, der sehr gelehrt über dieses Tema gesprochen hat.

Nach meinem insgesamten Verständnis von Ratzinger meint er den Rahmen und die Hauptsachen der Evangelien, die historisch sind - und nicht Episoden. Aber das könnten echte Profis nachprüfen. - So, wie Du es hier darstellst, würde ich Dir zustimmen - aber ich weiß eben nicht, was Ratzinger wirklich meint.

sven23 hat geschrieben:So kann man sich wunderbar gegen alles immunisieren.
Das kann man jederzeit nachweisen - man muss nur HKM-Felder und Glaubens-Sätze gegenüberstellen. - Gerne hört die HKM dies nicht, soweit sie nach "höheren Weihen" über reine Sachinfos hinaus strebt.

sven23 hat geschrieben:Weder das eine noch das andere war Paulus bekannt oder für ihn relevant. Es war ganz einfach eine pragmatische Entscheidung, gegen den Widerstand von Petrus, dem Begleiter des Jesus. Und der war in erster Linie Jude und hat sich nie gegen die Beschneidung ausgesprochen. Er hat die Gesetzesvorschriften teilweise anders ausgelegt, aber seine Religion, das Judentum selbst nie in Frage gestellt. Auch das ist Konsens in der Forschung.
Das klingt alles richtig - allein: Wo ist hier ein Hinweis gegen den geistigen Paradigmen-Wechsel des NT, demnach es äußerer Zeichen nicht mehr bedarf?

sven23 hat geschrieben:Übrigens war der Text von mir und nicht von NIS.
Oh :oops: (Ich wollte erst schreiben, dass ich Euch eh immer verwechsele - aber erstens stimmt das nicht, zweitens wollte ich meine Satire für Sachen aufheben, wo sie wirkoich angebracht ist)

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#247 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Andreas » Di 27. Dez 2016, 20:06

sven23 hat geschrieben:Historisch-kritisch heißt lediglich, dass es eine Diskrepanz zwischen Berichten und Historie gibt.
Das ist dein grottenfalsches, ideologisch verzerrtes Bild der historisch-kritischen Methode, dass du hier gerne verbreitest.

Es ist das genaue Gegenteil, weil die historisch-kritische Methode darum bemüht ist, aufzuzeigen, dass die historischen (!) Texte (!!) als Teil der historischen (!) Zeit (!!) in denen sie entstanden, zu verstehen sind. Es geht nicht um die Diskrepanz zur Historie sondern um die Verwurzelung der Texte in der Historie. Das soll mit dieser Methode herausgearbeitet werden, damit die Texte zu ihrem Recht kommen. Dazu werden die historischen Texte und andere historische Quellen "kritisch" (vergleichend, objektiv) betrachtet. Die historisch-kritische Methode versteht sich aus Sicht der Wissenschaft als Anwalt der Texte.

Du missbrauchst die Wissenschaft mit solchen Aussagen für deine Ideologie und stellst die historisch-kritische Methode als Ankläger der Texte dar, deren Aufgabe es sei, die Diskrepanz zwischen den falschen Texten und der wahren Historie "kritisierend" ( > Bibelkritik), wie du das "kritisch" verstanden wissen willst, zu beweisen.

Du hättest dich längst bei [d]Kubitza[/d] Fachleuten danach erkundigen können, wofür das "historisch" und das "kritisch" im Fachbegriff "historisch-kritische Methode" tatsächlich steht.

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#248 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 20:24

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Wie schrieb Ratzinger in seinem Jesusbuch: "Der biblische Glaube muss sich der historisch-kritischen Methode stellen".
Das wird sie auch zukünftig tun - aber die Theologie wird sich nicht das Ruder aus der Hand nehmen lassen.
Keine Angst - die Exegeten drängt es nicht in den dogmatischen Sandkasten. Sie erledigen ruhig und professionell ihre wissenschaftliche Arbeit... und die Karawane zieht weiter...

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Theologe Lindemann ist u.a. der Auffassung, dass sich Jesus weder für den Messias noch für den Sohn Gottes gehalten hat.
Möglicherweise ist dies sein Ergebnis als historisch-kritischer Hermeneut - "möglicherweise" deshalb, weil man seine diesbezüglichen Texte genau anschauen müsste (sein SPIEGEL-Interview wird ja auch anders interpretiert, als er es meint).

Wie auch immer: Als nächstes müsste man ihn fragen, was er persönlich für realistisch hält: Hat sich Jesus als göttlich verstanden oder nicht?
Auf die Frage des SPIEGEL "Hielt sich Jesus für Gottes Sohn?" antwortete Lindemann mit einem knappen "NEIN". Noch Fragen? ;)

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nichts anderes macht die wissenschaftlich arbeitende Bibelforschung.
Es kommt hier auf breiter Front anders rüber.
Allein entscheidend ist, DASS die Wissenschaft methodisch sauber arbeitet. Und nichts anderes macht die wissenschaftlich arbeitende Bibelforschung. Alles andere ist unwichtig - angebliche breite Front hin oder her.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das tun sie ja gerade nicht.
Doch.
Blödsinn - die Wissenschaft hat nicht das geringste Interesse daran, darüber zu entscheiden, "was geistig-spirituell wahr ist oder nicht".

closs hat geschrieben:Wenn man eine persönliche Naherwartung Jesu als faktisch ansieht und eine leibliche Auferstehung Jesu als Mythos (also nicht historisch), sind das gute Beispiele dafür.
Die Frage, ob Jesus eine Naherwartung hatte und sich geirrt hat, ist eine historische Frage. Diese Frage ist von den dafür zuständigen Exegeten nahezu einvernehmlich beantwortet worden. Ob Jesus von den Toten auferstanden ist, ist dagegen überhaupt nicht Gegen-
stand bibelwissenschaftlicher Forschung.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Dass Jesus den unmittelbar bevorstehenden Anbruch der Herrschaft Gottes auf Erden erwartete und dem Volk verkündigte, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden.
Aber man hat Gründe, die daraus folgende (weltanschauliche) Interpretation als übergriffig zu verstehen.
Das ist Deine laienhafte persönliche Meinung, mit der Du auf weiter Flur allein dastehst.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Spekulieren, setzen, glauben kann man den größten Blödsinn. Was ist damit gewonnen? Wem ist damit geholfen?
Es gibt genug wissenschaftliche Möglichkeiten, unsinnige Setzungen zu entlarven - dazu gibt es Hermeneutik und Systematische Theologie.
Wenn die Setzung sich als bröckeliges Fundament entpuppt, nützt die beste Hermeneutik nichts.

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#249 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 20:35

Andreas hat geschrieben: Die historisch-kritische Methode versteht sich aus Sicht der Wissenschaft als Anwalt der Texte.
Absolut richtig - das muss ich unserem lieben closs ständig unter die Nase reiben.

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#250 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Andreas » Di 27. Dez 2016, 20:42

Und warum reibst du dem Sven nicht ständig unter die Nase, dass die historisch-kritische Methode nicht der Ankläger der Texte ist?

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